TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 G313 2150452-1

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch

G313 2150452-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Serbien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf zehn (10) Monate herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gegen den BF ein Einreiseverbot nach § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG erlassen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.), und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 und 7 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

2. Gegen Spruchpunkt IV. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 17.03.2017 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist serbischer Staatsangehöriger und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist im Besitz eines serbischen biometrischen Reisepasses.

1.2. Der BF hat in Österreich keine Familienangehörigen. Diese halten sich in seinem Herkunftsstaat auf.

1.4. Der letzte Einreisestempel im Reisepass des BF war mit "28.10.2016" datiert. Demzufolge war der BF jedenfalls seit Ende Jänner 2017 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Der BF weist im Bundesgebiet keine Wohnsitzmeldung auf. Im Zuge von im Bundesgebiet am 15.02.2017 durchgeführten Personenkontrollen wurde der BF angehalten und wegen Überschreitung der ihm im Ausmaß von maximal 90 in 180 Tagen zustehenden visumsfreien Aufenthaltsdauer sein rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet festgestellt, woraufhin der BF vorläufig festgenommen, über seine Festnahmegründe informiert und im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA die vom BFA beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines auf die Dauer von 18 Monaten befristeten Einreiseverbotes verständigt. Der BF weist im Bundesgebiet keine Wohnsitzmeldung auf. Bei einer Wohnsitzerhebung im Zuge seiner Anhaltung konnte jedoch eine Unterkunftnahme des BF an einer bestimmten von Beamten der zuständigen Landespolizeidirektion erhobenen Adresse festgestellt werden.

1.5. Der BF hat in seinem Herkunftsstaat die Grundschule besucht und eine Ausbildung zum Elektrotechniker absolviert, einer legalen Erwerbstätigkeit in seinem Herkunftsstaat ist er jedoch nie nachgegangen.

1.6. Der BF ist im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten geblieben.

1.7. Er ist mittlerweile bereits am 13.04.2017 unter Inanspruchnahme von freiwilliger Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet ausgereist.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf dem diesbezüglich unbedenklichen Akteninhalt und den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen und diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen.

2.3. Aus dem vorgelegten Reisepass des BF ergab sich ein letzter mit 28.10.2016 datierter Einreisestempel (AS 22), weshalb bei der Festnahme des BF am XXXX wegen Ablaufs der ihm zustehenden visumsfreien Aufenthaltsdauer nur ein rechtswidriger Aufenthalt des BF festgestellt werden konnte (As 1).

2.4. Dass der BF im Bundesgebiet keine Meldung aufweist, ergab sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Bei einer Wohnsitzerhebung im Zuge der Anhaltung des BF vom 15.02.2017 konnte jedoch die Unterkunftnahme des BF an bestimmter Adresse festgestellt werden. Ob sich der BF nach einer Einreise in Österreich im Oktober 2016 tatsächlich, wie er in niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA am 16.02.2017 angab, ein Monat lang in Tschechien aufgehalten hat, konnte mangels Nachweises dafür nicht festgestellt werden, war jedoch wegen entscheidungsrelevanter Feststellbarkeit seiner Überschreitung des ihm zugestandenen visumsfreien Aufenthaltes im Schengenraum ohnehin ohne Belang.

2.5. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA am 16.02.2017 (AS 36) und den diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

2.6. In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der BF bereits zum Zeitpunkt der Festnahme "am darauffolgenden Montag" auszureisen beabsichtigt habe. Auch vor dem Hintergrund, dass der BF in Österreich von seinen Verwandten finanziell unterstützt worden sei, habe nicht von einer vom BF aufgrund von Mittellosigkeit ausgehenden Gefahr für die Öffentlichkeit ausgegangen werden können. Der BF gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 16.02.2017 an, mit glaublich ca. 400 Euro nach Österreich gereist und dann auch von seinen Eltern finanziell unterstützt worden zu sein. Bei der Wohnsitzerhebung im Zuge der Anhaltung des BF konnten jedoch umgerechnet nur etwa 0,80 Cent vorgefunden werden.

2.7. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF im Bundesgebiet ergab sich aus einer Einsichtnahme in das österreichische Strafregister. Die im kriminalpolizeilichen Aktenindex eingetragene Anzeige wegen eines vom BF im Bundesgebiet begangenen Diebstahls (AS 15) wurde offensichtlich (noch) nicht strafrechtlich bis zu einer strafrechtlichen Verurteilung weiterverfolgt.

2.8. Der BF wurde im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme des BF vor dem BFA am 16.02.2017 über die wegen illegalen Aufenthalts des BF behördlich gegen ihn beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines auf die Dauer von 18 Monaten befristeten Einreiseverbotes folgendermaßen verständigt:

"Im Anschluss an die Einvernahme wird Ihnen ein Ausreiseantrag ausgefolgt, den Sie bei der Grenzkontrolle am Flughafen oder bei der österreichischen Vertretung in Ihrem Heimatland abzugeben haben. Erst das Einlangen des von der Grenzkontrolle oder der österreichischen Vertretung bestätigten Ausreiseauftrages gilt als Nachweis Ihrer Ausreise. Die Dauer des gegen Sie verhängten Einreiseverbots beginnt erst mit Datum Ihrer nachweislichen Ausreise aus dem Schengenraum zu laufen.

(...).

Sie sind in Kenntnis davon, dass Ihr rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs. 1a FPG nach sich zieht. Ihre ha. Getätigten Angaben erheben Sie hiermit auch zu Ihrer Stellungnahme in diesem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion Wien, AFA 3 - Fremdenpolizei (...) und ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung. (...)."

Der BF gab nach diesem Vorhalt in niederschriftlicher Einvernahme am 16.02.2017 ausdrücklich an, nichts zur gegen ihn beabsichtigten aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeben zu wollen (AS 37). Noch am Tag der Ausfertigung des im Spruch angeführten Bescheides wurde seitens des BFA angeordnet, den BF aus seiner vorläufigen Anhaltung freizulassen, habe der BF doch glaubhaft vorgebracht, freiwillig aus dem Bundesgebiet ausreisen zu wollen (AS 74).

2.9. In niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA am 16.02.2017 gab der BF an, "hauptsächlich als Tourist" nach Österreich gekommen zu sein. Befragt, was der BF mit "hauptsächlich" meine, gab der BF an, er habe Freunde besuchen wollen. Zwischenzeitlich habe der BF versucht, Arbeit auf einer Baustelle zu bekommen, was ihm jedoch mangels erforderlicher Beschäftigungsbewilligung nicht gelungen sei.

Dem BF wurde daraufhin vorgehalten:

"Ist Ihnen bewusst, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne den notwendigen Aufenthalt illegal ist und allein schon die Absicht, eine illegale Erwerbstätigkeit aufnehmen zu wollen, Ihre Einreise ins Bundesgebiet illegal macht?"

Daraufhin bekräftigte der BF, er habe nicht illegal arbeiten, sondern eine Firma finden wollen, die den BF legal beschäftige.

In der Beschwerde gab der BF an, zu touristischen Zwecken in Österreich eingereist zu sein, um einen Freund zu besuchen "und sich danach zu erkundigen, wie man legal in Österreich Arbeit finden kann". Mit diesem Vorbringen hat der BF jedenfalls zugegeben, bereits bei seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet die Absicht auf Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet gehabt zu haben.

Fest steht, dass aus seinen Angaben in niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA, zwischenzeitlich vergeblich versucht zu haben, auf einer Baustelle in Österreich Arbeit zu bekommen, und aus seinem Beschwerdevorbringen, in Österreich nicht nur "zu touristischen Zwecken", sondern auch zur Erkundigung, wie man in Österreich legal Arbeit finden könne, eingereist zu sein, jedenfalls die Absicht des BF, sich längerfristig im Bundesgebiet aufhalten zu wollen, ersichtlich ist, wobei es dem BF offensichtlich nicht darauf ankam, auch tatsächlich, wie er (erst) nach Vorhalt einer als illegal zu qualifizierenden Einreise bei Absicht, im Bundesgebiet einer illegalen Erwerbstätigkeit nachzugehen, angab, er habe im Bundesgebiet nur legal arbeiten wollen. Ein Fehlverhalten des BF in Form einer tatsächlich von ihm im Bundesgebiet ausgeübten illegal nachgegangenen Erwerbstätigkeit war dem BF, wie aus der vorliegenden Aktenlage hervorgeht, jedenfalls nicht nachweisbar.

Davon, dass der BF, wie er im Zuge seiner vorläufigen Anhaltung und niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 16.02.2017 angab, tatsächlich vorgehabt hat, zum Zeitpunkt seiner Festnahme "am darauffolgenden Montag" wieder aus dem Bundesgebiet auszureisen, konnte die belangten Behörde bei Ausfertigung des im Spruch angeführten Bescheides noch am Tag der behördlichen Einvernahme des BF vom 16.02.2017 somit nicht ausgehen.

Da der Sachverhalt klar war, kann der belangten Behörde, die den im Spruch angeführten Bescheid samt gegenständlich angefochtenem Einreiseverbot noch am Tag der niederschriftlichen Einvernahme des BF vom 16.02.2017 ausgefertigt hat, nicht vorgeworfen werden, der behördlichen Entscheidung für hinreichende Ermittlungen nicht genügend Zeit eingeräumt zu haben.

2.10. Dass der BF mittlerweile bereits aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist ist, beruht auf einem Fremdenregisterauszug mit eingetragener freiwilliger Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet am 13.04.2017. Der zuvor laut einer Buchungsbestätigung vom 02.03.2017 für 08.03.2017 vorgesehene Rückflug (AS 86) in den Herkunftsstaat des BF erfolgte somit verspätet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) I.:

3.1. Zum Einreiseverbot:

3.1.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich Folgendes:

Mit gegenständlich angefochtenem Spruchpunkt IV. des im Spruch angeführten Bescheides des BFA wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 und 7 FPG idgF gegen den BF ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen. Die behördliche Entscheidung stützte sich inhaltlich jedoch nur auf § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG, mit der Begründung, der BF habe nicht genügend "Mittel zu seinem Unterhalt" nachweisen können.

Die belangte Behörde nahm in der im Spruch angeführten Entscheidung nicht auf eine im Bundesgebiet erfolgte Betretung des BF bei einer illegalen Beschäftigung Bezug, sondern gab nur an, dass aufgrund der persönlichen Verhältnisse des BF auch nicht davon auszugehen sei, dass es in absehbarer Zeit zu einer (im Bescheid offensichtlich versehentlich "keiner") Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation kommen könne, zumal der BF als illegal aufhältiger Fremder ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung auch keiner Beschäftigung nachgehen könne.

Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots ist nach § 53 Abs. 2 Satz 2 FPG das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot - ist jedenfalls das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen den BF war mangels nachgewiesener hinreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes jedenfalls notwendig, konnten doch beim BF bei einer Wohnsitzerhebung im Zuge der Anhaltung des BF keine Barmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes vorgefunden werden, und hat der BF - auch seinen eigenen Angaben zufolge - nichts unternommen, um sich auf legale Weise finanzielle Mittel beschaffen zu können, im Gegenteil, gab der BF, der im Bundesgebiet über keine behördliche Wohnsitzmeldung verfügt und sich dem Ergebnis einer Wohnsitzerhebung vom 15.02.2017 zufolge unangemeldet an der erhobenen Wohnadresse aufgehalten hat, doch sowohl in seiner Einvernahme vor dem BFA als auch in seiner Beschwerde zu, sich in Österreich nach Arbeit umgesehen zu haben, obwohl er keine dafür erforderliche arbeitsmarktrechtliche Beschäftigungsbewilligung besitze.

Davon, dass der BF tatsächlich, wie er in seiner Beschwerde angab, zum Zeitpunkt seiner Festnahme "am darauffolgenden Montag" wieder in sein Herkunftsland zurückkehren wollte, konnte die belangte Behörde somit vor allem wegen des dagegensprechenden Grundes, dass sich der BF im Bundesgebiet ohne arbeitsmarktrechtliche Beschäftigungsbewilligung nach Arbeit umgesehen und er damit offensichtlich einen längerfristigen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet beabsichtigt hat, nicht ausgehen.

Es war somit bei einem weiteren Verbleib des BF im Bundesgebiet jedenfalls von einer vom BF ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bzw. von einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft auszugehen, stellen doch die bei einer tatsächlich vom BF illegal ausgeübten Beschäftigung entstehenden Lohnsteuerabgaben und Sozialversicherungsbeiträge als finanzieller Schaden im Bundesgebiet an.

Dass der Antrag des BF auf freiwillige Rückkehrhilfe und die demnach freiwillige Ausreisebereitschaft des BF, wie der BF in seiner Beschwerde betonte, gegen eine vom BF im Bundesgebiet ausgehende Gefahr spreche, kann nicht angenommen werden, ist doch zu berücksichtigen, dass der BF hinsichtlich der von ihm beantragten freiwilligen Rückkehrhilfe nur der behördlichen Aufforderung in niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA gefolgt sei, wurde er doch im Zuge dieser Einvernahme am 16.02.2017 davon verständigt, dass sein Reisepass so lange einbehalten werde, bis der BF 1 der Behörde ein Bus- oder Flugticket vorlegen könne, und ist ebenso zu berücksichtigen, dass dem BF, wie ihm zuvor angekündigt, im Anschluss an die behördliche Einvernahme ein Ausreiseauftrag ausgefolgt wurde, den der BF bei der Grenzkontrolle am Flughafen oder bei der österreichischen Vertretung in seinem Herkunftsstaat abzugeben habe. Fest steht auch, dass auf die Buchungsbestätigung vom 02.03.2017 für eine zunächst für 08.03.2017 geplante Rückkehr des BF auf dem Luftweg eine tatsächliche Ausreise des BF erst am 17.04.2017 folgte.

Gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen.

Die Erlassung eines Einreiseverbotes war aufgrund nicht hinreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes aufgrund vom BF ausgehender Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG grundsätzlich gerechtfertigt.

Der Erlassung eines Einreiseverbotes entgegenstehende familiäre oder private Interessen waren aus dem gesamten Akteninhalt nicht ersichtlich, hat der BF doch keine Familienangehörige in Österreich und während seiner erst kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch keine berücksichtigungswürdigen privaten Bindungen im Bundesgebiet aufbauen können.

Mangels eines durch tatsächlich illegal ausgeübter Beschäftigung des BF besonders schädigenden Fehlverhaltens des BF im Bundesgebiet war die Einreiseverbotsdauer vom BFA jedoch als zu hoch ausgesprochen anzusehen und folglich von 18 Monaten auf die Dauer von zehn Monaten herabzusetzen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde spruchgemäß teilweise stattzugeben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Angemessenheit, Einreiseverbot, Herabsetzung, Lebensunterhalt,
Mittellosigkeit, öffentliche Ordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G313.2150452.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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