Entscheidungsdatum
24.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
I414 2184145-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter und die Richterin MMag. Alexandra JUNKER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 13.12.2017, Zl. OB: XXXX, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Am 10.10.2017 beantragte Herr XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) die Verlängerung der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), wurde Dr. L. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beauftragt. Die Fachärztin für Innere Medizin hielt in ihrem Aktengutachten vom 25.11.2017 fest:
"[...]
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
1
Anämie, Therapierefraktäre Anämien mit leichten bis mäßigen Auswirkungen Myelodysplastisches Syndrom mit leichtgradiger Thrombozytopenie und Leukopenie (ED 2009) eine Stufe unter oberem Rahmensatz bei "intermediate risk", hämatologisch stabiler Verlauf
10.01.01
2
Stoffwechselstörung, Stoffwechselstörungen leichten Grades Hämochromatose (ED 2001) eine Stufe unter oberem Rahmensatz bei stabilem Verlauf
09.03.01
3
Affektive Störungen; Manische, depressive und bipolare Störungen, Depressive Störung - Dysthymie - leichten GradesManische Störung - Hypomanie - leichten Grades Depressive Anpassungsstörung eine Stufe über unterem Rahmensatz bei Leistungsminderung
03.06.01
4
Ableitende Harnwege und Nieren, Entleerungsstörung der Blase und der Harnröhre leichten bis mittleren Grades Prostatahypertrophie, Zustand nach vorübergehender schmerzhafter Harnentleerung, kein Restharn
08.01.06
Gesamtgrad der Behinderung:
50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 3 wegen ungünstiger wechselseitiger Beeinflussung um 2 Stufen erhöht. Leiden 4 erhöht wegen Geringfügigkeit nicht weiter.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Keine anhaltende Funktionseinschränkung:
Z.n. Operation einer Analfissur 2001
Monoklonale Gammopathie ungeklärter Signifikanz (M-Gradient vom Typ IgG-Kappa)
Cholezystolithiasis
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Seitens der hämatologischen Grunderkrankung hat sich keine wesentliche Änderung ergeben. Die Infektneigung bleibt bestehen, ist aber nicht schwerwiegend. Aus der neu diagnostizierten Prostatahypertrophie ohne Restharn ergibt sich keine Steigerung des GDB
[...]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Bei dem Antragsteller besteht eine nunmehr seit 8 Jahren stabile hämatologische Erkrankung mit seit 2016 neu aufgetretener Infektneigung. Seit dem letzten Antrag ist es zu 2 anamnestisch angegebenen Infekten der oberen Atemwege gekommen, zu denen kein ereignisbezogener Arztbericht vorliegt und die ambulant mit oraler antibiotischer Therapie behandelt werden konnten. Aus dem vorliegenden Verlauf ergibt sich keine Indikation für eine dauerhafte Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel. Auch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist bei Fatigue-Symptomatik weiterhin zumutbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein In Anbetracht der stabilen Leukozytenzahlen und des oben geschilderten Verlaufs. Auch die niedrig dosierte Urbasontherapie führt nicht zu einer schweren Einschränkung des Immunsystems.
[...]"
Am 07.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein neuer Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50% ausgestellt.
Mit Bescheid vom 13.12.2017 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung in den Behindertenpass abgewiesen. Das ärztliche Begutachtungsverfahren habe ergeben, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und wies neuerlich auf seine Grunderkrankung MDS hin. Dazu legte er ein ärztliches Attest von Dr. G. vom 09.01.2018 vor. Er führte aus, dass er extrem anfällig für Infektionen aller Art sei und deshalb Menschenansammlungen unbedingt meiden solle. Seine Erkrankung sei chronisch und ständig fortschreitend.
Beschwerde und Bezug habender Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 25.01.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
Dr. L. wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit der Erstellung eines ergänzenden Gutachtens beauftragt und beantwortet sie in ihrem am 21.03.2018 eingelangten Gutachten die Fragen wie folgt (Anonymisiert durch Bundesverwaltungsgericht):
"a) Kann der Beschwerdeführer eine kurze Wegstrecke (ca. 300 bis 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe (allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe) ohne Unterbrechung zurücklegen?
Der Beschwerdeführer berichtet von einer durch das MDS verursachten allgemeinen Schwäche (Fatiguesymptomatik) welche nach dem Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke zu Schweißausbrüchen und Ermüdung führt. Wie bereits im Gutachten vom November 2017 und dem Gutachten vom Dezember 2016 hervorgehend ist nichtsdestotrotz das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke in der Ebene meines Erachtens zumutbar. Die vom Patienten geschilderte Fatiguesymptomatik ist jedoch internistischerseits weder objektivierbar noch zu widerlegen, durch die beschriebene Anämie ist die Einschränkung der Belastbarkeit nicht erklärlich. Eine durch das Ausmaß der Anämie (Blutarmut) nicht erklärliche allgemeine Schwäche und Leistungsfähigkeit wird beim MDS beschrieben.
b) Erschwert die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels in hohem Maß?
Die Verwendung von Behelfen für das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist nicht notwendig.
c) Wirkt sich die dauernde Gesundheitsschädigung/die dauernden Gesundheitsschädigungen auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens (zu überwindende Niveauunterschiede) und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel (u.a. beim Stehen oder bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt) unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen?
Die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens auch mit zu überwindenden Niveauunterschieden in ein öffentliches Verkehrsmittel ist nicht eingeschränkt, ebenso wenig die sichere Beförderung im Stehen. Als einschränkend für die Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln wird vom Beschwerdeführer die erhöhte Infektanfälligkeit wegen der Grunderkrankung angegeben. Diese Infektneigung bei allerdings gleichbleibenden Leukozyten- und Lymphozytenzahlen seit 2009 wird vom Beschwerdeführer seit 2016 beschrieben. Die vermehrte Infektneigung wird vom behandelnden Hämatologen Prof. G. (Vorstand der Universitätsklinik für Hämatologie) bestätigt. In der hämatologischen Kontrolle vom Juni 2017 wird von zweimaligen Atemwegsinfekten berichtet, in dem Arztbericht vom 9.1.18 werden mehrere fieberhafte Infekte angegeben. Es liegen keine ärztlichen Berichte über eine Vorstellung während eines akuten Infekts vor. Stationäre Behandlungen werden nicht berichtet, allerdings die Notwendigkeit einer antibiotischen Therapie. Bei dem von Prof. G. verschriebenen und laut Patient eingenommenen Antibiotikum handelt es sich um ein gängiges orales Medikament mit einmal täglicher Verabreichung bei breiter antibakterieller Wirksamkeit. Die Broncho-Vaxom -Kur ist eine unterstützende Maßnahme in Form einer 30-tägigen Tabletteneinnahme, diese wird alle 3 Monate empfohlen. Zusammenfassend besteht im Rahmen des MDS sicher eine im Vergleich zur Normalbevölkerung vermehrte Infektneigung bei leichter bis mittelgradiger Immunsuppression. Maßnahmen wie konsequente Impfungen und frühzeitige Therapie von Infekt-Symptomen sind notwendig. Eine schwere Einschränkung des Immunsystems die die Gabe von antibiotischer Dauerprophylaxe erfordert, wie zum Beispiel in den ersten Monaten nach einer Stammzelltransplantation, liegt nicht vor.
d) Bestehen beim Beschwerdeführer erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten?
Es bestehen keine Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.
e) Bestehen beim Beschwerdeführer erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit?
Durch das MDS kommt es zu einer eingeschränkten Belastbarkeit, siehe Punkt a.
f) Bestehen beim Beschwerdeführer erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen?
Es ist eine depressive Anpassungsstörung beschrieben, welche zu einer weiteren subjektiven Verschlechterung der Belastbarkeit beitragen kann."
Den Verfahrensparteien wurde das Ergänzungsgutachten im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Die belangte Behörde schloss sich den Ausführungen der Sachverständigen vollinhaltlich an, vom Beschwerdeführer langte am 27.04.2018 eine ausführliche Stellungnahme ein.
Aufgrund seiner eingeschränkten Belastbarkeit sei das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke nicht zumutbar, dies sei bereits von der belangten Behörde bestätigt worden und habe sich seine Krankheit nicht gebessert. Die Fakten hätten sich nicht geändert und sei weiterhin die beantragte Zusatzeintragung einzutragen. Er müsse weiterhin jede Ansteckungsgefahr meiden. Er habe zwar keine Einschränkungen der unteren Extremitäten, jedoch Gewebeschmerzen am ganzen Körper. Die eingeschränkte Belastbarkeit sei an manchen Tagen so schlimm, dass ihm bereits eine sehr kurze Strecke von nur 20m zu viel wird und sein Gesamtzustand wirke sich auf die Psyche aus, wonach die Sachverständige auch eine depressive Anpassungsstörung zugestanden habe. Es gehe auch um eine nachträgliche finanzielle Verschlechterung und dürfen Entscheidungen nicht vom Gutachter abhängig unterschiedlich ausfallen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat seinen Wohnsitz im Inland. Er ist in Besitz eines Behindertenpasses. Den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" stellte er am 10.10.2017.
Er leidet an einer Anämie mit leichten bis mäßigen Auswirkungen (Leiden 1), einer Stoffwechselstörung (Leiden 2), einer depressiven Anpassungsstörung (Leiden 3) und einer Entleerungsstörung der Blase (Leiden 4). Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50%.
Das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport im Verkehrsmittel sind dem Beschwerdeführer möglich. Dem Beschwerdeführer ist es möglich eine Wegstrecke von 300-400m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne Unterbrechung zurückzulegen.
Der Beschwerdeführer ist nicht hochgradig sehbehindert, blind oder taubblind. Es besteht keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder der körperlichen Belastbarkeit.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person, zum Wohnort, zum Behindertenpass und zum Antrag ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und sind unstrittig.
Die Feststellungen zu den funktionellen Einschränkungen des Beschwerdeführers sowie zur Frage, wie sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, basieren auf dem von der belangten Behörde und dem vom erkennenden Gericht ergänzend eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. L. vom 25.11.2017 bzw. 16.03.2018. Im Ergänzungsgutachten ist zu den konkreten Fragen ausgeführt wie folgt: "[...] ist nichtsdestotrotz das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke in der Ebene meines Erachtens zumutbar [...] Die Verwendung von Behelfen für das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist nicht notwendig [...]".
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten der Dr. L., FA für Innere Medizin vom 16.03.2018 schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Der Beschwerdeführer bringt eine notwendige Vermeidung von Menschenansammlungen durch Hintanhaltung von Infekten vor. Die Sachverständige ist auch auf diesen Punkt ausführlich eingegangen und hat den vorgelegten ärztlichen Befund von Dr. G. ebenso miteinbezogen. Sie legte schlüssig dar, dass die Infektneigung bereits seit 2016 beschrieben ist, allerdings bei gleichbleibender Leukozyten- und Lymphozytenzahlen. Auch werden von keinen stationären Behandlungen berichtet. Eine gängige antibiotische Therapie ist notwendig und auch wirksam. So konnte Dr. L. nachvollziehbar darlegen, dass auch dieses Vorbringen nicht zu einer Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt. Zudem beschreibt sie, dass eine schwere Einschränkung des Immunsystems nicht vorliegt.
Die Frage wird von der Sachverständigen folgend beantwortet: "[...]
Die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens auch mit zu überwindenden Niveauunterschieden in ein öffentliches Verkehrsmittel ist nicht eingeschränkt, ebensowenig die sichere Beförderung im Stehen [...]" und nochmals darauf verwiesen, dass keine Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vorliegen. Die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vorgebrachte Gewebeschwäche wurde an dieser Stelle erstmals erwähnt und mit keinerlei medizinischen Unterlagen belegt. Diesfalls muss auch auf das in § 46 BBG normierte Neuerungsverbot hingewiesen werden, wonach neu Tatsachen und Beweismittel im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht vorgebracht werden dürfen.
Im angeführten Gutachten wurde von der Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde ausführlich eingegangen. Gegenteiliges wurde auch in der Beschwerdeschrift nicht aufgezeigt.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Im Gutachten wurden alle relevanten, vom Beschwerdeführer beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.
Die im Rahmen der Beschwerdeschrift erhobenen Einwände waren nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, zu entkräften. Neue fachärztliche Aspekte wurden nicht vorgebracht.
Auch war den Vorbringen und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.
Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Zum Unterbleiben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung in den Behindertenpass sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ergänzendes Sachverständigengutachten eingeholt und herangezogen. Wie bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens bzw. des Parteiengehörs wurde dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens jedoch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Es wurden keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Die vorgebrachten Argumente wurden in den eingeholten ärztlichen Stellungnahmen berücksichtigt. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, die im Übrigen auch nicht beantragt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
§ 45 Abs. 3 und 4 BBG lautet wie folgt:
"(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."
Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.
Die §§ 1, 17 und 58 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten wie folgt:
"§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt."
Zu A) - Abweisung der Beschwerde
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes in der geltenden Fassung lauten wie folgt:
"ABSCHNITT VI
BEHINDERTENPASS
§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen."
§ 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, lautet wie folgt:
"Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen."
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021, je mwN).
Bei Beurteilung der Frage, ob eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist, war vor allem auch zu prüfen, wie sich die beim Beschwerdeführer gegebene dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0242).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde in dem von der belangten Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten (ergänzenden) Sachverständigengutachten vom 25.11.2017 bzw. 16.03.2018 nachvollziehbar ausgeführt, dass im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2184145.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.09.2018