TE Vfgh Beschluss 1997/10/3 KI-19/97

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.1997
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art138 Abs1 litb
FremdenG §27 Abs5

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof mangels Vorliegen einer negativen Zuständigkeitsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend einen Stempelaufdruck im Reisepaß des Antragstellers zur Ersichtlichmachung eines Aufenthaltsverbotes

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn erließ gegen den Antragsteller, einen türkischen Staatsangehörigen, mit Bescheid vom 21. September 1994 ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren, wogegen er Berufung ergriff. Diesem Rechtsmittel gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg mit Bescheid vom 24. Jänner 1995 keine Folge. Gegen den Berufungsbescheid erhob der Einschreiter Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der sie nach Ablehnung der Beschwerdebehandlung mit Beschluß vom 17. Juli 1995 dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Im Verfahren über die abgetretene Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung mit Beschluß vom 10. August 1995 statt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft machte das Aufenthaltsverbot unter Beifügen des Datums 24. Jänner 1995 durch einen Stempelaufdruck im Reisepaß des Antragstellers ersichtlich, wogegen er den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (im folgenden auch bloß: UVS) mit einer (Administrativ-)Beschwerde anrief. In dieser (Administrativ-)Beschwerde berief sich der Antragsteller darauf, daß seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, brachte ferner vor, daß die "Einstempelung eines Aufenthaltsverbots in einen Reisepaß ... eine faktische Amtshandlung dar(stellt), die demnach bei der do. Behörde anfechtbar ist" und stellte den Sachantrag "festzustellen, daß die nicht datierte, tatsachen- und rechtswidrige Einstempelung des Aufenthaltsverbots in den Reisepaß des Beschwerdeführers eine rechtswidrige 'faktische Amtshandlung' darstellte, und der Behörde aufzutragen, diese rechtswidrige Einstempelung aus dem Reisepaß zu entfernen bzw. ihre Unrichtigkeit festzuhalten".

3. Der UVS wies die (Administrativ-)Beschwerde mit Bescheid vom 13. Dezember 1995 zurück. Mit dem Stempelaufdruck sei lediglich das rechtskräftige und durchsetzbare Aufenthaltsverbot beurkundet worden, mithin liege keine normative Willensäußerung der Behörde vor. Daraus folge, daß keine Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden sei. Der UVS könne nicht finden, daß der Antragsteller durch die Amtshandlung in seinen Rechten überhaupt habe verletzt werden können, weil an die "Ersichtlichmachung" im Sinne des §27 Abs5 FremdenG keinerlei Rechtswirkungen geknüpft seien und darüber hinaus der dem Stempelaufdruck zugrundeliegende Rechtsakt im Verwaltungsweg habe bekämpft werden können.

4. Gegen den Bescheid des UVS erhob der Einschreiter Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 13. März 1996 deren Behandlung ablehnte und sie auf Antrag des Beschwerdeführers sodann dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 20. Dezember 1996 die Beschwerde ab und legte mit näherer Begründung dar, weshalb der bei ihm belangte UVS die bekämpfte Anbringung des Stempels im Reisepaß zu Recht nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet habe. Diesen Erwägungen stellte der Verwaltungsgerichtshof folgende Ausführungen voran:

"Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde habe die an sie gerichtete Beschwerde nicht auch nach §88 Abs2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) geprüft, ist zu bemerken: Nach dieser Gesetzesstelle erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate 'außerdem' (sohin neben den im Abs1 geregelten Beschwerden nach Art129a Abs1 Z. 2 B-VG wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist. Der Beschwerdeführer bringt allerdings nicht vor, daß er eine 'Behauptung' im Sinne der soeben zitierten Gesetzesstelle aufgestellt habe; vielmehr läßt er die Ausführungen im angefochtenen Bescheid unwidersprochen, wonach der (rechtsfreundlich vertretene) Beschwerdeführer die in Rede stehende 'Einstempelung' in den Reisepaß als 'faktische Amtshandlung' (worunter nach Lehre und Rechtsprechung nur die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nach Art129a Abs1 Z. 2 B-VG verstanden wird - vgl. etwa Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Aufl., Rz 607, sowie die nachstehend zitierte Judikatur beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) bekämpft habe. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, die an sie gerichtete Beschwerde auch unter dem Blickwinkel des §88 Abs2 SPG zu prüfen (wobei im übrigen bemerkt wird, daß selbst in dem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschriftsatz noch nicht auf diese Gesetzesstelle Bezug genommen wurde)."

II. 1. Mit dem vorliegenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof nach Art138 Abs1 litb B-VG begehrt der Einschreiter die Entscheidung eines nach seiner Rechtsauffassung vorliegenden verneinenden Kompetenzkonflikts zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof. Er versteht sein an den UVS herangetragenes Entscheidungsbegehren sowie dessen Entscheidung in der sogleich darzustellenden Weise und wertet - von seinen Ansichten ausgehend - das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs (und offenkundig im grundsätzlichen auch den die Ablehnung der Beschwerdebehandlung betreffenden Beschluß des Verfassungsgerichtshofs) dahin, daß der Verwaltungsgerichtshof ihm hinsichtlich der "geltend gemachten schlichten Amtshandlung" eine Sachentscheidung verweigert und insoweit die Kompetenz verneint habe.

2. Der Antrag erweist sich jedoch als nicht zulässig.

Selbst wenn man von den Prämissen des Antragstellers ausgeht, daß er in seiner (Administrativ-)Beschwerde an den UVS die Überprüfung des Verwaltungsgeschehens unter sämtlichen rechtlichen Aspekten (somit nicht bloß als Akt unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) begehrt und der UVS die (Administrativ-)Beschwerde in diesem Umfang zurückgewiesen habe, gelangt man nicht zu der von ihm verfochtenen Meinung, daß das vom Verwaltungsgerichtshof gefällte Erkenntnis partiell eine negative Zuständigkeitsentscheidung enthält. Denn der Verwaltungsgerichtshof unterzog den gesamten Bescheid des UVS einer Prüfung und befand die Zurückweisung durch die Verwaltungsbehörde insgesamt als rechtmäßig, wobei er im Rahmen seiner meritorischen Entscheidung den normativen Inhalt des bei ihm angefochtenen Bescheides anders beurteilte als der Einschreiter.

3. Der Antrag auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonflikts war sohin schon aus dem dargelegten Grund, also mangels einer negativen Zuständigkeitsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, zurückzuweisen.

III. Dieser Beschluß wurde gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren gefaßt.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, Fremdenrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:KI19.1997

Dokumentnummer

JFT_10028997_97K0I019_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten