TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/25 W139 2189180-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W139 2189180-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20/5, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, reiste illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In seiner Erstbefragung am 14.11.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er aus der Provinz Ghazni, Jaghuri, stamme. Er sei verheiratet und habe zwei Söhne. Von Beruf sei er Taxifahrer gewesen. Zum Fluchtgrund führte er aus, er sei einmal beim Taxifahren von den Taliban angehalten und kontrolliert worden. Die Taliban hätten im Taxi Dokumente gefunden, ihn beschuldigt, dass die Dokumente ihm gehören würden, und ihn mit dem Tod bedroht.

3. Mit Schreiben vom 17.01.2017 übermittelte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der Erzdiözese Wien - Rektorat XXXX vom 24.08.2016, unterfertigt vom Generalsekretär der XXXX , XXXX , mit dem Inhalt, dass der Beschwerdeführer seit Dezember 2015 am Glaubensunterricht in der persisch-afghanischen katholischen Gemeinde der Erzdiözese Wien teilnehme und den Wunsch geäußert habe, sich katholisch taufen zu lassen. Dafür sei ein einjähriger Vorbereitungskurs vorgesehen. Die feierliche Aufnahme in den Katechumenat sei am 24.08.2016 erfolgt, die Taufe sei für Mitte 2017 geplant.

4. Der Beschwerdeführer übermittelte seinen Taufschein, ausgestellt am XXXX 2017 von der Erzdiözese Wien, Pfarre XXXX , unterfertigt von Pfarrer XXXX , woraus hervorgeht, dass die Taufe des Beschwerdeführers am XXXX 2017 stattfand.

5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 02.02.2018 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, er sei eines Tages beim Taxifahren von Taliban aufgehalten und kontrolliert worden. Sie hätten sein Auto durchsucht und den Militärausweis eines Fahrgastes sowie Schulbücher und Schuldokumente gefunden. Dann hätten sie den Beschwerdeführer verprügelt und ihm vorgeworfen, warum er Personen befördere, die für staatliche Organe beschäftigt seien. Die Taliban hätten ihn und seine Fahrgäste mitgenommen und den Beschwerdeführer sowie den Inhaber des Militärausweises eingesperrt. Sie hätten es geschafft, zu flüchten und seien zurück nach Ghazni gefahren. Der Beschwerdeführer habe sich mit seiner Frau und seinen Kindern zu seinem Schwiegervater begeben und sei dort einige Tage geblieben. Als der Beschwerdeführer erfahren habe, dass die Fahrgäste, die sich bei dem Vorfall mit ihm im Taxi befunden hätten, von den Taliban getötet worden seien, habe er Afghanistan verlassen.

Der Beschwerdeführer legte u.a. eine Tazkira, ein Sprachdiplom Deutsch Niveau A2, Empfehlungsschreiben sowie seine Zulassung zu den Sakramenten der Eingliederung, unterfertigt von Kardinal Christoph Schönborn, vor.

Weiters gab der Beschwerdeführer (VP) entscheidungswesentlich Folgendes an (LA = Leiter der Amtshandlung):

"[...]

LA: Möchten Sie zu den gemachten Angaben Ergänzungen machen?

VP: Es ist in der polizeilichen Erstbefragung festgehalten, dass ich Moslem bin. Jetzt bin ich jedoch zum Christentum konvertiert. Meine damalige Angabe war korrekt. Sonst möchte ich keine Angaben machen.

[...]

LA: Welcher Volksgruppe und welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie an?

VP: Ich gehöre der Volksgruppe der Hazara an und bin Moslem.

LA: Sind Sie nun bereits zum Christentum konvertiert, oder gehören Sie noch immer der muslimischen Glaubensgemeinschaft an?

VP: Ich bin bereits zum Christentum konvertiert.

LA: Wieso haben Sie zuvor angegeben, dass Sie Moslem sind?

VP: Weil ich erst im Nachhinein konvertiert bin.

LA: Wieso haben Sie zuvor angegeben, dass Sie Moslem sind?

VP: Da ich vorher über meine Volksgruppe gefragt worden bin und ich dachte, dass ich als Folge meiner Volksgruppe auch meine ursprüngliche Religionszugehörigkeit angeben muss.

LA: Welcher christlichen Richtung wollen Sie angehören?

VP: Katholisch.

LA: Welcher Glaubensgemeinschaft gehörten Sie zuvor an?

VP: Zuvor war ich schiitischer Moslem.

LA: Seit wann haben Sie den Gedanken, Ihre Glaubensrichtung zu wechseln?

VP: Seit ca. 2015.

LA: Wie lange nach Ihrer Einreise in Österreich hatten Sie zum ersten Mal den Gedanken, Ihre Glaubensrichtung zu wechseln?

VP: Ich habe das Christentum bereits in Griechenland kennen gelernt.

LA: Inwiefern haben Sie bereits in Griechenland diese kennengelernt?

VP: Als ich in Griechenland ankam, habe ich keine Unterkunft gehabt. Eine meiner Freunde kannte bereits eine Kirche. Wir haben dort vier Nächte etwas zum Essen bekommen. Jemand, welcher in der Kirche gearbeitet hatte, gab uns ein heiliges Buch zum Lesen. Ich habe das Buch bei mir gehabt und im Laufe der Zeit und am Weg hier her immer aus diesem Buch gelesen. Als ich hier her kam, kannte ich niemanden aus der Kirche. Ich hielt mich da in unserer Unterkunft auf. Ich las immer, wenn ich Zeit hatte, aus diesem Buch. Ein Freund von mir, welcher ebenfalls in dieser Unterkunft wohnt, hat wahrgenommen, dass ich aus diesem Buch lese. Er fragte, woher ich das Buch hatte; daraufhin antwortete ich, dass ich dies von Griechenland mitgenommen habe; er fragte mich, ob ich konvertiert bin und regelmäßig die Kirche besuche. Er sagte, dass er selbst eine Kirche besucht und wenn ich auch möchte, er mich dorthin mitnehmen würde und mich bekannt machen würde. Ich habe ihn begleitet. Wir sind in die "Canesius"- Kirche gegangen. Ich habe mich dann dort angemeldet.

LA: Welches heilige Buch zum Lesen haben Sie in Griechenland erhalten?

VP: Das war die Bibel.

LA: In welcher Schrift war die Bibel verfasst?

VP: In Farsi.

LA: Von wem haben Sie diese erhalten?

VP: Es war ein Grieche. Ich weiß es nicht. Nachgefragt gebe ich an, dass dies ein Diener der Kirche war.

LA: Waren Sie zuvor praktizierender Moslem?

VP: Nein.

LA: Sind Sie in Afghanistan in die Moschee gegangen?

VP: Nein.

LA: Wieso nicht?

VP: Ich hatte keine Zeit dafür gehabt. Ich hatte gearbeitet.

LA: Haben Sie in Afghanistan gebetet?

VP: Manchmal, ja.

LA: Also waren Sie praktizierender Moslem?

VP: Ja, aber nicht so sehr.

LA: Hatten Sie bereits in Afghanistan Gedanken, Ihre Glaubensgemeinschaft zu wechseln?

VP: Nein, in Afghanistan noch nicht.

LA: Wie haben Sie schließlich reagiert, als Sie die Bibel erhalten haben?

VP: Ich habe sie in meine Tasche hineingegeben.

LA: Wie waren Ihre Wahrnehmungen, als Sie die Bibel erhalten haben?

VP: Erst, als ich es geöffnet und gelesen habe, habe ich ein sehr friedliches Gefühl gehabt.

LA: Welche Wahrnehmungen hatten Sie, als Sie die Bibel erhalten haben?

VP: Ich habe die Bibel nicht einmal angeschaut. Erst am Weg, als ich es angefangen habe, zu lesen, hat es mich beruhigt.

LA: Welche Gefühle hatten Sie nun, als Sie die Bibel erhalten haben?

VP: Als ich das Buch erhalten habe, war es sehr beruhigend für mich.

LA: Inwiefern war es für Sie beruhigend?

VP: Als ich die Bibel bekommen habe, habe ich gesagt, dass ich an Jesus Christus glaube.

LA: In welchem Zusammenhang haben Sie dies gesagt? Sie haben zuvor erwähnt, dass Sie vor diesem "Vorfall" noch nicht darüber nachgedacht haben sollen?

VP: Ich hatte zuvor bereits Vorkenntnisse, aber noch nicht ausreichend genug Informationen. In Afghanistan bestand nicht die Möglichkeit, dass ich zum Christentum konvertier bzw. die Möglichkeit hatte, darüber zu recherchieren.

LA: Woher stammten Ihre Vorkenntnisse hinsichtlich der christlichen Religionsgemeinschaft?

VP: Ich habe mich ein wenig im Internet darüber informiert. Ich habe das, was ich aus dem Internet recherchiert habe, niedergeschrieben und immer wieder wiederholt und gelesen. Ich habe es nicht niedergeschrieben, sondern nur gelesen.

LA: Wann haben Sie sich im Internet darüber informiert?

VP: In Afghanistan, als ich noch in Ghazni war.

LA: Wie lange vor Ihrer Ausreise aus Afghanistan haben Sie sich zum ersten Mal mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt?

VP: Ca. ein Jahr, bevor ich das Land verließ.

LA: Was waren damals, als Sie noch in Afghanistan waren, Ihre Beweggründe, dass Sie sich im Internet über das Christentum informieren?

VP: Ich stöberte im Internet und das gelesene habe ich mit dem Islam verglichen. Was mir über das Christentum gut gefiel, habe ich mir gemerkt. Zum Beispiel stand: "Liebe deine Feinde".

LA: Was waren damals, als Sie noch in Afghanistan waren, Ihre Beweggründe, dass Sie sich im Internet über das Christentum informieren?

VP: Das war zufällig. Ich habe "gegoogelt" und plötzlich bin ich zu diesem Thema gelangt.

LA: Was haben Sie "gegoogelt"?

VP: Ich habe mir im Internet Filme angesehen und auch Musik angehört und zufällig bin ich zum Christentum gestoßen.

LA: Was waren schließlich nun Ihre Beweggründe, dass Sie sich über das Christentum informieren?

VP: Ich habe einmal einen Film gesucht und plötzlich kam ein Film über Jesus Christus, welchen ich mir angesehen habe.

LA: Haben Sie sich damals des Öfteren über das Christentum informiert?

VP: Nein, in Afghanistan tut man das nicht. Wenn du in Afghanistan jemandem das Interesse am Christentum mitteilst, wirst du getötet.

LA: Vorhin haben Sie sehr wohl erwähnt, dass Sie sich über das Christentum Informationen eingeholt haben!

VP: Man kann sich nicht in der Öffentlichkeit darüber erkundigen.

LA: Haben Sie sich damals des Öfteren über das Christentum informiert?

VP: Nicht sehr viel.

LA: Wie oft?

VP: Es war nicht sehr oft. Immer wenn ich von der Arbeit zurückkam und ich Zeit hatte, habe ich mich über das Christentum erkundigt.

LA: Wie oft haben Sie sich schließlich erkundigt?

VP: Innerhalb von vier Monaten habe ich mich darüber immer wieder erkundigt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mich zwei Mal im Monat ungefähr darüber informiert habe.

LA: Was meinen Sie mit "innerhalb vier Monate"?

VP: Acht Monate vor meiner Ausreise aus Afghanistan habe ich mich für vier Monate dafür befasst.

LA: Haben Sie sich bereits vor diesen acht Monaten mit dem Christentum befasst?

VP: Ja, ich habe einen Film von Jesus Christus gesehen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich diesen Film acht Monate vor meiner Ausreise aus Afghanistan gesehen habe.

LA: Haben Sie sich bereits bevor Sie diesen Film gesehen haben, mit dem Christentum befasst?

VP: Nein.

LA: Wie haben Sie sich innerhalb dieser vier Monate mit dem Christentum befasst?

VP: Ich habe mir nur diesen einen Film öfters angesehen. Sonst habe ich nicht über das Christentum recherchiert, bis zu dem Zeitpunkt, als ich in Griechenland das Buch bekommen und daraus gelesen habe.

LA: Wieso haben Sie sich den Film "öfters" angesehen?

VP: Ich wollte mich über das Christentum informieren.

LA: Aufgrund dessen haben Sie sich einen Film des Öfteren angesehen?

VP: Ich habe mir diesen Film nur fünf Mal angesehen.

LA: Warum haben Sie nach diesen vier Monaten nicht mehr über das Christentum informiert?

VP: Weil ich keinen Internet-Zugang mehr hatte und das Internet sehr teuer war.

LA: Wieso hatten Sie keinen Internet-Zugang mehr?

VP: Es war so, dass ich mir die Anwendung des Internets für einen bestimmten Zeitraum gekauft habe und danach war es mir zu teuer.

LA: Hatten Sie nun, nachdem Sie den besagten Film fünfmal gesehen haben, bereits Gedanken, dass Sie vom moslemischen Glauben abkehren?

VP: Ja, aber die Möglichkeit bestand nicht.

LA: Was war der ausschlaggebende Grund hinsichtlich Ihrer Konversion zum Christentum?

VP: Als ich das Buch gelesen habe, habe ich festgestellt, dass das Christentum der Glaube der Liebe, Vergebung und Freundschaft ist.

LA: Inwiefern identifizieren Sie sich nun mit der christlichen Glaubensrichtung? Wie praktizieren Sie Ihren Glauben?

VP: Ich nehme jeden Sonntag an unserer Messe teil. Unser Priester benachrichtigt uns durch eine SMS, an welchen Tagen ein Kurs in der Kirche stattfindet.

LA: Um welchen Kurs handelt es sich?

VP: Es wird aus der Bibel gelesen und wir haben dabei Dolmetscher.

LA: Wie ist ein Gottesdienst aufgebaut?

VP: Das weiß ich nicht, da meine Deutschkenntnisse dafür nicht ausreichen.

LA: Wird die Messe in Deutsch geführt?

VP: Ja.

LA: In welche Kirche gehen Sie?

VP: In die "Canesius"-Kirche

LA: Wie lange dauert ein Gottesdienst?

VP: Von 9:30 Uhr bis 10:30 Uhr oder 11:00 Uhr.

LA: Welches Lied ist Ihr Lieblingslied in der Messe?

VP: Ich kenne noch kein Lied.

LA: Was ist Ihr Lieblingsgebet?

VP: Das Vater Unser, das apostolische Glaubensbekenntnis und Maria¿s Gebet.

LA: Haben Sie jemandem aus Ihren Familienangehörigen von Ihrer neuen Glaubensgemeinschaft berichtet?

VP: Ich habe meinen Freunden hier in Österreich davon berichtet.

LA: Haben Sie jemandem aus Ihren Familienangehörigen von Ihrer neuen Glaubensgemeinschaft berichtet?

VP: Nein.

LA: Sind Sie verheiratet?

VP: Ja.

LA: Wieso haben Sie Ihrer Frau nicht von Ihrer Konversion zum Christentum berichtet?

VP: Zu Ihrem Schutz sage ich ihr dies nicht. Ich möchte ihr Leben nicht in Gefahr bringen.

LA: Inwiefern würden Sie das Leben Ihrer Frau gefährden, wenn Sie Ihr dies mitteilen würden?

VP: Da sie noch bei ihren Eltern lebt. Falls sie es ausplaudert, ist sie in Gefahr.

LA: Wann wollen Sie Ihrer Frau davon berichten?

VP: Wenn ich sie erst hier her nach Österreich hole.

LA: Was ist das nächste (wichtigste) Fest der Christen?

VP: Die Auferstehung.

LA: Wie bezeichnet man "die Auferstehung"?

VP: Ostern.

LA: Welche christlichen Feiertage kennen Sie?

VP: Weihnachten, welches man am 25. Dezember feiert; Pfingsten, welches man 50 Tage nach der Auferstehung feiert. Es gibt nur drei wichtige Feiertage.

LA: Kennen Sie sonst auch noch Feiertage?

VP: Silvester.

LA: Was feiert man zu Silvester?

VP: Das weiß ich nicht. Ich widergebe nur diesen Begriff, wie ich ihn gehört habe.

LA: Kennen Sie sonst auch noch Feiertage?

VP: Nein.

LA: Kennen Sie die Dreifaltigkeit?

VP: Ja.

LA: Was bedeutet das?

VP: Das der Herr in drei Gestalten erscheint. In die Gestalt des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

LA: Wie viele Sakramente gibt es?

VP: 7. Die Taufe, die Eucharistie, Krankensalbung, Eheschließung, Priesterweihe, Beichte, Firmung.

LA: Wie viele Aposteln gibt es?

VP: 12.

LA: Wurde Jesus getauft?

VP: Ja.

LA: Wo wurde Jesus getauft?

VP: In Jordanien.

LA: Von wem wurde Jesus getauft?

VP: Johannes.

[...]

LA: Welche Befürchtungen haben Sie für den Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Wenn ich zurückkehre, werde ich getötet.

LA: Wieso werden Sie getötet?

VP: Zum einen, da ich von den Taliban bedroht worden war und zweitens, weil ich jetzt zum Christentum konvertiert bin.

LA: Wieso haben Sie niemanden Ihrer Familienangehörigen, welche in Afghanistan leben, von Ihrer Konversion berichtet?

VP: Wenn ich es jetzt erzähle, werde ich meine Kinder und meine Ehefrau in Gefahr bringen.

LA: Wieso?

VP: Weil wenn jemand erfährt, dass ich Christ bin, diese meine Kinder töten werden.

LA: Wie soll jemand davon erfahren?

VP: Ich meinte, dass ich als Schutz meiner Familie dies ihnen nicht mitgeteilt habe.

LA: Wie soll jemand von Ihrer vorgebrachten Konversion erfahren?

VP: Wenn jemand in Afghanistan einen Tag nicht in die Moschee geht, dann heißt es, dass diese Person konvertiert ist.

[...]

VP: Ich habe gesagt, dass ich einen sehr guten und engen Kontakt zu meiner Vertrauensperson habe und ich auch viele Freunde hier habe. Ich kann auch nie in Kabul Fuß fassen und Leben. Sie wissen ganz genau, dass es dort ständig Explosionen gibt und unschuldige Menschen ums Leben kommen.

Es steht im heiligen Buch bereits geschrieben, dass man von dort, wo dein Leben in Gefahr ist und dir für dein Leben gedroht wird, ausreisen soll. Ich habe in meiner Sprache das Wort Gottes gelesen und mit meinem eigenen Ohr gehört und wahrgenommen. Ich habe mit meinem Mund und mit meinem Herzen zu diesem Glauben bekannt. Ich bin wahrlich zum Glauben an Jesus Christus gekommen."

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde sowohl den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch jenen auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde führte begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe eine christliche Konversion aus innerer Überzeugung nicht glaubhaft machen können und in seinem diesbezüglichen Vorbringen hätten sich gravierende Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben. Es handle sich beim Beschwerdeführer um eine Scheinkonversion und er sei auch persönlich unglaubwürdig. Auch sein sonstiges Vorbringen zu den Fluchtgründen im Zusammenhang mit den Taliban sei gänzlich unglaubhaft und seine Ausführungen vage, detailarm und unplausibel. Eine Rückkehr in seine Heimatprovinz sei zwar nicht zumutbar, er könnte jedoch in Kabul seinen Lebensunterhalt bestreiten, da er über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge und auch von seiner Frau und deren Familienangehörigen unterstützt werden könnte. Die Rückkehrentscheidung wurde mit einer zu Lasten des Beschwerdeführers ausgehenden Interessenabwägung nach Art 8 Abs 2 EMRK begründet.

7. Mit Schreiben vom 09.03.2018 erhob der Beschwerdeführer - fristgerecht - Beschwerde gegen den obgenannten Bescheid. Er beantragte die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, in eventu des subsidiär Schutzberechtigten, in eventu die Erteilung eines Aufenthaltstitels und die Aufhebung der Rückkehrentscheidung sowie des Ausspruches über die Zulässigkeit der Abschiebung, sowie eine mündliche Verhandlung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seinem Heimatland Interesse am Christentum gezeigt, in Griechenland mehr über diesen Glauben erfahren und schließlich in Österreich das Christentum als seine Religion angenommen. Er habe sich taufen lassen und besuche die heiligen Messen. Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan drohe dem Beschwerdeführer Gefahr aufgrund seiner Konversion. Weiters sei er von den Taliban bedroht, entführt, misshandelt und verfolgt worden. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei prekär.

8. Mit Schreiben vom 04.05.2018 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung ein und nahm darin nochmals Stellung zu seiner Konversion zum Christentum. Beigelegt wurde eine Bestätigung der Erzdiözese Wien - Rektorat XXXX vom 31.03.2018, worin ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer habe den Taufvorbereitungskurs besucht und sei am XXXX 2017 gefirmt und getauft worden. Der Beschwerdeführer komme weiterhin regelmäßig zu den Gottesdiensten der Gemeinde, wo er verschiedene liturgische Dienste übernehme. Weiters besuche er die deutschsprachige Sonntagsmesse. Der Beschwerdeführer habe sich ehrlich mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt und bemühe sich, sein Leben nach christlichen Grundsätzen zu führen.

9. Am 05.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari statt, bei welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern. In Ergänzung der bereits vorgelegten Unterlagen wurden weitere Dokumente vorgelegt (u.a. Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit, Empfehlungsschreiben).

Im Rahmen der Befragung bestätigte der Beschwerdeführer zunächst die bisherigen Angaben zu seiner Person und bekräftigte, bei den bisherigen Einvernahmen die Wahrheit gesagt zu haben, es habe jedoch bei der Protokollierung einige Fehler gegeben. Er habe die Dolmetscher gut verstanden, die Niederschriften seien ihm jedoch nicht Satz für Satz rückübersetzt worden.

Weiters gab der Beschwerdeführer (BF) entscheidungswesentlich Folgendes an (RI = erkennende Richterin, RV = Rechtsvertreter):

"[...]

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Sie haben bereits vor der Einvernahme vor dem BFA Unterlagen vorgelegt, wonach Sie seit Dezember 2015 am Glaubensunterreicht in der afghanischen kath. Gemeinde der Erzdiözese Wien teilnehmen würden, haben den Taufschein vom XXXX 2017 (Taufe am XXXX 2017) vorgelegt und wurden sodann vor dem BFA ausgeführt, zum Christentum konvertiert zu sein. Hierzu habe ich nun einige Fragen an Sie.

RI: Haben Sie Ihren ehemaligen Glauben praktiziert, sind Sie in die Moschee gegangen, haben Sie gebetet, haben Sie gefastet?

BF: Ich ging nur ab und zu in die Moschee. Ich war nicht so streng religiös.

RI: Welchen Grund gab es dafür, dass Sie sich als weniger streng religiös bezeichnen? Sind Sie nicht so konservativ aufgewachsen?

BF: Meine Eltern haben schon gebetet, aber mich haben sie nicht gezwungen. Ich hatte keine Zeit, ich musste arbeiten. An dem Tag, wo ich frei hatte, habe ich Zeit mit meiner Familie verbracht.

RI: Weshalb nicht regelmäßig?

BF: weil ich gearbeitet habe. Ich bin jeden Tag von 7 Uhr in der Früh bis 20 Uhr am Abend in der Arbeit gewesen.

RI: Können Sie mir jetzt ausführlich schildern, wann und warum Sie begonnen haben, sich mit dem christlichen Glauben auseinander zu setzen, sich darüber zu informieren?

BF: In Afghanistan habe ich einen Film über Christentum angeschaut. Ich habe mich dafür interessiert und als ich dann in Griechenland war, habe ich auch dann eine Bibel bekommen und gelesen und habe mich somit für das Christentum interessiert.

RI: Warum haben Sie sich bereits in Afghanistan dafür interessiert?

BF: In Afghanistan habe ich mir Musik bei Youtube angeschaut und zufällig habe ich auch diesen Film über Christus angeklickt. Als ich einen Teil des Filmes ansah, habe ich mich dafür interessiert und habe ihn weiter angesehen. Ich habe mich dafür dann interessiert. Ich bin zufällig auf diesen Film gestoßen.

RI: Können Sie sich an den Inhalt bzw. den Titel des Films erinnern, den Sie Ihren Angaben vor dem BFA zufolge fünf Mal gesehen haben? Worum ist es darin gegangen?

BF: Auf Farsi stand dort geschrieben "Ein Film über Jesus". Über das Leben von Jesus und dass er gesagt hat, dass man auch seine Feinde lieben soll. Das hat mir gut gefallen. Er hat Kranke geheilt. Er hat z. B. einen Blinden wieder sehend gemacht und einen Toten wieder lebendig. Dann habe ich in Griechenland auch die Bibel gelesen und diese Sachen standen auch in der Bibel. So habe ich mich dann mehr dafür interessiert. Es war ein Film in dem Schauspieler das Leben von Jesus nachgestellt haben.

RI: Haben Sie sich den Film außerhalb von Afghanistan jemals wieder angesehen?

BF: Nein, dann habe ich die Bibel gelesen.

RI: Wo in Griechenland haben Sie die Bibel bekommen und von wem?

BF: In Griechenland hatte ich keine Unterkunft. Deshalb wohnte ich in einem Park. Ein Freund von mir ist immer in die Kirche zum Essen gegangen, ich bin dann auch mitgegangen. Ein Mitarbeiter der Kirche hat mir dann auch die Bibel (in Farsi) gegeben.

RI: Welcher Glaubensrichtung gehört die Kirche in Österreich an, die Sie mit Ihrem Freund besucht haben? Wann sind Sie dorthin zum ersten Mal gegangen?

BF: Ich bin mit meinem Freund im Dezember 2015 in die Kirche namens XXXX , eine katholische Kirche, gegangen.

RI: Ist dies die Kirche, in der Sie auch getauft wurden?

BF: Ja, in dieser Kirche wurde ich auch getauft. Ich besuche immer noch diese Kirche und ab und zu besuche ich aber auch mit Fr. XXXX (bei der VH anwesend) auch eine andere Kirche. In diese Kirche gehe ich nur dann, wenn ich von Fr. XXXX eingeladen werde, sonst gehe ich immer in die XXXX -Kirche. In der XXXX -Kirche gibt es auch einen Farsi-sprachigen Gottesdienst und in der Kirche in die ich mit Fr. XXXX gehe, gibt es das allerdings nicht.

RI: Wie heißt der Freund, der mit Ihnen die Kirche besucht hat?

BF: Sahel Hosseini.

RI: Ist dieser Freund auch zum Christentum konvertiert?

BF: Ja.

RI: Haben Sie in Österreich auch noch andere Freunde, die zum Christentum konvertiert sind?

BF: Ja, es gibt viele in der Kirche.

RI: Wann haben Sie erstmals darüber ernsthaft nachgedacht, den Glauben zu wechseln?

BF: Nachdem ich die Bibel gelesen habe. Das war schon in Griechenland. Ich wollte mir diesen Wunsch erfüllen, Gott hat mir dabei geholfen, jetzt bin ich getauft.

RI: Hat es irgendein Schlüsselerlebnis gegeben, weshalb Sie sich dem christlichen Glauben so zuwenden, dass Sie sich auch bereit erklärt haben, getauft zu werden; sohin den bisherigen Glauben aufgeben und den christlichen Glauben annehmen?

BF: Nachdem ich die Bibel gelesen habe, stellte ich fest, dass es viele Unterschiede zwischen Christentum und Islam gibt, daher beschloss ich, Christ zu werden.

RI: Welche Unterschiede meinen Sie damit konkret?

BF: Z.B. im Islam haben Frauen keine Werte und Rechte und im Christentum aber schon. Die muslimischen Männer schlagen ihre Frauen und im Islam darf ein Mann 5 Mal heiraten. Aber im Christentum ist es so, dass ein Mann für eine Frau bestimmt ist. Sie sollen zueinander bis zum Ende ihres Lebens treu sein und sich lieben. In Europa ist das so, dass z.B. 90 % von Einwohnern Europäern sind, vielleicht 10 % Ausländer, diese 10 % können ihren Glauben so ausleben wie in ihrem eigenen Land. Hier gibt es Religionsfreiheit. Aber in Afghanistan ist es so, dass ein Christ seinen Glauben nicht ausleben darf, er wird dann umgebracht. In einem islamischen Land dürfen die Christen keine Kirche bauen und auch nicht das heilige Buch lesen. Im Islam sind auch Frauen und Männer nicht gleichberechtigt, sondern die Männer haben mehr Rechte. Der Jesus hat sich für unsere Sünden geopfert und wurde dann gekreuzigt. Im Islam opfert man Schafe und Kühe usw.. Im Islam ist die Tötung und das Steinigen erlaubt, aber im Christentum nicht.

RI: Sie wissen sicher, wann Sie getauft wurden?

BF: Am XXXX 2017.

RI: Wer hat Sie getauft?

BF: Pater XXXX hat mich getauft.

RI: Hat sich seitdem in Ihrem Leben etwas geändert?

BF: Ja, ich fühle mich jetzt beruhigt und ich habe jetzt ein ewiges Leben. Ich habe jetzt Liebe gelernt, was Liebe ist, Menschen zu lieben.

RI: Was bedeutet das für Sie, ein christliches Leben zu führen? Wie äußert sich das bei Ihnen persönlich?

BF: Wenn man getauft wird, ist das so, dass man wie neu geboren ist. Es ist wie ein neues Leben für mich. Meine Sünden wurden vergeben. Jesus sagt, so wie ich die Menschen geliebt habe, sollen die Menschen auch einander lieben. Er sagt, wir sollen das tun, damit die Welt weiß, dass wir Anhänger von Jesus sind. Ich möchte so leben.

RI: Sie haben gesagt, Ihre Frau haben Sie unterdessen informiert, dass sie den Glauben gewechselt haben. Wie war die Reaktion auch von der Familie der Frau? Ist Ihnen da etwas bekannt darüber?

BF: Als ich meiner Frau darüber erzählt habe, hatte sie einen Schock. Wir haben am Abend telefoniert, dann sagte sie, ich soll in der Früh wieder anrufen. Am nächsten Tag habe ich ihr am Telefon alles erzählt. Ich habe ihr gesagt, dass ich über diese Religion recherchiert habe und dann zu dem Punkt gekommen bin, dass ich meine Religion wechsle. Am Ende sagte sie mir, dass ich dann selbst weiß, was ich tue. Sie hat damit kein Problem. Dann sagte sie mir auch, dass sie mit mir zusammenleben will und ihre Kinder nicht verlieren möchte. Sie sagte auch, dass wir in Zukunft gute Eltern für unsere Kinder sein sollen.

RI: Weiß noch jemand anderer der Familie der Frau oder Ihre Familie über Ihre Konversion Bescheid?

BF: Nein, ich habe meine Frau gebeten, niemandem darüber zu erzählen.

RI: Erzählen Sie mir bitte von Ihrer Taufvorbereitung, wie lange hat diese gedauert?

BF: Ich lerne immer noch in der Kirche. Vom Dezember 2015 bis zu meiner Taufe wurde ich unterrichtet, aber auch jetzt lernen wir weiter. Samstag haben wir dort auch einen Dolmetscher. Es wird uns dann alles übersetzt.

RI: Wie oft haben Sie die Kirche besucht bzw. wie oft besuchen Sie die Kirche derzeit? Nehmen Sie da an Gottesdiensten teil?

BF: Ich gehe immer sonntags in die Kirche.

RI: Wann waren Sie zuletzt bei einem Gottesdienst und wo?

BF: Ja, letzten Sonntag in der XXXX -Kirche.

RI: Ich habe das Schreiben vorliegend von Herrn Dr. Kraljic, in dem auch erwähnt wird, dass Sie verschiedene liturgische Dienste in der Kirche unternehmen. Was machen Sie da genau?

BF: Wenn es ein Fest gibt, dann helfe ich mit. Normal gehe ich dann zum Gottesdienst oder zum Lernen.

RI: Wenn Sie sagen Sie helfen mit, schildern Sie mir genauer was Sie machen.

BF: Ich verteile das Essen oder Tee. Bei Reinigung und solchen Sachen helfe ich.

RI: Machen Sie das in der XXXX -Kirche oder auch in Ihrer Wohnpfarre?

BF: Auch dort. Ja, ich helfe in beiden Kirchen. Bei einem Fest oder so helfe ich auch dort in der Kirche aus.

RI: Haben Sie noch Kontakt zu Afghanen, die keine Christen sind?

BF: Ja, wir leben zu sechst in einem Zimmer, nur ich bin darunter ein Christ, die anderen sind Moslems.

RI: Wissen die Afghanen, dass Sie Christ sind?

BF: Nein, sie wissen es nicht.

RI: Wie meinen Sie, würden sie reagieren, wenn sie davon wissen würden?

BF: Sie wären sicher dagegen und würden mich vielleicht als "Kafer" bezeichnen.

RI: Würden Sie diesen Glauben auch nicht mehr ablegen, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: Ja, ich werde immer ein Christ bleiben, aber im Falle einer Rückkehr kann ich dann meine Religion dort nicht so ausleben, wie ich es möchte.

RI: Angenommen, Sie müssten nach Afghanistan zurückkehren, was wäre Ihre Sorge, Ihre Angst, welche Verfolgung befürchten Sie?

BF: Ich habe Angst, umgebracht zu werden. Wenn die Leute dort erfahren, dass ich Christ geworden bin, werde ich umgebracht.

RI: Wenn Sie sagen, Sie möchten die Religion so ausleben, wie Sie möchten, wäre es eine Möglichkeit für Sie, dennoch Ihren Glauben geheim zu halten?

BF: Wenn ich an islamischen religiösen Festen nicht teilnehme, dann erfahren die Menschen in Afghanistan, dass ich ein Christ geworden bin.

RI: Sie sind auch früher nicht regelmäßig in die Moschee gegangen und haben selbst ausgesagt, dass wenn jemand nicht in die Moschee geht, dann wird derjenige verdächtigt konvertiert zu sein. Ihnen ist aber früher auch deswegen in Afghanistan nichts geschehen. Weshalb sollte dies jetzt der Fall sein? Was wäre jetzt der Unterschied?

BF: Damals bin ich ab und zu schon in die Moschee gegangen und wenn ich das jetzt überhaupt nicht tue, würden die Leute es denken und auch selbst daraus schließen, dass ich nicht mehr Moslem bin. Wenn man dort an religiösen Festen nicht teilnimmt, dann bekommt man Probleme.

[...]

R gibt RV Gelegenheit, Fragen zu stellen und Anmerkungen zu machen.

RV: Welche christlichen Feiertage kennen Sie?

BF: Weihnachten, Ostern und Pfingsten, Christi Himmelfahrt, Maria Empfängnis, Fronleichnam und der Tag an dem Jesus getauft wurde.

RV: Haben Sie schon österreichische Freunde? Sind Sie ehrenamtlich tätig?

BF: Ja, ich habe viele österreichische Freunde. Mit einem spiele ich Volleyball. Mittwochs arbeite ich ehrenamtlich für die Caritas.

[...]

RI: Sie haben vor dem BFA ausgesagt auf die Frage ob Sie einen Feiertag kennen würden, dass Sie "Silvester" kennen würden. Was sagen Sie dazu? Können Sie mir das heute erklären?

BF: Ich habe mich damals geirrt, ich wollte etwas anderes sagen, ich habe das auf Deutsch gesagt, und dann ist mir Silvester herausgerutscht. Ich habe an den Advent gedacht und wollte Advent sagen.

RI: Wissen Sie, was im Advent passiert?

BF: Advent beginnt 4 Wochen vor Weihnachten."

XXXX , geb. XXXX , XXXX in der Erzdiözese Wien, wurde als Zeuge einvernommen und gab Folgendes an (Z = Zeuge):

"RI: Sie haben den Taufvorbereitungskurs abgehalten, an dem auch der BF teilgenommen hat. Können Sie mir bitte näher erzählen, wie Sie mit Herrn XXXX in Kontakt gekommen.

Z: Er ist seit Dezember 2015 bei uns in der Gemeinde. Wie er genau zu uns gekommen ist, weiß ich nicht mehr. Es kommen immer wieder neue Leute zu uns, die sich interessieren und viele von denen bleiben auch dabei. So ist auch Hr. XXXX zu uns gekommen.

RI: Hat dieser Kurs bereits im Dezember 2015 begonnen? Wie lange hat der Vorbereitungskurs gedauert und welchen Eindruck haben Sie im Zuge der Taufvorbereitung vom BF gewonnen? Wie hat er sich entwickelt?

Z: Wir haben ca. 14 tägig ein Gemeindetreffen das ich leite, dabei wird Katechese erteilt und es wird gebetet, wir lesen die Bibel und sprechen darüber, sodass man jederzeit einsteigen kann. Wenn jemand sagt, ja, er möchte sich taufen lassen, dann ist die Teilnahme von mind. einem Jahr an diesen Treffen erforderlich. Ich versuche, in einem Jahr die wichtigsten Themen des christlichen Glaubens vorzustellen und zu besprechen. Ich versuche das so zu machen, dass auch die die schon länger in dem Kurs sind, nicht immer das gleiche hören. Seit Dezember 2015 hat Hr. XXXX regelmäßig diesen Kurs besucht. Und er kommt auch heute noch in den Kurs. Ich spreche auf Deutsch mit meinen beiden iranischen Mitarbeitern wird das übersetzt und die führen auch Einzelgespräche mit den Teilnehmern. Wir hatten öfters kürzere Gespräche. Mein Eindruck war, dass ihm vor allem diese Botschaft der Nächstenliebe, der Feindesliebe sehr wichtig ist und dass das für ihn der eigentliche Zugang zum christlichen Glauben geworden ist.

RI: Wie hat sich für Sie die Entwicklung bzw. der Weg des Herrn XXXX hin zum Christentum dargestellt, sodass er ja schließlich auch getauft wurde?

Z: Für mich hat das sehr authentisch geklungen, dass er gesagt hat, wie er im christlichen Glauben Fundament gefunden hat für sein Leben und dass es ihm Sinn und Orientierung gibt.

RI: Aus dem Schreiben vom 31.03.2018, ist ersichtlich, dass er verschiedene liturgische Dienste übernimmt. Was stelle ich mir darunter vor?

Z: Das heißt, wenn jemand bei den Treffen eine Lesung übernimmt, eine Fürbitte vorbereitet oder die Gaben vorbereitet, dann hat er das übernommen.

RI: Sind Sie eventuell auch in Kenntnis über sonstige Tätigkeiten des BF in der Pfarrgemeinde?

Z: Ich weiß von meinen Mitarbeitern, dass er regelmäßig auch die Sonntagsmesse auf Deutsch besucht. Er kommt aber auch regelmäßig in die Gemeindetreffen in der XXXX -Kirche.

RI: Möchten Sie noch etwas Ergänzendes zu Ihrem Eindruck, den Sie vom BF haben, sagen?

Z: Ich glaube, dass er im Christentum einen Ort für sich gefunden hat und dass er wirklich als Christ leben möchte.

RI: Hatten Sie jemals den Eindruck, der BF würde sich nicht ernsthaft mit dem Christentum beschäftigen bzw. der BF habe den Glaubenswechsel nicht aus innerer Überzeugung vollzogen?

Z: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich eine derartige Situation erlebt hätte. Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass Hr. XXXX spätestens zum Zeitpunkt der Taufe von seiner Entscheidung zutiefst überzeugt war und ganz bewusst diesen Schritt gesetzt hat."

Das erkennende Gericht brachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in das Verfahren ein (aktualisierte Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, Stand 29.06.2018 und eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 01.06.2017 u.a. zur Situation von Rückkehrern aus Europa) und verwies auf eine ACCORD-Anfragebeantwortung vom 01.07.2017 zur Situation von 1) vom Islam abgefallenen Personen (Apostaten), 2) christlichen KonvertitInnen, 3) Personen, die Kritik am Islam äußern, 4) Personen, die sich nicht an die Regeln des Islam halten und 5) Rückkehrern aus Europa).

9. Im Strafregisterauszug der Republik Österreich vom 25.07.2018 - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheint keine Verurteilung auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Aufgrund des Asylantrags vom 13.11.2015, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch die belangte Behörde, der Beschwerde vom 09.03.2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX , der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX . Er ist Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Vor seiner Konversion zum Christentum war der Beschwerdeführer muslimischen Glaubens. Seine Muttersprache ist Dari, er spricht auch Deutsch und Englisch. Er wurde in der Stadt Ghazni geboren und hat dort auch bis zu seiner Ausreise gelebt. Seine Eltern sind bereits verstorben. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Seine Frau lebt mit den beiden Kindern in Ghazni und er hat zu ihr regelmäßig Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist bereits in Afghanistan mit dem Christentum in Berührung gekommen. Er hat, als er sich noch in Ghazni befunden hat, im Internet einen Film über Jesus gefunden, diesen angesehen und dadurch wurde sein Interesse am Christentum geweckt. Als sich der Beschwerdeführer auf dem Fluchtweg in Griechenland aufgehalten hat, wurde er von einem Freund in eine dortige Kirche mitgenommen. Ein Mitarbeiter der Kirche hat dem Beschwerdeführer eine in Farsi verfasste Bibel gegeben und der Beschwerdeführer hat diese gelesen, wodurch sich sein Interesse am Christentum vertieft hat. Bereits damals hat er darüber nachgedacht, den Glauben zu wechseln. In Österreich ist der Beschwerdeführer im Dezember 2015 mit einem Freund, der zum Christentum konvertiert ist, in die XXXX kirche, eine katholische Kirche in Wien, gegangen und besucht seit Dezember 2015 den Glaubensunterricht in der XXXX katholischen Gemeinde der Erzdiözese Wien (Rektorat XXXX ). Er hat den Wunsch geäußert, sich taufen zu lassen und hat dafür einen Taufvorbereitungskurs besucht. Am XXXX 2017 wurde der Beschwerdeführer von Pfarrer XXXX in der XXXX kirche getauft. Nach wie vor besucht er dort regelmäßig sonntags den Gottesdienst. Überdies nimmt er dort weiterhin am Glaubensunterricht teil. Er verrichtet auch liturgische Dienste und hilft etwa bei der Vorbereitung von Festen mit. Ab und zu besucht er Gottesdienste in einer anderen Kirche. Der Beschwerdeführer hat österreichische Freunde, hat auch Freunde, die ebenfalls zum Christentum konvertiert sind und er betätigt sich ehrenamtlich. Der Beschwerdeführer hat seiner Frau von seiner Konversion zum Christentum erzählt, sie jedoch gebeten, darüber mit niemandem zu sprechen. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich gemeinsam in einem Zimmer mit anderen Afghanen, die keine Christen sind.

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer aus freier persönlicher Überzeugung vom islamischen Glauben zum Christentum konvertiert ist und dass dieser Schritt von Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit getragen ist. Es ist nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seinen christlichen Glauben verleugnen würde.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Es liegen keine Gründe vor, nach denen ein Ausschluss des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat. Solche Gründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

1.2.1 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Afghanistan (Gesamtaktualisierung am 29.06.2018; Auszüge)

1. Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

Bild kann nicht dargestellt werden

(Darstellung Staatendokumentation beruhend auf den INSO-Zahlen aus den Jahren 2015, 2016, 2017).

Im Vergleich folgt ein monatlicher Überblick der sicherheitsrelevanten Vorfälle für die Jahre 2016, 2017 und 2018 in Afghanistan (INSO o.D.)

Bild kann nicht dargestellt werden

(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO o.D.)

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

Bild kann nicht dargestellt werden (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UNGASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

Es folgt ein Jahresvergleich der sicherheitsrelevanten Vorfälle, die von der UN und der NGO INSO in den Jahren 2015, 2016 und 2017 registriert wurden:

Bild kann nicht dargestellt werden (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO (o.D.), UN GASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östliche Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

Bild kann nicht dargestellt werden

(Darstellung der Staatendokumentation)

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungsz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten