TE Vwgh Erkenntnis 2018/8/30 Ra 2017/17/0815

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Veröffentlicht am 30.08.2018
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
34 Monopole;

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
StGB §168;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des TM in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 30. Jänner 2017, LVwG-S-1469/001-2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 3. April 2015 wurde der Revisionswerber der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z. 1 letzter Fall iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014 im Tatzeitraum vom 1. Jänner bis 6. November 2014 schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 30.000,- sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Tagen verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet ab und bestätigte das Straferkenntnis. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, weil die angefochtene Entscheidung im Widerspruch zur Judikatur zur Subsidiarität der verwaltungsgerichtlichen zur strafgerichtlichen Zuständigkeit hinsichtlich der im inkriminierten Tatzeitraum geltenden Fassung des Glücksspielgesetzes stehe, als zulässig. Die Revision ist auch berechtigt:

5 Der dem Revisionswerber angelastete Zeitraum der Tatbegehung von 1. Jänner bis 6. November 2014 liegt teilweise vor und teilweise nach Inkrafttreten der GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014.

6 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem zu Beginn des Zeitraums der dem Revisionswerber vorgeworfenen strafbaren Handlung (1. Jänner 2014) die GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 noch nicht in Geltung stand. Die damals geltende Fassung des § 52 Abs. 2 GSpG, BGBl. I Nr. 111/2010, bestimmte, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über EUR 10,-- von Spielern oder anderen geleistet werden.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Rechtslage ausgesprochen, dass im Ergebnis keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, wenn eine an sich bestehende verwaltungsrechtliche Strafbarkeit hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurücktritt. Der Täter verwirklicht allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Für den Fall der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 168 StGB wegen der Ermöglichung von Ausspielungen mit Einsätzen von über EUR 10,-- verbleibt kein Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, B 422/2013 (VfSlg. 19.754) ist nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen, weshalb in solchen Fällen auch keine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach den Bestimmungen des GSpG besteht (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0045, mwN).

8 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass bei den drei verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten jeweils Höchsteinsätze von EUR 11,--, somit über EUR 10,-- möglich gewesen sind. Die Richtigkeit dieser Feststellung wird von der Revision nicht bestritten. Damit tritt für den inkriminierten Tatzeitraum bis zum Inkrafttreten der GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 am 1. März 2014 (somit vom 1. Jänner 2014 bis 28. Februar 2014) die verwaltungsbehördliche hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurück. Es liegt diesbezüglich eine ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit vor.

9 Das angefochtene Erkenntnis war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

10 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 30. August 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170815.L00

Im RIS seit

24.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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