TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 I404 2203090-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2018
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Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §10
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I404 2203090-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, alias XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch:

MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom 09.07.2018, Zl. 1106924002-180182332, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab an, Nigeria aus medizinischen Gründen, nämlich aufgrund von Problemen mit der Niere verlassen zu haben.

2. Im Rahmen eines von der belangten Behörde eingeholten gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Altersfeststellung wurde das ‚fiktive' Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit 28.02.1995 festgestellt.

3. Am 20.11.2017 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und gab befragt nach seinen Fluchtgründen an, dass er das Land verlassen habe, weil seine Familie umgebracht worden sei. Seine Eltern seien die einzigen, die sich um ihn gekümmert hätten. Die Leute, die seine Eltern getötet hätten, hätten auch nach ihm gesucht, da er der Erstgeborene sei. Wenn er zurückgehe, würden sie ihn finden und umbringen. Eine konkrete persönliche Bedrohung habe er zu keinem Zeitpunkt erlebt, aber der Kult sei überall und habe überallhin Verbindungen.

4. Mit dem Bescheid vom 22.11.2017, Zl. 1106924002/160312711, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).

5. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 02.02.2018 zu GZ I415 2179331-1/3E als unbegründet abwiesen.

6. Am 29.02.2018 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag), den er damit begründete, schon lange homosexuell zu sein, dies habe er jedoch aus Angst nicht hfrüher sagen wollen.

7. Im Rahmen seiner Befragung vor der belangten Behörde am 09.07.2018 gab der Beschwerdeführer an, nur Schmerzen im Schienbein zu haben, er habe in Nigeria einen Motorradunfall gehabt. Er stehe derzeit nicht in ärztlicher Behandlung. Zu den Angaben in der Erstbefragung gab er an, dass diese Angaben stimmen würden, die Kirche habe aber für ihn gebetet und den Teufel von ihm vertrieben - er könne wieder mit einer Frau zusammen sein. Er sei jetzt nicht mehr homosexuell. Die Probleme, die er bei seinem ersten Antrag gemacht habe, seien noch aufrecht, er habe keine neuen Fluchtgründe. Mit seinen Eltern in Nigeria stehe er in regelmäßigen Kontakt. In Österreich lebe er in keiner Beziehung. Er spreche kein Deutsch, sei in keinem Verein und sei ein Einzelgänger.

8. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 09.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde zudem ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt III.).

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer seinen neuen Asylantrag mit gravierenden Neuerungen hinsichtlich seiner persönlichen Situation und seiner Rückkehrbefürchtung begründet habe. Außerdem sei der Beschwerdeführer aus Nigeria völlig entwurzelt und könnte er daher keine menschenwürdige Existenz in Nigeria mehr führen. Die belangte Behörde behaupte, es liege entschiedene Sache vor und es könne kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, versäume dabei aber in der Beweiswürdigung tatsächlich die Prüfung, ob ein solcher Sachverhalt vorliege, vorzunehmen. Wenn eine tatsächliche Prüfung stattgefunden hätte, hätte die belangte Behörde angesichts der eigenen Länderberichte und der Situation in Nigeria, sowie der persönlichen Situation des Beschwerdeführers feststellen müssen, dass ein maßgeblich veränderter Sachverhalt sehr wohl vorliege. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei widersprüchlich, wenn dem Beschwerdeführer einerseits vorgeworfen werde, die von ihm vorgebrachten Ergebnisse seien nicht glaubwürdig und weiter behauptet werde, eine Beurteilung würde sich erübrigen, da kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden könne. Auch hinsichtlich der Verfolgungsgefahr sei insoweit eine Neuerung eingetreten, als sich die politische Situation in Nigeria massiv verändert habe. Auch die Sicherheitslage in Nigeria sei nunmehr eine wesentlich schlechtere und die persönliche Situation des Beschwerdeführers eine völlig andere, da er keine relevanten Anknüpfungspunkte in seiner Heimat mehr habe. In der Folge wurden Ausführungen zur Verfolgung durch Privatpersonen und der mangelnden Schutzwilligkeit bzw. Schutzfähigkeit der nigerianischen Behörden getätigt. Auch hinsichtlich des Privat-und Familienlebens des Beschwerdeführers sei nur eine unzureichende Behandlung seines Vorbringens erfolgt. Der Beschwerdeführer spreche bereits ausreichend Deutsch und habe sich in Österreich sehr gut eingelebt. Er sei selbsterhaltungsfähig und habe umfangreiche soziale und familiäre Kontakte in Österreich.

10. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Esan an. Seine Identität steht nicht fest. In Nigeria leben noch zumindest seine Eltern, mit denen der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt hat.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er hält sich seit (mindestens) 29.02.2016 in Österreich auf.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten.

Der Beschwerdeführer besuchte in Nigeria sechs Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Mechaniker.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Mit Urteil vom 03.03.2017, Zl. 154 HV 134/2016d befand ihn das Landesgericht für Strafsachen Wien des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG und § 15 StGB für schuldig und verurteilte ihn rechtkräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er spricht nicht Deutsch, ist in keinem Verein und hat auch keinen Freundeskreis.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen seines Erstantrages angegeben, dass Mitglieder der Ogboni Kults seine Eltern umgebracht hätten und diese dann auch nach ihm gesucht hätten. Wenn sie ihn finden würden, würde er auch er getötet werden. Dieses Vorbringen wurde vom Bundesverwaltungsgericht als nicht glaubhaft beurteilt.

Im gegenständlichen Antrag machte der Beschwerdeführer nunmehr zunächst geltend, homosexuell zu sein. Bei seiner Befragung vor der belangten Behörde führte er dann jedoch aus, nicht mehr homosexuell zu sein. Es habe keine neuen Fluchtgründe, sondern es seien dieselben Probleme wie beim ersten Antrag.

Der Beschwerdeführer hat somit keine Änderung bezüglich seiner Fluchtgründe geltend gemacht.

Auch in Bezug auf die Situation in Nigeria war zwischen dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.02.2018 und der Erlassung des gegenständlichen Bescheides am 09.07.2018 keine wesentliche Änderung eingetreten. Ebenso wenig liegt eine Änderung der Rechtslage vor.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid hat die belangte das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. Im Wesentlichen waren dies folgende Feststellungen:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich grundsätzlich frei betätigen. Das gilt auch für die seit 1999 regierende PDP, die seit den letzten Wahlen im März 2015 nun zum ersten Mal in der Opposition ist (AA 21.11.2016). Die Verfassung und die Gesetze erlauben die freie Bildung politischer Parteien (USDOS 3.3.2017).

Gelegentlich sind jedoch Eingriffe seitens der Staatsgewalt zu verzeichnen. Dies betrifft vor allem Gruppen mit sezessionistischen Zielen. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung vor (AA 21.11.2016).

Im Süden und Südosten Nigerias kommt es zu Demonstrationen, bei denen ein unabhängiger Staat Biafra gefordert wird (AI 24.2.2016). Gegen die Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB), deren Mitglieder der Ethnie der Igbo angehören und die größere Selbständigkeit für den Südosten des Landes reklamiert, gingen die Sicherheitsorgane in der Vergangenheit teilweise massiv vor (AA 21.11.2016). Weiters gibt es auch die separatistische Biafra-Bewegung Indigenous People of Biafra (IPOB), die im Jahr 2012 gegründet wurde (NZZ 30.5.2017).

Seit dem Regierungswechsel 2015 und der zwischenzeitlichen Verhaftung eines der Führer der Biafra-Bewegung, dem Direktor des in London ansässigen und inzwischen in Nigeria verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" Nnamdi Kanu im Oktober 2015, kommt es verstärkt zu politischen Demonstrationen von Anhängern der Biafra-Bewegung, denen die Regierung gewaltsam begegnet sein soll (AA 4.2017a).

Amnesty International berichtet, dass nigerianische Sicherheitskräfte mindestens 150 Menschen töteten (AI 24.11.2016) und Hunderte willkürlich verhafteten (USDOS 3.3.2017), die im Südosten des Landes zwischen August 2015 und August 2016 für die Unabhängigkeit Biafras von Nigeria demonstrierten. Eingeschlossen ist die Zahl von Biafra-Aktivisten, die am 30.5.2016, dem Biafra-Gedenktag, getötet wurden. An dem Tag trafen sich in Onitsha im Bundesstaat Anambra rund 1.000 Unterstützer der IPOB. Sicherheitskräfte erschossen an mehreren Orten willkürlich Menschen. In der Nacht vor der Versammlung stürmten Sicherheitskräfte Häuser und eine Kirche, in denen IPOB-Mitglieder übernachteten. Amnesty International geht davon aus, dass an den beiden Tagen insgesamt mindestens 60 Menschen getötet, 79 verletzt (AI 24.11.2016). Mit Stand Dezember 2016 wurden diese Vorfälle von der Regierung noch nicht untersucht (USDOS 3.3.2017).

Am 30.5.2017 jährte sich die Erklärung einer unabhängigen Republik Biafra im Südosten Nigerias, die den nigerianischen Bürgerkrieg ausgelöst hatte, zum fünfzigsten Mal. Gemäß AFP blieben Läden, Schulen und Geschäfte im Südosten Nigerias geschlossen, und die staatlichen Sicherheitskräfte waren sichtbar präsent. Der Anführer der Bewegung IPOB, Nnamdi Kanu, erklärte, es ginge ihm um zivilen Ungehorsam, um ein Referendum über die Selbstbestimmung der Region herbeizuführen. Die nigerianische Polizei hatte angekündigt, bei einem Bruch des Friedens oder unrechtmäßigen Protesten entschieden zu handeln. Gemäß einem von AFP zitierten Sprecher der Armee seien die Sicherheitsvorkehrungen im Südosten an tatsächlichen oder möglichen Krisenherden verstärkt worden. Laut Amnesty International wurden mehr als 100 Mitglieder zweier Pro-Biafra-Gruppen, des MASSOB und des Biafra Independent Movement (BIM), in den Staaten Enugu, Ebonyi und Cross Rivers am 22.5.2017 während Feiern im Vorfeld des Jahrestages festgenommen (SFH 22.6.2017).Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Nigeria verfügt über ein sehr kompliziertes Gesundheitssystem. Das öffentliche Gesundheits-system wird von den drei Regierungsebenen geleitet (VN 14.9.2015) und das Hauptorgan der Regierung für das Gesundheitswesen ist das Bundesgesundheitsministerium (IOM 8.2014). Die Bundesregierung ist zuständig für die Koordination der Angelegenheiten in den medizinischne Zentren des Bundes und Universitätskliniken. Die Landesregierung ist zuständig für allgemeine Spitäler, die Kommunalregierung für die Medikamentenausgabestellen (VN 14.9.2015).

Die meisten Landeshauptstädte haben öffentliche und private Krankenhäuser sowie Fachkliniken, und jede Stadt hat darüber hinaus eine Universitätsklinik, die vom Bundesgesundheits-ministerium finanziert wird (IOM 8.2014).

Öffentliche (staatliche Krankenhäuser): Diese umfassen die allgemeinen Krankenhäuser, die

Universitätskliniken und die Fachkliniken. Die Gebühren sind moderat, doch einigen Krankenhäusern fehlt es an Ausrüstung und ausreichendem Komfort. Es treten oftmals Verzögerungen auf und vielfach werden Untersuchungen aufgrund der großen Anzahl an Patienten nicht sofort durchgeführt (IOM 8.2014). Die Kosten von medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden; die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, so ferne vorhanden (ÖBA 9.2016).

Private Krankenhäuser: Hierbei handelt es sich um Standard-Krankenhäuser. Diese Krankenhäuser verfügen nur teilweise über eine ausreichende Ausstattung und müssen Patienten für Labortests und Röntgenuntersuchungen oftmals an größere Krankenhäuser überweisen. Diese Krankenhäuser sind im Allgemeinen teurer (IOM 8.2014).

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen. Sie ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 4.7.2017). Es besteht keine umfassende Liste der Krankenhäuser und Ausstattungen, aber zahlreiche Krankenhäuser in Nigeria sind gut ausgestattet und in der Lage, zahlungsfähige Patienten medizinisch zu versorgen. Verschiedene Krankenhäuser in Nigeria haben sich auf unterschiedliche Krankheiten spezialisiert und Patienten suchen diese Krankenhäuser entsprechend ihrer Erkrankung auf. Allgemeine Krankenhäuser in Nigeria behandeln Patienten mit verschiedenen Krankheiten, verfügen jedoch üblicherweise über Fachärzte wie etwa Kinderärzte, Augenärzte, Zahnärzte, Gynäkologen zur Behandlung bestimmter Krankheiten. Zu den Fachkliniken zählen orthopädische Kliniken, psychiatrische Kliniken etc. (IOM 8.2014).

Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate von rund 90.000 Neugeborenen jährlich, die während der ersten 28 Tage nach ihrer Geburt sterben, rangiert Nigeria auf Platz 12 von 176 untersuchten Ländern und gilt auch innerhalb des südlichen Afrikas als "einer der gefährlichsten Orte" um geboren zu werden (GIZ 7.2017b). Die aktuelle Sterberate unter 5 beträgt 128 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die mütterliche Sterblichkeit liegt bei 545 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten (ÖBA 9.2016).

Laut dem Gesundheitsministerium gibt es weniger als 150 Psychiater in Nigeria (IRIN 13.7.2017). Insgesamt gibt es in Nigeria acht psychiatrische Krankenhäuser, die von der Re-gierung geführt und finanziert werden. Sechs weitere psychiatrische Kliniken werden von Bundesstaaten unterhalten (SFH 22.1.2014; vgl. WPA o.D.). In diesen psychiatrischen Kliniken werden unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie und Psychosen behandelt (SFH 22.1.2014). Es existiert kein mit deutschen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau, in denen Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht werden, aber nicht adäquat behandelt werden können (AA 21.11.2016; vgl. SFH 22.1.2014). Das in Lagos befindliche Federal NeuroPsychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker nigerianischer Staatsangehöriger an, die abgeschoben werden sollen. Die Kosten für den Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist dort auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit ent-sprechender Medikation möglich (AA 21.11.2016).

Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten dagegen als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schät-zungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 21.11.2016). Gemäß dem Exeku-tivsekretär des National Health Insurance Scheme (NHIS) beträgt nach zwölf Jahren die Zahl der Nigerianern, die durch das NHIS krankenversichert sind, 1,5 Prozent (Vanguard 22.6.2017). Hilfsorganisationen, die für notleidende Patienten die Kosten übernehmen, sind nicht bekannt. Aufwändigere Behandlungsmethoden, wie Dialyse oder die Behandlung von HIV/AIDS, sind zwar möglich, können vom Großteil der Bevölkerung aber nicht finanziert wer-den (AA 21.11.2016). Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 7.2017b).

Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 21.11.2016). Wenn ein Heim-kehrer über eine medizinische Vorgeschichte verfügt, sollte er möglichst eine Überweisung von dem letzten Krankenhaus, in dem er behandelt wurde, vorlegen (IOM 8.2014). Heimkeh-rer, die vorher nicht in ärztlicher Behandlung waren, müssen lediglich dem Krankenhaus eine Registrierungsgebühr zahlen und in der Lage sein, ihre Behandlungskosten selbst zu tragen (IOM 8.2014; vgl. AA 21.11.2016). Hat eine Person keine Dokumente, führt dieser Umstand nicht zur Verweigerung medizinischer Versorgung oder zum Ausschluss von anderen öffentli-chen Diensten (z.B. Bildung) (USDOS 3.3.2017).

Medikamente sind verfügbar, können aber je nach Art teuer sein (IOM 8.2014). Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 21.11.2016). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/Aids können teils kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben (ÖBA 9.2016).

In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 21.11.2016).

Es gibt zahlreiche Apotheken in den verschiedenen Landesteilen Nigerias. Die National Agency for Food and Drug Administration and Control (NAFDAC) hat ebenfalls umfangreiche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass diese Apotheken überwacht werden und der nigerianischen Bevölkerung unverfälschte Medikamente verkaufen (IOM 8.2014). Trotzdem bliebt die Qualität der Produkte auf dem freien Markt zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte - meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25 Prozent aller verkauften Medikamente), die aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt wirken (AA 21.11.2016).

Der Glaube an die Heilungskräfte der traditionellen Medizin ist bei den Nigerianern nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher die traditionellen Heiler als die Schulmediziner nach westlichem Vorbild konsultiert (GIZ 7.2017b).

In den letzten Jahren wurden mehrere Massenimpfungen gegen Polio und Meningitis durchgeführt. Ende 2016 kam es zu einem akuten Meningitis-Ausbruch, bei dem 745 Menschen gestorben sind und mehr als 8.000 Verdachtsfälle registriert wurden (GIZ 7.2017b).

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Der Begriff "Kult" ist in Nigeria sehr weitgreifend und kann für jede organisierte Gruppe von Menschen verwendet werden, um welche sich Geheimnisse ranken. Der Begriff umfasst auch eine religiöse Dimension (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013, EASO 6.2017), die generell auf die Verwendung von Juju abzielt. Die Spannweite reicht von den berühmten Ogboni über eth-nische Vigilantengruppen bis zu Bruderschaften an Universitäten. Kulte und Geheimgesell-schaften sind vor allem im Süden von Nigeria verbreitet, nur in geringem Maße im Norden. Die geheimen Bruderschaften operieren bis hinauf in die gesellschaftliche Elite des Landes (UK-HO 12.2013; vgl. DACH 2.2013; vgl. EASO 6.2017). Mitglieder dieser Kulte sind auch hoch-rangige Nigerianer, Beamte, Unternehmer, Politiker und sogar Sicherheitskräfte (DT 18.6.2016). Es wird in Nigeria weithin angenommen, dass Personen an der Macht geheime Netzwerke bilden, bei welchen der Missbrauch okkulter Kräfte zur Routine gehört (UKHO 12.2013; vgl. DACH 2.2013). Viele treten Kulten bei, da diese mit Macht, Reichtum und Anse-hen in der Gesellschaft verbunden werden. Es gibt auch eigene Kulte für Frauen (DT 18.6.2016; vgl. EASO 6.2017).

Gewalt, die von Kulten ausgeht, ist ein fester Bestandteil des sozialpolitischen Umfelds im Bundesstaat Rivers. Insbesondere in diesem Bundesstaat dienen Kulte als Gateway für diver-se Arten von Kriminalität, Gewalt und Militanz. Solche Gruppen haben einen weitreichenden geographischen Wirkungskreis und sind sehr gut bewaffnet. Im Bundesstaat Rivers sowie in anderen Bundesstaaten überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syn-dikaten, Jugendverbänden und Milizen (FFP 11.2015).

Bewaffnete Jugendliche terrorisieren die Bevölkerung. Kulte sind de facto Banden, deren Mit-glieder anonym bleiben und durch einen Schwur gebunden sind. Früher standen die Kulte für den Schutz und die Emanzipierung der Menschen im Nigerdelta. Heute sind sie eines der am meisten gefürchteten Elemente der Gesellschaft. Eine Mitgliedschaft bei einer (studentischen) Bruderschaft zurückzulegen ist schwierig. Es wurden auch schon Mitglieder getötet, die dies versucht hatten. Die einst geachteten Bruderschaften sind zu Kult-Banden verkommen, die Studenten und Professoren gleichermaßen terrorisieren (FFP 10.12.2012; vgl. EASO 6.2017). Die Aktivitäten der Studentenkulte sind üblicherweise auf die betroffene Universität be-schränkt, manche unterhalten aber Zweigstellen an mehreren Universitäten. Nach ex-Mitgliedern wird selten gesucht und wenn doch, dann wird eine erfolglose Suche nach zwei oder drei Monaten abgebrochen (VA1 16.11.2015). Auch religiösen Kulten kann man sich durch Flucht entziehen, sie sind nicht in der Lage, eine Person in ganz Nigeria zu verfolgen (VA2 16.11.2015).

‚Mafiöse Kulte' prägen - trotz Verboten - das Leben auf den Universitäts-Campussen, etwa mit Morden und Serienvergewaltigungen in Studentenheimen. Diese Kulte schrecken auch vor Menschenopfern nicht zurück, was zu häufigen Meldungen über den Fund von Körperteilen bei ‚Ritualists' führt (ÖBA 9.2016).

Kulte greifen generell niemanden an, der nicht selbst in Kult-Aktivitäten involviert ist (VA1 16.11.2015; vgl. IRB 3.12.2012). Angriffe auf Anti-Kult-Aktivisten können vorkommen (IRB 3.12.2012). Die Bundesregierung hat die Rektoren angewiesen, gegen die Kult-Gewalt an den Universitäten Maßnahmen zu setzen, darunter z. B. Sanktionen gegen Kult-Mitglieder und Sensibilisierungskampagnen (IRB 3.12.2012; vgl. EASO 6.2017). Das "Secret Cult and Simi-lar Activities Prohibition" Gesetz aus dem Jahr 2004 listet offiziell ca. 100 Kult-Gruppen auf, die verboten worden sind. Diese Kulte umfassen kriminelle Banden; spirituell und politisch motivierte Gruppen auf der Suche nach Macht und Kontrolle; sowie Banden, die Wasserwege, Durchfahrtswege oder Ölreserven kontrollieren (UKHO 1.2013; vgl. EASO 6.2017).

Personen, die sich vor einer Schlechtbehandlung/Misshandlung durch derartige Gruppierun-gen fürchten, können entweder Schutz erhalten oder aber eine innerstaatliche Relokations-möglichkeit in Anspruch nehmen, um der befürchteten Misshandlung zu entgehen (UKHO 12.2013).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde am 09.07.2018.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Weiters hat der Beschwerdeführer in dieser Befragung vom 09.07.2018 selbst angegeben, mit seinen Eltern in Nigeria regelmäßig telefonischen Kontakt zu haben.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich Einvernahme durch die belangte Behörde vom 09.07.2018. So hat er angegeben, ein Einzelgänger zu sein und auch keine Beziehung zu führen.

Die Feststellungen zu seinem Alter gründen sich auf das im Akt enthaltene medizinische Sachverständigengutachten zur Altersfeststellung von Dr. med. et phil. E. Rudolf vom 15.10.2016.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 10.08.2018.

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergibt sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 10.08.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Dass der Beschwerdeführer kein Deutsch spricht und in keinem Verein ist, hat er ebenfalls vor der belangten Behörde am 09.07.2018 angegeben. Wenn nunmehr in der Beschwerde vom 07.08.2018 angegeben wird, dass der Beschwerdeführer ausreichend Deutsch spreche und umfangreiche soziale und familiäre Kontakte in Österreich habe, so wird dieses Vorbringen nicht weiter ausgeführt oder belegt und widerspricht den eigenen Angaben des Beschwerdeführers knappe vier Wochen zuvor.

2.2. Zum Fluchtvorbringen:

Die Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seines Erstantrages wurde durch Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde und das Erkenntnis des BVwG vom 02.02.2018 zu GZ I415 2179331-1/3E getroffen.

Der Beschwerdeführer hat somit noch nicht einmal das Vorliegen eines neuen Sachverhaltes behauptet, weshalb keine beweiswürdigenden Ausführungen zur Glaubwürdigkeit anzuführen sind. Die belangte Behörde hat daher zu Recht ausgeführt, dass die Begründung des Folgeantrages nicht ausreiche, einen neuen, gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen.

Dass auch keine Änderung in Bezug auf die Situation in Nigeria eingetreten ist, ergibt sich aus einem Vergleich der Länderberichte.

Zwar wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass sich die Sicherheitslage in Nigeria seit der Entscheidung des BVwG vom 02.02.208 geändert habe, diesbezüglich erfolgt jedoch keinerlei Präzisierung dieses allgemein gehaltenen Vorbringens.

Auch die persönliche Situation habe sich verändert. Es wird jedoch verabsäumt diese Veränderung näher anzuführen und auch aus dem Akteninhalt ist eine solche nicht erkennbar.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

-

AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

-

AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

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BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

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DACH - Asylkooperation Deutschland-Österreich-Schweiz (27.2.2013):

D-A-CH Fact-sheet zu Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/1729_1361973048_dach-nigeria-factsheet-gr-2013-02.doc, Zugriff 21.6.2017

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DT - Daily Trust (18.6.2016): Cult killings: States in grip of deadly rise,

http://www.dailytrust.com.ng/news/general/cult-killings-states-in-grip-of-deadly-rise/151640.htmlZugriff 21.6.2017

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EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

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FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

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IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

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UKHO - United Kingdom Home Office (1.2013): Operational Guidance Note - Nigeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359554590_nigeriaogn.pdf, Zugriff 21.6.2017

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USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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