TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/30 99/18/0297

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Veröffentlicht am 30.11.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des J S-R in Wien, geboren am 30. April 1978, vertreten durch Mag. Dr. Volker Glas, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. April 1999, Zl. SD 687/98, betreffend Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. April 1999 wurde gemäß § 75

Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in Indien gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Der Beschwerdeführer habe im verfahrensgegenständlichen Antrag vorgebracht, in seiner Heimat Probleme zu haben, und dazu ein an ihn gerichtetes Schreiben seines indischen Rechtsvertreters vom 22. März 1997 vorgelegt. In diesem Schreiben werde er von seinem Rechtsvertreter informiert, dass er in naher Zukunft Indien nicht besuchen solle, weil er von der Polizei Punjabs am 15. Dezember 1994 verhaftet worden wäre und einen Monat im Gefängnis verbracht hätte. Alle Mitglieder seiner Gruppe (Babbar Khalsa) wären von der Polizei verhaftet worden. Die Polizei wolle ihn bestimmt auch verhaften, und er könnte in einer "gestellten Konfrontation" getötet werden.

In dem vom Beschwerdeführer nach der Einreise in das Bundesgebiet im Dezember 1996 angestrengten Asylverfahren habe er jedoch andere Angaben gemacht. So habe er dort deponiert, dass er als Sikh und Mitglied der Partei "Babbar Khalsa" für die Unabhängigkeit von Indien kämpfen würde. Er wäre bereits zweimal verhaftet worden, weil er in seinem Heimatdorf bei Versammlungen für die Unabhängigkeit Indiens eingetreten wäre. Er wäre am 12. September 1996 erstmals verhaftet und zwei Tage lang angehalten worden. Am 20. Oktober 1996 wäre die zweite Verhaftung erfolgt, anlässlich der er für zehn Tage angehalten und von den Polizisten misshandelt worden wäre. Darüber hinaus habe er ausgeführt, dass er seit Anfang 1995 Probleme mit der Polizei gehabt hätte. Diese Angaben stünden somit in klarem Widerspruch zu der vorgelegten Mitteilung seines Rechtsvertreters, wonach er bereits am 5. Dezember 1994 verhaftet und für einen Monat eingesperrt worden wäre. Auch bezüglich seines richtigen Namens habe der Beschwerdeführer im Asylverfahren widersprüchliche Angaben gemacht. So habe er zunächst ausgeführt, im Mai oder Juni 1996 bei einem Gericht seinen ursprünglichen Namen "Singh" auf "Rathour" ändern lassen zu haben. Danach habe er diese Aussage dahin korrigiert, dass er bereits im Jahr 1995 ohne Einbindung von Behörden nur durch ein Zeitungsinserat seinen Namen geändert hätte und die Behörden hievon keine Kenntnis hätten. Es könne somit nicht einmal die Identität des Beschwerdeführers einwandfrei festgestellt werden. Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche sei das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer am 29. Juli 1998 vor der Polizei behauptet, seinen Reisepass verloren zu haben, und um eine Verlustbestätigung ersucht, damit er bei der indischen Botschaft einen neuen Reisepass beantragen könne.

Angesichts der begründeten Zweifel an der wahren Identität des Beschwerdeführers, seiner widersprüchlichen Angaben und letztlich der Tatsache, dass er offenbar die Ausfertigung eines indischen Reisepasses habe beantragen wollen, müsse seinen Behauptungen über eine Gefährdung/Bedrohung im Sinn des § 57 FrG jede Glaubwürdigkeit versagt werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 75 FrG das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat gegeben, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/18/0055, mwN).

2. Die belangte Behörde hat den Feststellungsantrag deshalb abgewiesen, weil sie das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine Gefährdung bzw. Bedrohung in Indien als unglaubwürdig angesehen hat.

Der Beschwerdeführer wendet zwar ein, dass es "insbesondere in Situationen, wo der Antragsteller der Amtssprache nicht mächtig ist und eines Übersetzers bedarf, ... zu missverständlichen Angaben im Rahmen der Übersetzung oder Missverständnissen auf Seiten des Antragstellers kommen kann", ohne dies jedoch in irgendeiner Weise zu konkretisieren. Er bringt nicht vor, in welchem Punkt ein Missverständnis vorliegen soll und wie seine Aussage ohne dieses Missverständnis gelautet hätte.

Auf Grundlage der im angefochtenen Bescheid dargestellten Widersprüche einerseits innerhalb der Aussagen des Beschwerdeführers und andererseits zwischen diesen Aussagen und dem Inhalt des von ihm zur Dartuung seiner Gefährdung bzw. Bedrohung vorgelegten Schreibens seines indischen Rechtsvertreters, die so bedeutende Ereignisse wie die Inhaftierung und die Änderung des Namens betreffen, begegnet diese Beweiswürdigung im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

Schon deshalb, weil der Beschwerdeführer somit keine glaubwürdigen Angaben über eine Gefährdung bzw. Bedrohung seiner Person gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG indizierende Umstände gemacht hat, war die belangte Behörde - entgegen der Beschwerdemeinung - nicht verpflichtet, das Vorliegen derartiger Umstände (durch Anfrage an die österreichische Vertretungsbehörde in Indien) zu verifizieren.

3. Da die belangte Behörde somit dem gesamten Vorbringen betreffend die Bedrohung des Beschwerdeführers in Indien in unbedenklicher Weise keinen Glauben geschenkt hat, stößt ihre Rechtsansicht, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in Indien im Sinn von § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG gefährdet bzw. bedroht, auf keinen Einwand.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999180297.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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