TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/30 G307 2137356-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs5
FPG §53

Spruch

G307 2137356-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch RA Mag. Rudolf NOWOTNY in 4722 Peuerbach, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.09.2016, Zahl XXXX nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA, RD Wien), dem Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) zugestellt am 26.09.2016, wurde gegen diesen gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 3 nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) sowie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

2. Mit dem am 05.10.2016 datierten und am 06.10.2016 beim BFA, RD Wien, eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen vormaligen Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Darin wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung zwecks Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts durchzuführen, den bekämpften Bescheid in sämtlichen Spruchpunkten aufzuheben, in der Sache selbst zu entscheiden und damit verbunden die Rückkehrentscheidung sowie das Einreiseverbot für auf Dauer unzulässig zu erklären (gemeint wohl nur die Rückkehrentscheidung) in eventu den Bescheid zur Gänze aufzuheben und zur neuerlichen Ermittlung und Verhandlung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden: BVwG) vom 26.04.2017, Zahl G307 2137356-1/3E, wurde der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 7 Jahre herabgesetzt und diese im Übrigen als unbegründet abgewiesen wurde.

4. Mit Erkenntnis vom 11.10.2017, Zahl E 2007/2017-11, gab der Verfassungsgerichtshof der dagegen erhobenen Beschwerde Recht und hielt fest, dass der BF durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sei.

5. Am 09.01.2018 wurde vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher der BF, seine Lebensgefährtin (im Folgenden LG) und der RV des BF teilnahmen.

6. Mit Erkenntnis des BVwG vom 28.02.2018, GZ.: G307 2137356-1/17E, wurde der Beschwerde des BF stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG für auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF gemäß §§ 54 Abs. 1 Z 1, 58 Abs. 2 iVm. 55 Abs. 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

7. Mit Erkenntnis des VwGH, Ra 2018/21/0067, vom 29.05.2018, wurde der Amtsrevision des BFA stattgegeben und das zuvor genannte Erkenntnis des BVwG insoweit als festgestellt worden sei, eine Rückkehrentscheidung gegen den BF sei auf Dauer unzulässig und in Bezug auf die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" an den BF nach § 55 Abs. 1 AsylG, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF trägt die im Spruch genannte Identität (Name und Geburtsdatum), ist serbischer Staatsbürger und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er wuchs bis zum Alter von 2 Jahren bei seinen Großeltern in XXXX auf und reiste sodann zu seinen Eltern, welche sich schon damals im Bundesgebiet aufhielten. Seitdem hält sich der BF - abgesehen von der Zeitspanne von April bis Oktober 2005, in welcher er in Serbien seinen Präsenzdienst ableistete - durchgehend in Österreich auf.

Der BF besuchte im Bundesgebiet die Pflichtschule und absolvierte im Anschluss eine Lehre als Maler und Anstreicher.

Dem BF wurde am 22.09.2008 der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" erteilt und war der BF zuvor im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung.

Im Bundesgebiet leben auch seine Eltern, welche über einen "Daueraufenthaltstitel EG" verfügen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht und auf Grund der vorliegenden Akten und einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Staatsbürgerschaft des BF getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem unstrittigen Akteninhalt. Der BF legte zum Beweis seiner Identität einen auf seinen Namen ausgestellten serbischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die familiären und persönlichen Umstände des BF, der Schulbesuch in Österreich und die Absolvierung einer Lehre ergeben sich aus der Stellungnahme vom 04.05.2016 und sind mit dem Inhalt des aktuellen Auszugs aus dem Zentralen Melderegister (im Folgenden: ZMR) sowie dem Sozialversicherungsdatenauszug in Einklang zu bringen. Ferner wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung eine Schulbesuchsbestätigung die Person des BF betreffend vorgelegt.

Dass der BF im Alter von 2 Jahren nach Österreich einreiste und sich seitdem - vom Präsenzdienst in Serbien abgesehen - durchgehend im Bundesgebiet aufhielt, ergibt sich aus dem in der mündlichen Verhandlung seitens seines RV vorgelegten, den Aufenthalt des BF nahezu erschöpfend darstellenden ZMR-Auszuges, spiegelt sich im klinisch-psychologischen Gerichtssachverständigen-Gutachten der XXXX vom XXXX.2016 wieder und ist daher mit der dem dahingehenden Vorbringen des BF in Einklang zu bringen.

Dass die restlichen Lücken im ZMR-Auszug auf die Nachlässigkeit seiner Eltern zurückzuführen sind, ist durchaus plausibel:

Insbesondere was die Jahre zwischen 1993 und 1999 betrifft, war der BF innerhalb dieses Zeitraums zwischen 9 und 15 Jahre alt, konnte ihm deshalb eine eigenständige An- und Anmeldung nicht zugemutet werden, wäre es unplausibel, dass er in diesem Alter auf Betreiben seiner Eltern hin abgemeldet worden und unbekannten Aufenthaltes gewesen sein sollte, zumal er damals noch minderjährig war und deuten ferner die nervlichen Probleme der Eltern (siehe unten) auf das Vorhandensein von lückenhaften Meldezeiten hin. Auch der Schulbesuch in dieser Zeit spricht für einen Aufenthalt in Österreich. Die Absolvierung des Präsenzdienstes zwischen April und Oktober 2005 und die dahingehende Abmeldung wurde vom BF im Zuge der Verhandlung glaubhaft dargetan und entspricht auch seinem damals wehrfähigen Alter.

Die Aufenthaltstitel des BF in Österreich ergeben sich aus dem Schriftverkehr zwischen der Abteilung 35 des Amtes der Wiener Landesregierung und dem BFA Wien, den Ausführungen des BF in der mündlichen Verhandlung wie dem Inhalt des Auszugs aus dem Zentralen Fremdenregister. Auch folgt das Vorliegen der Aufenthaltstitel der Eltern des BF aus dem Zentralen Fremdenregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln" betitelte § 20 NAG:

"§ 20. (1) Sofern nicht anderes bestimmt ist, sind befristete Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(1a) Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9, 10 oder 11 sind für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde

1. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 9 IntG) erfüllt hat und

2. in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,

es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

(3) Inhaber eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45) sind in Österreich unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Abs. 3 erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat. Liegt ein berechtigtes Interesse des Fremden vor, hat die Behörde auf Antrag festzustellen, dass der Aufenthaltstitel nicht erloschen ist. Der Nachweis des Aufenthalts im EWR-Gebiet obliegt dem Fremden.

(4a) Abweichend von Abs. 4 erster Satz erlischt der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU", der einem Inhaber eines Aufenthaltstitels "Blaue Karte EU" oder dessen Familienangehörigen erteilt wurde erst, wenn sich der Fremde länger als 24 aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält.

(5) Abs. 4 gilt nicht für Inhaber eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt - EU, wenn

1. sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, oder

2. sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, soweit die Tätigkeit dieser Körperschaft im Ausland im Interesse der Republik liegt und er die beabsichtigte Aufgabe der Niederlassung (§ 2 Abs. 2) der Behörde vorher mitgeteilt hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 oder 2 hat der Fremde nachzuweisen. Der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" ist auch nach Aufgabe der Niederlassung auf Antrag zu verlängern."

"Dem Inhaber eines (vorliegend beantragten) Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" gemäß § 45 NAG kommt nach § 20 Abs. 3 NAG in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokumentes - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist daher nicht auf die Gültigkeitsdauer des für diesen Aufenthaltstitel auszustellenden Dokumentes (von fünf Jahren) abzustellen, sondern es ist der Beurteilung ein unbefristetes Niederlassungsrecht zugrunde zu legen." (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024)

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Der BF reiste im Alter von zwei Jahren ins Bundesgebiet ein, in welchem er sich seither, abgesehen von einer - insgesamt nicht ins Gewicht fallenden Unterbrechung im Jahre 2005 - durchgehend aufhält. Zudem ist der BF im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU". Demzufolge ist im Lichte der oben zitierten - im gegenständlichen Verfahren ergangenen - Erkenntnis des VwGH davon auszugehen, dass der BF iSd. § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG "von klein auf im Inland aufgewachsen" und "hier langjährig rechtmäßig niedergelassen" ist.

Die Bestimmung des § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG steht dem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung im gegenständlichen Verfahren sohin im Wege und war der gegenständlich angefochtene Bescheid - auch im Hinblick auf das, an eine Rückkehrentscheidung gebundene Einreiseverbot (vgl. § 53 Abs. 1 FPG) - in Umsetzung des erwähnten Erkenntnisses des VwGH (siehe VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067) ersatzlos zu beheben.

3.5. Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Behebung der Entscheidung, Einreiseverbot
aufgehoben, ersatzlose Behebung, Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2137356.1.01

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten