TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/30 95/18/1342

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Veröffentlicht am 30.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992;
AVG §38;
FrG 1993 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der am 3. Juli 1962 geborenen S V, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spielgelgasse 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. August 1995, Zl. SD 566/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. August 1995 wurde die Beschwerdeführerin, einen Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Nachdem die belangte Behörde zunächst darauf hingewiesen hatte, dass die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides auch für die Berufungsentscheidung maßgebend gewesen seien, führte sie weiters aus, die Beschwerdeführerin sei im Dezember 1991 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist und habe aufgrund von Verpflichtungserklärungen Sichtvermerke bis 30. Oktober 1992 erteilt erhalten. Danach habe sie das Bundesgebiet verlassen, sei jedoch am 10. Jänner 1993 neuerlich - und zwar mit einem Touristensichtvermerk - eingereist und habe am 3. Februar 1993 einen Sichtvermerksantrag gestellt, den sie wenig später wieder zurückgezogen habe. Ein neuerlicher Sichtvermerksantrag sei mit Bescheid vom 29. Juni 1993 gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 ebenso abgewiesen worden wie ein Antrag der Beschwerdeführerin nach dem Aufenthaltsgesetz. Ihr diesbezüglicher Hinweis, sie hätte gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesministers für Inneres Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, woraus abzuleiten wäre, dass ihr Aufenthalt nicht rechtswidrig wäre und nicht gegen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit verstoßen hätte, sei nicht zielführend. Wie oben dargetan, sei die Beschwerdeführerin zuletzt lediglich im Besitz eines Touristensichtvermerkes gewesen, der bis zum 9. Februar 1993 Gültigkeit gehabt habe. Seit diesem Zeitpunkt verfüge sie über keine Aufenthaltsberechtigung. Auch mit ihrem Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz habe die Beschwerdeführerin eine (vorläufige) Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 13 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes nicht erlangt. Mittlerweile habe der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Auch diese Abtretung der Beschwerde vermöge der Beschwerdeführerin keine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Demnach sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.

Was die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 19 leg. cit. betreffe, sei im Hinblick darauf, dass sich auch der Ehegatte und das Kind der Beschwerdeführerin - wenngleich ebenfalls unrechtmäßig - in Österreich aufhielten, von einem Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin auszugehen. Dessen ungeachtet sei aber ihre Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im Besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit langem unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber auch das weitere Verbleiben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Dazu komme, dass der Beschwerdeführerin - mangels Erfüllung der in § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung, wonach ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei - im Inland auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde der Beschwerdeführerin entgegen der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmungen den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 11. Oktober 1995, B 3031/95).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht die Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zugrunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde; die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt daher vorliegend nicht zum Tragen.

2. Entgegen der Beschwerde handelt es sich bei der Frage, ob der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung ein Recht zum Aufenthalt zukam, um keine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0173). Die Auffassung der Beschwerde, die Ausweisung hätte mit Rücksicht auf das (nach Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof nunmehr) vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren betreffend die - behauptetermaßen eine Vorfrage für die Ausweisung darstellende - "Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin" (nach dem Aufenthaltsgesetz) zu unterbleiben gehabt und die belangte Behörde hätte ihr Verfahren bis zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens aussetzen müssen, ist daher nicht zielführend, zumal die Beschwerde nicht einmal behauptet, dass der besagten Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre und weiters auch § 17 Abs. 4 FrG der vorliegenden Ausweisung schon deshalb nicht entgegensteht, weil es sich - unstrittig - bei dem genannten Antrag nicht um einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 6 Abs. 3 leg. cit) gehandelt hat.

Vor diesem Hintergrund bestehen auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung - dass die Beschwerdeführerin zuletzt lediglich bis zum 9. Februar 1993 "im Besitz eines Touristensichtvermerkes" gewesen sei - gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin (seither) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, keine Bedenken.

3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen geht daher die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und hätte mit der Beschwerdeführerin "insbesondere die behauptete Tatsache der Anhängigkeit des Verfahrens aufgrund des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung erörtern müssen, um diese Prozessbehauptung zu objektivieren", ins Leere.

4. In Bezug auf die zur Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 19 FrG angestellten Erwägungen im angefochtenen Bescheid enthält sich die Beschwerde jeglicher Ausführungen. Der Gerichtshof findet keinen Anlass, die von der Annahme eines relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin ausgehende Auffassung der belangten Behörde, die Ausweisung sei aufgrund überwiegenden öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten und demnach im Grunde des § 19 FrG zulässig, zu beanstanden. Die angefochtene Entscheidung folgt in diesem Punkt der ständigen hg. Rechtsprechung.

5. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 abgesehen werden.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1995181342.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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