Entscheidungsdatum
15.06.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G305 2165205-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX, vom 06.07.2017, Zl. XXXX (EAM), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird dieser in Ansehung des Spruchpunktes IV. s t a t t g e g e b e n und der bezogene Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides b e h o b e n.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 10.06.2017 teilte die Landespolizeidirektion
XXXX dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) mit, dass XXXX, geb. XXXX, (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF), ein serbischer Staatsangehöriger, am 10.06.2017, um 16:15 Uhr, in einer Konditorei in XXXX beim Verzieren einer Torte angetroffen worden sei.
2. Am 06.07.2017 führte die belangte Behörde mit dem BF anlässlich der Prüfung seines Aufenthaltes und der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den BF eine niederschriftliche Einvernahme durch.
3. Mit dem im Spruch näher bezeichneten Bescheid vom 06.07.2017 sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen werde (Spruchteil I.), stellte weiter fest, dass seine Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchteil II.), sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.) und erließ gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.). Hinsichtlich des Spruchpunktes IV. führte die belangte Behörde begründend aus, dass der BF - im Sinne des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG - bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 11.07.2017 durch Hinterlegung zugestellt.
4. Mit Eingabe vom 20.07.2017 (Datum: Eingangsstempel) erhob der BF innerhalb offener Frist Beschwerde gegen Bescheid der belangten Behörde und brachte mit dieser mehrere fremdsprachige Urkunden zur Vorlage.
5. Am 24.07.2017 wurden dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde des BF und die Akten des betreffenden Verwaltungsverfahrens in Vorlage gebracht und wurde hier die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.
6. Am 20.11.2017 wurde vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, anlässlich welcher der BF als Partei einvernommen wurde. In der mündlichen Verhandlung wurde ihm der Auftrag erteilt, binnen zwei Wochen eine amtlich beglaubigte Übersetzung der fremdsprachigen Urkunden vorzulegen. Mit Eingabe vom 12.12.2017 legte der BF Übersetzungen der fremdsprachigen Urkunden vor. Dabei handelte es sich um einen Anmeldeschein für einen Daueraufenthalt für die Slowakei (XXXX), um eine Aufenthaltsmeldung für XXXX, um zwei Arbeitsverträge und einen Mietvertrag für eine Wohnung in XXXX.
7. Das Bundesverwaltungsgericht wies die vom BF erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 15.12.2017, G305 2165205-1/8E als unbegründet ab und sprach dazu aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8. Mit Eingabe vom 30.01.2018 wurde seitens der rechtsfreundlichen Vertretung namens des BF beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erhoben. Mit Schreiben vom 05.02.2018 wurden der Gerichtsakt samt Vorlagebericht an den VwGH weitergeleitet.
9. Über die außerordentliche Revision des BF sprach der VwGH mit Erkenntnis vom 15.03.2018, Zl. Ra 2018/21/0023-6, aus, dass 1.) der Beschluss gefasst werde, die Revision werde, soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG sowie gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung einer Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung richte, zurückgewiesen und werde 2.) zu Recht erkannt, dass das angefochtene Erkenntnis im Übrigen (Einreiseverbot) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Serbien. Er verließ den Herkunftsstaat zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2012, lebte daraufhin für eine gewisse Zeit in Slowenien und hielt sich jedenfalls ab dem 12.03.2013 in der Slowakei auf.
Er ist ledig und hat weder Kinder, noch anderwärtige Sorgepflichten. Er ist gesund und arbeitsfähig.
1.2. Zu den Lebensumständen des BF in Slowenien, der Slowakei und Österreich:
1.2.1. Er ist in Slowenien geboren, wo auch einige Verwandte des BF (Onkel sowie eine größere Anzahl an Cousins und Cousinen) leben. Der BF hält Kontakt zu seinen in Slowenien lebenden Verwandten.
Er lebt seit dem 01.09.2013 in einer Mietwohnung in XXXX.
Am 01.04.2013 nahm er eine Vollzeitbeschäftigung bei der XXXX an und war er dort als Büroverwalter tätig. Seit dem 21.02.2017 bis laufend ist er im Ausmaß von 40 Wochenstunden bei der XXXX mit Sitz in XXXX Bratislava als Geschäftsführer und Direktor der Gesellschaft beschäftigt.
Es konnte nicht festgestellt werden, ob er über eine Aufenthaltsberechtigung bzw. über eine Beschäftigungsbewilligung für die Slowakei verfügt.
Seitdem der BF in der Slowakei wohnt, fährt er regelmäßig nach Slowenien, um seine Verwandten zu besuchen.
1.2.2. Der BF hält sich ein bis zwei Mal im Monat in Österreich auf. Er hat in XXXX eine Wohnung gemietet und weist seit dem 05.04.2012 durchgehende Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf. Er war von 05.04.2012 bis zum 16.05.2018 in XXXX mit Nebenwohnsitz und ist seit dem 31.01.2013 bis laufend inXXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er ist im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.
In Österreich leben zwei Tanten des BF, XXXX und XXXX. Eine der beiden Tanten arbeitet als Reinigungskraft, die andere betreibt in XXXX eine Konditorei. Darüber hinaus halten sich drei Cousins und eine Cousine des BF in Österreich auf. Der BF pflegt regelmäßigen Kontakt zu seinen im Bundesgebiet lebenden Verwandten. Zudem führt der BF seit über zwei Jahren eine Beziehung zu der in Österreich lebenden XXXX.
Der BF besuchte seine Tante XXXX bis zum Juni des Jahres 2017 zwei bis drei Mal im Monat, um ihr aufgrund seiner Ausbildung als Konditor und aufgrund des verwandtschaftlichen Verhältnisses zu dieser Tante in ihrer Konditorei auszuhelfen. Dabei ging der BF seiner Tante bei der Anfertigung von Torten in Übergröße und in Form von Schlössern bzw. bei komplizierten Arbeitsschritten zur Hand. Zudem fertigte er in seiner eigenen Wohnung für seine Tante auch kleinere Torten und Backwerk an. Am 10.06.2017 wurde der BF von Beamten der Landespolizeidirektion XXXXin einer Konditorei in XXXX dabei angetroffen, daraufhin beendete er seine Tätigkeit in der Konditorei. Weder konnte festgestellt werden, dass der BF für diese Tätigkeit eine Gegenleistung entgegennahm, noch, dass der BF diese Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit durchgeführt hat. Seit dem 10.06.2017 hat sich der BF mit seiner Tante zwei Mal in XXXX getroffen, um Kaffee zu trinken.
1.3. Zu den Lebensumständen des BF in seinem Herkunftsstaat
Im Herkunftsstaat Serbien leben viele Verwandte des BF, darunter sein Vater, seine Mutter und seine Großmutter.
In Serbien, in der Stadt XXXX, absolvierte er eine Konditoreifachschule, die er mit dem Erwerb einer Befähigung zur Ausübung des Konditorenberufs abschloss. Im Anschluss an die Konditorenlehre arbeitete er im Herkunftsstaat für einige Jahre in einer Konditorei und lebte von den Einkünften als Konditor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person des BF:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum) und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem unstrittigen Akteninhalt. Zum Beweis seiner Identität legte der BF einen auf seinen Namen ausgestellten Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit kein Zweifel aufgekommen ist. Die zum Familienstand des BF getroffenen Feststellungen gründen auf dessen glaubhaften Angaben, die sich ihrerseits mit den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen in Einklang bringen lassen. Was die weiteren Konstatierungen in diesem Zusammenhang betriff, ist dem die belangte Behörde nicht entgegengetreten, sodass die hier getroffenen Feststellungen auf dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen waren.
Die Konstatierung, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, beruht auf dessen Angaben im Verfahren, auf den in Vorlage gebrachten Arbeitsverträgen und auf dem in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht vermittelten persönlichen Eindruck, aus dem sich keine Anhaltspunkte auf eine etwaige Arbeitsunfähigkeit des BF ableiten ließen. Im gesamten Verfahren kamen keine Anhaltspunkte für eine Erkrankung des BF hervor und wurde eine solche vom BF auch nicht vorgebracht.
Dass der BF ledig und kinderlos ist bzw. keine Sorgepflichten hat, ergibt sich aus dessen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht.
2.3. Der Geburtsort, die verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte des BF in Slowenien und der Umstand, dass er mit seinen in Slowenien lebenden Verwandten Kontakt hält, erschließen sich aus der aktenkundigen Kopie des Reisepasses des BF und aus dessen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Konstatierungen zur Wohn- und Arbeitssituation des BF ergeben sich aus dessen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht und werden durch die in Vorlage gebrachten Dokumente (Mietvertrag und Arbeitsverträge) untermauert. Die Feststellungen zu den jeweiligen Beschäftigungsverhältnissen in der Slowakei gründen auf dem zum 01.04.2013 datierten Arbeitsvertrag mit der XXXX und auf dem zum 21.02.2017 datierten Arbeitsvertrag mit der XXXX.
Aus den vorgelegten Urkunden (Arbeitsverträge und Mietvertrag) ergibt sich nicht, dass der BF zu einem Aufenthalt im Vertragsstaat Slowakei berechtigt wäre. Der vom BF vorgelegte Reisepass der Republik Serbien, XXXX (ausgestellt am 28.09.2011; gültig bis 28.09.2021) weist kein Visum auf, das ihn zu einem Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten des Schengenraumes berechtigen würde. Im Reisepass sind ausschließlich Sichtvermerke der Grenzstationen zwischen Ungarn und Serbien angebracht. Abgesehen davon hat der BF keine Aufenthaltskarte für den Vertragsstaat Slowakei vorgelegt, sodass anlassbezogen nicht festgestellt werden konnte, dass er tatsächlich über ein Aufenthaltsrecht für diesen Vertragsstaat verfügt.
Der Aufenthaltsstatus des BF ist dem Akteninhalt (Eintragungen im Reisepass und eingeholte Auskunft des Zentralen Melderegisters), dessen eigenen Angaben vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht sowie den in Vorlage gebrachten und übersetzten Dokumenten zu entnehmen, an deren Richtigkeit und Echtheit keine Zweifel aufgekommen sind.
Die Aufenthalte und die Wohnsituation des BF sowie dessen strafgerichtliche Unbescholtenheit in Österreich und dessen Wohnsitzmeldungen ergeben sich aus dessen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung und erschließen sich zudem aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister (ZMR) und in das Strafregister der Republik Österreich.
Die verwandtschaftlichen und sozialen Anknüpfungspunkte des BF in Österreich, sowie die Berufe seiner Tanten und der Umstand, dass der BF mit seinen Cousinen und Cousins laufend in Kontakt steht, sind seinen Angaben vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Gericht zu entnehmen. Ebenso verhält es sich mit den Konstatierungen zu seiner Mithilfe in der Konditorei seiner Tante, welche demnach ohne Gegenleistung und aufgrund des verwandtschaftlichen Naheverhältnis erfolgte. Zudem war mit Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 15.03.2015, Ra 2018/21/0023-26 festzustellen, dass sich weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen des BF ergibt, dass dieser in Österreich einer nach dem AuslBG untersagten Tätigkeit nachging.
2.4. Die zu der im Herkunftsstaat absolvierten Ausbildung und den ebendort lebenden Verwandten getroffenen Feststellungen beruhen ebenfalls auf den Angaben des BF im Rahmen seiner Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A):
Mit Erkenntnis vom 15.03.2018, Ra 2018/21/0023-6, hat der VwGH das eingangs zitierte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf das gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG (von der belangten Behörde gemeint: Z 7) auf die Dauer von
18 Monaten befristete Einreiseverbot wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dadurch ist das Verfahren im Umfang der oben angeführten aufgehobenen Spruchpunkte neuerlich in den Stand der Beschwerde vor dem BVwG getreten und in diesem Umfang zu erledigen.
Unter einem Einreiseverbot versteht das Gesetz die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Für den vorliegenden Fall ist folgendes festzuhalten:
Der BF ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Er wurde am 10.06.2017 von Beamten der XXXX in einer Konditorei dabei angetroffen, wie er seiner Tante beim Verzieren von Backwerk zur Hand ging. Das BFA schloss daraus, dass der BF bei der Ausübung einer Beschäftigung betretenen worden sei, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Somit ging das BFA davon aus, dass der BF einen Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG verwirklicht hätte. Der VwGH hat in Bezug auf die gegenständliche Falllage jedoch ausgesprochen, dass dieser Schluss nicht zwangsläufig gezogen werden könne, sondern vielmehr zu prüfen sei, ob es sich bei der Tätigkeit des BF um einen Gefälligkeitsdienst gehandelt habe.
Als Gefälligkeitsdienst, der nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG fällt, sei ein kurzfristiger, freiwilliger und unentgeltlicher Dienst einer Person zu verstehen, der aufgrund einer spezifischen Bindung des Leisteten zum Leistungsnehmer erbracht werden (dazu VwGH vom 18.05.2017, Zl. 2007/18/0197). Demgegenüber gelte als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG die Tätigkeit einer Person u.a. in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Um einen solchen Sachverhalt annehmen zu können, müsse ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit zwischen dem Leistenden und dem Leistungsnehmer vorliegen (dazu VwSlg. 17936 A/2010). Die Abgrenzung des Gefälligkeitsdienstes von der kurzfristigen Beschäftigung im Sinne des AuslBG sei dabei fließend. Es seien alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können (VwGH vom 18.12.1998, Zl. 98/09/0290). Eine nähere Prüfung sei vor allem dort angezeigt, wo die Tätigkeit in einem Gewerbebetrieb erfolgen soll. Wesentlich sei in einem solchen Fall die Freiwilligkeit der Leistung. Freiwilligkeit sei in diesem Zusammenhang nur dann anzunehmen, wenn nicht versteckter oder offener Zwang vorliege. Hingegen könne der Umstand, dass einer Person durch die Arbeitsleistung eines Fremden direkt oder indirekt Vorteile erwachsen, als solcher allein nicht dazu führen, dass diese Person als Beschäftiger des Ausländers iSd AuslBG anzusehen sei (VwGH vom 20.05.2015, Zl. Ra 2014/09/0041).
Im vorliegenden Fall habe festgestellt werden können, dass der BF für seine Tätigkeit in irgendeiner Form eine Bezahlung entgegengenommen habe oder eine sonstige Gegenleistung zu erwarten gehabt hätte. Es habe auch nicht erhoben werden können, dass er in irgendeiner Weise zur Mithilfe in der Konditorei verpflichtet gewesen wäre. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15.03.2018, Ra 2018/21/0023-6 folgendes festgehalten:
"Das Einreiseverbot wurde nämlich maßgeblich darauf gestützt, dass der Revisionswerber am 10. Juni 2017 bei der Ausübung einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Das BVwG ging also (wie das BFA in der Begründung seines Bescheides) im Ergebnis davon aus, dass der Revisionswerber den Einreiseverbotstatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG erfüllt habe. Das ist allerdings am Boden der Behauptungen des Revisionswerbers (und auch auf Basis der dazu getroffenen Feststellungen) nicht indiziert; vielmehr wäre im Hinblick darauf, insbesondere angesichts des familiären Naheverhältnisses, zu prüfen gewesen, ob es sich bei den Tätigkeiten des Revisionswerbers für seine Tante um Gefälligkeitsdienste handelte, die nicht als eine dem AuslBG unterliegende Beschäftigung zu qualifizieren sind (vgl. etwa VwGH 2.7.2010, 2007/09/0267, VwSlg. 17.936 A). Dem hat das BVwG nicht Rechnung getragen. Darüber hinaus hat es nicht beachtet, dass die privaten Bindungen des Revisionswerbers zur Slowakei, ebenso wie allfällige Bezugspunkte zu Slowenien, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG - Überlegungen im Sinne dieser Bestimmung sind dem angefochtenen Erkenntnis von vornherein nur rudimentär zu entnehmen - zu berücksichtigen gewesen wären (siehe VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237, VwSlg. 18.295 A, Punkt 3. der Entscheidungsgründe, oder VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002, Punkt 2. der Entscheidungsgründe)."
Selbst bei Annahme einer Gefährdung von öffentlichen Interessen durch einen allfälligen Verstoß des BF gegen die die Einreise und den Aufenthalt regelnden Bestimmungen des FPG wäre demnach jedenfalls zu berücksichtigten gewesen, dass der BF mit seinen Verwandten in Slowenien und in Österreich gewichtige familiäre Anknüpfungspunkte in den Schengen-Staaten aufweist.
Da er den Einreiseverbotstatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG jedoch nicht verwirklicht hat und auch darüberhinausgehend keine vom BF ausgehende nachhaltige Gefährdung öffentlicher Interessen hervorgekommen ist, die ein Einreiseverbot rechtfertigen würde, war spruchgemäß zu entscheiden, der darauf gerichteten Beschwerde in diesem Punkt stattzugeben und der Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides in Folge des Erkenntnisses vom 15.03.2018, Zl. Ra 2018/21/0023-6 zu beheben.
3.2. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Einreiseverbot aufgehoben,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G305.2165205.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.09.2018