TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/21 I406 2176985-2

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Veröffentlicht am 21.08.2018
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Entscheidungsdatum

21.08.2018

Norm

AVG §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I406 2176985-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Knitel als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.218, Zl. 1131474804-180307402, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 08.11.2017, Zl. 11631474804-161380375 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.10.2016 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG in Bezug auf seinen Nigeria (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den § 57 und 55 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis vom 09.02.2018, Zl. I419 2176985-1/6E wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers stellte das Bundesverwaltungsgericht dabei fest, entgegen dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers könne nicht festgestellt werden, dass ihm aufgrund von Homosexualität oder wegen seines christlichen Bekenntnisses Verfolgung drohe. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer homosexuell sei, er sei im Herkunftsstaat keiner Verfolgung wegen seiner sexuellen Orientierung ausgesetzt und werde dort nicht aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen oder politischen Gesinnung verfolgt. Weiter stellte das Bundesverwaltungsgericht zur Person des Beschwerdeführers fest, dieser sei seit spätestens 2017 HIV-positiv, er werde auch bei Rückkehr in den Herkunftsstaat die notwendige medizinische Versorgung erhalten. Sein Verbleib in Österreich sei daher nicht erforderlich. In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat werde der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Bei der Erstbefragung "Folgeantrag" durch ein Organ der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, AFA FB 1.3 am 29.03.2018 gab der Beschwerdeführer, befragt nach neuen Fluchtgründen, an, er könne nicht in den Herkunftsstaat zurückehren, da er HIV-infiziert sei und die Behandlung dieser Krankheit in Nigeria nicht möglich sei, da die Medikamente sehr teuer oder vielleicht nicht erhältlich seien, weiters sei er aufgrund seiner Homosexualität in Nigeria in Gefahr. Auf die Frage nach konkreten Hinweisen, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, Strafe oder die Todesstrafe drohten oder mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, erstattete der Beschwerdeführer keine über seine bisherigen hinausgehenden Angaben.

Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am 18.04.2018 verwies der Beschwerdeführer auf die Frage nach gesundheitlichen Problemen auf seine HIV Infektion. Er verneinte die Frage nach Verwandten in Österreich oder in der EU, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. besonders enge Beziehung bestehe. Er könne den Alltag wahrscheinlich nicht ohne staatliche Mittel beispielsweise aus der Grundversorgung bestreiten. Als Fluchtgrund gab er erneut an, wegen seiner HIV-Infektion sowie aufgrund des Umstandes, dass in seinen Dorf Freiheitskämpfer für die Unabhängigkeit von Biafra aktiv seien sowie aufgrund seiner Homosexualität nicht zurückkehren zu können, er habe das bereits im ersten Asylverfahren angeführt, seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens habe sich seine Situation insofern verändert, als psychischer Stress wegen des neuen Verfahrens hinzugekommen sei. Einsicht in die Länderberichte zu Nigeria wolle er nicht nehmen.

Der Ladung der belangten Behörde zur Einvernahme am 09.05.2018 kam der Beschwerdeführer sowie dessen rechtsfreundliche Vertretung unentschuldigt nicht nach.

Mit Bescheid vom 19.05.2018, Zl. 1131474804-180307402 wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.03.2018 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist, erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen ihn eine auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und stellte gemäß § 55 Abs. 1 a FPG fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

Der Beschwerdeführer sei ledig, habe weder familiäre noch verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, er leide weder an lebensbedrohlichen physischen noch psychischen Beeinträchtigungen.

Mit Verfahrensanordnung vom 22.05.2018 stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den Verein Menschrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite.

Mit Schreiben vom 13.06.2018 übermittelte der MigranntInnen Verein St. Marx als Rechtsvertreter der belangten Behörde die ihm vom Beschwerdeführer erteilte Vertretungs- sowie Zustellvollmacht und erhob gegen den vorangeführten Bescheid der belangten Behörde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Wie bereits im ersten Asylverfahren sind zur Person des Beschwerdeführers folgende Feststellungen zu treffen:

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Soweit er namentlich genannt wird, dient dies lediglich seiner Identifizierung als Verfahrenspartei, nicht jedoch einer Vorfragebeurteilung im Sinn des § 38 AVG.

Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürgerschaft sowie Herkunft, Christ und ledig.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte HIV-Infektion wurde von diesem bereits im Erstverfahren geltend gemacht und ist daher von dessen Rechtskraft umfasst.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint folgende Verurteilung des Beschwerdeführers auf:

01) LG XXXX vom XXXX RK XXXX

§ 27 (2a) SMG

§ 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 13.02.2017

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich und lebt ausschließlich von der Grundversorgung.

Damit haben sich die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Vergleich zum ersten Asylverfahren nicht maßgeblich geändert.

1.2. Zum Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 08.11.2017, Zl. 11631474804-161380375 wies die belangte Behörde den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.10.2016 gemäß § 3 sowie § 8 in Bezug auf seinen Nigeria ab, erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den § 57 und 55 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.

Mit Erkenntnis vom 09.02.2018, Zl. I419 2176985-1/6E wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

Mit angefochtenem Bescheid vom 19.05.2018, Zl. 1131474804-180307402 wies die belangte Behörde den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.04.2015 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

1.3. Zum Fluchtgrund

Der Beschwerdeführer gab gleichbleibend, sowohl im ersten Asylverfahren als auch im zweiten, an, wegen seiner Homosexualität aus dem Herkunftsland geflohen zu sein und über dies wegen seiner HIV-Infektion nicht dorthin zurückkehren zu können , im Rahmen des zweiten Asylverfahrens darüberhinaus, wegen der Aktivität von Freiheitskämpfern für Biafra in seinem Dorf nicht dorthin zurückkehren zu können. Diese Gründe habe er bereits im ersten Asylverfahren geltend gemacht.

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im Erkenntnis vom 09.02.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. Der Beschwerdeführer erstattet kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr und es ergaben sich auch amtswegig keine diesbezüglichen Hinweise.

Daher liegt für den Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr einer Verletzung der Artikel 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr.13 zur Konvention nicht vor, auch ist der Herkunftsstaat weder in einen internationalen noch innerstaatlichen Konflikt verwickelt und für den Beschwerdeführer als Zivilperson im Fall einer Rückkehr keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes zu erwarten oder dass er im Fall einer Rückkehr in eine existenzbedrohende oder medizinische Notlage geriete.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht fest. Die Feststellungen zur Staatsbürgerschaft, Herkunft, Muttersprache, Religionszugehörigkeit, den nicht gegebenen familiären Anknüpfungspunkten in Österreich, der Erwerbssituation in Österreich sowie zu seinem Gesundheitszustand beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben.

2.2. Zum Fluchtgrund

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer im Rahmen des Folgeantrages vorgebrachten Fluchtgründen beruhen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben. Aktenwidrig wird in der Beschwerde vorgebracht, der Beschwerdeführer habe in der Einvernahme näher erläutert, dass die Änderungen seiner Verfolgungssituation, nämlich seine HIV-Erkrankung sowie seine sexuelle Orientierung, nicht von der Rechtskraft seines ersten Asylverfahrens umfasst seien.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid bzw. Erkenntnis angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen.

Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt. Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderrege-lung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kund-gemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmun-gen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsge-richt vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid (für das Vorerkenntnis) maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid (Vorerkenntnis) als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH). Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft aufgrund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.05.1995, 94/04/0081). In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Im gegenständlichen Fall bedeutet dies:

Der erste Antrag des Beschwerdeführers vom 05.10.2016 auf internationalen Schutz wurde letztendlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2018 gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG erlassen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß den §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist, diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2018 wies die belangte Behörde den neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 29.03.2018 auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

Maßstab für die Frage, ob im gegenständlichen Verfahren vom Vorliegen "entschiedener Sache" auszugehen ist, ist daher der Sachverhalt, über den mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.02.2018 rechtskräftig entschieden wurde, im Verhältnis zu jenem Sachverhalt, der sich im nunmehrigen Verfahren ergeben hat.

Wie unter II.2. ausgeführt, haben sich weder hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat oder der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers maßgebliche Änderungen ergeben.

Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer gleichbleibend sowohl im ersten Asylverfahren als auch im zweiten an, er könne aufgrund seiner Homosexualität sowie seiner HIV-Erkrankung nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren, im zweiten Verfahren gab der Beschwerdeführer über dies an, wegen den Aktivitäten von Freiheitskämpfern für Biafra in seinem Dorf nicht dorthin zurückkehren zu können, zu all den genannten Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, er habe sie bereits im ersten Asylverfahren geltend gemacht. Da alle Fluchtgründe bereits zur Zeit des ersten Asylverfahrens bestanden, sind diese von der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens erfasst.

Somit liegt entschiedene Sache vor.

Zum Einreiseverbot:

Wenn die belangte Behörde zum Einreiseverbot begründend auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers nach dem Vergehen nach dem SMG hinweist sowie darauf, dass er daher einige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle, weiters dass der des Beschwerdeführer das Asylsystem durch das Stellen ungerechtfertigter Asylanträge missbraucht habe und auch aus diesem Grund eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sei, der Beschwerdeführer sich dem gegenständlichen Asylverfahren entzogen haben, in dem er zur zweiten Einvernahme ohne Angabe von Gründen nicht erschienen sei und der Beschwerdeführer darüber hinaus angesichts seiner Mittellosigkeit ebenso die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde, ist der belangte Behörde in Ergebnis zuzustimmen, wenn sie die Gründe für die Verhängung eines Einreiseverbotes als gegeben annimmt.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen sowie eine initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanten Umstände, die durch die weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, nicht erforderlich war, ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte somit gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl die oben angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Folgeantrag, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen
Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I406.2176985.2.00

Zuletzt aktualisiert am

21.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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