TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/1 W202 2151459-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2018
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Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W202 2151459-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2017, Zahl 1032142202-140018169, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, (AsylG) der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, stellte am 30.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.

Die Beschwerdeführerin wurde am 13.01.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 07.03.2017, Zahl 1032142202-140018169, den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab, erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gem. § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Gegen Spruchpunkt I. des genannten Bescheides erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.

Am 22.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Afghanistan. Sie stellte ebenso wie ihr Gatte und ihre minderjährigen Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin stammt aus der Provinz Kunduz, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Sie besuchte sechs Jahre lang die Schule. Die Ehe der Beschwerdeführerin wurde von ihrem Vater arrangiert. Da ihr Vater für diese Ehe Geld kassierte, hatte sie nur einen geringen Stellenwert in der Familie ihres Mannes, die in der Provinz Parwan lebt. Wenn es Streit gab, wurde die Beschwerdeführerin öfters geschlagen. Sie kümmerte sich um die Kinder und den Haushalt, das Haus durfte sie alleine nicht verlassen.

Im Bundesgebiet lernt die Beschwerdeführerin zu Hause Deutsch, sie lernt auch für ihren Führerschein, den sie absolvieren möchte. Da eine Tochter und ein Sohn im Bundesgebiet geboren wurden, war es ihr bislang nicht möglich einen Deutschkurs zu besuchen. Sie geht alleine außer Haus, hat viele österreichische Freunde gefunden, die sie auch alleine trifft. Sie möchte gerne arbeiten, sie interessiert sich für eine Ausbildung als Friseurin oder Schneiderin, wobei sie sich bei einer Freundin hinsichtlich einer Ausbildung zur Schneiderin bereits erkundigte. Für ihre Kinder, insbesondere auch für ihre Töchter, wünscht sie sich, dass sie sich ihren Beruf selbst aussuchen können. Die Beschwerdeführerin legte viel Wert auf eine gute Ausbildung ihrer Kinder. Den Haushalt führt die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann, die Verwaltung des Geldes obliegt ihr. In ihrer Freizeit betreibt die Beschwerdeführerin gerne Sport, sie geht Laufen und Radfahren. Die Beschwerdeführerin wünscht sich für ihre Töchter, dass sie nicht ein Leben führen müssen, wie sie selbst es früher in Afghanistan hatte.

Zu Afghanistan:

Parwan

Allgemeine Beschreibung der Provinz

Die Provinz Parwan befindet sich nördlich von Kabul und grenzt an die Provinzen Bamyan, Baghlan, Panjsher, Kapisa, Kabul und Wardak. Mehr als zwei Drittel des Gebiets sind bergig bis halb bergig. Die Provinz ist in zehn Distrikte unterteilt. UNOCHA schätzte die Einwohnerzahl auf 664.502. In der letzten Erhebung schätzt Afghan CSO, dass 687.234 Personen in der Provinz leben. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums und der Weltbank für die Jahre 2013 und 2014 leben 91,2% der Parwan-Bevölkerung in ländlichen Gebieten und 39,1% der Einwohner arbeiten in der Landwirtschaft.

Die Mehrheit der Bevölkerung sind Tadschiken (70%), gefolgt von Paschtunen (18%), Hazara (11%) und Turkmenen (1%). Es wird auch von Kuchi Nomaden berichtet. (Für die Verteilung der Ethnien in den verschiedenen Distrikten vgl. S. 224 f.). Durch die Provinz verläuft die Autobahn 1, die Kabul mit Pul-e Khumri und anderen nördlichen Provinzhauptstädten verbindet. Von Charikar aus führt die Ghandak Autobahn über den Shibar Pass nach Bamyan.

Hintergründe zu dem Konflikt und seinen Akteuren

In Bagram ist ein bedeutendes Flugfeld, das einst der größte amerikanische Militärstützpunkt (und immer noch der größte militärische Luftstützpunkt) des Landes war und wo zu Hochzeiten 40.000 Militärangehörige und zivile Auftragnehmer lebten. Dort befindet sich auch das Bagram Internierungslager, das seit März 2013 von der afghanischen Regierung geführt wird.

Laut AAN waren die Paschtunen in Ghorband traditionell pro-Hezb-e Islami, jedoch haben die Taliban es geschafft Teile dieser Strukturen während ihrer Herrschaft zu übernehmen. Die lokalen Talibannetzwerke wurden reaktiviert und ein Schattenadministration wurde in der Provinz eingerichtet. Die Rebellengruppen in der Provinz umfassen laut Landinfo die Taliban, Hezb-e Islami, IMU und Al Qaeda. Dem Sprecher einer internationalen Organisation zufolge setzen sich die Taliban in der Provinz hauptsächlich aus Einheimischen zusammen. Die Anwesenheit der Rebellengruppen kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden: die wahrgenommene Marginalisierung einiger Gemeinden durch die Provinzregierung, was zu der Allianz zwischen früheren HIG Kommandanten und den Taliban führte, ungelöste Missstände und politische Spaltungen hervorgebracht von den Machthabern (um ihre politischen Ziele zu verfolgen) und die Armut und Abgeschiedenheit der ländlichen Bergdörfer.

Im September 2015 wurde von dem Eindringen und der Aktivität des IS in einigen Teilen Parwans berichtet. Berichten zufolge begegneten sie aber Widerstand der ansässigen AGEs. Im April 2016 wurde geschätzt, dass 300 AGEs im Ghorband Tal aktiv waren.

Neueste Sicherheitsentwicklungen

Vom 1. September 2016 bis zum 31. Mai 2017 zählte die Provinz Parwan 130 Sicherheitsvorfälle. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Art der Sicherheitsvorfälle:

Gewalt gegen Einzelpersonen 10

bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 54

Explosionen 18

Sicherheitsdurchsetzung 15

Nichtkonfliktbezogene Vorfälle 30

Andere Vorfälle 3

Sicherheitsvorfälle insgesamt 130

Laut Pajhwok Afghan News gab es keine Berichte über Gewalt, Unsicherheit oder Angriffe aus der Provinz in den Monaten Januar, Februar und März 2017. Im Juli 2017 berichtete UNAMA 40 zivile Opfer, hauptsächlich durch gezielte Tötungen, Bodenkämpfe und IEDs. Viele Zivilpersonen wurden laut IWPR im Januar 2017 Opfer von Vergeltungsschlägen der Rebellen (Vertreibung und Tötungen).

Es gab verschiedene Formen von Angriffen auf das Bagram Flugfeld in den letzten drei Monaten von 2016. Im Distrikt Sayedkhel wurde ein Privatfahrzeug mit einem Polizisten angegriffen. In Charikar City wurde der Leiter der Parwan Provincial Ulema Shura getötet.

Während des Sommers 2017 war die Parwan-Bamyan Autobahn zeitweise aufgrund von Zusammenstößen mit und Blockierungen durch Rebellen gesperrt.

Im März 2017 werden verschiedene Straßenabschnitte als Unterstützungs- und Kontrollzonen der Taliban bzw. des ISIS ("Taliban control zone", "low confidence ISIS support zone", "high confidence Taliban support zone" und "low confidence Taliban support zone") bezeichnet. (Für detaillierte Angaben vgl. S. 227)

Im März 2017 gaben die Taliban an, 95% des Siagherd Gebiets zu kontrollieren (mit Ausnahme der Distriktzentrum), sowie 60% von Shinwari und Koh-e Safi und 30% in Sher Ali. In anderen Distrikten führen sie Guerillaattacken durch. Im Januar 2017 wurde berichtet, dass mehr als 20 Personen von den Taliban getötet wurden, weil Familienmitglieder zu der afghanischen Polizei oder den Sicherheitskräften gehörten. Angeblich wurden umgekehrt Personen von den Sicherheitskräften ins Auge gefasst, deren Familienmitglieder sich den Taliban angeschlossen hatten. Teilweise kam es schon zu Verdächtigungen, wenn eine Person aus einem Gebiet jenseits der Regierungskontrolle kam. Übergriffe auf Zivilisten wurden jedoch von beiden Seiten bestritten.

Vertreibungen

Im Dezember 2016 wurden 42 Personen im August 2017 17 Personen aus dem Distrikt Shinwari vertrieben. Im März 2017 wurden 1.652 Personen aus Ghorband nach Kabul vertrieben.

Kunduz

Allgemeine Beschreibung der Provinz

Die Provinz Kunduz befindet sich im Nordosten Afghanistans und grenzt an die Provinzen Balkh, Baghlan und Takhar, sowie an Tadschikistan. Die Provinz ist in sieben Verwaltungseinheiten unterteilt. Die Provinzhauptstadt ist Kunduz Stadt. Die Kabul-Kandahar Autobahn geht durch diese Provinz. Die Einwohnerzahl wird für die Jahre 2017-18 auf 1.049.249 geschätzt, wovon 331.517 in Kunduz Stadt leben.

Die größte ethnische Gruppe sind Paschtunen (34%), gefolgt von Tadschiken (20% einschl. Aimaqs und Arabern), Usbeken (18%), Turkmenen (17%) und Hazara (10%). Außerdem gibt es Kasachen, Gujar, Belutsche, Nuristani, Kuchi und Hindu. Kunduz ist eine ökonomisch wichtige Provinz, die auch als Getreidekammer bezeichnet wird. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums und der Weltbank für die Jahre 2013 und 2014 leben 74,9% der Kunduz-Bevölkerung in ländlichen Gebieten und 44,0% der Einwohner arbeiten in der Landwirtschaft und 21,4% im Dienstleistungssektor.

Hintergründe zu dem Konflikt und seinen Akteuren

Kunduz ist eine strategisch wichtige Provinz, die als Hauptkampffeld der Taliban in Nordafghanistan dient und seit 2015 in deren Fokus steht. Es sind deutliche Anstrengungen erkennbar, die Kontrolle über die Provinz zu erlangen.

Kunduz Stadt war sowohl die letzte große Stadt der Taliban, bevor sie im November 2001 gestürzt wurden, als auch die erste und einzige Provinzhauptstadt, die nach dem Fall von den Taliban erobert und gehalten wurden (zwei Woche im Herbst 2015 und mehr als eine Woche im Oktober 2016).

Der Bericht beschreibt die verschiedenen Distrikte der Provinz Kunduz. In dem Distrikt Khanabad wurden 2013 die meisten Gebiete von Kriegsherren und anderen nichtstaatlichen Akteuren kontrolliert, es wird vermutet, dass es dort die höchste Konzentration an Milizgruppen gibt. Der inoffizielle Distrikt Aqtash (Teil Khanabads) ist angeblich seit Juli 2017 unter Kontrolle der Taliban. Das Gor Tepa Gebiet (Teil von Kunduz Stadt) wird seit April 2015 von Aufständischen kontrolliert. Chahar Dara ist seit 2008/09 ein Zentrum der aufständischen Aktivität, der Großteil des Gebiets ist unter Talibankontrolle (Schätzung: 80% im August 2017), die Distriktregierung wird als gelähmt/paralysiert beschrieben. Dashti Archi gilt ebenfalls als ein Zentrum der Aufständischen und hat in der Zeit zwischen 2015 und 2017 mehrmals den Besitz gewechselt. (Für detaillierte Angaben vgl. S. 180 f.)

Laut Einschätzungen von LWJ sind alle Distrikte Kunduz umkämpft (Taliban und Regierungskräfte). Laut Aussagen von HRW im Jahr 2016 rekrutierten die Taliban mehr als 100 Kinder in Kunduz.

Neueste Sicherheitsentwicklungen

Vom 1. September 2016 bis zum 31. Mai 2017 zählte die Provinz Kunduz 488 Sicherheitsvorfälle. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Art der Sicherheitsvorfälle

Gewalt gegen Einzelpersonen 34

bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 314

Explosionen 37

Sicherheitsdurchsetzung 67

Nichtkonfliktbezogene Vorfälle 29

Andere Vorfälle 7

Sicherheitsvorfälle insgesamt 488

Kunduz wird von UNOCHA als "hoch umkämpftes Gebiet" angesehen. Alle Distrikte Kunduz sind unsicher. Kunduz Stadt zählt zu den Provinzhauptstädten Afghanistans, die dem meisten Druck der Taliban ausgesetzt sind. Die Distrikte Qala-i-Zal und Dashti Archi wurde von UNOCHA zu den Gebieten Afghanistans gezählt, in denen der Konflikt in der ersten Hälfte 2017 am heftigsten war (Anzahl der Vorfälle, zivile Opfer und IDPs).

UNAMA berichtet von 190 zivilen Opfern in der ersten Hälfte 2017, einem Rückgang von 7% verglichen mit dem gleichen Zeitraum im Vorjahr. Hauptursachen waren Bodenkämpfe, gefolgt von Luftangriffen und gezielte Tötungen.

2016 und 2017 kam es zu mehreren zivilen Todesopfern durch Luftangriffe, darunter mindestens 20 Kinder.

Anfang Oktober 2016 gab es einen koordinierten Angriff der Taliban auf Kunduz Stadt. Obwohl diese von afghanischen Sicherheitskräften abgewehrt werden konnte, bevor die Taliban die Kontrolle über die komplette Stadt erreichen konnten, hielten sich die Taliban elf Tage in der Stadt auf und vertrieben dabei Bewohner aus ihren Häusern.

Infolge der Frühlingsoffensive der Taliban kam es im Mai 2017 zu einer Verschärfung des Konflikts in Kunduz. Kunduz Stadt wurde erneut angegriffen und eine Anzahl an Zivilpersonen geriet ins Kreuzfeuer zwischen Regierungskräften und Taliban. Am 6. Mai 2017 nahmen die Taliban den Distrikt Qala-i-Zal ein und hielten ihn für 10 Tage. Nachdem er von den Regierungskräften zurückerobert wurde, befand er sich Ende August 2017 erneut unter Talibankontrolle.

Bei Mörserangriffen der Taliban in Kunduz Stadt im Mai 2017 kam es zu zivilen Opfern. Im Juni 2017 gab es intensive Kämpfe in dem Distrikt Imam Sahib, als Sicherheitskräfte Gebiete von den Taliban zurückeroberten. Angeblich kämpften auch ausländische Kämpfer in den Reihen der Taliban.

Anfang Juli 2017 kam es zu verschiedenen gleichzeitigen Angriffen der Taliban auf die afghanischen Sicherheitskräfte (entlang der Autobahn und auf das Dashi Archi Distriktzentrum).

Laut Tolo News kam es in Kunduz zu einem Anstieg der gezielten Tötungen sowohl von Personen mit Beziehungen zum Militär, als auch Zivilpersonen. Telekommunikationsdienste fehlen nachts aufgrund der Talibanaktivitäten. Die Taliban sind im August 2017 weiterhin in den Vororten Kunduz aktiv. Der Bericht nennt die Namen mehrerer Taliban Kommandanten, die während des Jahres in Kunduz getötet wurden.

Laut Pajhwok News Agency verzeichnet Kunduz die acht höchste Zahl ziviler Opfer (1.034) zwischen August 2016 und Juli 2017.

Vertreibungen

Zwischen dem 1. September 2016 und dem 31. Dezember 2016 dokumentierte UNOCHA 141.580 durch den Konflikt vertriebene Personen aus der Provinz Kunduz (fast alle aus Kunduz Stadt). Dies ist bei weitem die höchste Zahl an IDPs in Afghanistan. Die meisten blieben in Kunduz Stadt oder gingen nach Taloqan (Takhar). Eine große Anzahl ging auch nach Kabul, Faizabad und Badakhshan.

Zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 31. August 2017 dokumentierte UNOCHA 31.360 durch den Konflikt vertriebene Personen, die meisten aus Kunduz (15.604).

Mehr als 5.000 Personen wurden Berichten zufolge aufgrund von verstärkten Militäroperationen Anfang September 2017 aus dem Distrikt Chahar Dara vertrieben.

( Beilage C zum Verhandlungsprotokoll)

Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul City und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden und Samangan im Westen (Pajhwok o.D.k; vgl. auch: Khabarnama 22.8.2016). Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara, Ali Abad und Khan Abad; die Hauptstadt ist Kunduz City (Pajhwok o.D.k). Als strategischer Korridor wird Kunduz als einflussreiche Provinz in Nordafghanistan erachtet - der Sher (Shir) Khan Hafen, besser bekannt als Sherkhan Bandar liegt inmitten der Provinz und erhöht dadurch die militärische und wirtschaftliche Bedeutung (Khabarnama 22.8.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.029.473 geschätzt (CSO 2016).

Kunduz City ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen, sowie Tadschikistan im Norden verbunden (BBC News 3.10.2016).

Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan (Deutsch Welle 30.9.2015), denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban (RFE/RL 9.2015). Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt auf einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet (Deutsch Welle 30.9.2015).

Gewalt gegen Einzelpersonen

35

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

334

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

20

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

23

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

3

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

416

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Kunduz 416 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die einst relativ friedliche Region - die Provinzen Baghlan, Kunduz und Takhar - war in den letzten Monaten von heftigen Zusammenstößen zwischen Taliban und Regierungskräften betroffen (Global Times China 15.1.2017; vgl. auch: News Ghana 30.1.2017). Im Jahr 2016 versuchten die Taliban einige Provinzhauptstädte einzunehmen, unter anderem auch Kunduz (Hindustan Times 8.1.2017). Im Oktober 2016 drangen die Taliban in Kunduz City ein und wurden nach einer Woche von den Sicherheitskräften wieder vertrieben (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch:

IRIN News 13.10.2016). Die Stadt selber konnte gesichert werden - die Taliban kontrollieren die umliegenden Gegenden der Provinz (Al-Jazeera 4.11.2016; vgl. auch: RFE/RL 8.10.2016).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Terroristen zu befreien (Sputnik News 31.1.2017; Khaama Press 22.1.2017; Z News 12.1.2017; Khaama Press 9.1.2017; Tolonews 29.12.2016; Tolonews 25.1.22016; UN GASC 13.12.2016; Tolonews 30.9.2016; Eurasia Review 28.4.2016); dabei werden Aufständische getötet (Tolonews 29.12.2016; Tolonews 25.1.22016; Eurasia Review 28.4.2016; South Front 11.4.2016), unter anderem auch hochrangige Talibanführer (Al-Jazeera 4.11.2016). Luftangriffe werden durchgeführt (News Ghana 30.1.2017). Ebenso wurde ein hochrangiger Talibanführer verhaftet (Sputnik News 31.1.2017).

Eine Gruppe von zehn Aufständischen hat sich dem Friedensprozess in Kunduz angeschlossen; die Aufständischen waren in unterschiedlichen Teilen der Stadt Kunduz aktiv. Einem Sicherheitsberater zufolge wird sich die Sicherheitslage nun verbessern, nachdem sich die Aufständischen dem Friedensprozess angeschlossen haben (Khaama Press 9.1.2017).

Frauen

Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016).

Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Bildung

Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004).

Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).

Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 - 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren

63.911 Frauen (CSO 2016).

Frauenuniversität in Kabul

Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vgl. auch:

MORAA 31.5.2016).

Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vgl. auch:

University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).

Berufstätigkeit

Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9.2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).

Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vgl. auch: AF 7.12.2016).

Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vgl. auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24 jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).

Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).

Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).

Frauen im öffentlichen Dienst

Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9.2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).

Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women's Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9.2016).

Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften

Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).

Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).

Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).

Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften

Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vgl. auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vgl. auch:

SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen - womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).

Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016).

Strafverfolgung und Unterstützung

Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 9.2016). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten, und auch gewisser vom Islam vorgegebener, Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 9.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen und nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit (AA 9.2016)

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte, sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht, nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen (AA 9.2016). Gleichzeitig führt aber eine erhöhte Sensibilisierung auf Seiten der afghanischen Polizei und Justiz zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung von auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen, hatte positive Auswirkungen (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). In der patriarchalischen Gesellschaft Afghanistans trauen sich Frauen selbst oftmals nicht, an Polizisten zu wenden (Sputnik News 14.6.2016).

Anlässlich des dritten "Symposium on Afghan Women's Empowerment" im Mai 2016 in Kabul bekräftigte die afghanische Regierung auf höchster Ebene den Willen zur weiteren Umsetzung. Inwieweit sich dies in das System an sich und bis in die Provinzen fortsetzt, ist zumindest fraglich (AA 9.2016).

Das EVAW-Gesetz wurde durch ein Präsidialdekret im Jahr 2009 eingeführt (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: AA 9.2016; UN Women 2016); und ist eine wichtige Grundlage für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen - inklusive der weit verbreiteten häuslichen Gewalt. Dennoch ist eine Verabschiedung des EVAW-Gesetzes durch beide Parlamentskammern noch ausständig und birgt die Gefahr, dass die Inhalte verwässert werden (AA 9.2016). Das Gesetz kriminalisiert Gewalt gegen Frauen, inklusive Vergewaltigung, Körperverletzung, Zwangsverheiratung bzw. Kinderheirat, Erniedrigung, Einschüchterung und Entzug des Erbes, jedoch war die Umsetzung eingeschränkt. Im Falle von Vergewaltigung sieht das Gesetz eine Haftstrafe von 16-20 Jahren vor. Sollte die Vergewaltigung mit dem Tod eines Opfers enden, sieht das Gesetz die Todesstrafe für den Täter vor. Der Straftatbestand der Vergewaltigung beinhaltet nicht Vergewaltigung in der Ehe. Das Gesetz wurde nicht weitgehend verstanden und manche öffentliche und religiöse Gemeinschaften erachteten das Gesetz als unislamisch. Der politische Wille das Gesetz umzusetzen und seine tatsächliche Anwendung ist begrenzt (USDOS 13.4.2016). Außerhalb der Städte wird das EVAW-Gesetz weiterhin nur unzureichend umgesetzt (AA 9.2016). Laut Angaben von Human Rights Watch, verabsäumte die Regierung Verbesserungen des EVAW-Gesetzes durchzusetzen. Die Regierung verabsäumt ebenso die Verurteilung sogenannter Moral-Verbrechen zu stoppen, bei denen Frauen, die häuslicher Gewalt und Zwangsehen entfliehen, zu Haftstrafen verurteilt werden (HRW 27.1.2016). Die Regierung registrierte 5.406 Fälle von Gewalt an Frauen, 3.715 davon wurden unter dem EVAW-Gesetz eingebracht (USDOS 13.4.2016). Einem UNAMA-Bericht zufolge, werden 65% der Fälle, die unter dem EVAW-Gesetz eingebracht werden (tätlicher Angriff und andere schwerwiegende Misshandlungen) durch Mediation gelöst, während 5% strafrechtlich verfolgt werden (HRW 27.1.2016).

Die erste EVAW-Einheit (Law on the Elimination of Violence Against Women) wurde im Jahre 2010 durch die afghanische Generalstaatsanwaltschaft initiiert und hat ihren Sitz in Kabul (USDOS 13.4.2016). Die Generalstaatsanwaltschaft erhöhte weiterhin die Anzahl der EVAW-Einheiten. Mit Stand September 2015 existieren sie mittlerweile in 20 Provinzen. In anderen Provinzen wurde Staatsanwälten durch die Generalstaatsanwaltschaft Fälle zur Behandlung zugeteilt. Im März hielt das Büro der Generalstaatsanwaltschaft das erste nationale Treffen von EVAW-Staatsanwälten ab, um die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen EVAW-Einheiten in den Provinzen zu fördern und gemeinsame Probleme zu identifizieren (USDOS 13.4.2016). Ein im April veröffentlichter Bericht der UNAMA zu Erfahrungen von 110 rechtssuchenden Frauen im Justizsystem; zeigte, dass sich die Effektivität der Einheiten stark unterschied, diese aber dennoch Frauen, die Gewalt erlebt hatten, ermutigten ihre Fälle zu verfolgen (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: UNAMA 4.2015).

Der UN-Sonderberichterstatter zu Gewalt an Frauen berichtet von Frauen in Afghanistan, die das formelle Justizsystem als unzugänglich und korrupt bezeichnen; speziell dann wenn es um Angelegenheiten geht, die die Rechte von Frauen betreffen - sie bevorzugen daher die Mediation (USDOS 13.4.2016).

Die unabhängige afghanische Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC), veröffentlichte einen Bericht, der 92 Ehrenmorde auflistete (Berichtszeitraum: März 2014 - März 2015), was eine Reduzierung von 13% gegenüber dem Vorjahr andeutete. Diesem Bericht zufolge wurden auch 67% der Täterbei Vergewaltigung oder Ehrenmord verhaftet; 60% wurden verurteilt und bestraft (USDOS 13.4.2016).

Wenn Justizbehörden das EVAW-Gesetz beachten, war es Frauen in manchen Fällen möglich angemessene Hilfe zu erhalten. Staatsanwält/innen und Richter/innen in abgelegenen Provinzen ist das EVAW-Gesetz oft unbekannt, andere werden durch die Gemeinschaft unter Druck gesetzt um Täter freizulassen. Berichten zufolge, geben Männer, die der Vergewaltigung bezichtigt werden, oft an, das Opfer hätte dem Geschlechtsverkehr zugestimmt, was zu "Zina"-Anklagen gegen die Opfer führt (USDOS 13.4.2016).

Im Juni 2015 hat die afghanische Regierung den Nationalen Aktionsplan für die Umsetzung der VN-SR-Resolution 1325 auf den Weg gebracht (AA 9.2016; vgl. auch: HRW 12.1.2017). Dennoch war bis November 2016 kein finales Budget für den Umsetzungsplan aufgestellt worden (HRW 12.1.2017).

Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9.2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt - in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9.2016).

Ehrenmorde

Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016).

Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist Misstrauen in das juristische System durch einen Großteil der afghanischen Bevölkerung (Khaama Press 23.3.2016).

Legales Heiratsalter:

Das Zivilgesetz Afghanistans definiert für Mädchen 16 Jahre und für Burschen 18 Jahre als das legale Mindestalter für Vermählungen (Girls not brides 2016). Ein Mädchen, welches jünger als 16 Jahre ist, kann mit der Zustimmung eines Vormunds oder eines zuständigen Gerichtes heiraten. Die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren ist auch weiterhin üblich (USDOS 13.4.2016). Die UN und HRW schätzen die Zahl der Zwangsehen auf 70% (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: AA 9.2016).

In Fällen von Gewalt oder unmenschlicher traditioneller Praktiken laufen Frauen oft von zu Hause weg, oder verbrennen sich sogar selbst (USDOS 13.4.2016). Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (AA 9.2016).

Frauenhäuser

USDOS zählt 28 formelle Frauenhäuser- um einige Frauen vor Gewalt durch die Familien zu schützen, nahmen die Behörden diese in Schutzhaft. Die Behörden wandten die Schutzhaft auch dann an, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gab (USDOS 13.4.2016).

Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft (mit-)ursächlich für die Notlage ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre. Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte. Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden (AA 9.2016).

Die Schwierigkeit für eine nachhaltige Lösung für Frauen, war der soziale Vorbehalt gegen Frauenhäuser, nämlich der Glaube, das "Weglaufen von zu Hause" sei eine ernsthafte Zuwiderhandlung gegen gesellschaftliche Sitten. Frauen, die vergewaltigt wurden, wurden von der Gesellschaft als Ehebrecherinnen angesehen (USDOS 13.4.2016).

Berichten zufolge, würde das MoWA, aber auch NGOs, versuchen Ehen für Frauen zu arrangieren, die nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).

Medizinische Versorgung - Gynäkologie

Das Recht auf Familienplanung wird von wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, nutzen nur etwa 22 % (überwiegend in den Städten und gebildetere Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 9.2016).

Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 9.2016)

(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation)

Laut UNHCR können folgende Asylsuchende aus Afghanistan, abhängig von den im Einzelfall

besonderen Umständen, internationalen Schutz benötigen. Diese Risikoprofile sind weder zwangsläufig erschöpfend, noch werden sie der Rangfolge nach angeführt:

(1) Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der internationalen Streitkräfte, verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen;

(2) Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen;

(3) Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Zusammenhang mit der Einberufung von Minderjährigen und der Zwangsrekrutierung;

(4) Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden;

(5) Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben;

(6) Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen haben;

(7) Frauen mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

(8) Frauen und Männer, die angeblich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen haben;

(9) Personen mit Behinderungen, insbesondere geistigen Beeinträchtigungen, und Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden;

(10) Kinder mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

(11) Überlebende von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind;

(12) Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität;

(13) Angehörige gewisser Volksgruppen, insbesondere ethnischer Minderheiten;

(14) An Blutfehden beteiligte Personen, und

(15) Geschäftsleute und andere wohlhabende Personen (sowie deren Familienangehörige).

...

Frauen im öffentlichen Leben

Obwohl Frauen seit 2001 einige Führungspositionen in der afghanischen Regierung und in der

Zivilgesellschaft, einschließlich als Richterinnen und Parlamentsmitglieder, übernommen haben,

werden Frauen im öffentlichen Leben und in öffentlichen Ämtern weiterhin bedroht, eingeschüchtert

und gewaltsam angegriffen.247 Zahlreichen Berichten zufolge werden im öffentlichen Leben stehende

Frauen wie etwa weibliche Parlamentsmitglieder, weibliche Mitglieder des Provinzrates, weibliche Staatsbedienstete, Journalistinnen, Rechtsanwältinnen, Polizeibeamtinnen, Lehrerinnen,

Menschenrechtsaktivistinnen und in internationalen Organisationen tätige Frauen angegriffen. Die

Angriffe gehen von regierungsfeindlichen Gruppen, lokalen traditionellen und religiösen

Machthabern, Mitgliedern ihrer Gemeinschaften und staatlichen Behörden aus. Die Beteiligung von

Frauen am öffentlichen Leben wird oftmals als Überschreitung gesellschaftlicher Normen

wahrgenommen und als "unmoralisch" verurteilt. Diese Frauen werden Ziele von Einschüchterung,

Schikanierung oder Gewalt. Regierungsfeindliche Gruppen haben Berichten zufolge Frauen, die am

öffentlichen Leben teilnehmen, bedroht und eingeschüchtert. Es liegen zahlreiche Berichte darüber

vor, dass Frauen, die sich öffentlich engagierten, getötet wurden.

Laut Menschenrechtsaktivisten blieben die Strafverfolgungsbehörden in Fällen, bei denen Frauen

aufgrund ihrer Teilnahme am öffentlichen Leben schikaniert und angegriffen wurden, vielfach

untätig.

Frauen mit bestimmten Profilen oder unter bestimmten Bedingungen lebende Frauen

Die Regierung hat seit 2001 einige wichtige Schritte zur Verbesserung der Situation der Frauen im Land

unternommen, darunter die Aufnahme internationaler Standards zum Schutz der Rechte der Frauen in

die nationale Gesetzgebung, insbesondere durch Verabschiedung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz),356 den Erlass von Maßnahmen zur Stärkung der politischen

Teilhabe von Frauen und die Einrichtung eines Ministeriums für Frauenangelegenheiten.

Die Verbesserungen der Situation von Frauen und Mädchen blieben jedoch Berichten zufolge marginal

und Afghanistan wird weiterhin als "sehr gefährliches" Land für Frauen und Mädchen betrachtet.

Fortschritte, die in der Vergangenheit in Hinblick auf die Menschenrechte von Frauen erzielt wurden,

wurden teilweise durch die Verschlechterung der Sicherheitslage in einigen Teilen des Landes zunichte gemacht. Die tief verwurzelte Diskriminierung von Frauen bleibt endemisch.361 Berichten zufolge ist

Gewalt gegen Frauen und Mädchen nach wie vor weit verbreitet und nimmt weiter zu. Es wird

berichtet, dass derartige Gewaltakte üblicherweise straflos bleiben. Für Frauen ist die vollständige

Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nach wie vor mit erheblichen

Schwierigkeiten verbunden. Trotz einiger Fortschritte sind Frauen überproportional von Armut,

Analphabetismus und schlechter Gesundheitsversorgung betroffen.

Beobachter berichten, dass Gesetze zum Schutz von Frauenrechten weiterhin nur langsam umgesetzt

werden, dies betrifft insbesondere die Umsetzung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz). Das im August 2009 verabschiedete Gesetz stellt 22 gegen Frauen

gerichtete gewalttätige Handlungen und schädliche traditionelle Bräuche, einschließlich Kinderheirat,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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