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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §114;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des H T in T, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding, Unterer Stadtplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II), vom 7. Oktober 1997, Zl. RV/70.431-7/96, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist als Dienstnehmer im Außendienst tätig und verwendet hierfür sein eigenes Kraftfahrzeug. Für die beruflich gefahrenen Strecken erhielt er von seinem Arbeitgeber Ersatzzahlungen in Höhe von 3,50 S pro km (bei einem Jahreslimit von 34.200 km). Im Streitjahr 1994 legte er im beruflichen Einsatz
44.268 km zurück und erhielt hiefür folglich Aufwandersätze in Höhe von S 119.700,-- S (Jahreslimit von 34.200 a 3,50 S). Die Differenz zwischen dem amtlichen Kilometergeld (4,30 S bzw. 4,60 S) für diese Strecke und den Aufwandersätzen machte er als Werbungskosten geltend.
Daneben bezog der Beschwerdeführer im Streitjahr auch gewerbliche Einkünfte als Provisionsvertreter für die Firmen A. und P. Den diesbezüglichen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen ist zu entnehmen, dass er für die Firma A. 5.027 km und für die Firma P.
1.651 km im Streitjahr unterwegs war. Auch für diese Fahrten brachte er das amtliche Kilometergeld zum Ansatz.
Weiters erzielte der Beschwerdeführer im Streitjahr Einkünfte aus der Vermietung von Ferienwohnungen. Im Rahmen dieser Einkünfte machte er Kilometergeld in Höhe von 4.300 S geltend.
Mit Vorhalt vom 14. September 1995 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, die tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten (AfA, Benzin, Reparaturen, etc.) bekannt zu geben. Da der PKW überwiegend beruflich genutzt werde (mehr als 30.000 km im Kalenderjahr), stelle er ein Arbeitsmittel gemäß § 16 "Abs. 7" EStG 1988 dar.
Der Beschwerdeführer kam diesem Ersuchen nicht nach und verwies in diesem Zusammenhang auf seine abweichende Rechtsansicht. Demnach stehe es dem Arbeitnehmer grundsätzlich frei, für jeden beruflich gefahrenen Kilometer entweder das Kilometergeld gemäß § 26 Z. 4 lit. a EStG 1988 oder die tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten als Werbungskosten geltend zu machen. Er nehme dieses Wahlrecht in der Form wahr, dass er das amtliche Kilometergeld beanspruche.
Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer in der Folge abermals und unter Hinweis auf die Lohnsteuerrichtlinien auf, die tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten mitzuteilen.
Auch dieses Ersuchen blieb erfolglos. Das Finanzamt ermittelte daraufhin die tatsächlichen Fahrtkosten im Schätzungswege, kam dabei zu einem Betrag von 2,725 S pro beruflich/betrieblich gefahrenem Kilometer und legte diesen der Berechnung der Fahrtkosten bei allen Einkunftsarten zu Grunde. In der ergänzenden Begründung zum Einkommensteuerbescheid 1994 stellte das Finanzamt die Schätzungsgrundlage detailliert dar und verwies darauf, dass bei einer Jahresleistung von mehr als 30.000 km davon auszugehen sei, dass der PKW überwiegend betrieblich genutzt werde und daher ein Arbeitsmittel darstelle. Als Werbungskosten könnten deshalb nur die tatsächlich nachgewiesenen Kosten geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und wiederholte seinen Rechtsstandpunkt. Nehme der Steuerpflichtige das Kilometergeld in Anspruch, könne sich der Nachweis der Fahrzeugkosten darauf beschränken, dass es sich dem Grunde nach um eine beruflich notwendige Fahrt handle. Der Nachweis werde durch das vorgelegte Fahrtenbuch erbracht.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Auffassung des Finanzamtes habe keine gesetzliche Grundlage. Auch sei ihm ein Fall eines anderen Abgabepflichtigen bekannt, bei dem das Finanzamt trotz einer Jahresleistung von ca. 48.000 km den Ansatz des amtlichen Kilometergeldes anerkannt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid schloss sich die belangte Behörde der Rechtsansicht des Finanzamtes an. Das Kilometergeld dürfe dann nicht herangezogen werden, wenn es dadurch zu einer unvertretbaren Abweichung von den tatsächlichen Kosten komme. Da das amtliche Kilometergeld auf eine durchschnittliche Jahresleistung von 15.000 km abstelle, käme es bei höheren Kilometerleistungen zu Verzerrungen, insbesondere im Hinblick auf Fixkosten, wie AfA, Versicherungen, Kfz-Steuer und Schuldzinsen. Diese Auffassung stehe auch mit den Einkommensteuer-Kommentaren von Doralt und Quantschnigg-Schuch im Einklang. Nach Auffassung des BFH sei jedenfalls ab einer Jahresfahrleistung von 40.000 km zu prüfen, ob der Ansatz des Kilometergeldes zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führe. Der Beschwerdeführer beziffere seine beruflich und betrieblich zurückgelegten Fahrten mit
51.946 km. Bei dieser Kilometerleistung sei anzunehmen, dass die Anwendung des amtlichen Kilometergeldes im Vergleich zu den tatsächlichen Kosten zu Verzerrungen und damit zu einer unzutreffenden Besteuerung führe. Die vom Beschwerdeführer ermittelten Kosten für den VW-Passat von insgesamt 227.794,60 S erschienen deutlich überhöht, da infolge der hohen Fahrleistung insbesondere die in den Kilometergeldern enthaltenen Fixkosten unangemessen hoch berücksichtigt seien. Auch im Verfahren vor dem Berufungssenat sei der Beschwerdeführer deshalb aufgefordert worden, die tatsächlich erwachsenen Kraftfahrzeugkosten mitzuteilen und eine Zuordnung zu den einzelnen Einkunftsarten vorzunehmen. Er sei auch um Stellungnahme zur bisherigen Schätzung ersucht worden. Der Beschwerdeführer habe dem nicht entsprochen und auf der Berücksichtigung der Fahrtkosten im Wege des Kilometergeldes bestanden. Die belangte Behörde könne daher die Richtigkeit der im bekämpften Bescheid erfolgten Schätzung nur beschränkt überprüfen. Die vom Finanzamt mit 41.556,80 S errechneten Treibstoffkosten hätten sich insofern bestätigt, als der dieser Berechnung zugrunde gelegte Verbrauch von 8 Liter pro 100 km und der durchschnittliche Preis von 10,-- S je Liter vom ÖAMTC als zutreffend bezeichnet worden sei. Auch die AfA halte die belangte Behörde mit 60.000,-- S (bei einem Neuanschaffungspreis von 315.000,-- S im Jahre 1992 nach Ausscheiden eines Privatanteiles) ebenso wie Reparaturkosten von 40.000,-- S für angemessen. Die bisherige Schätzung sei jedoch insofern zu korrigieren, als vom Finanzamt offensichtlich keine Aufwendungen für Versicherungen, Kfz-Steuer usw. berücksichtigt worden seien. Die belangte Behörde schätze die diesbezüglichen Kosten mit 20.000,-- S. Die tatsächlichen Kosten je Kilometer würden demnach 3,11 S betragen. Im Gegensatz zu der vom Abgabepflichtigen (durch Ansatz des Kilometergeldes) erfolgten Schätzung gehe diese Berechnung von der tatsächlich zurückgelegten Fahrtstrecke und von den tatsächlichen (wenn auch geschätzten) Kosten für das verwendete Kraftfahrzeug aus und habe daher die wesentlich größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich. Dies umso mehr als der Beschwerdeführer gegen die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung keine konkreten Einwendungen vorgebracht
habe. Die Differenz zum Kilometergeld (bis Juli 1994: 4,30 S; ab
August 1994: 4,60 S) halte die belangte Behörde für so erheblich,
dass eine pauschale Berücksichtigung der beruflich/betrieblich verursachten Kraftfahrzeugkosten im Wege des "Kilometergeldes" nicht mehr vertretbar erscheine. Es könnten daher nur die geschätzten tatsächlichen Kosten berücksichtigt werden. Der Einwand des Beschwerdeführers im Vorlageantrag, wonach das Finanzamt in einem gleich gelagerten Fall die Geltendmachung des Kilometergeldes anerkannt habe, gehe ins Leere. Aus einer rechtswidrigen Vorgangsweise der Abgabenbehörde in anderen Fällen könne die Partei keine Rechte für sich ableiten. Die Kosten seien entsprechend dem aus der Steuererklärung ableitbaren Verhältnis auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nicht selbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung aufzuteilen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
In seinem Erkenntnis vom 8. Oktober 1998, 97/15/0073, hat sich der Verwaltungsgerichtshof ausführlich mit der hier strittigen Frage auseinander gesetzt. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass Fahrtaufwendungen sowohl im betrieblichen als auch im außerbetrieblichen Bereich stets in der tatsächlichen Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 lasse zwar nicht eindeutig erkennen, ob ihr Verweis auf § 26 Z. 4 leg. cit. neben den Tages- und Nächtigungsgeldern auch die Kilometergelder erfasse. Eine am Sachlichkeitsgebot orientierte Auslegung - das Gesetz definiere den Begriff der Reisekosten nicht - ergebe jedoch, dass Fahrtaufwendungen nicht unter den Reisekostenbegriff des § 16 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. fallen könnten. Es gäbe keine sachlichen Gründe, bei Bemessung der Fahrtkosten danach zu unterscheiden, ob die Fahrt im Nahebereich verbleibe - diesfalls läge keine Reise iSd § 16 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. vor - oder nicht. Der Verweis in § 16 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. auf die Sätze des § 26 Z. 4 leg. cit. dürfe daher nur auf die Tages- und Nächtigungsgelder bezogen werden.
Gleichwohl könne das amtliche Kilometergeld in vielen Fällen zu einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Ergebnis führen. Bei höheren Kilometerleistungen würden sich die tatsächlichen Kosten für Fahrten mit dem eigenen PKW im Hinblick auf den hohen Anteil an Fixkosten jedoch degressiv entwickeln. Bemesse man auch in solchen Fällen die Werbungskosten für PKW-Fahrten mit dem amtlichen Kilometergeld, ergebe sich hingegen ein lineares Ansteigen, welches immer mehr von den tatsächlichen Aufwendungen abweiche.
Ein Wahlrecht auf Berücksichtigung der Fahrtkosten durch den Ansatz der amtlichen Kilometergelder besteht nach dem Gesagten nicht.
Wenn die belangte Behörde daher im Beschwerdefall die tatsächlichen Fahrtaufwendungen unter Berücksichtigung der einzelnen Kostenkomponenten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten angesetzt hat, kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
Durch eine allenfalls gesetzwidrige Vorgangsweise gegenüber anderen Steuerpflichtigen kann der Beschwerdeführer ebenfalls nicht in seinen Rechten verletzt werden, da § 114 BAO keinen Anspruch auf vergleichbare Rechtswidrigkeit einräumt (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 6. November 1991, 91/13/0074).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. November 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997140174.X00Im RIS seit
11.07.2001