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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des F R in G, vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, Freidlgasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I), vom 21. Oktober 1994, GZ. 163 - 3/93, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer gab mit Wirkung vom 31. Dezember 1988 seinen Betrieb (Betonwerk) auf. Dabei wurden die nicht abverkauften Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen entnommen. Zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe waren folgende Vermögenswerte vorhanden:
Aktiva Passiva
Grundstücke S 400.000,-- Girokredit S 837.283,--
Gebäude S 1,270.000,-- Darlehen S 295.869,--
Eigenkapital S 536.848,--
Summe S 1,670.000,-- Summe S 1,670.000,--
Ab 1. Jänner 1989 wurden die aus dem Betriebsvermögen überführten Vermögenswerte zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1990 und 1991 machte der Beschwerdeführer die Zinsen aus dem Girokredit als Werbungskosten geltend.
Über den Zeitraum 1988 bis 1990 fand eine abgabenbehördliche Prüfung statt, in deren Folge die im Jahre 1990 als Werbungskosten geltend gemachten Zinsen nicht anerkannt wurden. Der Prüfer sah das Anwachsen des Girokontos durch die laufende Geschäftsgebarung veranlasst. Den verlangten Nachweis, dass das "Girokonto durch die Finanzierung der Baukosten entstanden sei", habe der Beschwerdeführer nicht erbracht. Der im wieder aufgenommenen Verfahren ergangene Einkommensteuerbescheid 1990 erwuchs in Rechtskraft.
Auch in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1991 machte der Beschwerdeführer die aus dem Girokredit angefallenen Zinsen in Höhe von S 64.992,-- als Werbungskosten geltend. In einer Beilage führte er aus, im Zuge der Betriebsaufgabe seien sämtliche nicht veräußerten Wirtschaftsgüter in das "V+V-Vermögen überführt" worden. Zum Aufgabestichtag hätten die überführten Aktivwerte die überführten Passivwerte wesentlich überstiegen. Eine Zuordnung von Schulden zum Privatvermögen könne nur dann unterstellt werden, wenn die Schulden die Aktivwerte überschritten. Diesfalls wären die Verbindlichkeiten bzw. die daraus resultierenden Zinsen gemäß § 32 Z. 2 EStG 1988 als nachträgliche Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Bei der gegenständlichen Sachlage seien die Zinsen somit in voller Höhe als Werbungskosten anzusetzen.
Im Einkommensteuerbescheid 1991 versagte das Finanzamt diesen Zinsen die steuerliche Anerkennung. Der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Girokonto und den Baukosten des jetzt vermieteten Gebäudes sei bislang nicht erbracht worden. Da eine tatsächliche Überschuldung des Betriebes zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nicht vorgelegen habe, komme auch eine Berücksichtigung der Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben nicht in Betracht.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Da das gesamte Aktivvermögen zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe ins "V+V-Vermögen" überführt worden sei, müsse auch das gesamte zum Aufgabezeitpunkt vorhanden gewesene Passivvermögen der neuen Einkunftsart zugerechnet werden. Eine einseitige Zurechnung von Wirtschaftsgütern sei nicht gerechtfertigt und widerspreche der herrschenden Lehre und Rechtsprechung. Würden seitens der Behörde die Zinsen für den Betriebskredit nicht als Werbungskosten bei der Vermietung und Verpachtung anerkannt werden, so müsse dieser Zinsenaufwand als nachträgliche Betriebsausgabe gemäß § 32 Z. 2 EStG 1988 berücksichtigt werden. Diese Bestimmung stelle nicht auf eine Überschuldung des Betriebes ab.
Das Finanzamt ersuchte den Beschwerdeführer in der Folge, den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Darlehensaufnahmen und dem vermieteten Gebäude darzustellen und entsprechend nachzuweisen.
Der Beschwerdeführer brachte daraufhin ergänzend vor, der Stand des Girokontos zum 31. Dezember 1988 resultiere im Wesentlichen aus der Rückzahlungsverpflichtung für die betrieblichen Darlehen, die zur Gebäudefinanzierung aufgenommen worden seien. Da der Gewerbebetrieb in den letzten Jahren vor Einstellung des Betriebes keine positiven Ergebnisse mehr erzielt habe, hätten die für das Gebäude aufgenommenen "Darlehen durch Ausweitung des Kontokorrentkredites finanziert" werden müssen. Die durch die Veräußerung der beweglichen Anlagengegenstände sowie der Restbestände der Vorräte erzielten Mittel im Ausmaß von rund S 688.000,-- seien zunächst auf das Girokonto eingegangen, in der Folge dort jedoch wieder abgeflossen und zur Tilgung überfälliger Darlehen verwendet worden. Im Übrigen wiederholte der Beschwerdeführer seinen Rechtsstandpunkt, wonach eine getrennte Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum "V+V-Vermögen" und zum Privatvermögen nicht vorgenommen werden dürfe, sondern sämtliche Wirtschaftsgüter, die im Zuge der Betriebsaufgabe verblieben und weiterhin der Einkunftserzielung dienten, dieser Einkunftserzielung zugerechnet werden müssten. Wenn die Abgabenbehörde auch die Berücksichtigung der gegenständlichen Zinsen als nachträgliche Betriebsausgaben ablehne und damit argumentiere, dass die Schulden durch die vorhandenen Aktivwerte hätten abgedeckt werden können, so übersehe sie, dass infolge Vermietung der Aktiva keine Vermögensgegenstände verblieben seien, die der Privatnutzung hätten zugeführt werden können. Es seien die Zinsen daher entweder als Werbungskosten oder als nachträgliche Betriebsausgaben anzuerkennen.
Das Finanzamt ersuchte den Beschwerdeführer daraufhin nochmalig, den Zusammenhang zwischen den zum 31. Dezember 1988 bestehenden Verbindlichkeiten und allfälligen Investitionen an den nunmehr vermieteten Gebäuden aufzuzeigen.
Der Beschwerdeführer hielt dieser Aufforderung zunächst seinen abweichenden Rechtsstandpunkt entgegen und brachte weiters vor, dass der Zusammenhang des Girokontos mit dem Gebäude nur global gesehen werden könne. Auf eine von der Behörde angestrebte Zurechnung von Kreditraten und eventuellen Gebäudeinvestitionen zum Girokonto werde "verzichtet", da dies im Berufungsbegehren niemals beantragt worden sei, sondern grundsätzlich die Ansicht vertreten werde, dass das restliche Betriebsvermögen ab Betriebsaufgabe der Einkunftserzielung aus Vermietung und Verpachtung zugeführt worden sei. Außerdem seien über das Girokonto weitestgehend alle betriebsbedingten Zahlungen und Einnahmen geführt worden, sodass eine Zurechnung zu einzelnen Wirtschaftsgütern kaum möglich sei. Vom Verwaltungsgerichtshof sei im Erkenntnis vom 12. Mai 1981, 81/14/0008, ausgesprochen worden, dass eine Zurechnung und Aufteilung eines Girokontos in private und betriebliche Bereiche nicht möglich sei. Es sei daher auch nicht möglich, ein betriebliches Girokonto nachträglich aufzuteilen und nur oder überhaupt einen Teil der Gebäude- oder sonstigen Finanzierungen zuzurechnen. Es sei nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung und nach steuerrechtlichen Bestimmungen zu untersuchen, ob die verbleibenden Wirtschaftsgüter aus dem Betrieb resultierten und welcher Nutzung sie zugeführt worden seien. Die vor Betriebsaufgabe vorhanden gewesenen Wirtschaftsgüter hätten zweifelsfrei notwendiges Betriebsvermögen dargestellt. Zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe habe sich die Einkunftsart geändert. Dadurch seien zwar stille Reserven aufzudecken und zu versteuern gewesen, jedoch keine Zuführung zur Privatnutzung vorgenommen worden. Wären Teile der Liegenschaft nicht vermietet, sondern veräußert und damit die Restverbindlichkeit abgedeckt worden, so hätten nur geringere Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden können. Auch dieser Umstand erhelle, dass die Zinsen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Gebäude zu sehen seien.
Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein.
Auch die belangte Behörde erkannte die strittigen Zinsen weder als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung noch als nachträgliche Betriebsausgaben an. Der Beschwerdeführer habe trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgewiesen, dass die Zinsen in einem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Mietobjekt stünden. Zudem lasse das in der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen, nach dem im Jahr 1985 erfolgten Hallenzubau seien auch größere Eingänge auf dem Girokonto zu verzeichnen gewesen, welche die Verbindlichkeiten immer wieder abgedeckt hätten, den Schluss zu, dass jedenfalls dadurch der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Gebäudeinvestitionen und Schuldenstand am Girokonto zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe verloren gegangen sei.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf gesetzmäßige Anwendung der Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z. 1 bzw. des § 32 Z. 2 EStG 1988 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde wiederholt den bereits im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Rechtsstandpunkt. Nach der Betriebsaufgabe seien sämtliche Vermögensgegenstände der neuen Einkunftsart zugeführt worden. Auf Grund des engen Funktionszusammenhanges zwischen Aktiv- und Passivvermögen der überführten Wirtschaftsgüter hafteten alle Aktivwerte solidarisch für die gleichzeitig überführten Betriebsschulden ohne Rücksicht darauf, ob sie einzeln oder direkt diese Schulden verursacht hätten.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass ein enger Zusammenhang zwischen den Verbindlichkeiten, die für die Anschaffung bzw. Herstellung eines Wirtschaftsgutes aufgewendet worden sind, und eben diesem Wirtschaftsgut besteht. Legt ein Steuerpflichtiger ein solches Wirtschaftsgut in den Betrieb ein, so erfolgt auch eine Einlage der Verbindlichkeit; entnimmt er ein solches Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen, so erfolgt auch eine Entnahme der Verbindlichkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1989, 88/14/0188, mwN).
Übernimmt ein Steuerpflichtiger im Zuge der Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen, so gelangen die Verbindlichkeiten, die der Finanzierung dieses Vermögensgegenstandes gedient haben, gleichfalls in das Privatvermögen.
Scheidet demnach ein fremd finanziertes Gebäude aus dem Betriebsvermögen aus, teilt die Finanzierungsverbindlichkeit sein Schicksal. Vermietet der Steuerpflichtige dieses aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene Gebäude, so sind die auf die Finanzierungsverbindlichkeit entfallenden Zinsen Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 30. September 1999, 99/15/0106, 0107).
Die Zuordnung der Fremdmittel hat somit zwingend nach der Veranlassung im Sinne der Mittelverwendung zu erfolgen.
Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer daher zu Recht aufgefordert, einen entsprechenden Veranlassungszusammenhang aufzuzeigen. Der Umstand, dass sämtliche im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe noch vorhandenen Aktiva in der Folge zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet wurden, führt nicht dazu, dass auch sämtliche im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe noch vorhandenen Passiva - unabhängig von der Frage der Mittelverwendung - der neuen Einkunftsquelle zugeordnet werden könnten. Folgte man der Auffassung des Beschwerdeführers, könnten nachträglich auch unstrittig eigenfinanzierte Wirtschaftsgüter mit Zinsen, die aus anderen betrieblichen Anlässen aufgenommen wurden, belastet werden. Ein Ergebnis, das mit der aufgezeigten ständigen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen wäre.
Anders als der Beschwerdeführer meint, folgt daraus jedoch nicht, dass die Zinsen zwingend als nachträgliche Betriebsausgaben zu berücksichtigen wären.
Gemäß § 32 Z. 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 (z.B. Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Ausfall von Forderungen).
Mit der Frage, in welchem Ausmaß Schuldzinsen nach Beendigung des Betriebes durch Betriebsaufgabe zu nachträglichen negativen betrieblichen Einkünften führen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, 95/14/0018, befasst. Der Gerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, dass Schulden auch nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Betriebes die steuerlichen Folgen von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens herbeiführen können, allerdings nur unter Beachtung einer Reihe einschränkender Voraussetzungen. Im genannten Erkenntnis wurde, soweit es für den gegenständlichen Fall von Bedeutung ist, ausgesprochen:
In dem Ausmaß, in dem Verbindlichkeiten nicht mit Aktiva des Betriebes abgedeckt werden können, führen die nach Betriebsaufgabe auf Grund dieser Verbindlichkeiten anfallenden Zinsen zu nachträglichen (negativen) Einkünften im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1988.
Im Beschwerdefall hat der Wert der Aktiva den Wert der Passiva unbestritten überstiegen. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einwendet, die vorhandenen Aktiva (Betriebsgebäude, Liegenschaft) hätten nicht zur Abdeckung der Betriebsschulden verwendet werden können, da sie zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt worden seien, ist ihm zu entgegnen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 22. Oktober 1996 ausgeführt hat, besteht ein betrieblich veranlasstes Handeln eines Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Beendigung des betrieblichen Engagements darin, den allfälligen Veräußerungserlös und die bei Betriebsaufgabe verbliebenen Aktiva zur Abdeckung der Schuld einzusetzen. Ab Betriebsbeendigung endet somit der wirtschaftliche Zusammenhang zum Betrieb hinsichtlich jener Schulden, die mit Mitteln des Betriebes hätten erfüllt werden können, und stellen daher die auf diese Schulden entfallenden Zinsen keine Betriebsausgaben dar. Unmaßgeblich ist demnach, welcher Verwendung der Steuerpflichtige die Aktiva im Privatvermögen zuführt.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994140166.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
07.09.2016