TE Vfgh Erkenntnis 1997/10/3 KI-17/97

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Veröffentlicht am 03.10.1997
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art15a
B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
B-VG Art138 Abs1 litb
B-VG Art138a
VfGG §43 Abs3

Leitsatz

Feststellung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über einen Anspruch des Bundes gegen Land und Stadt Wien im Zusammenhang mit der Errichtung der Internationalen Schule in Wien; Zulässigkeit eines Gliedstaatsvertrages für öffentliche Zwecke verfolgende, (auch) den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung betreffende Vorhaben

Spruch

1. Die Entscheidung über den vom Bund gegen Land und Stadt Wien im Klagsweg geltend gemachten Anspruch auf Bezahlung eines Betrages von S 43,351.327,87 s.A., der in Zusammenhang mit der Errichtung der Internationalen Schule Wien steht, fällt gemäß Art137 B-VG in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes.

2. Der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 7. November 1996, Zl. 27 Cg 228/96i-3, wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Beim Verfassungsgerichtshof ist zu A13/96 eine auf Art137 B-VG gestützte Klage der "Republik Österreich" (richtig: des Bundes) - vertreten durch die Finanzprokuratur - gegen "Land und Stadt Wien" vom 13. September 1996 anhängig, mit der die klagende Partei die Forderung auf Bezahlung von bisher trotz Mahnungen unberichtigt gebliebener Grunderwerbskosten samt Anhang im Zusammenhang mit der Errichtung der Internationalen Schule Wien erhebt. Die Forderung wird vorrangig auf eine zwischen dem Bund und dem Land Wien am 9. Mai 1979 gemäß Art15a B-VG abgeschlossene Vereinbarung (BGBl. 18/1980, Wiener LGBl. 21/1979) gestützt, daneben aber auf jeden Rechtsgrund, insbesondere auch auf §1042 ABGB.

b) Der Bund hat über denselben Anspruch eine inhaltsgleiche, ebenfalls mit 13. September 1996 datierte Klage gegen Land und Stadt Wien beim Landesgericht für Zivilrechtssachen (LGfZRS) Wien eingebracht. Dieses Gericht hat mit Beschluß vom 7. November 1996, 27 Cg 228/96i-3, den Antrag der beklagten Partei, die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen, abgewiesen und dies wie folgt begründet:

"Die Zuständigkeit des VfGH gemäß Art137 B-VG erstreckt sich auf jene Rechtssachen, die nicht im ordentlichen Rechtsweg zu erledigen sind, was nach §1 UN (richtig wohl: JN) zu bestimmen ist.

Wenn, wie im vorliegenden Fall, zwei Gebietskörperschaften auf der Grundlage rechtlicher Gleichordnung verhandeln und keine sich gegenüber der anderen hoheitliche Befugnisse anmaßt, liegt eine Rechtsfigur des bürgerlichen Rechts vor (VfSlg. 3491) und sind daraus resultierende Streitigkeiten im Rechtsweg (gemeint wohl: im ordentlichen Rechtsweg) auszutragen."

2. Der Verfassungsgerichtshof hat am 21. Juni 1997 unter Zl. A13/96-9 beschlossen, gemäß Art138 Abs1 litb B-VG und §43 Abs3 VerfGG 1953 ein Verfahren zur Entscheidung des Kompetenzkonfliktes zwischen

a) dem mit Klage des Bundes vom 13. September 1996 gegen Land und Stadt Wien auf Bezahlung eines Betrages von S 43,351.327,87 s. A.

befaßten LGfZRS Wien und

b) dem gleichfalls mit (zu A13/96 protokollierter) Klage des Bundes gegen Land und Stadt Wien in derselben Sache

befaßten Verfassungsgerichtshof

einzuleiten.

3. Das LGfZRS Wien hat den bezughabenden Gerichtsakt vorgelegt, von der Erstattung einer Äußerung jedoch Abstand genommen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat im Kompetenzkonfliktsverfahren erwogen:

1. Gemäß Art138 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof unter anderem über Kompetenzkonflikte zwischen den ordentlichen Gerichten und anderen Gerichten. Unter "anderen Gerichten" ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch der Verfassungsgerichtshof selbst zu verstehen; demnach erkennt er auch über Kompetenzkonflikte zwischen den ordentlichen Gerichten und dem Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg. 2084/1950, 3348/1958, 6672/1972, 10190/1984).

Das LGfZRS Wien hat dadurch, daß es ein Verfahren über die bei ihm eingebrachte Klage einleitete, seine Zuständigkeit in Anspruch genommen (vgl. VfSlg. 1349/1930, 2108/1951, 6672/1972).

Der Verfassungsgerichtshof ging in dem dieses Kompetenzkonfliktsverfahren einleitenden Beschluß - mit näherer Begründung - vorläufig davon aus, daß die Entscheidung über die Klage in seine Zuständigkeit nach Art137 B-VG falle, sofern die Klage unmittelbar auf eine zulässigerweise nach Art15a B-VG abgeschlossene Vereinbarung gestützt ist.

Da der Verfassungsgerichtshof durch den Inhalt seiner eigenen Akten von dem Entstehen des Konfliktes Kenntnis erlangte (§43 Abs3 VerfGG 1953) und noch kein Gericht in der Hauptsache abgesprochen hat (§43 Abs2 VerfGG 1953), liegt ein bejahender Kompetenzkonflikt i.S. des Art138 Abs1 litb B-VG und des §43 Abs3 VerfGG 1953 vor, der vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden ist.

Das Kompetenzkonfliktsverfahren ist also zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof (nicht das LGfZRS Wien) ist zur Entscheidung über den vom Bund gegen Land und Stadt Wien im Klagsweg geltend gemachten Anspruch zuständig:

a) Der Bund und das Land Wien schlossen am 9. Mai 1979 eine Vereinbarung gemäß Art15a B-VG über Vorhaben in der Bundeshauptstadt Wien, an welchen der Bund und das Land Wien interessiert sind (BGBl. 18/1980, Wr. LGBl. 21/1979). Im einzelnen werden acht verschiedene Vorhaben, darunter solche im Verkehrsbereich, Hochwasserschutz und Kulturbereich aufgezählt. In Punkt 7 geht es um "Infrastrukturmaßnahmen betreffend das Projekt UNO-City". Die dazu gehörende Anlage 7 nennt in diesem Zusammenhang die endgültige Unterbringung der bestehenden Internationalen Schule, die Hilfestellung der Stadt Wien für die notwendige Transferierung des bestehenden IAEA-Kindergartens und die Erhöhung der Attraktivität der für das Personal der UNO-City in Betracht kommenden Massenverkehrsmittel. Zur Internationalen Schule heißt es:

"Bund und Stadt Wien werden für eine definitive Unterbringung der bestehenden Internationalen Schule sorgen, wobei ein Kostenteilungsschlüssel 65 (Bund) : 35 (Stadt Wien) gilt."

b) Vorhaben dieser Art kommen zulässigerweise als Gegenstand einer Vereinbarung gemäß Art15a B-VG in Betracht:

aa) Gemäß Art15a Abs1 B-VG können Bund und Länder untereinander Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches schließen. Der Verfassungsgerichtshof teilt nicht die von einem Teil des Schrifttums vertretene Auffassung, Art15a B-VG gestatte nur Vereinbarungen über Angelegenheiten der Gesetzgebung und der hoheitlichen Vollziehung, sofern damit gemeint ist, daß in privatrechtliche Formen gekleidetes Verwaltungshandeln schlechthin nicht Gegenstand einer Vereinbarung nach Art15a B-VG sein könne (in diesem Sinne wohl Ermacora, Bundesverfassungsgesetznovelle 1974, in JBl. 1975, S 27; Rill, Gliedstaatsverträge, Wien 1972, insbes. S 94, zum seinerzeitigen Art107 B-VG; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Aufl., Wien 1996, RZ 854).

Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift zwingen nicht zu dieser Interpretation. Unter "Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereiches" können jedenfalls auch Angelegenheiten verstanden werden, die der Verfolgung öffentlicher Zwecke dienen, bei denen sich aber die Beteiligten im einzelnen privatrechtlicher Mittel bedienen. Die Materialien zu Art15a B-VG (Erläuterungen zur RV der B-VG-Novelle 1974, 182 BlgNR 13. GP, S 19) betonen allgemein die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf bestimmten Gebieten im Sinne eines kooperativen Bundesstaates, die eines entsprechenden rechtlichen Instrumentariums bedürfe. In der Literatur versteht man unter kooperativem Föderalismus ein auch verfassungsrechtlich verankertes umfassendes und flexibles System des Zusammenwirkens von Bund und Ländern einerseits und unter den Ländern andererseits auf jenen Gebieten, wo Sachaufgaben einer einheitlichen und planend abgestimmten Zusammenarbeit der verschiedenen Ebenen und Träger der öffentlichen Verwaltung bedürfen (vgl. für Österreich z.B. Loebenstein, in Gedächtnisschrift Marcic, Bd. II, Berlin 1974, S 831 f.; für Deutschland z.B. Scheuner, Wandlungen im Föderalismus der Bundesrepublik, DÖV 1966, S 518). Ein solches Verständnis liegt auch dem Art15a B-VG zugrunde, wird doch in den Materialien zu dieser Bestimmung (aaO) darauf hingewiesen, daß derartige Vereinbarungen es gestatten werden, eine Koordination von Maßnahmen des Bundes und der Länder auf rechtsverbindlicher Basis zu erreichen, wobei als Beispiele Maßnahmen der Raumordnung, der umfassenden Landesverteidigung, des Zivilschutzes, des Umweltschutzes und der Katastrophenhilfe genannt werden.

Im Hinblick auf die aus den Materialien abzuleitenden Zielvorstellungen des Gesetzgebers ist daher anzunehmen, daß der Verfassungsgesetzgeber die Privatwirtschaftsverwaltung nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Art15a B-VG ausklammern wollte, ist doch im Rahmen eines so verstandenen kooperativen Bundesstaates die Notwendigkeit einer Koordination bei den in privatrechtlichen Formen zu verwirklichenden Vorhaben, an denen ein öffentliches Interesse mehrerer Gebietskörperschaften besteht, in keinem geringeren Maße gegeben als bei den Vorhaben im Bereich der Gesetzgebung und hoheitlichen Vollziehung.

Wohl trifft es zu, daß für die Koordination von Vorhaben im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zwischen Bund und Ländern oder den Ländern untereinander in der Regel auch das Instrument des privatrechtlichen Vertrages zur Verfügung steht. Doch ist zum einen zu bedenken, daß bei vielen Materien die koordinierte Wahrnehmung Maßnahmen sowohl im Bereich der Gesetzgebung und der hoheitlichen Vollziehung als auch des privatrechtlichen Handelns erfordert und eine gemeinsame Regelung in einem einheitlichen Vertragswerk daher die logische und ökonomische Vorgangsweise ist. Zum anderen sind angesichts der teilweisen Austauschbarkeit von hoheitlichen und privatrechtlichen Handlungsformen Vorhaben denkbar, bei denen für die zweckmäßige Koordination auf der Seite der einen Gebietskörperschaft gesetzgeberisches Handeln oder hoheitliche Vollziehung, auf der Seite der anderen Gebietskörperschaft hingegen privatrechtliches Vorgehen erforderlich ist.

All dies spricht dafür, daß die Gebietskörperschaften Vorhaben, mit denen öffentliche Zwecke verfolgt werden, die aber (auch) den Bereich ihrer Privatwirtschaftsverwaltung betreffen, sowohl in der Form eines privatrechtlichen Vertrages als auch in der Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach Art15a B-VG, für den dann besondere Voraussetzungen, aber auch besondere Rechtsfolgen gelten, koordinieren können (in diesem Sinne auch Jabloner, Gliedstaatsverträge in der österreichischen Rechtsordnung, ZÖR, Bd. 40, 1989, S 236; Öhlinger, Verträge im Bundesstaat, Wien 1978, S 30 f., der eine interne Koordination privatrechtlicher Akte durch Verwaltungsvereinbarungen nach Art15a B-VG jedenfalls für zulässig hält).

bb) Vor allem aber ist das geschilderte Ergebnis daraus abzuleiten, daß Art15a B-VG über die "Gliedstaatsverträge" diese offenkundig den Staatsverträgen iS des Art50 B-VG nachgebildet hat. Dies ergibt sich positivrechtlich aus Art15a Abs3 B-VG, wonach die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechtes auf die "Gliedstaatsverträge" anzuwenden sind. Für Staatsverträge bestehen nun aber keine deren Regelungsinhalte einschränkende Grenzen.

cc) Wählen die Gebietskörperschaften für Vorhaben (nicht bloß im Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern auch) im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung die Rechtsform einer Vereinbarung nach Art15a B-VG, so haben sie sich daher zulässigerweise für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag entschieden. Zur Beurteilung von Streitigkeiten aus einer solchen Vereinbarung ist der Verfassungsgerichtshof berufen, und zwar - soweit es sich nicht um vermögensrechtliche Ansprüche handelt - nach Art138a B-VG; hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche - da es sich nicht (mehr) um eine bürgerlich-rechtliche Rechtssache handelt und soweit nicht die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde gegeben ist - beruht die Zuständigkeit auf Art137 B-VG (so auch die RV zur B-VG-Novelle 1974, 182 BlgNR 13. GP, S 21; Ringhofer,

Die österreichische Bundesverfassung, Wien 1977, S 442; Walter/Mayer, aaO, RZ 1100; Klecatsky/Öhlinger, Die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, Wien 1984, Anm. 3 zu Art138a B-VG).

Ob der Vertrag inhaltlich dem Gesetz entspricht und gültig ist oder nicht (etwa ob er finanzausgleichsrechtliche Bestimmungen unterläuft), ist keine im Rahmen dieses Kompetenzkonfliktsverfahrens zu lösende Frage, sondern eine, die im Verfahren über die Klage zu klären sein wird. Wurde die Rechtsform eines Vertrages nach Art15a B-VG gewählt, so ist - wie dargetan - damit im Streitfall die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 iVm Art138a B-VG begründet.

c) aa) Die Vertragsparteien durften sich nach dem Gesagten eines auf Art15a B-VG gestützten Vertrages bedienen, um den in Rede stehenden Gegenstand zu regeln:

Daß an dem hier maßgebenden, in Anlage 7 der Vereinbarung vom 9. Mai 1979 genannten Vorhaben, nämlich der Unterbringung der Internationalen Schule, ein öffentliches Interesse besteht, scheint dem Verfassungsgerichtshof nicht zweifelhaft. Österreich hatte und hat ein besonderes (legitimes) Interesse an der Niederlassung internationaler Organisationen. Es hat sich daher in verschiedenen Abkommen mit den Vereinten Nationen verpflichtet, den in Wien niedergelassenen Organisationen der Vereinten Nationen einen in vielfacher Hinsicht privilegierten Amtssitz einzuräumen, und hat den Bediensteten dieser Organisationen einen bevorzugten Status zugestanden (vgl. z.B. BGBl. 245/1967, 677/1977, 217/1982; s. etwa auch BGBl. 82/1958, 218/1982). Auch wenn diese völkerrechtlichen Verträge keine ausdrücklichen einschlägigen Verpflichtungen enthalten, muß es als im öffentlichen Interesse liegend betrachtet werden, wenn Österreich sich bemüht, diesen Organisationen und ihren Bediensteten auch außerhalb der in Amtssitzabkommen und ähnlichen Verträgen geregelten Materien eine angemessene Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Wenn sich Österreich daher bereit erklärt, die schulische Versorgung der Kinder der in Österreich lebenden Dienstnehmer internationaler Organisationen und diplomatischer Vertretungen derart zu unterstützen, daß es die Errichtung und Erhaltung einer speziell für diese Interessenten geeigneten Privatschule (vgl. hiezu BGBl. 471/1978 über die Anerkennung des Besuches der Privatschule "Internationale Schule Wien" zur Erfüllung der Schulpflicht) finanziert, so ist dies die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe, die der Bund zusätzlich zu den Verpflichtungen auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen übernommen hat.

Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß das Land und die Stadt Wien an der Verwirklichung des Vorhabens ebenfalls öffentliches Interesse hatten; dies schon deshalb, weil für sie ein funktionierendes Schulsystem wesentlich ist und weil eine Förderung des internationalen Ansehens der Stadt Wien zu erwarten war.

bb) Die Vertragsparteien durften sich also der Rechtsform einer Vereinbarung nach Art15a B-VG bedienen; sie haben sie auch tatsächlich angewendet:

Der Vertrag beruft sich ausdrücklich auf Art15a B-VG. Er wurde im Bundes- und im Landesgesetzblatt kundgemacht.

An dieser Beurteilung ändert nichts, wenn die Vertragsparteien in der Folge aufgrund dieses Vertrages Vereinbarungen getroffen haben, denen diese Merkmale fehlen.

d) Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die zu beurteilende Klage vermögensrechtliche Ansprüche betrifft, die unmittelbar auf eine staatsrechtliche Vereinbarung gemäß Art15a B-VG gestützt werden. Die aus der Anwendung einer solchen Vereinbarung erwachsenden Streitigkeiten sind allein auf Grund der Form der zugrundeliegenden Vereinbarung keine bürgerlichen Rechtssachen mehr. Eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist daher nicht gegeben. Es besteht aber auch keine gesetzliche Bestimmung, nach der Verwaltungsbehörden zur Entscheidung über solche Streitigkeiten berufen wären. Damit ist die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG zur Entscheidung über die Klage gegeben.

Der Verfassungsgerichtshof kann es dabei dahingestellt sein lassen, ob seine Zuständigkeit auch zu bejahen wäre, wenn Ansprüche aus einem privatrechtlichen Vertrag geltend gemacht werden, der in Durchführung einer Vereinbarung nach Art15a B-VG abgeschlossen wird. Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Die klagende Partei stützt ihren Anspruch direkt auf die Art15a-Vereinbarung, die im maßgebenden Zusammenhang selbst (in Anlage 7) die Teilung der Errichtungskosten der Internationalen Schule zwischen Bund und Stadt Wien im Verhältnis von 65 : 35 vorsieht. Selbst wenn, wie die Klägerin behauptet, über die Kostenbeteiligung ein Vergleich zustandegekommen wäre, änderte dies nichts daran, daß Anspruchsgrundlage die Anlage 7 der genannten Vereinbarung wäre.

e) Der Verfassungsgerichtshof hatte daher gemäß Art138 Abs1 litb B-VG zu erkennen, daß die sowohl vom LGfZRS Wien als auch vom Verfassungsgerichtshof in Anspruch genommene Zuständigkeit zur Entscheidung über das in Rede stehende, vom Bund gegen Land und Stadt Wien im Klagsweg geltend gemachte Begehren dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art137 iVm Art138a B-VG zukommt.

f) Gemäß §51 VerfGG hatte der Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des diesem Erkenntnis entgegenstehenden Beschlusses des LGfZRS Wien vom 7. November 1996, Zl. 27 Cg 228/96i-3, auszusprechen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, Vereinbarungen nach Art 15a B-VG, Hoheitsverwaltung, Privatwirtschaftsverwaltung, VfGH / Zuständigkeit, Schulen, Privatschulen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:KI17.1997

Dokumentnummer

JFT_10028997_97K0I017_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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