TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/24 I414 2187245-1

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Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I414 2187245-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter und die Richterin MMag. Alexandra JUNKER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol vom 02.01.2018, Zl. OB:

XXXX, betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Herr XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet), beantragte am 06.07.2017 die Ausstellung eines Behindertenpasses und legte dem Antrag ein Konvolut an ärztlichen Bestätigungen und Befunden bei.

Vom Sozialministeriumservice (in der Folge als belangten Behörde bezeichnet) wurde Dr. R. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt.

Am 21.09.2017 fand eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers statt. In seinem Gutachten vom 29.10.2017 stellte der Sachverständige folgendes fest:

"[...]

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Wirbelsäule, Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, radiologische und/oder morphologische Veränderungen

02.01.02

30

2

Magen und Darm, Chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen Seit Jahren bekannter Mb. Crohn, unterer RS bei dzt. Geringer Krankheitsaktivität

07.04.05

30

3

Hände - Obere Extremitäten, Funktionseinschränkung im Handgelenk mittleren Grades einseitig Fixer RS

02.06.22

20

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgeleiden 2 und 3 erhöhen wegen fehlender Leidensbeeinflussung nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Restless legs Syndrom

[...]"

Mit Bescheid vom 16.11.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und begründend ausgeführt, dass das ärztliche Begutachtungsverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% ergeben habe.

Der Bescheid konnte dem Beschwerdeführer nicht nachweislich zugestellt werden und daher wurde ihm dieser, nunmehr datiert mit 02.01.2018, neuerlich postalisch übermittelt. Die am 16.02.2018 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig und moniert der Beschwerdeführer, dass das eingeholte ärztliche Gutachten unvollständig und fehlerhaft sei. Er lege aktuelle Befunde und bildgebende Materialien vor, die auch eine fortgeschrittene Arthrose erkennen ließen und seien seine Leiden daher neu einzuschätzen.

Vom erkennenden Gericht wurde am 13.03.2018 Dr. W. mit der Erstellung eines weiteren Sachverständigengutachtens unter Einbeziehung der weiter vorgelegten Befunde beauftragt.

Der Beschwerdeführer wurde auch von Dr. W. persönlich untersucht und hält der Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie in seinem Gutachten vom 16.05.2018 fest wie folgt (Anonymisierung durch BVwG):

"[...] Fragestellung

a) zur Diagnose samt Feststellung der Funktionseinschränkung(en) bzw. der Art der Gesundheitsschädigung(en).

b) zur Frage, ob es sich bei den Funktionsbeeinträchtigungen um Dauerzustände handelt oder ob (und bejahendenfalls wann) eine Nachuntersuchung vorzunehmen ist.

c) zur Einschätzung des Grades der Behinderung für jede der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

d) zu den Richtsatzpositionen lt. Einschätzungsverordnung EVO und - falls Rahmensätze

vorgegeben sind - dem von Ihnen zugrunde gelegten Rahmensatz.

e) zur Frage, ob im Vergleich zum Gutachten vom 21.09.2017 eine Änderung des Gesundheitszustandes festgestellt werden kann; bejahendenfalls zur Änderung in den Graden der Behinderung bzgl. der einzelnen festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

f) zu dem von Ihnen ermittelten Gesamtgrad der Behinderung.

g) beim Zusammenwirken aller Funktionsbeeinträchtigungen bzw. mehrerer Gesundheitsschädigungen, ob die führende funktionelle Einschränkung durch eine weitere funktionelle Einschränkung erhöht wird oder nicht und - bejahendenfalls - um wie viele Stufen, wobei die wechselseitige (Nicht-) Beeinflussung der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen sowie Leiden einer ausführlichen Begründung bedarf. [...]

Ad A, C und D)

Leiden 1:

Immer wiederkehrende Schmerzen an der Halswirbelsäule bei 2016 nachgewiesenem: einsegmentigem Bandscheibenvorfall mit Kompression der Nervenwurzel C6 links zum; Zeitpunkt der aktuellen Befunderhebung ohne korrelierende Sensibilitätsstörungen und ohne motorische Ausfälle, jedoch klinisch erhebbarer reduzierter Sensibilität am Unterarm und Kleinfinger sowie Ringfinger links.

Pos.Nr.: 02.01.02:

Einstufung 30%

Beurteilung: Die Einstufung erfolgt nach diesem Rahmensatz bei bestehendem Bandscheibenvorfall, 2016 im MRT mit Kompression der Nervenwurzel C6 beschrieben, wobei das aktuelle klinische Bild keinen Hinweis für eine Kompression der Nervenwurzel C6 liefert. Maßgebliche Einschränkungen im Alltag sind gegeben. Eine analgetische Therapie ist laufend, Physiotherapie jedoch nicht. Anzumerken ist auch, dass der letzte verfügbare Arztbericht aus dem Jahr 2016 stammt.

Leiden 2:

Bewegungseinschränkung des Handgelenks beidseits mittleren Grades sowie Bewegungseinschränkung der Umwendbeweglichkeit des Unterarmes auf beiden Seiten.

Pos.Nr.: 02.06.23

Einstufung 30%

Beurteilung: Wahl des Rahmensatzes "Funktionseinschränkung im Handgelenk mittleren Grades beidseitig" (fixer Rahmensatz) bei eingeschränkter Beweglichkeit der Handgelenke beidseits mittleren Grades sowie der Umwendbeweglichkeit der Unterarme beidseits und subjektiver Kraftminderung.

Leiden 3:

Mb. Crohn, Heuschnupfen, Asthma bronchiale, Restless Leg Syndrom

Orthopädisch nach einstufbar.

Ad B)

Bezüglich der Funktionseinschränkungen am Unterarm und an den Handgelenken beidseits ist nach mehreren durchgeführten Operationen und einer zeitlichen Latenz von mehreren Jahren nach der letzten Operation nicht von einer relevanten Besserungsmöglichkeit auszugehen. Es ist somit von einem Dauerzustand zu sprechen. Bezüglich der Halswirbelsäule ist ebenso nicht von einer einstufungsrelevanten Verbesserung des Zustandbildes auszugehen, sodass auch hier von einem Dauerzustand gesprochen werden muss.

Ad E)

Eine Änderung des Gesundheitszustandes im Vergleich zum Letztgutachten vom 21.02.2017 kann bezüglich der Halswirbelsäule nicht mit Sicherheit beurteilt werden, da im damaligen Befund die Funktion der Halswirbelsäule nicht beschrieben wurde. Bezüglich des Einstufung nach der EVO ergibt sich jedoch keine Änderung.

Bezüglich der Handgelenke kann jedoch ein geringerer Bewegungsumfang beidseits zum Zeitpunkt der aktuellen Befunderhebung festgestellt werden. Hinsichtlich der Umwendbarkeit der Unterarme finden sich im Vorgutachten jedoch keine Aussage, sodass hier kein Vergleich möglich ist.

Im Vorgutachten erfolgte die Einstufung nach der Positionsnummer 02.06.22 im Sinne einer mittelgradigen Einschränkung einseitig. Da die Funktionseinschränkung im Bereich der Handgelenke und Unterarme aktuell beidseits erhoben werden kann, muß nach 02.06.23 eingestuft werden.

Ad F und G)

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht. Somit ergibt sich ein Gesamtgrad der Behinderung 40%.

Begründung: Wegen der Funktionseinschränkung im Bereich der Hände und Unterarme beidseits sowie wegen der Sensibilitätsstörung im Bereich des 5. und 4. Fingers auf der linken Seite ist eine vermehrte visuelle Kontrolle bei Tätigkeit mit den Händen erforderlich. Dies geht mit einem vermehrte Bewegsbedarf der Halswirbelsäule einher, wodurch eine wechselseitige Beeinflussung des Leidens 1 und 2 entsteht.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gibt der Antragstellers an, dass das Gutachten Dr. R. unvollständig und fehlerhaft sei. Weiters sei eine im ärztlichen Befund vom 12.02.2018 eine fortgeschrittene Arthrose festgestellt worden.

Tatsächlich lässt sich in der aktuellen Befunderhebung an den Handgelenken nicht nur einseitig eine Funktionseinschränkung erheben, sondern beidseits, wie oben ausgeführt wurde.

Bezüglich der suspizierten Arthrose findet sich im Arztbericht Dr. C. vom 12.02.2018 keine Aussage. In den angeforderten Röntgenbefunden 2018 wird keine Arthrose beschrieben. Die bestehende Funktionseinschränkung ist jedoch unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzung und der notwendig gewordenen Operationen nachvollziehbar.

Die Feststellung einer Arthrose würde die Einstufung nicht ändern, da selbige funktionsbezogen erfolgt.

Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionseinschränkung im Bereich der Handgelenke und Unterarme und der Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule, wie auch im Arztbericht Dr. C. vom 12.02.2018 beschrieben, lässt sich gutachterlich nachvollziehen wie auch das Bestehen einer schmerzbedingten Minderung der Kraftentfaltung trotz fehlender Lähmung.

[...]"

Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme nahm die belangte Behörde Gebrauch und bewertete das Gutachten vom 16.05.2018 als schlüssig. Vom Beschwerdeführer langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat seinen Wohnsitz in Österreich.

Er stellte am 06.07.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Er leidet an einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mittleren Grades (Pos. Nr. 02.01.02) mit einem Grad der Behinderung von 30%, Funktionseinschränkungen der oberen Extremitäten beidseitig (Pos. Nr. 02.06.23) mit einem Grad der Behinderung von 30% und an Morbus Crohn (Pos. Nr. 07.04.05) mit einem Grad der Behinderung von 30%.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40%. Leiden 1 steht mit Leiden 2 in ungünstiger wechselseitigen Beeinflussung und erhöht sich dadurch um eine Stufe.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person, zum Wohnsitz und zum Antrag ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und sind unstrittig.

Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen und der Gesamtgrad der Behinderung basieren auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. R. vom 29.10.2017 sowie dem vom erkennenden Gericht ergänzend eingeholten Gutachten von Dr. W. vom 16.05.2018.

Ein Gutachten ist auf seine Vollständigkeit (also, ob es Befund und Gutachten im engeren Sinn enthält) und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten sind nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.

Die getroffenen Einschätzungen basieren auf den persönlichen Untersuchungen durch zwei voneinander unabhängigen medizinischen Sachverständigen, den erhobenen klinischen Befunden und den vorgelegten medizinischen Beweismitteln und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen nach der Einschätzungsverordnung. Die Gutachter sind auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausreichend eingegangen. Auch wurde von den Sachverständigen angeführt, dass die weiter vorgebrachten Leiden "Heuschnupfen" und "Restless leg Syndrom" keinen Grad der Behinderung erreichen.

Der Sachverständige Dr. W. ist Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie und hat sich mit den Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule und der oberen Extremitäten und auch ihrer wechselseitigen Leidensbeeinflussung eingehend auseinandergesetzt. Er stellte im Vergleich zum Gutachten von Dr. R. eine Einschränkung beider Handgelenke fest und war die Positionsnummer 02.06.23 daher anzuwenden und wurde der Grad der Behinderung nach oben auf 30% korrigiert.

Da Leiden 3, Morbus Crohn aus orthopädischer Sicht nicht einschätzbar war, wurde konnte dafür das Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. R. herangezogen werden.

In Gesamtschau werden die Gutachten beider Sachverständigen in ihrem Ergebnis vom erkennenden Senat als schlüssig, vollständig, nachvollziehbar und in der wesentlichen Schlussfolgerung widerspruchsfrei angesehen.

Dem Gutachten von Dr. R. hielt der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz entgegen, dass aktuelle Befunde nicht berücksichtig worden seien und eine Arthrose deshalb nicht Eingang in die Einschätzung gefunden habe. Auch auf dieses Vorbringen wurde im Ergänzungsgutachten eingegangen und konnte Dr. W. nachvollziehbar ausführen, dass auch die weiter vorgelegten Befunde und bildgebenden Materialen keine Arthrose dokumentieren und selbst bei Vorherrschen einer solchen es zu keiner anderen Einschätzung gekommen wäre.

Aus der Beschwerde ergeben sich sonst keine zusätzlichen oder schwerwiegenderen Funktionseinschränkungen, welche nicht schon vom Sachverständigen im Gutachten vom 29.10.2017 festgestellt bzw. eingeschätzt worden sind. Das Vorbringen des Beschwerdeführers war nicht geeignet, Zweifel an den Feststellungen des Gutachtens zu wecken.

Da der Beschwerdeführer somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist und auch dem ergänzend eingeholten Gutachten nicht mehr entgegengetreten ist, ist der Sachverhalt für den erkennenden Senat eindeutig und abschließend ermittelt.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem weiters eingeholten Gutachten. Dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zum Ergänzungsgutachten - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:

"Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Senate

§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen."

§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetzes (BBG) lautet wie folgt:

"(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."

Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.

Die §§ 1, 17 und 58 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten wie folgt:

"§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.

(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt."

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

[...]

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

[...]

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

[...]

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu."

Im gegenständlichen Fall stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit dem Verweis auf einen festgestellten Grad der Behinderung von 30% abgewiesen wurde. Die Beschwerde richtete sich gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses und die Festsetzung des Grades der Behinderung mit 30%.

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 29.10.2017 von Dr. R. und das vom erkennenden Gericht eingeholte Ergänzungsgutachten vom 16.05.2018 von Dr. W. werden vom erkennenden Senat als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet; diesen zufolge beträgt der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40%. Der Beschwerdeführer brachte nichts vor, was geeignet wäre, die Schlussfolgerungen der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Daher ist die Beschwerde abzuweisen, da die Voraussetzungen des § 40 Abs 1 BBG zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2187245.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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