TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/27 I419 1432038-2

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Veröffentlicht am 27.06.2018
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Entscheidungsdatum

27.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

I419 1432038-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ALGERIEN, vertreten durch Diakonie-Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.06.2015, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2018 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein sunnitischer Moslem algerischer Staatsangehörigkeit, stellte am 20.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Erstbefragt gab er an, dass nach der Revolution plötzlich bewaffnete Männer in seinem Dorf aufgetaucht seien. Durch Zufall sei er mit diesen in Kontakt gekommen und sie hätten seine Daten aufgenommen. Aus Angst vor einer Haftstrafe oder dass er zwangsweise zu irgendwelchen Kämpfen geholt werden könne, sei er aus dem Land geflohen. Im Falle der Rückkehr fürchte er Repressionen vonseiten der Regierung oder der bewaffneten Gruppe aus seinem Dorf.

Fünf Tage darauf einvernommen brachte er vor, dass in seinem Heimatbezirk die maghrebinische Al Qaida für Entführungen und Terroraktionen wie Entführungen, Tötungen und Lösegelderpressungen verantwortlich sei, und er im Mai 2012 bei einer nächtlichen Heimfahrt mit dem Auto auf einer Bergstraße von fünf unbekannten Bewaffneten angehalten worden sei. Diese hätten Fahrzeugpapiere und Mobiltelefon kontrolliert, wieder zurückgegeben und mitfahren wollen.

Zuvor sei glücklicherweise der Automotor aufgrund eines wiederkehrenden, aber jederzeit leicht behebbaren elektrischen Defektes abgestorben. Als die Bewaffneten sich entfernt hätten sei er stundenlang im Auto gesessen und habe sich nicht getraut, zu starten, bis er dann doch alleine heimgefahren sei.

Er entstamme einer angesehenen und wohlhabenden Familie. Als er am nächsten Tag Anzeige erstatten habe wollen, sei er angerufen und bedroht worden. Er habe deswegen keine Anzeige erstattet. In der Folge sei er wiederholt angerufen worden. Die Leute hätten genaue Informationen über ihn gehabt. Als er sich eine neue SIM-Karte zugelegt habe, sei an seine Heimatadresse einen Brief mit der Aufforderung gekommen, sein Telefon wieder einzuschalten, da er sonst mit einer Strafe zu rechnen habe.

Am 13.08.2012 habe er darauf den Herkunftsstaat verlassen und sei über die Türkei, wo er einige Zeit Gelegenheitsjobs gehabt habe, per Schlepper für € 1.500,-- nach Österreich gekommen.

Für ihn sei klar, dass es sich um eine Rekrutierungsmethode der Terroristen handeln würde. An die Behörden könne er sich nicht wenden, zumal diese ihn als Komplizen der Terroristen behandeln würden. Im Falle der Rückkehr werde er "gegrillt", es würde sicherlich schlimmer werden, sie würden ihn mitnehmen.

2. Den abweisenden Bescheid des BAA vom 28.12.2012 hat dieses Gericht am 28.05.2014 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung dem BFA zurückverwiesen. Das BAA habe mangelhaft ermittelt.

3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid hat das BFA dem Beschwerdeführer die Status des Asyl- und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Algerien nicht zuerkannt (Spruchpunkte I und II) und keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung nach Algerien für zulässig erklärt und die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt III).

4. Die dagegen erhobene Beschwerde begehrt Gewährung von Asyl, eventualiter neuerliche Aufhebung und Zurückverweisung, Zuerkennung subsidiären Schutzes bezogen auf Algerien oder Erteilung eines Titels gemäß §§ 55 oder 57 AsylG2005. Das BFA habe mangelhaft ermittelt und erforderliche Feststellungen unterlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, kinderlos, gesund, arbeitsfähig und ledig. Seine Identität steht fest. Er hält sich mindestens seit 20.12.2012 in Österreich auf. Davor hatte er rund 20 Jahre im Herkunftsland gelebt. Er gehört der Volksgruppe der Berber an und spricht Arabisch, Französisch, Amazigh und gut Deutsch, Letzteres hat er 2014 auf Niveau B1 nachgewiesen.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Er ist Mitglied eines Kultur- und eines Fußballvereins und für diese ehrenamtlich tätig. 2013 hat er für seine damalige Wohnsitzgemeinde an 16 Tagen gemeinnützige Arbeit geleistet. Er weist einen österreichischen Freundeskreis auf, der in mit Unterschriften und Empfehlungsschreiben, konkret 3 Schreiben und Unterschriften von 4 weiteren Personen, unterstützt. Über familiäre Bindungen im Inland verfügt er nicht. Er hatte bis Februar 2018 eine Beziehung ohne gemeinsamen Wohnsitz mit einer österreichischen Staatsangehörigen.

Ein Logistik- und Zustellserviceunternehmen mit Sitz in Graz hat angekündigt, dem Beschwerdeführer nach Erhalt eines Aufenthaltstitels mit Arbeitsmarktzugang Aufträge betreffend Zustellung von Drucksachen und anderen Produkten anzubieten, "sofern entsprechende Gebiete zu betreuen sind". Weiters hat er eine Einstellungszusage als Montagehelfer einer Beleuchtungsfirma.

Der Beschwerdeführer hat an einer österreichischen Universität drei Semester lang Anglistik und Amerikanistik inskribiert. Aktuell lernt er italienisch. Er ist strafrechtlich unbescholten und lebt von der Grundversorgung.

Im Herkunftsstaat leben die Mutter des Beschwerdeführers, zwei Onkel, ein Cousin sowie drei Brüder und zwei Schwestern, ein weiterer Bruder ist in der XXXX verheiratet. Die Geschwister sind zwischen Mitte 30 und rund 50 Jahre alt, die Mutter in Rente, der Vater inzwischen verstorben. Mit der Mutter, der Schwester und einem Bruder sowie dem Bruder in Frankreich hat der Beschwerdeführer Kontakt mittels Internet-Telefonie.

Weder der Beschwerdeführer noch der Rest seiner Familie im Herkunftsland ist reich oder berühmt.

Den Kontakt zu seinen Eltern hat der Beschwerdeführer ein oder zwei Monate nach seiner Einreise aufgenommen, also Anfang 2013.

Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat eine tertiäre Ausbildung als Bewässerungsingenieur abgeschlossen und war vor seiner Ausreise als Mitarbeiter und Projektleiter eines Tiefbau- und Flussbauunternehmens tätig. Als solcher verfügte er über einen Dienstkraftwagen.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:

Algerien gilt nach § 1 Z. 10 HStV als sicherer Herkunftsstaat.

Im angefochtenen Bescheid wurde das damals aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien mit Stand mit Stand 17.05.2017 zitiert. Betreffend die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen im nun aktuellen mit Stand 12.03.2018 eingetreten, zu welchem der Beschwerdeführer Stellung genommen hat. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung zu Letzterem bekannt geworden, sodass das Gericht sich dessen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und sie zu den seinen erhebt.

Fallbezogen ist damit festzustellen:

1.2.1 Sicherheitslage

In den letzten Jahren ist es wiederholt zu Terroranschlägen islamistischer Gruppen und zu Entführungen mit kriminellem oder terroristischem Hintergrund gekommen (BMEIA 16.2.2018; vgl. AA 16.2.2018). Landesweit kann es zu Behinderungen durch Demonstrationen und Streiks kommen (BMEIA 16.2.2018). Da jedoch Algerien in den 1990er Jahren ein Jahrzehnt des Terrorismus erlebt hat, bevorzugt die große Mehrheit der Algerier Frieden und lehnt Instabilität ab. Der vom Präsidenten durch die Versöhnungscharta 2006 vermittelte Frieden trug zur in der Bevölkerung weithin anerkannten Legitimität des Staates bei (BS 2016).

Algerien ist eine Basis für den heute in Nordafrika und im Sahel operierenden djihadistischen Terrorismus. Die Angaben über die Zahlen der gegenwärtig in Algerien aktiven Terroristen schwanken zwischen einigen Hundert bis etwa Tausend. Die in Algerien weiterhin einflussreichste Gruppe AQIM (Al Qaida im islamischen Maghreb) ist durch den Anschluss der Salafist Group for Preaching and Combat (GSPC) an Al-Qaida entstanden. Inzwischen hat sich diese Gruppe wieder mehrmals geteilt, 2013 u.a. in die MUJAO (Bewegung für Einheit und Jihad in Westafrika). Ableger dieser Gruppen haben den Terroranschlag in In Amenas/Tigentourine im Jänner 2013 zu verantworten. 2014 haben sich mit dem Aufkommen des "Islamischen Staates" (IS) Veränderungen in der algerischen Terrorismusszene ergeben. AQIM hat sich aufgespalten und mindestens eine Teilgruppe, Jund al-Khilafa, hat sich zum IS bekannt. Diese Gruppe hat die Verantwortung für die Entführung und Enthauptung des französischen Bergführers Hervé Gourdel am 24.9.2014 übernommen. Dies war 2014 der einzige Anschlag, der auf einen Nicht-Algerier zielte. Ansonsten richteten sich die terroristischen Aktivitäten ausschließlich auf militärische Ziele (ÖB 3.2015).

Islamistischer Terrorismus und grenzübergreifende Kriminalität in der Sahelregion stellen weiterhin Bedrohungen für die Stabilität Algeriens dar. Algerien ist massiv in der Bekämpfung des Terrorismus engagiert und hat sein Verteidigungsbudget auf mehr als 10 Mrd. EUR erhöht (somit das höchste in Afrika). Eine kleine Anzahl islamistischer Extremisten operiert vor allem in der Sahara und den Berberregionen. Unsicherheit in der Region und die Aktivitäten des IS in einigen Nachbarländern machen diese jedoch zu einer potenziellen Bedrohung (BS 2016).

Spezifische regionale Risiken

Von Terroranschlägen und Entführungen besonders betroffen ist die algerische Sahararegion, aber auch der Norden und Nordosten des Landes (v.a. Kabylei). Die Gefahr durch den Terrorismus, der sich in erster Linie gegen die staatlichen Sicherheitskräfte richtet, besteht fort (AA 16.2.2018). Am 28.10.2016 wurde ein Polizist in Constantine ermordet; eine islamistische Gruppierung bekannte sich zu der Tat. Im Nordwesten Algeriens, der Provinz Ain Defla, wurden am 17.7.2015 zehn algerische Soldaten bei einem Angriff getötet (FD 16.2.2018).

Vor Reisen in die Grenzgebiete zu Libyen, Niger, Mali, Mauretanien, Tunesien und Marokko sowie in die sonstigen Saharagebiete, in ländliche Gebiete, Bergregionen (insbesondere Kabylei) und Gebirgsausläufer wird gewarnt (BMEIA 16.2.2018; vgl. AA 16.2.2018, FD 16.2.2018). Ausgenommen davon sind nur die Städte Algier, Annaba, Constantine, Tlemcen und Oran (BMEIA 16.2.2018; vgl. FD 16.2.2018). Im Rest des Landes besteht weiterhin hohes Sicherheitsrisiko (BMEIA 16.2.2018). Die häufigen Entführungen, besonders in der Region Kabylei treffen in erster Linie wohlhabende Einheimische und sind kriminell (Lösegeldforderung) motiviert. In den südlichen Grenzregionen zu Niger und Mali und jenseits der Grenzen gehen terroristische Aktivitäten, Schmuggel und Drogenhandel ineinander über. Es wird angenommen, dass AQIM in Nordmali, aber auch andernorts vereinzelt mit der lokalen Bevölkerung für Schmuggel aller Art zusammenarbeitet (ÖB 3.2015).

1.2.2 Rückkehr

Die illegale Ausreise, d. h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 3.2015, vgl. SGG o.D., AA 18.1.2016). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA vor (SGG o.D.). Laut deutscher Botschaft wird das Gesetz auch angewendet; die algerischen Behörden erklären jedoch, das Gesetz sollte nur abschreckende Wirkung entfalten (ÖB 3.2015).

Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge ("harraga") sieht das Gesetz Haftstrafen von drei bis zu fünf Jahren und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen das Gesetz als "völlig verfehlt", da es sich gegen die Symptome (Migrationsdruck), nicht aber gegen die Ursachen (Perspektivlosigkeit im eigenen Land) richte. Im August 2012 fand ein sog. "Harraga"- oder Bootsflüchtlings-Prozess auf o.g. Grundlage statt, der mit einem Freispruch endete (AA 18.1.2016).

Eine behördliche Rückkehrhilfe ist ho. nicht bekannt. Ebenso sind der Botschaft keine NGOs bekannt, die Unterstützung leisten. Bekannt ist, dass Familien zurückkehrende Familienmitglieder wieder aufnehmen und unterstützen. Viel bekannter hingegen sind Fälle, in denen Familien Mitglieder mit beträchtlichen Geldmitteln bei der illegalen Ausreise unterstützen. Sollten Rückkehrer auf familiäre Netze zurückgreifen können, würde man annehmen, dass sie diese insbesondere für eine Unterkunft nützen. Wer nicht von seiner Familie aufgenommen wird und ohne Einkommen ist, wird insbesondere in Algier Schwierigkeiten haben, die hohen Mieten zu zahlen. In Algier wird vermehrt gegen informelle Siedlungen vorgegangen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (EUR 1.000-2.000) durch Frankreich, für Personen, die freiwillig aus Frankreich ausgereist sind. Der algerische Außenminister erklärte gegenüber dem politischen Direktor des BMEIA im Jänner 2013, dass man jederzeit bereit sei, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststehe, dass es sich um algerische Staatsangehörige handle. Nachfragen bei EU-Botschaften und Pressemeldungen bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB 3.2015).

1.3 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer wird nach seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Es wird insbesondere festgestellt, dass er in Algerien keiner zwangsweisen Rekrutierung für eine terroristische Organisation ausgesetzt ist, welcher der Beschwerdeführer nicht durch einen Ortswechsel entgehen könnte. Er ist auch nicht gefährdet, als vermeintlicher oder tatsächlicher Unterstützer einer solchen Organisation verfolgt oder als Kind reicher Eltern entführt zu werden, wobei in letzterem Fall einer privaten Verfolgung durch Kriminelle der Staat grundsätzlich schutzwillig und -fähig ist.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden Beweise erhoben im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die mittels vorangegangenen Parteiengehörs vorbereitet war, durch die Einsichtnahme in den Akt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers, in den hiesigen Gerichtsakt des ersten Beschwerdeverfahrens und in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden, die aufgetragene Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 06.02.2018 und schließlich auf das Länderinformationsblatt zu Algerien vom 12.03.2018.

Weiters wurde der Beschwerdeführer in der Verhandlung als Partei befragt, wonach sich die Aussage der vergeblich geladenen Zeugin als nicht mehr erforderlich erwies.

Er hat dem BFA am 12.01.2015 seinen algerischen Führerschein und am 02.02.2015 seinen algerischen Personalausweis übergeben. Aus diesen ergeben sich seine Identität und Staatsangehörigkeit.

Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner Glaubenszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und die soweit unbestrittenen Feststellungen des Bescheids, ebenso jene zur Familie und zur Ausbildung und Tätigkeit des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat. Die belangte Behörde hat diese Angaben korrekt und nachvollziehbar gewürdigt.

Die diversen sozialen Anbindungen des Beschwerdeführers in Österreich, sowie dass er hier über keine familiären Beziehungen verfügt, ergab sich aus seinen Angaben in der Verhandlung sowie den vorgelegten Urkunden.

Das Zeugnis über eine positiv absolvierte Deutschprüfung brachte der Beschwerdeführer bereits mit der Beschwerde bei. Er konnte fast die Beschwerdeverhandlung weit überwiegend auf Deutsch bestreiten.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet, insbesondere dem Bezug der Grundversorgung, ergeben sich aus dem Speicherauszug des Betreuungsinformationssystems.

2.3 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Wie bereits beim BFA vermochte der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung kein plausibles Geschehen darzulegen, das ihn zur Flucht veranlasste.

Er gab in der Verhandlung an, er sei mit zwei Sammeltaxis gefahren, mit dem ersten nach XXXX, etwa 5 Stunden, wobei jeder der 6 Fahrgäste 1.000,-- Dinar bezahlt habe, mit dem zweiten dann von XXXX nach XXXX ca. 40 bis 45 Minuten, anschließend von dort mit dem vom Bruder bereitgestellten Auto bis XXXX. Befragt erklärte er, auf der kürzeren Strecke dürfe man vorzeitig aussteigen.

Auf die Frage, warum er nicht den Dienstwagen genommen habe wie drei Wochen später auch, erklärte er, dass es keinen Grund gegeben habe. Wenn er Urlaub gehabt habe, sei er mit dem Taxi gefahren, weil das "gemütlicher" sei.

Die vorgebrachte Gemütlichkeit eines (vollen) Sammeltaxis und zweier Fahrzeugwechsel (jeweils hin und retour, also vier) erschließt sich nicht ohne Weiteres. Bei Zutreffen der angegebenen fluchtauslösenden Gründe wäre darüber hinaus zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer hier Emotionen berichtet, also z. B. Ärger, sich nicht für das Dienstauto entschieden zu haben, mit dem er früher heimgekommen und den Bewaffneten vielleicht entgangen wäre.

Noch weniger nachvollziehbar war, dass der Beschwerdeführer zunächst angab, das Fahrzeug des Bruders sei an der in Beilage b) markierten Stelle für ihn geparkt gewesen, was genau der entgegengesetzten Richtung im Vergleich zum Ziel XXXX entspräche.

Der Beschwerdeführer wäre damit von XXXX mit dem Sammeltaxi südwärts und an der Kreuzung der Straße XXXX mit der Straße XXXX mit diesem weiter in die falsche Richtung gefahren, nämlich nach Osten, anschließend dann mit dem Auto des Bruders wieder zurück und weiter nach Westen, statt bereits an der genannten Kreuzung auszusteigen und das Auto in deren Umgebung zu übernehmen, wo nach den Plänen eine Haltestelle und mehrere Kaffeehäuser stehen. Das wären etwa fünf überflüssige gefahrene Kilometer Richtung Osten und nochmals dieselbe Strecke retour.

Erst über Vorhalt, dass er nach seinen Angaben an der Kreuzung zweimal vorbeigefahren wäre, korrigierte er sich dahingehend, dass er doch bereits dort ausgestiegen und auch das Auto dort für ihn bereitgestanden sei (Beilagen d) bis f)). Als erstes verwundert dabei, dass der Beschwerdeführer nicht bereits auf die Frage nach der Möglichkeit, aus dem Sammeltaxi vorzeitig auszusteigen berichtete, dass er diese Möglichkeit in Anspruch nahm.

Für einen Techniker mit Hochschulausbildung in Bewässerungstechnik und Berufserfahrung als Projektleiter in einer Tiefbaufirma wären darüber hinaus Verwechslungen wie die der angeblichen Fahrzeugpositionen zwischen Plan b) und Plan d) mehr als erstaunlich. Der erkennende Richter hat mehr als ein Jahrzehnt in Anlagenverfahren mit Tiefbautechnikern, auch Kanal- und Wasserbautechnikern, zusammengearbeitet und eine hinreichende Vorstellung davon, wie diese sich auf Plänen zurechtfinden. Der Beschwerdeführer hinterließ bei der Verhandlung den Eindruck, den Ort des Fahrzeugwechsels nicht aus der Erinnerung, sondern erst nachträglich so anzugeben, dass er beim zweiten Versuch doch noch zum angegebenen Geschehen passt.

Nach der angeblichen Begegnung mit den Bewaffneten habe er stundenlang gewartet und nicht gewusst, ob diese noch in der Nähe seien (im Gegensatz dazu am 27.12.2012: "...stundenlang in dem Fahrzeug und diese Leute waren noch da ..."). In dieser Zeit seien ein bis drei Autos vorbeigekommen, jedenfalls aber eines, dem er dann gefolgt sei (wobei die fehlende Erinnerung erstaunt, ob es jetzt das erste war, dem er nachgefahren ist oder ein weiteres).

Folgt man diesen Angaben, dann hätten sich die Bewaffneten, die befördert hätten werden wollen, für das Erzwingen einer Autofahrt einen fast völlig unbefahrenen Straßenabschnitt ausgesucht, wo sie mit langen Wartezeiten zu rechnen gehabt hätten. Demgegenüber liegen im Nahbereich, wie Beilage c) zeigt, mehrere Siedlungen, die in der gleichen Zeit zu Fuß erreichbar gewesen wären und höhere Chancen auf eine erzwungene Autonutzung erwarten lassen hätten als die quasi leere Landstraße.

Die geringe Verkehrsfrequenz spricht schließlich auch gegen die Mutmaßungen, dass jemand, zufällig dann der Beschwerdeführer, möglicherweise hätte entführt werden sollen. Außerdem hätten die verhinderten Entführer vorab kaum darauf vertrauen können, dass unter den wenigen Autofahrern eine passende, lohnende Geisel sein würde. Die Annahme, der Beschwerdeführer werde künftig Opfer einer Entführung zum Zwecke der Terrorismusfinanzierung durch Lösegelderpressung, erscheint auch angesichts dessen, dass niemand in der im Herkunftsstaat verbliebenen Familie reich oder berühmt ist, sehr unwahrscheinlich.

Es ist damit schlüssig nachvollziehbar, dass das BFA das Fluchtvorbringen als nicht faktenbasiert einstuft (S. 57 ff des Bescheids, AS 449 ff). Das Gericht hat keine davon abweichenden Eindrücke gewonnen, sodass kein Grund besteht, an der Würdigung des BFA zu zweifeln.

2.4 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie z. B. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Auch amtswegig wurden keine zu anderen Feststellungen Anlass gebenden Umstände - z. B. betreffend die Behandlung von Berbern - im Herkunftsstaat bekannt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass das Geschilderte auch vom Gericht als in jedem bereits vom BFA als unglaubwürdig angesehenen Punkt wenig wahrscheinlich und damit in seiner Gesamtheit als Konstrukt erscheint, das von Vernehmung zu Vernehmung weiterentwickelt und gesteigert wird.

Der Beschwerdeführer hat also damit keine Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft gemacht, die asylrelevante Intensität erreicht. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Verdacht auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

3.2.2 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten wird.

Das gilt insbesondere, weil - angesichts seiner Angaben zur Familie - auch eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers zu erwarten ist, und nicht nur, weil er arbeitsfähig und gut ausgebildet ist und auch bereits im Herkunftsland berufstätig war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III):

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Der Beschwerdeführer hat auch nicht schlüssig behauptet, es lägen die Voraussetzungen für die Verleihung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 vor. Das wäre der Fall, wenn ein solcher zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers nötig wäre. Fallbezogen ist dem nicht so, weil dieser im Inland kein Familien- und kein im Sinn der EMRK unverzichtbares Privatleben aufweist.

Die Sozialkontakte aus den genannten Lebensbereichen wie Fußball, Kulturverein oder Universität ergeben sich mehr oder weniger aus der Art der Betätigung. Sie sind, wie auch die Sprachkenntnisse auch Ausfluss des etwa 5,5-jährigen Aufenthalts des bereits bei Einreise überdurchschnittlich gebildeten Beschwerdeführers. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich aber keine Hinweise, die nahelegen würden, dass deshalb bereits die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht käme.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch jenes des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Algerien, zulässig ist, wird festgehalten, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und erwerbsfähig.

Auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Es ist nicht zu verkennen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers durch die Verfahrensdauer begründet ist, die deutliche, in den Beschwerdeverfahren auch überlange Verzögerungen beinhaltet, die den Behörden zurechenbar sind.

Der Beschwerdeführer führt andererseits keine Lebensgemeinschaft und kein Familienleben in Österreich, geht keinem erlaubten Erwerb nach und brachte sich nachweislich nur tageweise im Kommunalbereich gemeinnützig ein, zuletzt 2016. Daneben unterstützt er den Kulturverein, bei dem er selbst Mitglied ist. Die sportliche Betätigung und sein geisteswissenschaftliches Studium sind außerdem nicht an einen bestimmten Aufenthaltsstaat gebunden. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat familiäre, soziale, sprachliche und kulturelle Verbindungen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Zu dieser Überlegung kommt noch, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt nur mittels eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz nach faktischer Einreise verwirklichen können hat.

Der VwGH hat im Fall einer Fremden, die im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG rund 4,5 Jahre im Inland verbracht hatte, die Rückkehrentscheidung als zulässig angesehen, wobei sich diese Beschwerdeführerin ebenso auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz in Österreich aufgehalten hatte, und im Herkunftsstaat aufrechte familiäre Bindungen bestanden. Zusätzlich bestand eine seit mehr als dreieinhalb Jahren währende Lebensgemeinschaft mit einem Österreicher, wenn auch ohne gemeinsamen Wohnsitz. (23.02.2017, Ra 2017/21/0009)

Wie grundsätzlich auch der Beschwerdeführer hatte sie ihre integrationsbegründenden Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sie sich nach Abweisung ihres unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz durch das BAA ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste.

Es ist nicht zu übersehen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers fallbezogen ein Jahr länger andauert. Allerdings fehlen ihm im Vergleich zur genannten Fremden nicht nur die Lebensgemeinschaft, sondern trotz des längeren Aufenthalts auch die dieser Fremden attestierten "außerordentliche Integrationsbemühungen" wie "Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie kirchliches, soziales und berufliches Engagement".

Das Privatleben des Beschwerdeführers zeugt unzweifelhaft von Integrationserfolgen, unter anderem Deutsch auf Niveau B1, Fußball- und Kulturverein, nicht jedoch von außerordentlichen Bemühungen, sodass es nach Ansicht des Gerichts keineswegs stärker wiegt als jenes der im Vergleichsfall betrachteten Fremden.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat die belangte Behörde mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung für unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre, zumal es auch ein sicherer Herkunftsstaat ist.

Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde, in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet zu werden.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Algerien zumindest notdürftig leben zu können. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird er auch wieder in der Bau-, oder der Be- und Entwässerungsbranche tätig werden können, zumal er zusätzliche Sprachkenntnisse erworben hat.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als in Algerien, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Algerien keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht konkret behauptet, zumal dort allgemein auf das Vorkommen von finanziell motivierten Entführungen Bezug genommen wird, ohne einen besonderen Grund zu bescheinigen, der gerade den Beschwerdeführer als Opfer prädestinierte.

Eine der Abschiebung nach Algerien entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

3.3.4 Frist für die freiwillige Ausreise:

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe der Erlassung der Rückkehrentscheidung überwiegen.

Derartige Umstände wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Daher ist die im Bescheid genannte Frist korrekt angegeben.

Die Beschwerde war daher auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftigkeit gesteigerten Vorbringens oder zur Relevanz privater Interessen bei Rückkehrentscheidungen.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

erpresserische Entführung, Gesamtbetrachtung, Glaubwürdigkeit,
Interessenabwägung, mangelnde Asylrelevanz, non refoulement,
öffentliches Interesse, persönlicher Eindruck, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.1432038.2.00

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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