TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/23 G303 2154655-1

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Veröffentlicht am 23.04.2018
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Entscheidungsdatum

23.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2154655-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, vom 13.03.2017, Zl. OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II. Der Grad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert). Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) hat am 05.01.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Oberösterreich, Zentrale Poststelle, einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) eingebracht. Dem Antrag waren eine Kopie des Reisepasses der BF, eine Sponsionsbestätigung und ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen. Da die BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" war, wurde dieser Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde) als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme dieser Zusatzeintragung gewertet.

2. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 03.03.2017 wird von XXXX, Facharzt für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF vom 01.03.2017, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Pseudospondylolisthese L3/4, relative Spinalkanalstenose, Osteochondrosen C5-C7 Unterer Rahmensatzwert bei vorliegendem Bewegungsumfang sowie Beteiligung von zwei Etagen der Wirbelsäule ohne sensomotorische Ausfälle und mittelgradiger Einschränkung in Arbeit und Alltag

02.01.02

30

2

Valgusgonarthrose Knie rechts Fixer Rahmensatzwert bei vorliegendem Bewegungsumfang und mittelgradiger Einschränkung in Arbeit und Alltag

02.05.20

30

3

Zustand nach Hüft-TEP rechts, Coxarthrose links Mittlerer Rahmensatzwert bei vorliegendem Bewegungsumfang der Hüft-TEP rechts und geringgradiger Einschränkung der Hüfte links mit geringer Einschränkung in Arbeit und Alltag

02.05.08

30

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

 

 

 

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass die Gesundheitsschädigung (GS) 1 führend sei und durch die ungünstige Interaktion durch GS 2 und GS 3 zusammen um eine Stufe gesteigert werde.

3. Mit dem angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 13.03.2017 wurde der Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 40 von Hundert beträgt. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Das unter I.2. angeführte Sachverständigengutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) zitiert.

4. Gegen den genannten Bescheid richtet sich die bei der belangten Behörde fristgerecht am 19.04.2017 eingelangte Beschwerde der BF. Darin beantragt die BF, nach Darlegung der Beschwerdegründe und unter Vorlage von medizinischen Befunden, dass der Bescheid vom 13.03.2017 aufgehoben bzw. dahingehend abgeändert werde, dass aufgrund der ungünstigen Interaktion sämtlicher Funktionseinschränkungen, welche mit Sicherheit mehr als eine mittelgradige Einschränkung in Arbeit und Alltag darstellen würden, der Grad der Behinderung von 40 % auf mindestens 50 % erhöht werde.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 27.04.2017 vorgelegt.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.

6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 21.12.2017, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am 05.12.2017, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Lumboischialgie und Cervikobrachialgie bei degenerativer Instabilität und Spinalkanalstenose L3/4, sowie Osteochondrose C5-C7. Unterer Rahmensatzwert, unverändert zum VorgutachtenXXXX vom 01.03.2017 bei Funktionseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule, ohne sensomotorische Ausfälle.

02.01.02

30

2

Valgusgonarthrose Kniegelenk rechts. Vorgegebener Rahmensatzwert unverändert zum Vorgutachten XXXX vom 01.03.2017 bei Funktionseinschränkung und bekannter Valgusgonarthrose, unter Berücksichtigung der diskreten Ergussbildung.

02.05.20

30

3

Hüftgelenksarthrose beidseits mit Zustand nach Hüft-TEP-Implantation rechts. Mittlerer Rahmensatzwert, entsprechend der Funktionseinschränkung der rechten Hüfte nach Implantation einer Hüft-TEP 2011 und gering der linken Hüfte unverändert zum Vorgutachten XXXX vom 01.03.2017.

02.05.08

30

4

Posttraumatische Funktionseinschränkung des linken Ellbogengelenkes. Vorgegebener Rahmensatzwert, entsprechend der Funktionseinschränkung des linken Ellbogengelenkes nach Speichenköpfchenfraktur links, mit anschließender notwendiger Speichenköpfchenresektion. Aufgrund der Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit wird der vorgegebene Rahmensatzwert gewählt.

02.06.13

30

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

 

 

 

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert wurde ausgeführt, dass die GS 1 führend sei und die GS 2 sowie die GS 3 aufgrund ungünstiger Wechselwirkung jeweils um eine Stufe steigern würden. Die GS 4 sei aufgrund der fehlenden Wechselwirkung nicht in der Lage zu steigern.

Zum Vorgutachten wurde ausgeführt, dass sich keine gesundheitlichen Änderungen zeigen. Es ergebe sich anhand der Beeinträchtigungen der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten in der GS 2 und der GS 3 unter Berücksichtigung der ungünstigen Wechselwirkung der jeweiligen Stufen eine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung.

7. Der BF und der belangten Behörde wurde das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 22.02.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen.

7.1. Mit der beim Bundesverwaltunsgericht am 07.03.2018 eingelangten Stellungnahme der BF, teilte die BF wie folgt mit:

"Grundsätzlich nehme ich die Beweisaufnahme des SV - XXXX zur Kenntnis, lediglich zu seiner Feststellung "der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" erfolgten Ausführungen, ersuche ich bei der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht um die Zuerkennung und Eintragung nach § 29b StVO 1960 idgF."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Sie leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-

Lumboischialgie und Cervikobrachialgie bei degenerativer Instabilität und Spinalkanalstenose L3/4, sowie Osteochondrose C5-C7 (Grad der Behinderung: 30 %)

-

Valgusgonarthrose des rechten Kniegelenkes (Grad der Behinderung: 30 %)

-

Hüftgelenksarthrose beidseits mit Zustand nach Hüft-TEP-Implantation rechts (Grad der Behinderung: 30 %)

-

Posttraumatische Funktionseinschränkung des linken Ellbogengelenkes (Grad der Behinderung: 30 %)

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) von Hundert (v. H.).

Die BF erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, der Beschwerde sowie nunmehr aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister und den Angaben der BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Das unter I.6. angeführte Sachverständigengutachten von XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. In dem Gutachten wurde auf die Art der Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die bei der BF festgestellten, behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen und deren nachvollziehbare Einschätzung bezüglich des Grades der Behinderung gemäß der anzuwendenden Einschätzungsverordnung samt Anlage ergeben sich daraus. Es wurde demnach insgesamt ein Grad der Behinderung von 50 v. H. objektiviert.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme und wurden bei der Beurteilung berücksichtigt.

Der Inhalt des Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Die BF erstattete dazu eine schriftliche Stellungnahme vom 05.03.2018, in welcher sie dem Sachverständigengutachten von XXXX nicht entgegentreten ist, sondern die Beweisaufnahme lediglich zur Kenntnis genommen hat. Das Ersuchen der BF in der schriftlichen Stellungnahme vom 05.03.2018 bezüglich der "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" bzw. der "Zuerkennung nach § 29b StVO" ist hier nicht zu berücksichtigen, da dies nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unter Pkt. II.3.2.verwiesen.

Das Sachverständigengutachten von XXXX vom 21.12.2017 wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.

Da im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint und unstrittig ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 idgF, angehören.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz,

BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idgF) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, als nachvollziehbar und widerspruchfrei gewertete Sachverständigengutachten von XXXX vom 21.12.2017 zu Grunde gelegt.

Alle Gesundheitsschädigungen der BF wurden im vorliegenden Sachverständigengutachten berücksichtigt; so wurde nunmehr auch die im Rahmen der Beschwerde vorgebrachte Funktionseinschränkung des linken Ellbogengelenkes als behinderungsrelevante Gesundheitsschädigung aufgenommen; für jedes einzelne behinderungsrelevante Leiden wurde ein Grad der Behinderung nach der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt.

Insgesamt konnte ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert festgestellt werden.

Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09/0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062).

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert und einem Wohnsitz im Inland sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Mit Antragstellung vom 05.01.2017 wurde auch ein Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 gestellt.

Da nur Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, gemäß § 29b Abs. 1 StVO ein Ausweis auszustellen ist, wurde seitens der belangten Behörde im verfahrensgegenständlichen Bescheid über die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses abgesprochen. Da im angefochtenen Bescheid der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde, erfolgte nach der vorliegenden Aktenlage keine Entscheidung der belangten Behörde mehr über den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung bzw. über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960.

Aufgrund dessen, dass im Rahmen des angefochtenen Bescheides nur über den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgesprochen wurde, kann gemäß § 27 VwGVG auch nur dies Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sein. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass und der Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 sind daher bei der belangten Behörde noch unerledigt.

Da nunmehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vorliegen, wird die belangte Behörde in weiterer Folge auch über diese Anträge zu entscheiden haben.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2154655.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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