TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/1 G307 2201640-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

01.08.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2201640-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX, StA: Slowakei, vertreten durch den Verein Menschenrechte in 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2018, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde als unbegründet a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 25.10.2017 wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland (im Folgenden: BFA, RD Bgld.) zu der in Aussicht genommenen Verhängung eines Aufenthaltsverbotes, ihren persönlichen Verhältnissen und Integrationsmomenten einernommen.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 09.07.2018, der BF persönlich zugestellt am 11.07.2018, wurde gegen diese gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihr gemäß § 70 Abs. 3 kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.).

3. Mit Schreiben vom 02.02.2018, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob die BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den angeführten Bescheid.

Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes zu verringern, den Spruchpunkt betreffend die Aberkennung die aufschiebende Wirkung jedenfalls zu beheben, zumal auf Seiten der BF keine massiven Gründe bestünden, welche die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigten.

4. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 23.07.2018 vorgelegt und langten dort am 24.07.2018 ein.

5. Im Rahmen einer Beschwerdeergänzung legte die RV der BF einen vollständigen, die Person der BF betreffenden Sozialversicherungsdatenauszug vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist slowakische Staatsbürgerin, ledig und hat keine Sorgepflichten. Die BF hält sich - abgesehen von zwei kurzen Unterbrechungen im Mai 2008 und November 2008 seit dem 08.06.2007 durchgehend in Österreich auf. Die Eltern und die beiden Schwestern der BF leben in der Slowakei. In Österreich verfügt die BF über keine familiären Bindungen.

1.2. Die BF geht derzeit keiner Beschäftigung nach, bezieht von AMS Leistungen in der Höhe von € 900,00 inklusive Wohnbeihilfe, hat keine Außenstände und verfügt über kein Vermögen. In der Zeit vom 16.08.2007 bis 05.02.2017 war sie bei 12 Arbeitgebern in insgesamt 15 Arbeitsverhältnissen für zusammen rund 4 Jahre und 4 Monate beschäftigt.

1.3. Die BF ist gesund und arbeitsfähig. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

1.4. Die BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX (LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX2018, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln, Vorbereitung des Suchtmittelhandels und Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1. 5. Fall, 28a Abs. 4 Z 3, §§ 27 Abs. 1 Z 1, 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1., 2. Fall, 27 Abs. 2, 28 AB.s 1.

2. Fall, 28 Abs. 1 3. Fall sowie 28 Abs. 4 Z 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Im Zuge der zuletzt genannten Verurteilung wurde der BF angelastet, sie habe vorschriftswidrig teils mit 4 weiteren Personen Suchtgift aus der Slowakei aus- und nach Österreich eingeführt, und zwar in einer das 25igfache der Grenzmenge übersteigenden Menge in mehrfachen Angriffen, und zwar insgesamt 1.070 Gramm brutto Pico mit einem Reinheitsgehalt von durchschnittlich 60 % Methamphetamin, davon nachstehende Teilmengen, nämlich von August 2015 bis Juni 2015 und ab dem Frühjahr 2017 bis August 2017 gemeinsam mit einem anderen Täter 30 Gramm brutto, im Jahr 2013 gemeinsam mit einem anderen Täter 32 Gramm brutto, von Anfang 2012 bis Herbst 2015 gemeinsam mit einem anderen Täter 800 Gramm brutto, im Jahr 2012 bis 2014 gemeinsam mit einer anderen Täterin insgesamt 48 Gramm, von 2012 bis 2015 alleine 160 Gramm.

Ferner wurde die BF darin für schuldig befunden, von August 2012 bis 2017 in einer das 25igfache der Grenzmenge übersteigenden Menge in mehreren Angriffen einem anderen überlassen zu haben, und zwar insgesamt 462 Gramm brutto Piko mit einem Reinheitsgehalt von 60 % Methamphetamin.

Des Weiteren wurde die BF schuldig befunden, einem anderen, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer anderen Täterin von August 2015 bis Juni 2016 und von Frühjahr 2017 bis August 2017 in mehreren Angriffen insgesamt 150 Gramm brutto Pico mit einem Reinheitsgehalt von 60 % Methapethamin überlassen zu haben, wobei die Teilmengen 70, 10, 5, 8, 12, 5, 4 und 36 Gramm betragen hätten.

Schließlich wurde die BF darin belangt, innerhalb eines noch festzustellenden Zeitraums Suchtgift ausschließlich zum eigenen Gebrauch erworben und besessen zu haben, nämlich von August 2006 bis 2016 Pico (Methamphetamin).

Als mildernd wurden hiebei das Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel, der Beitrag zur Wahrheitsfindung, als erschwerend die vielfache Überschreitung der Grenzmenge, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen, der lange Tatzeitraum sowie die Vielzahl der Angriffe gewertet.

Festgestellt wird, dass die BF das darin beschriebene Verhalten gesetzt und die angeführten Tathandlungen begangen hat.

Die BF wurde am XXXX2017 festgenommen und fällt das errechnete Strafende auf den XXXX2020. Die BF befindet sich derzeit in der Justizanstalt XXXX in Strafhaft.

2. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Familienstand, Bezug von Leistungen des AMS und von Wohnbauhilfe, Bestand von Verwandten in der Heimat, dem Fehlen von Außenständen, dem Nichtvorhandensein von Vermögen und das Freisein von Obsorgepflichten auf Seiten der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getätigten Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, dem Urteil des LG XXXX und den Ausführungen der BF in deren Einvernahme vor dem BFA. Ferner ergibt sich der Familienstand des BF aus dem Inhalt des die BF betreffenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR). Ebenso folgt der durchgehende Aufenthalt dem ZMR wie dem Umstand, dass die BF immer wieder im Bundesgebiet gearbeitet hat, was für deren durchgehenden Aufenthalt in Österreich spricht.

Die BF legte einen auf ihren Namen ausgestellten slowakischen Pesonalausweis vor, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind und deren Existenz sich auch im Inhalt des auf ihn lautenden Auszuges aus dem ZMR wiederfindet.

In Ermangelung der Vorlage eines Sprachzertifikats konnten keine Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus festgestellt werden. Wenn es in der Beschwerde heißt, die BF spräche sehr gut Deutsch, so kann dem in Ermangelung der Vorlage einer dahingehenden Bescheinigung kein bestimmtes Sprachniveau zugestanden werden, zumal diese vor dem BFA in Slowakisch einvernommen wurde.

Die Erwerbslosigkeit des BF und der Bezug von Leistungen des AMS ergeben sich aus dem Inhalt des auf die Person der BF lautenden Sozialversicherungsauszuges und decken sich sowohl mit dem Inhalt des Urteils des LG XXXX wie jenem der Einvernahme vor dem BFA. Ferner ist es der BF schon auf Grund ihrer Anhaltung in Haft derzeit nicht möglich, einer legalen Beschäftigung (außerhalb der Justizanstalt) nachzugehen.

Die Verurteilung samt Entscheidungsgründen ist aus der in Kopie im Akt einliegenden Urteilsausfertigung des LG XXXXersichtlich und ist mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich in Einklang zu bringen.

In ihrer Einvernahme hat die BF angegeben, sie leide an keinen Krankheiten und habe bis zuletzt gearbeitet. Demgemäß konnte davon ausgegangen werden, dass die BF gesund und arbeitsfähig ist.

Wenn in der Beschwerde vermeint wird, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich wegen des nunmehr langjährigen Aufenthalts in Österreich, der Ausübung zahlreicher Erwerbstätigkeiten und der Deutschkenntnisse der BF als unrechtmäßig, so ist dahingehend von einer zu weiten Sicht der Dinge auszugehen, erweist sich - wie noch in der rechtlichen Beurteilung zu zeigen sein wird - das (restliche) (Gesamt)Verhalten der BF als einem weiteren Verbleib in Österreich abträglich. Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass das Rechtsmittel sich vornehmlich nicht gegen den Inhalt des Bescheides an sich wendet, sondern in weiten Zügen auf die vermeintlich positiven Integrationsmerkmale der BF Bezug nimmt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:

"(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

(5) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, dies aus folgenden Gründen:

Für die BF, die aufgrund ihrer slowakischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, kommt der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1., 5. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung, weil sie sich seit mehr als 10 Jahre in Österreich aufhält.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl dazu etwa VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Bei der vom BF zu erstellenden Gefährdungsprognose steht die strafgerichtliche Verurteilung im Fokus der Betrachtung. Der BF wurde unbestritten vom LG XXXX rechtskräftig wegen Suchmittelhandels, unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln und Vorbereitung des Suchtgifthandels zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Dieses Handeln stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 22.09.2011, GZ 2008/18/0508).

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 25.04.2013, Zahl 2013/18/0056 unter anderem erwogen:

Den Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt steht nämlich die hohe Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, die aus der massiven Delinquenz des Beschwerdeführers im Bereich des bandenmäßig organisierten Suchtgiftschmuggels und -handels resultiert. Im Hinblick auf das überaus große öffentliche Interesse an der Verhinderung derartiger Straftaten ist es nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer gemäß § 66 FPG zulässig sei. Es entspricht zudem der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei derart schweren Verbrechen nach dem SMG weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/23/0255).

Demgemäß muss auch das Verhalten der BF als äußerst verpönt betrachtet werden. Abgesehen von den Schäden für Konsumenten und deren Gesundheit, die der VwGH in seinem soeben erwähnten Erkenntnis angesprochen hat, betrieb sie ihr deliktisches Verhalten teils über mehrere Jahre hinweg und wurde ihr kein Teil der Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen. Dass ihre Erwerbstätigkeit durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gefährdet wäre, kann als (weiteres) Argument nicht durchdringen, verübte sie den Großteil der Taten innerhalb jener Zeitspannen, in denen sie beschäftigt war. Die BF zeigte sich auch nicht bereit, das Unrecht ihres Verhaltens nach einer bestimmten Zeitspanne einzusehen. Im Gegenteil, sie setzte ihre kriminelle Energie weiterhin um und war sich der Gefahr, welches dadurch für ihr Aufenthaltsrecht bestand, wohl nicht bewusst.

Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (zu all dem vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192). Die aktuelle Verurteilung liegt erst rund 2 1/2 Monate zurück und befindet sich die BF noch immer in Haft.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zeigt sich vorliegend als verhältnismäßig:

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss. Wegen der langen Aufenthaltsdauer des BF ist sein Handeln im Lichte des § 67 Abs. 1, 5. Satz FPG zu betrachten, also zu prüfen, ob dieses die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährden würde. Von diesen Voraussetzungen ist auch die belangte Behörde (auf Seite 6 des Bescheides) ausgegangen und verwies diesbezüglich auf die Absicht der BF, bereits zu oder vor Beginn ihres Aufenthaltes ein derartiges Handeln geplant zu haben.

Dieser Ansicht schließt sich auch das erkennende Gericht an. Ferner bringen die zahlreichen Angriffe, die Begehung der Taten über mehrere Jahre hinweg und die vorübergehende Vermögenslosigkeit die Gefahr einer massiven Rückfälligkeit mit sich. Es ist somit von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr des persönlichen Verhaltens der BF auszugehen, welches ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Diese ist vor dem Hintergrund der Intensität und Wiederholung des deliktischen Handelns auch maßgeblich und nachhaltig.

Wie ferner bereits hervorgehoben, erweist sich die bis dato verstrichene Zeitspanne als zu kurz, um eine Gegenwärtigkeit der Gefahr im Sinne des § 67 FPG ausschließen zu können.

Ferner konnte im Lichte der im Sinne des § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung der privaten und familiären Interessen der BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal die BF keine sozialen oder familiären Bindungen in Österreich ins Treffen führte. Der alleinige Umstand, dass die BF sich seit langer Zeit im Bundesgebiet aufhält, kann einen weiteren Verbleib im Bundesgebiet angesichts des sonst gesetzten Verhaltens nicht rechtfertigen.

Nach dem besagten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhalten der BF ist davon auszugehen, dass das gegen sie erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen im Umgang mit Suchtmitteln) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen der BF. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl etwa VwGH 20.08.2013, 2013/22/0097).

3.2. Auch die Dauer des Aufenthaltsverbotes erscheint als angemessen. Die scheinbar unbelehrbare BF ging Jahre lang deliktischem Verhalten nach und ignorierte dadurch die gesetzlichen Vorschriften im Bereich des Suchtmittelrechts. Auch das restliche Gesamtverhalten der BF kann nicht zu einer Reduktion der Aufenthaltsverbotsdauer führen, zumal diese zwar immer wieder beschäftigt war, dieses Moment sie jedoch nicht davon abgehalten hat straffällig zu werden. Die Ausschöpfung der maximalen 10jährigen Aufenthaltsverbotsdauer zu 4/5 ist somit als verhältnismäßig anzusehen.

3.3. Zu den Spruchpunkten II. und III. des bekämpften Bescheides

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Mangels widerstreitender Angaben und fassbarer entgegenstehender Momente war dem BF - rechtsrichtig - ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat einzuräumen.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 18 Abs. 6 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

Wegen des massiv strafbaren Verhaltens der BF ist deren sofortige Ausreise bzw. Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich und erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung des BFA zu Recht.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zahl Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen der BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, EU-Bürger, Gefährdungsprognose, öffentliches
Interesse, strafrechtliche Verurteilung, Suchtgifthandel, Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G307.2201640.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten