TE Vfgh Erkenntnis 1997/10/3 B737/96

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Veröffentlicht am 03.10.1997
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art83 Abs2
Wr BauO 1930 §6 Abs8
Wr BauO 1930 §134 Abs3
Wr BauO 1930 §134a

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung von Einwendungen der Beschwerdeführerin als Anrainerin (und Inhaberin einer gewerblichen Betriebsanlage) gegen die Errichtung einer Wohnhausanlage mangels Parteistellung

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Stadt Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen des Beschwerdevertreters die mit ATS 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 363 KG Breitenlee mit einem Grundstück in 1210 Wien, Breitenleer Straße 236. Auf diesem Grundstück besteht eine mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 26. Februar 1987 genehmigte gewerbliche Betriebsanlage. Diese besteht an der Front Breitenleer Straße aus Büro- und Unterkunftsräumen, einem daran anschließenden Werkstättenteil, einer Lagerhalle und einem Freilagerplatz. In der Lagerhalle und auf dem Freilagerplatz werden Baumaterialien (Holz, Gerüste, Baumaschinen, etc.) gelagert.

Die beteiligte Partei ist Eigentümerin der angrenzenden Liegenschaft EZ 38 KG Breitenlee mit Grundstücken in 1220 Wien, Breitenleer Straße 230-234. Sie hat für diese Grundstücke um die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit 8 Stiegen (100 Wohnungen und 1 Geschäftslokal) und einer Tiefgarage mit 101 Stellplätzen angesucht.

In der Bauverhandlung hat die beschwerdeführende Partei gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erhoben und diese wie folgt begründet: Sie sei ein Bauunternehmen und betreibe auf der ihr gehörenden Liegenschaft seit Jahren einen für ihre Betriebszwecke unerläßlichen Bauhof. Der Betrieb dieses Bauhofes sei mit einer nicht vermeidbaren Entwicklung von Emissionen (Lärm, Erschütterungen, Abgase) verbunden, die bereits in den frühen Morgenstunden durch das notwendige Warmlaufenlassen der Dieselmotoren (Lkw, Raupenfahrzeuge) und das Verladen von Baumaschinen, anderen Geräten und Material entstehen. Daraus ergäben sich unzumutbare, jedoch unvermeidbare Belästigungen für die neue Wohnnachbarschaft, wodurch die Wohnqualität der Wohnungen im geplanten Bauwerk - durch im gemischten Baugebiet gemäß §6 Abs8 der Bauordnung für Wien unzulässige Einwirkungen - leiden würde. Dazu werde auf die Auslegung des §6 Abs8 der BauO durch das Erkenntnis VfSlg. 12468/1990 verwiesen. Wegen der bereits jetzt bestehenden Emissionen des genehmigten Bauhofes müßte die beschwerdeführende Partei im Falle der Errichtung der Wohnbauten mit Auflagen der Gewerbebehörde zum Schutz der neuen Wohnnachbarschaft rechnen. Daraus ergebe sich im Sinne des zitierten Erkenntnisses die Berechtigung der vorliegenden Einwendungen.

Der Magistrat der Stadt Wien hat mit Bescheid vom 13. September 1995 der beteiligten Partei die Baubewilligung für die in Rede stehende Wohnhausanlage mit Tiefgarage erteilt und die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, die Einwendungen gegen die Errichtung der Wohnhausanlage, denen zufolge durch den Nachbarbetrieb unzulässige Belästigungen zu erwarten seien, hätten "abgewiesen" werden müssen, weil gemäß §6 Abs8 BauO im gemischten Baugebiet keine Gebäude oder Anlagen zulässig seien, die geeignet seien, unzumutbare Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen.

2. Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Partei Berufung erhoben. Mit Bescheid vom 15. Dezember 1995 hat die belangte Behörde diese Berufung mangels Parteistellung zurückgewiesen und dies damit begründet, daß die in der Berufung vorgebrachten Einwendungen - sie entsprechen jenen, die schon in der Bauverhandlung vorgebracht wurden (s. dazu oben) - nicht unter die in §134 a BauO erschöpfend aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu subsumieren seien.

3. Gegen diesen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher eine Rechtsverletzung infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die Bescheidaufhebung beantragt wird. Begründend wird dazu iw. ausgeführt:

"1) Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

§6 (8) BO für Wien sieht folgende Regelung vor:

'In gemischten Baugebieten dürfen keine Gebäude oder Anlagen errichtet werden, die geeignet sind, durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen.'

Im Anlaßfall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 28.09.1990, B1368/87-16 (= VfSlg. 12468/1990) hatte die dort belangte Behörde (Bauoberbehörde für Wien) angenommen, daß die wiedergegebene Bestimmung des §6 (8) der BO für Wien ausschließlich die Emissionswirkungen des Bauvorhabens, nicht aber Immissionen auf das Projekt zum Gegenstand habe, die von einem in der Nachbarschaft bereits bestehenden Betrieb ausgehen. Dieses strikt am Wortlaut haftende Gesetzesverständnis wurde vom Verfassungsgerichtshof nicht gebilligt, der dazu ausgeführt hat:

'Es ist nicht zweifelhaft, daß die in Rede stehende Vorschrift einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck bringt, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen will. Erfaßt man die Regelung nach diesem evidenten Zweck, so fehlt es an der sachlichen Rechtfertigung für die Annahme, daß eine vom Gesetz verpönte schwerwiegende Beeinträchtigung ausschließlich dann zu unterbinden ist, wenn die Quelle der Emissionen geschaffen werden soll, nicht hingegen in dem bloß durch die zeitliche Abfolge verschiedenen Fall, daß sie bereits besteht und erst durch die Errichtung von Wohnhäusern ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann. Diese Erwägungen gebieten es, §6 Abs8 der Bauordnung für Wien ausdehnend dahin auszulegen, daß er überdies ein Verbot im eben dargelegten Sinn enthält. Eine in dieser Richtung zielende Einwendung kann auch vom Inhaber eines Industriebetriebes als Nachbar i.S. des §134 Abs3 der Bauordnung für Wien erhoben werden, weil er mit Auflagen der Gewerbebehörde zum Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen rechnen muß.'

Die 1992 erfolgte Novellierung der Bauordnung für Wien (LBGl. 1992/34) ist als Reaktion des Landesgesetzgebers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu verstehen, wobei allerdings an dem schon vom Höchstgericht bemängelnden fehlenden Rechtsverständnis in Bezug auf §6 (8) der BO für Wien festgehalten wurde. Durch die Novelle wurde im §134 der BO für Wien festgehalten, daß den Eigentümern benachbarter Liegenschaften nur dann eine Parteistellung zukommt, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im §134 a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren.

Die Bestimmung des §134 a der BO für Wien wurde durch die Novelle 1992 neu eingefügt. Danach werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, unter anderem durch Bestimmungen begründet, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben.

Die restriktive Auslegung der Bestimmung nach §6 (8) der BO für Wien, wonach diese gesetzliche Regelung ausschließlich die Emissionswirkungen des Bauvorhabens, nicht aber Immissionen des Projektes zum Gegenstand haben soll, die von einem in der Nachbarschaft bereits bestehenden Betrieb ausgehen, findet in der einschränkenden Festlegung der subjektiv-öffentlichen Rechte der Eigentümer von Nachbarliegenschaften durch §134 a leg.cit. seine Fortsetzung.

Im Anlaßfall der oben zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 28.09.1990 wurde die restriktive Auslegung des §6 (8) der BO für Wien der Bauoberbehörde als verfehltes, nämlich sachlich nicht begründbares und daher gleichheitswidriges Verständnis der zitierten Gesetzesstelle vorgeworfen und vom Höchstgericht erkannt, daß durch den angefochtenen und auf diesem Gesetzesverständnis beruhenden Bescheid der Beschwerdeführer im Anlaßfall der Entscheidung vom 28.09.1990 im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden sei.

Gleiches hat in unserem Fall zu gelten. Wird §6 (8) der BO für Wien im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 28.09.1990 ausgelegt, so muß diese Auslegung auch die Bestimmung des §134 a lite des zitierten Gesetzes ergreifen. Wir haben aufgezeigt, daß die unvermeidbaren Emissionen, die von unserem behördlich genehmigten Gewerbebetrieb ausgehen, zu einer Beeinträchtigung der Wohnqualität der Bauten auf der Nachbarliegenschaft führen können, sodaß wir unter Umständen mit Auflagen der Gewerbebehörde zum Schutz der neuen Nachbarschaft gegen Immissionen rechnen müssen.

Das, was wir - sicher nicht ohne Grund - befürchten, ist jene Mentalität, die dazu führt, daß Personen zunächst unmittelbar an einer Autobahn gelegene und daher billige Grundstücke erwerben, dann dort Häuser errichten und schließlich fordern, daß die Beeinträchtigungen durch den Verkehrslärm durch aufwendige bauliche Maßnahmen hintangehalten werden.

Wir haben gewichtige Argumente gegen das Bauvorhaben vorgebracht. Dadurch, daß uns die Parteienstellung im Baubewilligungsverfahren versagt und unsere Berufung aus diesem Grunde als unzulässig zurückgewiesen wurde, sind wir in unserem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2) Rechtsverletzung wegen

Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes:

Nach §134 a lite der Bauordnung für Wien werden lediglich durch Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben, subjektiv-öffentliche Nachbarrechte begründet. Durch diese einschränkende Regelung wird der in der Bundesverfassung verankerte Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Die Bestimmung muß im Einklang mit der Regelung des §6 (8) der BO für Wien gesehen werden, die bei richtiger Auslegung des Gesetzes nicht bloß die Emissionswirkungen des Bauvorhabens, sondern auch Immissionen auf das Projekt zum Gegenstand hat, die von einem in der Nachbarschaft bestehenden Betrieb ausgehen. Es geht generell um die Sicherstellung der Qualität der Wohnverhältnisse. Diese wird nicht nur dann beeinträchtigt, wenn eine Quelle der Emissionen geschaffen werden soll, sondern auch in dem bloß durch die zeitliche Abfolge verschiedenen Fall, daß eine Quelle der Emissionen durch einen behördlich genehmigten Betrieb bereits besteht und erst durch die Errichtung von Wohnhäusern in der unmittelbaren Nachbarschaft ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann.

Wird die Bestimmung des §6 (8) der Bauordnung für Wien ausdehnend in jenem Sinn ausgelegt, wie dies der Verfassungsgerichtshof in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 28.09.1990 getan hat, dann ergibt sich daraus zwingend, daß durch die einschränkende Festlegung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte durch die Regelung des §134 a der Bauordnung für Wien ohne sachliche Differenzierung gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verstoßen wird.

Somit beruht der angefochtene Bescheid auf einem verfassungswidrigen Gesetz."

4. Die belangte Bauoberbehörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Begehren auf Abweisung der Beschwerde erstattet. Darin wird dem Beschwerdevorbringen iw. folgendes entgegengehalten:

"Nach dem Kommentar (Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage 1990) zu §8 AVG ist nach der übereinstimmenden Rechtsprechung von Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof die Frage, wer Parteistellung in dem jeweiligen Verwaltungsverfahren besitzt, auf Grund der materiellen Verwaltungsvorschrift (Gewerbeordnung usw.) zu beantworten. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung die tatsächliche Betroffenheit als für die Parteistellung nicht ausreichend beurteilt und dem einfachen Gesetzgeber hier eher weite verfassungsrechtliche Schranken gesetzt. Hiebei wird auf die Verfassungsgerichtshoferkenntnisse vom 11. März 1978, Slg. 8279, und vom 21. März 1986, Slg. 1048, verwiesen. Im Erkenntnis vom 11. März 1978 wird ausgeführt, daß abgesehen von Einzelfällen wie Art119a Abs9 B-VG (Parteistellung der Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren), die Verfassung keine Parteienrechte in einem bestimmten Verfahren bzw. in einem bestimmten Umfang garantiert. Aus dem rechtsstaatlichen Prinzip läßt sich eine bestimmte Ausgestaltung von Parteienrechten (hier Nachbarrechte) nicht ableiten. Im Erkenntnis vom 21. März 1986 hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, daß die beschränkte Parteistellung nach §7 Abs1 lita Salzburger Baupolizeigesetz nicht den Gleichheitssatz verletze, da der Gesetzgeber keine unsachliche Differenzierung vorgenommen habe.

Ohne einem allfälligen Gesetzprüfungsverfahren und der Stellungnahme des zuständigen Organes vorzugreifen, erscheint es für die belangte Behörde nicht erkennbar, warum der Beschwerdeführer eine unsachliche Differenzierung erkennen will, wenn nunmehr im Gesetz einheitlich geregelt wurde, daß der Nachbar nur mehr die Verletzung der in §134a BO taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen kann. In diesem Zusammenhang darf auf den Artikel von Wolfgang Hauer, 'Kann sich der Inhaber eines immissionsträchtigen Betriebes im Baubewilligungsverfahren gegen eine heranrückende Wohnbevölkerung wehren?' (ÖJZ 1995, 50. Jahrgang, Heft 10) hingewiesen werden, in dem unter anderem folgendes ausgeführt wird:

'Durch diese Rechtslage wurde sowohl in räumlicher Hinsicht als auch inhaltlich die Rechtsstellung der Nachbarn stark eingeschränkt. Wenn der §134a lite BO nun eine Auslegung ausschließt, daß ein Schutz für immissionsträchtige Betriebe gegeben ist, hat der Wiener Landesgesetzgeber damit dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit genommen, §6 Abs8 BO verfassungskonform im Sinne des Wiener Erkenntnisses auszulegen. Der Verfassungsgerichtshof könnte meines Erachtens nur die Bestimmung des §134a lite BO als verfassungswidrig aufheben, sollte er bei seiner Auffassung bleiben, daß der Schutz des Betriebsinhabers im aufgezeigten Sinn Gegenstand einer gesetzlichen Regelung sein muß, wenn der Wohnbevölkerung ein Schutz vor Immissionen gewährleistet wird; eine solche Regelung ist im Interesse eines wohlverstandenen Umweltschutzes - soll vorausschauende Raumordnung überhaupt einen Sinn haben - sachlich gerechtfertigt, also nicht gleichheitswidrig. Daß der Landesgesetzgeber das Ziel verfolgen darf, Wohngebiete von Betrieben freizuhalten, hat im übrigen auch der Verfassungsgerichtshof schon betont. Ich kann jedenfalls keine Verfassungswidrigkeit darin erblicken, daß in bestimmten Bereichen des Baulandes ein immissionsträchtiger Betrieb nicht errichtet bzw. erweitert werden darf bzw. ein bestehender Betrieb wegen der von ihm ausgehenden Immissionen weitere Beschränkungen auf sich nehmen muß oder tatsächlich abzusiedeln ist. Bestimmte Betriebe dürfen eben nur in den dafür vorgesehenen Widmungskategorien, etwa im Industriegebiet nach §6 Abs11 BO errichtet werden, in der die Errichtung von Wohnbauten unzulässig ist.'

Es erfolgte somit keine restriktive Auslegung des §6 Abs8 BO wie der Beschwerdeführer vermeint, sondern waren die Einwendungen diesbezüglich mangels Parteistellung nicht zu prüfen.

Weiters erlaubt sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1961, Zl. 1263/61, hinzuweisen, in dem ausgeführt wird, daß wirtschaftliche Interessen nur dann einen rechtlichen Schutz genießen, wenn dieser vom Gesetz ausdrücklich eingeräumt wird. Die vom nunmehrigen Beschwerdeführer in der Verhandlung und in der Berufungsschrift vorgebrachten Einwendungen beziehen sich unter anderen auf eine Verletzung seiner wirtschaftlichen Interessen. Diesbezüglich hat aber die Wiener Bauordnung keine Bestimmungen vorgesehen."

5. Auch die beteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie va. mit folgenden Argumenten für die Abweisung der Beschwerde eintritt:

"Zum Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit

1. Im Anlaßfall des von der Bf zitierten Erkenntnisses des VfGH, VfSlg 12468/1990, war die belangte Behörde von einem nach Ansicht des VfGH gleichheitswidrigen Verständnis des §6 Abs8 WBO ausgegangen. Die Baubehörde hatte im Anlaßverfahren des damaligen VfGH-Erkenntnisses angenommen, 'daß die wiedergegebene Bestimmung ausschließlich die Emissionswirkungen des Bauvorhabens, nicht aber Immissionen auf das Projekt zum Gegenstand hat, die von einem in der Nachbarschaft bestehenden Betrieb ausgehen.'

2. Aus dem angefochtenen Bescheid geht nicht hervor, daß die im gegenständlichen Verfahren belangte Behörde von dieser Ansicht ausginge. Es gibt keinen Hinweis, daß sie §6 Abs8 WBO nicht in der vom VfGH vorgeschlagenen Weise interpretiert. Sie macht sich somit keiner unsachlichen und damit auch keiner gleichheitswidigen Gesetzesvollziehung schuldig, weshalb der Vorwurf der Bf ins Leere geht.

Aus dem angefochtenen Bescheid geht nicht hervor, daß die belangte Behörde nunmehr nicht der Auffassung wäre, daß in gemischten Baugebieten keine Wohnbauten errichtet werden dürfen, wenn erst dadurch eine bereits vorhandene Quelle von Emissionen ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann.

Im gegebenen Fall scheint es allerdings keine Emissionsquelle von einer solchen Qualität zu geben, die der Behörde Anlaß zur Verweigerung einer Bewilligung für den heranrückenden Wohnbau bieten würde.

3. Daraus folgt weiters: Selbst wenn der Bf aufgrund der WBO Parteistellung zustünde, hätte die Behörde die Einwendungen mangels einer Beeinträchtigung der Bewohner des heranrückenden Neubaus abweisen müssen.

4. Mangels substantiellen Vorbringens zur Frage der Emissionen wäre die Bf auch präkludiert. In ihren Einwendungen hat sie bloß angeblich unvermeidbare Emissionen angesprochen, die durch Verladearbeiten und Motore hervorgerufen und eine unzumutbare Belästigung darstellen würden. Die Bf hat nicht konkretisiert, in welcher Lautstärke sich diese Emissionen bewegen und weshalb sie unzumutbar sein sollten. Unbeantwortet bleibt auch die Frage, ob die Bf gewerberechtlich berechtigt ist, im gemischten Baugebiet Emissionen zu erzeugen, die als unzumutbare Belästigungen empfunden werden könnten.

5. Gegenstand des hier bekämpften Bescheids ist nicht die behauptete Emission selbst, sondern ausschließlich die Frage der Parteistellung. Diese hängt nicht von der Auslegung der Bestimmung über die zulässigen Nutzungen der verschiedenen Widmungskategorien ab und wird dem Beschwerdeführer daher auch nicht zuteil, wenn - wie im gegebenen Fall - die Behörde verfassungskonform der Auslegung des §6 Abs8 WBO durch den VfGH folgt.

Im Erkenntnis VfSlg. 13210/1992 nahm der VfGH bei der Beurteilung, wer auf (dem §6 Abs8 WBO vergleichbaren) §23 Abs2 OÖ BauO gestützte Argumente einwenden dürfe, auf die Regelung der Parteistellung in §46 Abs1 OÖ BauO bezug: Da dieser bereits eine voraussichtliche Beeinträchtigung in subjektiven Rechten zur Begründung von Parteistellung als ausreichend vorsieht, konnte die mögliche Vorschreibung von Auflagen durch die Gewerbebehörde zur Begründung von Parteistellung herangezogen werden. Daraus lassen sich jedoch keine allgemeingültigen Aussagen betreffend die Gestaltung von Parteirechten im Bauverfahren ableiten.

In Anwendung der Vorschriften der WBO über die Parteistellung nach der Novelle hat sich die Behörde jedenfalls keiner gleichheitswidrigen Vollziehung schuldig gemacht.

6. Die Behörde hat §6 Abs8 WBO in der Auslegung des VfGH - unabhängig von der Frage der Parteistellung - von Amts wegen anzuwenden: Auch Geuder-Hauer kommentieren §6 WBO (Zulässige Nutzungen) in diesem Sinne: 'Der Schutz des Nachbarn vor Immissionen ist hier, insbesondere im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet, der Baubehörde anvertraut, die dieser Aufgabe durch Beiziehung von medizinischen und technischen Sachverständigen gerecht zu werden hat und diese Aufgabe nicht der Gewerbebehörde überantworten kann, wie dies in der Praxis nicht selten vorkommt' ... Für die Notwendigkeit der Wahrnehmung dieser Anliegen durch Nachbarn anstelle durch die Baubehörde gibt es keine Hinweise.

7. Daß nach Ansicht des Beschwerdeführers die ursprünglich restriktive Ansicht der Behörde zu §6 Abs8 WBO nunmehr ihre Fortsetzung in der neuen Bestimmung des §134a WBO fände, ist nicht nachvollziehbar: Die neue Bestimmung stammt nicht von der belangten Behörde, sondern vom Wiener Landesgesetzgeber, und die belangte Behörde hat den neuen §134a WBO zu vollziehen, wie immer sie §6 Abs8 WBO auszulegen hat. Die Bestimmung des §134a WBO läßt der Behörde im gegebenen Zusammenhang keinen Spielraum, die Parteistellung zugunsten von nicht im subjektiv-öffentlichen Recht betroffenen Nachbarn auszudehnen: Da der Bf in keinem der aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt ist, kommt ihm jedenfalls keine Parteistellung zu.

Damit das im §6 Abs8 WBO ausgedrückte Anliegen im Sinne des VfGH verwirklicht wird, dafür bedarf es nicht zwingend der Parteistellung des Betriebsinhabers.

Zur Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes

8. Der Beschwerdeführer führt zur Behauptung der Gleichheitswidrigkeit des §134a lite WBO ausschließlich den Grund ins Treffen, daß diese Bestimmung 'im Einklang mit der Regelung des §6 Abs8 der BO für Wien gesehen werden' müsse. Aus der vom VfGH vorgeschlagenen Interpretation des §6 Abs8 WBO ergebe sich zwingend, daß die Einschränkung der Nachbarrechte in der WBO durch §134a gegen das Gleichheitsgebot verstoße.

Diese Ansicht ist nicht zutreffend:

9. Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des VfGH VfSlg. 12468/1990 hatte nicht die Parteistellung der betroffenen Nachbarn zum Gegenstand. Auch in anderen Erkenntnissen des VfGH im Umfeld dieses Themenkreises, wie etwa VfSlg. 10703/1985, 12231/1989, 12468/1990, 12582/1990 und 13210/1992, werden keine Aussagen zur Parteistellung getroffen, die die Ansicht des Bf unterstützen würden. Der VfGH erkennt in VfSlg. 12468/1990 vielmehr, daß Bestimmungen über konfligierende Widmungen - vor allem von Betriebsgebieten und Wohngebieten - hinsichtlich des zu vermeidenden Heranrückens nicht bloß in eine Richtung interpretiert werden dürfen. Das Erkenntnis stellte darüber hinaus fest, daß dort, wo emittierende Betriebe als Nachbarn Parteistellung geltend machen können, sie sich auch auf solche Bestimmungen - wie etwa §6 Abs8 WBO - in der vom VfGH vorgeschlagenen Auslegung berufen können. Das Erkenntnis sagt nichts darüber, daß solchen Nachbarn umgekehrt deswegen stets Parteistellung zukommen müßte.

Auch das Erkenntnis VfSlg. 13210/1992 nimmt auf Parteistellung nur in der Form bezug, als am Gesetz (dort OÖ BauO) überprüft wird, ob der Bf Parteistellung hat, und nur wenn das bejaht werden kann, sich daran die Forderung schließt, daß er als Partei auf Basis dieser Vorschriften über die Parteistellung Einwendungen erheben darf, das allerdings nicht in bloß einer Richtung.

10. Wo Nachbarrechte insofern eingeschränkt sind, als nur solche Nachbarn Parteistellung haben, deren subjektiv-öffentliche Rechte in ihrer Gesamtheit - oder zumindest deren ausgewählte - verletzt sind, sind die Widmungsvorschriften zweifellos nicht anders auszulegen. Sie müssen von der Behörde beachtet und können von den (verbliebenen) Parteien geltend gemacht werden.

In Wien ist der Kreis der Parteien nunmehr aufgrund einer Entscheidung des Gesetzgebers kleiner geworden als in anderen Bundesländern, und der Bf kommt mangels Eingriff in abschließend aufgezählte Rechte keine Parteistellung mehr zu. Alleine das ist der Grund, warum die Bf §6 Abs8 WBO nicht einwenden darf. Die Auslegung der Bestimmung des §6 Abs8 WBO im Sinne des VfGH durch die Behörde kann der Bf auch keine Parteistellung verschaffen.

11. Soweit also das mehrfach zitierte Erkenntnis VfSlg. 12468/1990 für den jetzt anhängigen Fall überhaupt von Bedeutung ist, widersprechen die Bestimmungen der §§134 Abs3 und 134a WBO dem Tenor dieses Erkenntnisses nicht: Im Erkenntnis heißt es etwa: 'Es ist nicht zweifelhaft, daß die in Rede stehende Vorschrift (§6 Abs8 WBO) einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck bringt, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen will. Erfaßt man die Regelung nach diesem evidenten Zweck, so fehlte es an der sachlichen Rechtfertigung die Annahme, daß eine vom Gesetz verpönte schwerwiegende Beeinträchtigung ausschließlich dann zu unterbinden ist, wenn die Quelle der Emission geschaffen werden soll, nicht hingegen in dem bloß durch die zeitliche Abfolge verschiedenen Fall, daß sie bereits besteht und erst durch die Errichtung von Wohnhäusern ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann. Eine in diese Richtung zielende Einwendung kann (auch) vom Inhaber eines Industriebetriebes als Nachbar iS des §134 Abs3 der BauO f. Wien erhoben werden, weil er mit Auflagen der Gewerbebehörde ... zum Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen rechnen muß.'

12. Aus dem Grundsatz der Sicherstellung der Qualität der Wohnverhältnisse und der Beachtung auch schon existierender emittierender Betriebe und nicht bloß neu zu errichtender, bedarf es auf der Basis der bisherigen Judikatur des VfGH nicht zwingend der Parteistellung des bereits ansässigen Betriebsinhabers. Dem Grundsatz kann jedenfalls auch Rechnung getragen werden, wenn der Landesgesetzgeber den Inhabern solcher emittierenden Betriebsanlagen keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren einräumt.

Weder §134 Abs3 noch §134a WBO widersprechen daher dem Gleichheitssatz oder sind aus anderen Gründen verfassungswidrig."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. In seinem Erkenntnis VfSlg. 12468/1990, das einen Fall betraf, der mit dem hier vorliegenden (zu dem anzumerken ist, daß die Frage des zulässigen Bestandes der in Rede stehenden gewerblichen Betriebsanlage im Verwaltungsverfahren nicht releviert wurde) in allen maßgeblichen Belangen vergleichbar ist, hat der Verfassungsgerichtshof ua. folgendes ausgeführt:

"Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde ... als gerechtfertigt, weil der bel. Beh. ein in die Verfassungssphäre reichender Vollzugsfehler unterlaufen ist.

a) Die Baubehörde stützte ihre Entscheidung in meritorischer Hinsicht auf den (die zulässige Nutzung im Widmungsgebiet) betreffenden Abs8 des §6 der BauO f. Wien, der folgenden Wortlaut hat:

'(8) In gemischten Baugebieten dürfen keine Gebäude oder Anlagen errichtet werden, die geeignet sind, durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen.'

Anscheinend im Gegensatz zur Baubehörde erster Instanz nahm die Berufungsbehörde an, daß die wiedergegebene Bestimmung ausschließlich die Emissionswirkungen des Bauvorhabens, nicht aber Immissionen auf das Projekt zum Gegenstand hat, die von einem in der Nachbarschaft bestehenden Betrieb ausgehen. Dieses strikt am Wortlaut haftende Gesetzesverständnis kann der VfGH jedoch nicht billigen. Es ist nicht zweifelhaft, daß die in Rede stehende Vorschrift einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck bringt, der insbesondere die Qualität der Wohnverhältnisse sicherstellen will. Erfaßt man die Regelung nach diesem evidenten Zweck, so fehlte es an der sachlichen Rechtfertigung für die Annahme, daß eine vom Gesetz verpönte schwerwiegende Beeinträchtigung ausschließlich dann zu unterbinden ist, wenn die Quelle der Emissionen geschaffen werden soll, nicht hingegen in dem bloß durch die zeitliche Abfolge verschiedenen Fall, daß sie bereits besteht und erst durch die Errichtung von Wohnhäusern ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann. Diese Erwägungen gebieten es, §6 Abs8 der BauO f. Wien ausdehnend dahin auszulegen, daß er überdies ein Verbot im eben dargelegten Sinn enthält. Eine in diese Richtung zielende Einwendung kann (auch) vom Inhaber eines Industriebetriebes als Nachbar i.S. des §134 Abs3 der BauO f. Wien erhoben werden, weil er mit Auflagen der Gewerbebehörde (gegebenenfalls mit weiteren Auflagen gemäß §79 Abs2 der Gewerbeordnung) zum Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen rechnen muß (vgl. dazu das ... Erk. VfSl. 10703/1985).

b) Da die bel. Beh. von einem verfehlten, nämlich sachlich nicht begründbaren und daher gleichheitswidrigen Verständnis der zitierten Gesetzesstelle ausging, unterließ sie es, sich mit den von der Bf. erhobenen Einwendungen inhaltlich auseinanderzusetzen; sie berücksichtigte weder die gegenwärtige sowie die in absehbarer Zeit (bedingt durch eine von der Bf. als erforderlich dargestellte Betriebserweiterung) künftig eintretende Lärmsituation noch die allfälligen gesundheitlichen Belastungen für Bewohner der geplanten Wohnhäuser und überdies auch nicht den (von ihr bloß illustrativ erwähnten) Umstand, daß die Raumgliederung der Wohnungen geändert und eine Isolierverglasung vorgesehen worden war.

Dieser - auf eine gleichheitswidrige Gesetzesauslegung zurückzuführende - Verfahrensmangel reicht in die Verfassungssphäre und muß zur Aufhebung des bekämpften Bescheides wegen Verletzung des Gleichheitsrechtes führen."

2.1. Im vorliegenden Fall vertritt nun die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefaßt - die Auffassung, daß im Hinblick auf die mit der Bauordnungsnovelle 1992, LGBl. 34, bewirkte Neuregelung der Nachbarrechte im Bauverfahren (va. der §§134 Abs3 und 134 a BauO) die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Einwendungen nicht "unter (die) erschöpfend aufgezählten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu subsumieren" seien und ihre gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung daher mangels Parteistellung zurückzuweisen sei.

Mit dieser Auffassung ist die belangte Behörde jedoch nicht im Recht.

2.2. Die genannten Bestimmungen lauten wie folgt (die im vorliegenden Fall va. maßgeblichen Tatbestände sind hervorgehoben):

"Parteien

§134 (1)...

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaft zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im §134 a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des §134a gegen die geplante Bauführung erheben. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder nur durch Fahnen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Gebäude oder der geplanten baulichen Anlage liegen.

...

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§134a. Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§134 Abs3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, soferne sie ihrem Schutze dienen begründet:

a)

Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

c)

Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;

d)

Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;

e)

Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden."

2.3. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner, oben im einzelnen wiedergegebenen, in VfSlg. 12468/1990 entwickelten Auffassung (die in ihrer Grundtendenz im Erkenntnis VfSlg. 13210/1992 fortgeführt wurde), derzufolge §6 Abs8 BauO - der seither keine Änderung erfahren hat - ausdehnend dahin auszulegen ist, daß er auch das Verbot einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Wohnqualität für den Fall enthält, daß die Quelle der Emissionen (hier: die gewerbliche Betriebsanlage) bereits besteht und erst durch die (zeitlich nachfolgende) Errichtung von Wohnhäusern ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten kann.

Anders als die belangte Behörde offenbar meint, ist der Verfassungsgerichtshof nicht der Auffassung, daß durch die oben wiedergegebene Neufassung der Bestimmungen des §134 Abs3 und des §134a BauO in Fällen wie dem hier vorliegenden für den Inhaber einer benachbarten gewerblichen Betriebsanlage die rechtliche Möglichkeit beseitigt wurde, als Partei im Baubewilligungsverfahren Einwendungen gegen eine "heranrückende Wohnverbauung" geltend zu machen. Dies auf Grund folgender Überlegung:

In Verbindung mit §6 Abs8 BauO in der Auslegung, die diese Bestimmung in dem oben erwähnten Erkenntnis erfahren hat, ist der Wortgruppe "soferne sie ihrem Schutz dienen" im Einleitungssatz des §134a BauO sowie dem Tatbestand des §134a lite leg. cit. als solchem (arg.: "Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben können, zum Inhalt haben") auch der Fall des Inhabers einer gewerblichen Betriebsanlage zu unterstellen, dessen rechtliche Interessen durch die Bewilligung einer Wohnbebauung auf dem Nachbargrundstück deshalb tangiert werden, weil er - iS des Vorerkenntnisses - "mit Auflagen der Gewerbebehörde (gegebenenfalls mit weiteren Auflagen gemäß §79 Abs2 der Gewerbeordnung) zum Schutz der Nachbarschaft rechnen muß".

Ausgehend davon ergibt sich daher, daß die belangte Behörde - weil sie die Unzulässigkeit der Berufung zu Unrecht mit dem Mangel der Parteistellung der Berufungswerberin begründete - der beschwerdeführenden Partei mit der bekämpften Entscheidung zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert hat. Damit hat sie deren verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. VfSlg. 9094/1981). Der bekämpfte Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen ATS 3.000,-- auf die Umsatzsteuer.

III. Von einer mündlichen

Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen.

Schlagworte

Baurecht, Nachbarrechte, Parteistellung Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B737.1996

Dokumentnummer

JFT_10028997_96B00737_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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