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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der L-Gesellschaft m.b.H. in L , vertreten durch Dr. Günther Klepp, Dr. Peter Nöbauer und Mag. Franz Hintringer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 28, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 13. August 1999, RV-159.97/1-8/1997, betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH. Ing. RA ist ihr einziger Gesellschafter und auch ihr Geschäftsführer.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers der Jahre 1994 bis 1996 Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt:
Ing. RA obliege als Geschäftsführer die Lenkung und Überwachung des Unternehmens der Beschwerdeführerin. Er habe insb. für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bestmöglicher Weise Sorge zu tragen. Somit stehe seine persönliche Arbeitsleistung im Vordergrund. Im Rahmen der Regelung des § 22 Z. 2 EStG 1988 sei auf die aufgrund der Beteiligung fehlende Weisungsgebundenheit nicht abzustellen. Aus der Art der Beschäftigung des Ing. RA ergäben sich Indizien für seine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin. Die Erfüllung seiner Aufgaben erfordere die faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf, und zwar sowohl in zeitlicher, in örtlicher als auch in organisatorischer Hinsicht. Die Möglichkeit der Heranziehung von Hilfskräften, der freien Arbeitszeiteinteilung und der Festlegung seines Erholungsurlaubes seien nicht von entscheidender Bedeutung. Von wesentlicher Bedeutung sei hingegen, dass Ing. RA kein Unternehmerrisiko zu tragen habe. Ing. RA erhalte ein erfolgsunabhängiges monatliches Entgelt. Zusätzlich würden ihm Fahrt- und Reisespesen ersetzt. Ing. RA habe auch Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütungen im Krankheitsfall. Dass die Auszahlung des Geschäftsführerbezuges nicht in 14 Teilbeträgen erfolge, weil die steuerlichen Regelungen für den 13. und 14. Bezug ohnedies nicht zur Anwendung kämen, sei nicht von Relevanz. Bei der durch § 22 Z. 2 EStG vorgesehenen Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit sei daher festzustellen, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers Ing. RA die Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweise. Daraus ergebe sich für die Beschwerdeführerin die Pflicht, hinsichtlich des Geschäftsführerbezuges Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu entrichten.
Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die Beschwerdeführerin für die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers Ing. RA Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu entrichten hat, weil diese Bezüge zu Einkünften iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 führen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 41 Abs 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 57 Abs. 4 und 5 HKG idF BGBl. 958/1993 bzw. § 57 Abs. 7 und 8 HKG idF BGBl. 661/1994.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 dürften nur angenommen werden, wenn alle Merkmale eines Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs. 2 leg. cit. (allenfalls alle Merkmale mit Ausnahme der Weisungsbindung) gegeben seien. Im Falle eines zu 100% an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers könne dies aber nicht der Fall sein.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, von der abzugehen er sich durch den Beschwerdefall nicht veranlasst sieht, aufgrund der Entstehungsgeschichte des § 22 Z. 2
Teilstrich 2 EStG 1988 und wegen des Zusammenhanges mit der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988 der Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in § 22 Z. 2 EStG 1988 das Verständnis beilegt, dass es auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der Gesellschaft nicht gegeben ist, im Übrigen aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist die auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit hinzuzudenken und dann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen. Dem Vorliegen bzw. dem Fehlen des Unternehmerwagnisses kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juli 1999, 99/14/0136). Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insbesondere auf die Begründung im Erkenntnis vom 18. September 1996, 96/15/0121, verwiesen.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ein Unternehmerrisiko für Ing. RA ausgeschlossen. In der Beschwerde wird hiezu vorgetragen, die Feststellung, wonach Ing. RA ein erfolgsunabhängiges monatliches Entgelt erhalte, sei nur zum Teil richtig, weil die Auszahlung des Geschäftsführerbezuges von der Liquidität der Beschwerdeführerin abhängig sei und die Vertragsdauer des Geschäftsführervertrages bloß auf unbestimmte Zeit vereinbart worden sei. Gemäß § 2 des "Geschäftsführer-Werkvertrages" seien subsidiär zu der Vertragsvereinbarung die Bestimmungen des ABGB über den Werkvertrag anzuwenden. Es könne daher jederzeit zu einer Beendigung des Vertragsverhältnisses kommen. Ein solcher Fall würde sich bei Erfolgslosigkeit der Geschäftsführungstätigkeit ergeben. Bei einer derartigen Beendigung käme dem Geschäftsführer weder das Angestelltengesetz noch das Arbeitsverfassungsgesetz zugute und bestünde auch kein Abfertigungsanspruch. Es liege daher ein unternehmerisches Risiko vor. Hinsichtlich des Ersatzes der Aufwendungen des Ing. RA (Fahrt- und Reisespesen) durch die Beschwerdeführerin treffe es zwar zu, dass § 9 des "Geschäftsführer-Werkvertrages" einen solchen vorsehe. Die Beschwerdeführerin habe jedoch im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, dass Ing. RA tatsächlich keine Auslagenersätze bezahlt würden. Die belangte Behörde hätte daher die Feststellung treffen müssen, dass insoweit eine einvernehmliche Abänderung des seinerzeitigen Vertrages erfolgt sei. Was den Anspruch auf Weiterzahlung des Entgeltes im Krankheitsfall anlange, treffe es zu, dass die Beschwerdeführerin der belangten Behörde auf Anfrage (Punkt 8 des Fragenkataloges) das Bestehen eines solchen Fortzahlungsanspruches mitgeteilt habe. Diese Mitteilung beruhe allerdings auf einem Fehler in der Informationserteilung an die Steuerberatungskanzlei. Nach dem Geschäftsführervertrag seien die Bestimmungen des ABGB subsidiär anwendbar, woraus sich das Fehlen eines Anspruches auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ergebe; die belangte Behörde hätte ergänzende Erhebungen hierüber anstellen müssen. Im Übrigen müsse der Geschäftsführer auch die Sozialversicherungsbeiträge selber bestreiten und erhalte keine Sachbezüge.
Hinsichtlich der Feststellung betreffend den Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall ist der belangten Behörde keine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorzuwerfen, weil sie sich auf die ausdrückliche Auskunftserteilung durch die Beschwerdeführerin stützen konnte. Daran vermag der Hinweis der Beschwerde auf den Geschäftsführervertrag nichts zu ändern, weil nach der Festlegung in diesem Vertrag die dispositiven Regelungen des ABGB zum Werkvertrag nur subsidiär zur Anwendung kommen und damit jegliche ausdrückliche Vereinbarung vorgeht.
Im Hinblick auf das fixe und erfolgsunabhängige monatliche Entgelt konnte die belangte Behörde unbedenklich vom Fehlen eines Unternehmerwagnisses ausgehen. In der bloßen Kündbarkeit eines auf unbestimmte Dauer geschlossenen Vertragsverhältnisses ist genauso wenig ein für den Unternehmer typisches Wagnis gelegen wie im allgemeinen Risiko eines Gläubigers betreffend die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Das gilt auch für den in einem marktwirtschaftlichen System wohl nicht ungewöhnlichen Umstand, dass Dauerschuldverhältnisse (auch Arbeitsverhältnisse) bei mangelnder Leistung eines Vertragspartners beendet werden.
Dass arbeitsrechtliche Vorschriften keine Anwendung finden und insbesondere kein Abfertigungsanspruch besteht, ergibt sich schon daraus, dass kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes gegeben ist; ein solches liegt aber bei unter § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallenden Personen häufig (jedenfalls ab einer Gesellschaftsbeteiligung von 50%) nicht vor.
Sozialversicherungsbeiträge stehen in einer bestimmten Relation zu den Einnahmen, und stellen daher kein "Wagnis" dar (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. November 1999, 99/15/0188). Im Übrigen werden Sozialversicherungsbeiträge (hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile) auch von "klassischen" Dienstnehmern iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 getragen.
Welche Bedeutung dem Fehlen von Sachbezügen in diesem Zusammenhang beizumessen ist, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Die Beschwerde zeigt sohin nicht auf, dass die belangte Behörde rechtswidrig das Fehlen eines Unternehmerwagnisses angenommen habe. Im Rahmen der für das Unternehmerwagnis relevanten Umstände kommt der Frage der Überwälzung der Fahrt- und Reisespesen im gegenständlichen Fall keine entscheidende Bedeutung zu, zumal die Beschwerdeführerin nicht vorbringt, dass es sich dabei um im Verhältnis zu den Einnahmen des Geschäftsführers ins Gewicht fallende Beträge gehandelt hätte und dass diese wegen ihrer Schwankungen ein "Wagnis" beinhaltet hätten.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht von einem Überwiegen der für die Selbständigkeit sprechenden Umstände ausgegangen ist.
Die Beschwerdeführerin verweist unter Hinweis auf Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, I2, Rz 2/82ff, darauf, der Geschäftsführer könne in einem Dienstvertrag, einem freien Dienstvertrag, einem Werkvertrag oder einem Auftragsverhältnis zur GmbH stehen. Die belangte Behörde hätte vollständige und tief gehende Ermittlungen über den konkreten Umfang der Tätigkeit des Ing. RA anstellen müssen. Nach der Präambel des "Geschäftsführer-Werkvertrages" werde die Tätigkeit als handelsrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer frei von persönlicher Abhängigkeit ausgeübt. Nach § 6 des Vertrages komme dem Geschäftsführer selbständige Zeitdisposition zu und sei die Vertretung durch einen geeigneten Dienstnehmer oder einen berufsmäßigen sachkundigen Parteienvertreter zulässig. Aus dieser Vertragsgestaltung ergebe sich, dass nicht die persönliche Arbeitsleistung geschuldet werde. Die Eingliederung von Ing. RA in den betrieblichen Organismus sei nicht gegeben, weil es an der Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, unter betriebliche Kontrolle und unter disziplinäre Verantwortlichkeit gefehlt habe. Die belangte Behörde hätte die konkreten Umstände, aus welcher sie die Eingliederung ableite, anführen und dabei insbesondere den Ablauf typischer Arbeitstage des Geschäftsführers wiedergeben müssen. Zudem habe Ing. RA nicht über ein eigenes Büro im Unternehmen der Beschwerdeführerin verfügt.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Anders als ein freier Dienstvertrag mag zwar ein Werkvertrag oder ein Auftragsverhältnis gegen Einkünfte iSd § 22 Z. 2
Teilstrich 2 EStG 1988 sprechen, wenn es dabei darum geht, lediglich ein überschaubares Projekt für die GmbH abzuwickeln. Aufgabe des Ing. RA ist aber unbestritten die Geschäftsführung für einen (längeren) Zeitraum gewesen, sodass ein Dauerschuldverhältnis vorgelegen ist.
Die freie Zeitdisposition, das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit und der Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, Kontrolle und disziplinäre Verantwortlichkeit stehen in Zusammenhang mit der auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung (hier: Beteiligung von 100%) fehlenden Weisungsgebundenheit und sind daher im gegebenen Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 99/14/0136).
Die Überlassung eines eigenen Büros zählt nicht zu den Merkmalen eines Dienstverhältnisses. Es besteht durchaus die Möglichkeit, die Geschäftsführungstätigkeit in ein und demselben Raum mit den anderen Mitarbeitern zu entfalten.
Dass ein leitender Angestellter Arbeiten an geeignete Dienstnehmer delegiert, ist eine durchaus übliche Vorgangsweise und kein Indiz gegen das Dienstverhältnis des leitenden Angestellten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, 97/15/0175). Dass sich der Vertreter einer Kapitalgesellschaft für bestimmte Vorgänge (z.B. für die Prozessführung) durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter (idR einen Rechtsanwalt) vertreten lässt, liegt auf der Hand.
Warum im Übrigen die mit der laufenden Geschäftsführung für einen Gewerbebetrieb betraute Person keine organisatorische Eingliederung in diesen Betrieb aufweisen sollte, wird von der Beschwerdeführerin nicht dargetan.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 30. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999140264.X00Im RIS seit
01.06.2001