TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 W159 2145443-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W159 2145443-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2016, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gem. § 3 Abs. 1 AsylG idgF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gem. § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Somalia, gelangte am 06.08.2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 07.08.2015 stattgefundenen Erstbefragung durch das XXXX gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass er der Minderheit der Benadiri angehöre und dass er geflüchtet sei, weil die Al Shabaab neue Rekruten suche und Jugendliche zum Teil direkt aus den Häusern entführt worden seien. Sie hätten auch im Haus seiner Tante nach ihm gesucht und würden die Personen bei Ablehnung öffentlich hingerichtet. Er sei mehrmals gesucht worden und deswegen bei seiner Tante nicht mehr sicher gewesen, sodass er geflüchtet sei.

Nach Zulassung zum Asylverfahren erfolgte am 05.09.2016 eine inhaltliche Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg. Der Beschwerdeführer gab seinen Namen und sein Geburtsdatum an und dass er dieses von seinen Eltern wisse. Er sei verlobt, Moslem, Sunnit, und gehöre dem Clan Benadiri, Unterclan Bandabow an. Er habe sieben Jahre lang die Schule besucht. Mit seiner Familie habe er nunmehr keinen Kontakt mehr, da er keine Telefonnummer von ihr habe, ebenso wenig mit seiner Verlobten, und zwar seit seiner Ausreise. Er sei gesund und legte zwei Deutschkursbestätigungen sowie ein Unterstützungsschreiben einer Vertrauensperson vor. Er habe weder Reise- noch Identitätsdokumente. Seine Eltern und zwei Brüder würden nach wie vor im Heimatdorf leben. Die Schwester sei in Großbritannien aufhältig. Er habe aufgrund der Zugehörigkeit zum Bandabow-Clan schon seit seiner Kindheit immer Probleme gehabt. Dieser Minderheitenclan habe keine Rechte. Sie seien überall benachteiligt worden.

Seine Eltern hätten einen Bauernhof gehabt und Gemüse angebaut. Es sei einmal ein Mann namens XXXX gekommen und habe den Bauernhof zu einem sehr niedrigen Preis kaufen wollen. Sein Vater habe nicht verkaufen wollen. Er sei dann geschlagen worden und zu Boden gefallen. Daraufhin habe er mit dem Sohn dieses Mannes gekämpft und sei auf das heiße Essen, das seine Mutter gekocht habe, gefallen. Deswegen habe er Verbrennungen. Sein Vater habe durch diesen Vorfall Brüche beider Beine und Kopfverletzungen erlitten. In der Folge seien sie dann zu seiner Tante gezogen und habe er angefangen zu arbeiten. Er habe Hilfsarbeiten am Bauernhof verrichtet. Er habe aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit ständig Probleme gehabt und von der Polizei keine Hilfe erhalten.

Der zweite Vorfall, weswegen er geflüchtet sei, betreffe die Al Shabaab Milizen. Sie haben versucht, möglichst viele junge Männer aus dem Dorf zu rekrutieren, insbesondere Angehörige von Minderheiten-Clans. Er sei auch aufgefordert worden, mitzukämpfen, und zwar im Juli 2014. Das sei bei der Hütte seiner Tante gewesen. Sie hätten ihn dort gefunden und mitgenommen. Er sei zu einem offenen Platz gebracht worden, wo sie ihnen gesagt hätten, dass sie am Krieg teilnehmen müssten und gegen die Ungläubigen kämpfen müssten. Diejenigen, die nicht teilnehmen würden, würden erschossen werden. Das erste Mal sei er nur verwarnt worden. Dann habe er eingewilligt. Er habe sich noch zwei Tage bei den Al Shabaab Milizen aufgehalten, dann habe es aber Kämpfe zwischen der Al Shabaab und der AMISOM sowie der somalischen Regierung gegeben und das sei die Chance zur Flucht gewesen. Er sei dann zum Haus seiner Tante geflohen, von dort zu deren Schwager. Am nächsten Tag sei er dann ausgereist. Er sei insgesamt nur einmal von der Al Shabaab bedroht bzw. zwangsrekrutiert worden. Von seiner Familie sei niemand bedroht worden. Seine Brüder seien noch jünger und sein Vater sei schwer verletzt. Die Tante habe dann die Ausreise organisiert. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland würde er sterben. Er könnte nirgends in Somalia mehr leben. Er würde dort den Tod erwarten. Außerdem hätten sie ihren Bauernhof verloren. Der Habar Gedir Clan, einer der starken Clans in Somalia, habe ihren Bauernhof übernommen. Er sei Mitglied bei einem Fußballverein in XXXX und habe auch schon Nachbarschaftshilfe gemacht. Die meiste Zeit verbringe er beim Deutschkurs. Derzeit lebe er von der Grundversorgung.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg vom 30.12.2016, Zahl XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und unter Spruchteil III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.12.2017 erteilt.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Somalia getroffen. Beweiswürdigend wurde in der Folge ausgeführt, dass die Angaben zu den Fluchtgründen vage und lebensfremd geblieben seien und genauer Details entbehren würden. Es handle sich bei dem Beschwerdeführer auch um keine High-Profile-Person. Die Nachvollziehbarkeit des Vorbringens sei ihm nicht gelungen, sodass das Vorbringen als insgesamt als unglaubwürdig zu bezeichnen sei. Rechtlich begründend wurde zu Spruchpunkt I. insbesondere dargelegt, dass der vorgebrachte Sachverhalt bezüglich der behaupteten Verfolgung in seiner Gesamtheit nicht als glaubhaft zu beurteilen gewesen sei, womit ein asylrelevanter Sachverhalt nicht habe festgestellt werden können und dass daher der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Gewährung von Asyl abzuweisen gewesen sei. Zu Spruchteil II. jedoch wurde ausgeführt, dass die Behörde von einer realen Gefahr einer Bedrohung im Sinne des § 50 FPG ausgehe, zumal die Sicherheitslage in Süd-/Zentralsomalia nach wie vor äußerst kritisch und volatil sei und für ihn die Gefahr bestehe, in bedrohliche Lebenssituationen zu geraten. Deswegen sei auch eine befristete Aufenthaltsberechtigung auszusprechen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller unter Anschluss einer Vollmacht an die ARGE-Rechtsberatung durch diese gegen Spruchpunkt I. Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In dieser wurde nach kursorischer Darstellung des bisherigen Vorbringens insbesondere vorgebracht, dass ein mangelndes Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Zugehörigkeit zu dem erwähnten Minderheitsclan bestehe und auch eine mangelhafte Befragung. Die Behörde habe nicht ermittelt, was dem Beschwerdeführer wegen seiner Clanzugehörigkeit und als Deserteur der Al Shabaab konkret drohen würde und würden dem Bescheid auch Länderfeststellungen hinsichtlich der Zugehörigkeit zur Minderheit der Bandabow und zu den Methoden der Al Shabaab hinsichtlich Zwangsrekrutierung fehlen. Auch die Beweiswürdigung sei sehr mangelhaft gewesen. Der Beschwerdeführer habe sein Vorbringen detailliert und lebensnahe gestaltet und hätte die Behörde die Pflicht gehabt, wenn sie an den Aussagen des Beschwerdeführers zweifle, ihn diesbezüglich näher zu befragen, wozu dieser in der Lage gewesen wäre. Die Beweiswürdigung sei nicht nachvollziehbar und habe sich nicht einmal mit den eigenen Länderfeststellungen auseinandergesetzt. Im vorliegenden Fall sei die Verfolgung durch die Al Shabaab-Milizen, da diese in der Heimatregion des Beschwerdeführers die Herrschaft ausübe, als staatliche Verfolgung zu qualifizieren und würde auf den Beschwerdeführer die Definition des Flüchtlings zutreffen. Er sei als möglicher Deserteur Gegner der Al Shabaab, weil er sich geweigert habe, dieser zu beizutreten, einem hohen Verfolgungsrisiko ausgesetzt und eröffne sich ihm auch keine inländische Fluchtalternative. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde begründend beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 19.06.2018 an, zu der sich die belangte Behörde wegen Nichtteilnahme entschuldigen ließ. Der Beschwerdeführer erschien in Begleitung eines Mitarbeiters der XXXX . Dieser legt einen Arbeiterdienstvertrag mit der Firma XXXX samt Anmeldung zur Sozialversicherung, eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs sowie ein Unterstützungsschreiben der XXXX vor.

Der Beschwerdeführer blieb bei seinen Aussagen und hielt die Beschwerde aufrecht. Er wollte korrigieren, dass er wohl aus XXXX stamme, aber im Dorf XXXX , 20 km südlich von XXXX gewohnt habe und dass sein Clan Bandabow heiße.

Er ist ein somalischer Staatsangehöriger, besitze aber keine Dokumente. Weiters sei er Moslem, Sunnit und gehöre dem Großclan Benadiri und dem Subclan Bandabow an. Auch seinen Subsubclan nannte er. Befragt nach einem Über- bzw. Hauptclan gab er an, dass dies glaublich Reer Hamar oder Shanshi wäre. Sie seien ein Minderheitenstamm und hätten keinen Ort, wo sie die Mehrheit darstellen würden. Sie seien auch nicht bewaffnet und würden keine guten Arbeitsstellen bekommen, sondern dürften nur in bestimmten Berufen, zum Beispiel Schneiderei, arbeiten. Der Bandabow-Clan siedle zum Beispiel dort, wo er herkomme. Mache würden auch in der Nähe von Mogadischu leben. Man sage, dass sie ursprünglich aus dem Jemen oder anderen arabischen Ländern stammen würden und nicht aus Somalia. Gefragt, ob er aufgrund seiner Clanzugehörigkeit in Somalia benachteiligt worden sei, gab er an, dass er auf dem Rücken Verbrennungen habe, die auf seine Volksgruppenzugehörigkeit zurückzuführen wären.

Er sei am XXXX in XXXX geboren. Er habe aber keine Geburtsurkunde, sondern habe dies nur von seiner Familie erfahren. Es gebe dort keine Spitäler, wo die Geburten registriert würden. Die Stadt XXXX liege in der Provinz Shabella-Hoose und zwar ca. 90 km von Mogadischu entfernt. Gefragt nach einer anderen größeren Stadt gab er an, dass er nur XXXX und XXXX kenne. XXXX sei die größte Stadt in der Provinz Shabella-Hoose. XXXX habe zwischen 59.000 und 63.0000 Einwohner, genauer könne er dies nicht sagen. Es gebe dort keinen Fluss, sondern nur einen Kanal namens XXXX . Manche Leute würden diesen auch als Fluss bezeichnen. Der Fluss XXXX fließe durch die ganze Provinz. Es sei dort eher keine trockene Gegend. Es gebe viel Landwirtschaften und Ackerbau. Es würden Mango, Kokosnüsse, Sesam, Zwiebeln, Kartoffeln, Salat und andere Feldfrüchte angebaut.

Er habe sieben Jahre lang die Grundschule in XXXX besucht. Er wisse nicht, ob seine Eltern noch leben würden. Er habe nur eine einzige Schwester, mit der er noch in Kontakt stehe. Diese lebe aber in Großbritannien. Sie sei nach Äthiopien geflogen, um seine Familie zu suchen, habe sie aber nicht gefunden. Man habe ihr auch gesagt, dass der Ort, wo seine Eltern leben würden, sehr gefährlich sei. Daraufhin habe seine Schwester beschlossen, nach Großbritannien zurückzufahren. Er habe oft versucht, mit seiner Familie Kontakt aufzunehmen. Es sei ihm aber nicht gelungen. Es gebe in dieser Gegend auch kein Internet. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung (AS 35) zwei jüngere Brüder erwähnt habe, gab er an, dass diese gemeinsam mit seinen Eltern verschwunden wären. Gefragt, ob er in Somalia verheiratet sei, gab er an, dass es eine Art Verlobung gewesen sei. Er habe auch mit seiner Verlobten aber keinen Kontakt mehr. Er habe mit dieser auch nicht zusammengelebt.

Sie hätten in Somalia eine Landwirtschaft gehabt, von der sie gelebt hätten. Diese sei aber seinen Eltern weggenommen worden. Anschließend habe seine Tante väterlicherseits sie versorgt. Er habe zuerst in der elterlichen Landwirtschaft und dann in fremden Landwirtschaften gearbeitet. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung (AS 33) auch angegeben habe, dass er Kassier und Monteur gewesen sei, gab er an, dass dies stimme, denn seine Tante habe ein kleines Restaurant gehabt, wo er manchmal auch als Kassier gearbeitet habe. Nebenbei habe sie auch ein Transportunternehmen gehabt und habe er auch dort geholfen. Zum Beispiel habe er Möbel zusammengebaut. Sie hätten der Mittelschicht angehört. Politisch betätigt habe er sich nicht. Er sei sehr jung gewesen.

Gefragt, wie es dazu gekommen sei, dass die Familie ihre Landwirtschaft verloren habe, gab er an, dass sie ursprünglich Obst und Gemüse angebaut hätten und dass die Mutter die Erträge am Markt verkauft hätte. Eines Tages sei ein im Ort bekannter Mann namens XXXX mit seinen Kindern zu ihnen auf die Landwirtschaft gekommen und habe seinen Vater aufgefordert, diese ihm zu einem sehr niedrigen Preis zu verkaufen. Sein Vater habe sich geweigert. Am Abend sei dann XXXX mit vielen bewaffneten Leuten wiedergekommen und habe seinen Vater aufgefordert, aus dem Hause zu kommen. Sein Vater sei nach draußen gegangen. Sie hätten miteinander gesprochen, er habe aber nicht hören können, was. Dann habe er einen Schrei seines Vaters gehört. Er sei nach draußen gelaufen und habe gesehen, dass sein Vater auf dem Boden gelegen sei und dass die Männer im Kreis um ihn gestanden wären. Er sei dann zu seinem Vater gelaufen. Einer der Männer habe ihn gestoßen. Seine Mutter habe kurze Zeit zuvor gekocht und sei ein Topf mit heißem Wasser dort gestanden. Er sei auf diesen Topf gefallen. Davon habe er noch heute Narben auf seinem Rücken. Sein Vater sei von Schlägen durch Gewehrkolben bewusstlos geworden. Er sei auch verletzt gewesen. Anschließend seien die Männer weggegangen. XXXX habe zu seiner Mutter gesagt, sie sollten die Landwirtschaft in zwei Tagen verlassen. Da sie Angst gehabt hätten, seien sie dann zu ihrer Tante gegangen. Sein Vater habe sich nicht mehr getraut, Geld zu verlangen, weil sie Angehörige einer Minderheit wären. In Somalia gebe es keine wirkliche Regierung und auch keine AMISOM-Truppen. Sie hätten keine Stammesführer. Dieser Vorfall sei glaublich Anfang des Jahres 2014. Über Vorhalt, dass er beim BFA (AS 107) gesagt habe, dass dieser Vorfall im Juli 2014 gewesen sei, korrigierte er, dass dies einen anderen Vorfall mit der Al Shabaab betroffen hätte und dieser Vorfall sich Anfang 2014 ereignet habe. Er habe diesen Vorfall auch bei der Erstbefragung erwähnt und gesagt, dass er aus zwei Gründen Somalia verlassen habe. Er wisse aber nicht, ob das protokolliert worden sei. Sie wären dann zu ihrer Tante nach XXXX gegangen.

Gefragt, was er persönlich für Probleme mit der Al Shabaab gehabt habe, gab er an, dass die Al Shabaab bevorzugt Jugendliche aus Minderheitenstämmen versucht habe zu rekrutieren. Er habe auch viele Verwandte, die freiwillig zur Al Shabaab gegangen wären. Diese wären eines Tages zu ihm gekommen. Er sei damals im Haus seiner Tante gewesen. Sie hätten ihn gleich mitgenommen. Draußen in den drei Autos seien viele entführte Jugendliche gewesen. Unterwegs hätte man ihnen die Augen verbunden. Wie viele Al Shabaab Männer es insgesamt gewesen seien, die ihn entführt hätten, wisse er nicht. Zwei seiner Cousins seien ins Haus gekommen, aber es seien auch viele Al Shabaab-Männer neben den Autos gestanden. Sie hätten ihn nur aufgefordert, mitzukommen. Bevor er noch etwas sagen habe können, hätten sie ihn mit beiden Händen gepackt und ins Auto geschleift. Die Autos seien Pickups, die man in Somalia " XXXX " nenne. Die Al Shabaab-Leute seien mit AK 47-Gewehren bewaffnet gewesen. Sie hätten ihn in ein großes Lager gebracht. Es sei ein altes Militärlager gewesen. Rundherum habe es eine Mauer gegeben. Es seien auch mehrere Gebäude aus Stein dort gewesen. Manche hätten kein Dach gehabt, auch wo sie eingesperrt worden seien, habe es kein Dach gegeben. Es habe auch keine Einrichtungsgegenstände gegeben. Am Abend hätten sie einen kleinen Teppich bekommen, am Tag hätten sie ihnen diesen weggenommen. In diesem Raum seien 30 bis 40 Männer gewesen. Der Raum sei nur halb so groß gewesen wie der Verhandlungssaal. Am nächsten Tag sei er Anführer namens XXXX zu ihnen gekommen und habe sie aufgefordert, das Land zu verteidigen, weil Ungläubige dieses erobern hätten wollen und als sich einige sofort geweigert hätten, seien sie vor ihren Augen erschossen worden. Dann hätten sie Angst bekommen und zugesagt, dass sie sich der Al Shabaab anschließen würden. Sie hätten ihnen dann angekündigt, dass sie lernen würden, wie man am Krieg teilnehme. Am Abend seien sie wieder in das Zimmer gebracht worden. Am nächsten Tag habe es um 03:00 Uhr eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen der AMISOM sowie somalischen Truppen und der Al Shabaab gegeben. Sie hätten von weitem schon Schüsse gehört. Dann seien die Schüsse immer nähergekommen. Die Al Shabaab-Männer, die im Lager gewesen wären, seien dann in die Kämpfe verwickelt worden. Er habe den Kommandanten gehört, dass er befohlen habe, am Kampf teilzunehmen. Als er dann längere Zeit keine Stimmen mehr gehört habe, seien sie über die Begrenzungsmauer des Lagers geklettert und geflohen. Alle Gefangenen seien geflohen. Er sei dann zu Fuß zum Haus seiner Tante gegangen.

Vom Rechtsvertreter gefragt, ob er im alltäglichen Leben wegen seiner Clanzugehörigkeit Diskriminierung erfahren habe, gab er an, dass er in der Schule nicht mit den anderen Schülern zusammensitzen habe dürfen. Sein Lehrer habe ihn auch oft beschimpft, wenn er eine Frage gestellt habe. Wenn er in einer Prüfung gut abgeschnitten habe, habe er trotzdem keine gute Note erhalten. Auch die Schüler hätten ihn grundlos beschimpft. Er habe auch nicht mit anderen Kindern spielen dürfen und habe keine Freunde gehabt. Weiters gefragt, warum ausgerechnet er von der Al Shabaab rekrutiert worden sei, gab er an, dass diese bevorzugt Angehörige von Minderheitenstämmen, die keine Stammesführer hätten, rekrutieren würden. In größeren Stämme würde sich der Stammesführer für die Jugendlichen einsetzen. Es gebe auch viele, die der Al Shabaab freiwillig beigetreten wären. Aber sie, als Angehörige eines Minderheitenstammes, hätten sie mit Gewalt mitgenommen. In Somalia sage man: "Wenn einer von den Minderheitenstämmen sterbe, weine niemand."

Gefragt, ob er bei der Rückkehr nach Somalia von der Al Shabaab rekrutiert würde, gab er an, dass sie ihn nicht rekrutieren, sondern auf der Stelle töten würden, weil er entkommen sei. Außerdem seien seine Cousins noch immer Mitglied der Al Shabaab. Nachdem er aus dem Al Shabaab-Lager entkommen sei, sei er zum Haus seiner Tante gegangen. Sie habe ihn dann im Haus ihres Schwagers untergebracht. Dort habe er nur eine Nacht verbracht. Am nächsten Tag habe ihn dann ein Mann mitgenommen und nach Äthiopien gebracht. Von dort sei er dann über den Sudan und Libyen und über das Mittelmeer nach Italien gelangt. Seine Tante habe beschlossen, ihn wegzuschicken, weil auch sie Angst vor der Al Shabaab gehabt habe. Wenn er noch weiter in Somalia geblieben wäre, hätte ihn die Al Shabaab gefunden, egal, wo er sich versteckt hätte, weil auch seine Verwandten bei der Al Shabaab gewesen seien. Er habe noch eine Tante väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits, die nicht bei der Al Shabaab wäre. Er habe aber auch mit diesen keinen Kontakt. Seine Tante habe kein Telefon. Seine Schwester habe öfters versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen, es sei aber nicht gelungen. Die Schwester sei nach Äthiopien geflogen, weil sie geglaubt habe, dass sie dort Verwandte treffen würde, die über seine Familie informiert wären. Die meisten Somalier, die das Land verlassen würden, würden in Richtung Äthiopien fahren.

Er leide unter keinen gesundheitlichen oder psychischen Problemen, sondern sei gesund. Nunmehr arbeite er fünf Tage in der Woche bei der Firma XXXX als Lagerarbeiter. In der Freizeit spiele er mit anderen Somaliern Fußball. Der Bürgermeister von XXXX habe ihnen die Sporthalle zur Verfügung gestellt. Er selbst habe vom Bürgermeister den Schlüssel bekommen und stehe mit diesem in ständigem Kontakt. Die Firma XXXX sei eine Metallfirma, die in die ganze Welt exportiere. Sie würden die Ware verpacken und verschicken.

Gefragt, ob er eine Auseinandersetzung mit einem Landsmann namens XXXX gehabt habe, gab er an, dass dieser total betrunken sei und ihn beschimpft habe. Es sei dann zu einem Streit gekommen.

In einer Ehe oder Lebensgemeinschaft lebe er nicht. Er habe schon viele österreichische Freunde, eine Freundin noch nicht, aber vielleicht sei es bald soweit. Er habe einen B1-Kurs gemacht, dann habe er angefangen, zu arbeiten. Wegen der Arbeit habe er auch bisher die Prüfung nicht ablegen können. Er legte aber eine Kursbestätigung vor. Bei Vereinen oder Institutionen sei er nicht.

Wenn er nach Somalia zurückkehren würde, würde ihn die Al Shabaab, bei der zahlreiche Verwandte Mitglieder seien, überall in Somalia finden und fürchte er, dass er getötet würde. Ein weiteres Vorbringen habe er nicht.

Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, in dem keine Verurteilung aufscheine.

Am Schluss der Verhandlung wurden gemäß Abs. 3 AVG den Verfahrensparteien folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von drei Wochen eingeräumt:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia, aktualisiert am 03.05.2018

* Deutsches Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration, Minderheiten in Somalia vom Juli 2010, Seite 8-9

* Wikipedia XXXX

* Wikipedia deutsche Version Benadiriclan

* Wikipedia englische Version Benadiri people

* Immigration Refugee Board Canada Information on the Bandabow tribe

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte ausschließlich der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung Gebrauch: In dieser wurden vor allem Ausführungen zur Dürre und Nahrungsmittelknappheit in Somalia getätigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie folgt, festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Somalia und wurde am XXXX in XXXX in der Region Shabella-Hoose geboren. Er gehört dem Clan Benadiri, Subclan Bandabow an und hat die meiste Zeit in XXXX , einem Dorf, 20 km südlich von XXXX gelebt. Nach sieben Jahren Grundschule hat er zunächst in der elterlichen Landwirtschaft (Gemüse- und Obstanbau) mitgeholfen. Nachdem die Familie von dieser Landwirtschaft Anfang 2014 vertrieben wurde, arbeitete der Beschwerdeführer im Restaurant bzw. in der Transportfirma seiner Tante mit und auch auf anderen Landwirtschaften. Die Familie hatte keine wirtschaftlichen Probleme in Somalia. Der Beschwerdeführer hat sich politisch nicht betätigt. Im Zuge der Wegnahme der Landwirtschaft wurde sein Vater schwer verletzt und der Beschwerdeführer durch einen von seiner Mutter erwärmten Topf mit heißem Wasser, der im Zuge der Auseinandersetzung umfiel, verbrüht.

Im Juli 2014 wurde der Beschwerdeführer von Mitgliedern der Al Shabaab entführt und zwangsweise rekrutiert, wobei im Falle einer Weigerung die sofortige Tötung bevorgestanden wäre. Nach zwei Tagen kam es zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen der Al Shabaab, der AMISOM sowie somalischen Truppen und gelang es dem Beschwerdeführer (gemeinsam mit den anderen Gefangenen) im Zuge dieser Auseinandersetzung zu fliehen. Er kehrte zu seiner Tante väterlicherseits, wo er nach der Vertreibung von der Landwirtschaft mit seiner Familie lebte, zurück, versteckte sich einen Tag im Haus des Schwagers seiner Tante und reiste am folgenden Tag mit Schlepperhilfe nach Äthiopien aus, von wo er über den Sudan und Libyen schließlich über das Mittelmeer und Italien nach Österreich gelangte. Am 06.08.2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer subsidiärer Schutz zuerkannt.

Der Beschwerdeführer hat zu seinen Eltern und seinen zwei jüngeren Brüdern keinen Kontakt mehr. Möglicherweise sind diese nach Äthiopien geflohen. Kontakt besteht lediglich zu seiner Schwester in Großbritannien, die bereits vergeblich versucht hat, ihre Eltern und Geschwister in Äthiopien zu finden. Der Beschwerdeführer ist gesund. Er arbeitet Vollzeit bei der Firma Erne Fittings als Lagerarbeiter und spielt in seiner Freizeit Fußball. Er hat Deutschkurse bis zum Niveau B1 besucht, die B1-Prüfung jedoch wegen Arbeitsbeginn nicht absolviert. Der Beschwerdeführer führt kein Familienleben in Österreich, hat aber viele österreichische Freunde und ist unbescholten.

Zu Somalia wird Folgendes verfahrensbezogen festgestellt:

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

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(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a). In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

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(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

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(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

-

Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

-

Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

2. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM,

http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

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DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-viele-l%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

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EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

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EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

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NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraal-somalie-2017-def-zvb.pdf, Zugriff 10.1.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

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http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

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WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-update-mobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

3. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante Änderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollier

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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