Entscheidungsdatum
07.09.2018Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.07.2018, Zl ****, betreffend einen Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y),
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass in Abänderung des angefochtenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y der Behandlungsauftrag bis spätestens 24.10.2018 durchzuführen ist.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 30.01.2018, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA den Auftrag erteilt, „sämtliche vor dem Haus ‚Adresse 1‘ abgelagerten Abfälle bzw. als Sperrmüll zu qualifizierende Gegenstände (laut beiliegenden Fotos) bis zum 10.03.2018 zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen“ und den Nachweis einer ordnungsgemäßen Entsorgung vorzulegen.
Mit Erkenntnis vom 04.04.2018, Zl LVwG-2018/37/0537-1, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerde der rechtsfreundlich vertretenen AA Folge gegeben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 30.01.2018, Zl ****, ersatzlos behoben. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der von der Bezirkshauptmannschaft Y erteilte Auftrag sich auf „Abfälle“ und „als Sperrmüll zu qualifizierende Gegenstände“ beziehe, ohne aber konkret Gegenstände/bewegliche Sachen anzuführen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche daher nicht den Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG).
Am 06.06.2018 hat die Bezirkshauptmannschaft Y aufgrund von Beschwerden der Gemeinde Z und von Anrainern der AA einen Lokalaugenschein durchgeführt und Lichtbilder angefertigt. Über die Amtshandlung hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Aktenvermerk vom 06.06.2018, Zl ****, angelegt.
Mit Schriftsatz vom 25.06.2018, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA die Ergebnisse des Lokalaugenscheines am 06.06.2018 zur Kenntnis gebracht, ihr zur Last gelegt, durch das Ablagern verschiedener, einzeln angeführter Gegenstände vor ihrem Haus eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 in Verbindung mit (iVm) § 15 Abs 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) begangen zu haben und sie aufgefordert, sich zu diesem Vorwurf schriftlich zu rechtfertigen.
Mit Bescheid vom 23.07.2018, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA, Adresse 1, Z, den behördlichen Auftrag erteilt, „sämtliche vor dem Haus Adresse 1 (X) in Z auf der Gp **1 KG Z, also links und rechts vor dem Hauseingang, kreuz und quer im Gras des Gartens und entlang des Zaunes, rechts vor dem Gartentor entlang der nördlichen Hauswand auf der Gp **2 KG Z gelagerten Abfälle und Bioabfälle (lt beiliegenden Fotos)“ bis zum 20.08.2018 zu entfernen. Ergänzend dazu werden im Spruch des angeführten Bescheides die „Bioabfälle“ und „sonstigen Abfälle“ näher beschrieben.
Mit Schriftsatz vom 11.08.2018 hat AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Y, Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.07.2018, Zl ****, erhoben und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt.
Mit Schriftsatz vom 16.08.2018, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den behördlichen Akt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.07.2018, Zl ****, dem Landesverwaltungs-gericht Tirol vorgelegt.
II. Beschwerdevorbringen:
Die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, die im angefochtenen Bescheid „aufgezeichnete Situation“ stelle eine Momentaufnahme sechs Wochen vor der Bescheiderlassung dar. Zudem habe es die Behörde unterlassen, sie [= die Beschwerdeführerin] gemäß § 73a Abs 1 AWG 2002 von der beabsichtigten Amtshandlung auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück zu benachrichtigen. Zudem seien ohne gesetzliche Grundlage Lichtbilder angefertigt worden.
Die Beschwerdeführerin betont, die Gegenstände seien nicht als Abfall zu qualifizieren, „der behandelt werden muss“. Soweit einzelne Stücke als Abfall zu werten seien, würden diese „im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bis zur Entsorgung gelagert“.
III. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hat im Nahbereich ihres Hauses ? Adresse 1 (X), Z ? auf dem in ihrem Eigentum stehenden Gst Nr **1, GB **** Z, aber auch auf dem im Eigentum der Agrargemeinschaft Z stehenden Gst Nr **2, GB **** Z, eine Reihe von Gegenständen/beweglichen Sachen abgestellt.
Vor dem Haus Adresse 1 (X), Z, befinden sich auf dem im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Gst Nr **1, GB **** Z, Kisten und Kartons mit faulen Äpfeln, verdorbenem und verschimmeltem Gemüse verschiedenster Art, verwelkte, in Plastik verpackte Blumenstöcke, Wurzelstöcke mit Erde von Blumen, alte Blumenstöcke, Kisten, gefüllt mit altem Brot, Chips, Keksen, Jogurt etc, ein abgepackter Blätterteig mit abgelaufenem Datum sowie weitere andere Lebensmittel.
Rechts vor dem Gartentor ist eine alte Essgarnitur/Küchengarnitur, bestehend aus einer Bank und einem Tisch, abgestellt. Entlang der nördlichen Hauswand steht eine alte beschädigte 3er Gartenbank aus Polyrattan. Entlang der linken Hauswand beim Eingang in das Haus sind unter anderem abgestellt:
? alte Blumenstöcke und alte Blumentöpfe,
? Kartons, sowie Papier,
? Plastikbehälter,
? übereinander gestellte und übereinander gestapelte Möbelstücke,
? ein mit elektrischen Anlagenteilen angefüllter Schrank; in diesem Schrank sind auch leere Gläser untergebracht; auf dem Schrank sind ein Plüschbär, Sessel, Kleidungsstücke, ein Mädchenrucksack und andere Gegenstände abgelegt,
? eine schwarze Ledercouch,
? Kartons mit altem Brot und verdorbenem Gemüse, sonstigen Lebensmitteln etc
? ein Staubsauger,
? ein Handarbeitskoffer,
? ein Teppich und
? andere zugedeckte Gegenstände
Diese, jeder Witterung ausgesetzten Gegenstände befinden sich zum Teil auf dem im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Gst Nr **1, GB **** Z, aber auch auf dem im Eigentum der Agrargemeinschaft Z stehenden Gst Nr **2, GB **** Z.
IV. Beweiswürdigung:
Die Sachverhaltsdarstellung stützt sich im Wesentlichen auf das Ergebnis des von der Bezirkshauptmannschaft Y am 06.06.2018 durchgeführten Lokalaugenscheines. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Rechtsmittel nicht bestritten, dass sie die im angefochtenen Bescheid beschriebenen Gegenstände im Nahbereich ihres Hauses Adresse 1, Z, abgestellt hat. Sie hat lediglich vorgebracht, diese Gegenstände würden bis zu ihrer Entsorgung gelagert oder seien überhaupt nicht als Abfall zu qualifizieren.
V. Rechtslage:
1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002 in den anzuwendenden Fassungen BGBl I Nr 9/2011 (§ 1), BGBl I Nr 103/2013 (§§ 15 und 73a) sowie BGBl I Nr 70/2017 (§§ 2 und 73), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Ziele und Grundsätze
§ 1. […]
(3) Im öffentlichen Interesse ist die die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls
1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigte werden kann,
4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9. Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
[…]
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse
(§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
[…]
(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
1. ist ‚Abfallbesitzer‘
a) der Abfallerzeuger oder
b) jede Person, welche die Abfälle inne hat
2. ist ‚Abfallerzeuger‘
a) jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder
b) jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder andere Arten der Abfallbehandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;
[…]“
„Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15. […]
(3) Abfälle dürfen außerhalb von
1. hiefür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
[…]
(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.
(5a) Der Abfallbesitzer ist dafür verantwortlich, dass
a) die Abfälle an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben werden und
b) die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird.
(5b) Wer Abfälle nicht gemäß Abs. 5a übergibt, kann bis zur vollständigen umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden.
[…]“
„Behandlungsauftrag
§ 73. (1) Wenn
1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,
hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.
[…]
(7) Für Behandlungsaufträge ist ? sofern im Folgenden nicht anderes bestimmt ist ? die zuständige Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde.
[…]
Duldungspflichten und Entschädigungen
§ 73a. (1) Die Liegenschaftseigentümer und die an den Liegenschaften dinglich oder obligatorisch Berechtigten haben das Betreten der Liegenschaften und der Anlagen und die Durchführung der gemäß § 73 erforderlichen Maßnahmen durch die Organe der zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes zuständigen Behörden oder durch die zur Setzung von Maßnahmen verpflichteten oder berechtigten Personen oder die von diesen Behörden oder Personen herangezogenen Dritten zu dulden. Die zur Duldung Verpflichteten sind vorher zu verständigen.
[…]“
2. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:
Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 59 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl I Nr 51/1991 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 158/1998, lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 59. […]
(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.“
3. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[…]
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S.389 entgegenstehen.“
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
VI. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nachweislich durch Hinterlegung am 26.07.2018 zugestellt. Die vom Rechtsvertreter der Rechtsmittelwerberin gegen den Bescheid vom 23.07.2018, Zl ****, erhobene Beschwerde ist am 11.08.2018 und damit innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingelangt.
2. In der Sache:
2.1. Zum Abfallbegriff:
Der subjektive Abfallbegriff ist dann erfüllt, wenn jemand eine Sache loswerden will und somit insoweit eine Entledigungsabsicht besteht (vgl VwGH 23.04.2015, Zl 2013/07/0043). Ob eine Entledigungsabsicht gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 und somit Abfall im subjektiven Sinn vorliegt, hat das Verwaltungsgericht aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen (vgl VwGH 16.03.2016, Zl 2016/05/0012).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung, ob eine Entledigungsabsicht vorliegt, nicht nach dem tatsächlichen Willen des Besitzers oder auf Grundlage seiner Aussage hinsichtlich seiner Absichten zu treffen, sondern anhand sämtlicher Umstände zu prüfen ist. Der Abfallbesitzer kann den Anwendungsbereich des Abfallrechtes nicht dadurch einschränken, dass er den Begriff der Entledigungsabsicht nach seinen eigenen Erfordernissen definiert (Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG 2002, K 11 zu § 2 AWG 2002).
Bei den im angefochtenen Spruch angeführten biogenen Materialien („Bioabfälle“) besteht kein Zweifel am Vorliegen der subjektiven Abfalleigenschaft. Werden Lebensmittel (!) nicht verwendet und im Freien gelagert, so wird damit klar zum Ausdruck gebracht, dass man sich dieser Gegenstände entledigen will.
Die weiteren im angefochtenen Bescheid angeführten Gegenstände („sonstige Abfälle“) sind ebenfalls im Freien gelagert und damit der Witterung ausgesetzt. Darunter befinden sich Möbelstücke, elektrische Anlagenteile, Kleidungsstücke, eine Couch etc. Mit der Lagerung im Freien macht die Beschwerdeführerin deutlich, dass sie diese Gegenstände offensichtlich nicht mehr verwendet und diese für sie unbrauchbaren Gegenstände loswerden will.
Für die im angefochtenen Spruch angeführten Gegenstände („Bioabfälle“ und „sonstige Abfälle“) ist daher von einer Entledigungsabsicht auszugehen (vgl VwGH 25.06.2014, Zl 2013/07/0232). Die Voraussetzungen des subjektiven Abfallbegriffes im Sinn des (iSd) § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 sind somit für diese Gegenstände erfüllt.
Zudem sind die vom angefochtenen Bescheid erfassten Gegenstände aufgrund mehrerer Umstände auch als Abfall im objektiven Sinn zu qualifizieren. Für die Qualifikation von Abfall im objektiven Sinn dürfen bewegliche Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht mehr neu sein (§ 2 Abs 3 Z 1 AWG 2002) und wegen ihrer Beschaffenheit ? zB Funktionsuntüchtigkeit ? nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden (§ 2 Abs 3 Z 2 AWG 2002). Es muss sich also um bewegliche Sachen handeln, denen man sich üblicher Weise, dh nach der Verkehrsauffassung, entledigt. Bei der allgemeinen Verkehrsauffassung iSd § 2 Abs 3 AWG 2002 kommt es somit auf die durchschnittliche Auffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise an, nicht hingegen auf die subjektive Betrachtungsweise des Inhabers der Sache. Entscheidend ist, dass die Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung unstrittig keine neuen Sachen iSd § 2 Abs 3 Z 1 AWG 2002 darstellen und in keiner bestimmungsgemäßen Verwendung iSd § 2 Abs 3 Z 2 AWG 2002 stehen.
Die ungeschützte Lagerung von teils bereits verdorbenen Lebensmitteln sowie von Innenraum-Einrichtungsgegenständen unter freiem Himmel stellt keine bestimmungsgemäße Verwendung iSd § 2 Abs 3 Z 2 AWG 2002 dar.
Zudem ist die ungeordnete Lagerung der im angefochtenen Bescheid angeführten Gegenstände neben einer Straße jedenfalls dazu geeignet, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes zu führen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Beeinträchtigung sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern iSd § 1 Abs 3 AWG 2002 ausreicht (VwGH 22.12.2005, Zl 2005/07/0088).
2.2. Zum Begriff des Abfallbesitzers:
Gemäß § 2 Abs 6 Z 1 lit b AWG 2002 ist Abfallbesitzer (ua) jede Person, die die Abfälle innehat. Es reicht somit bereits die Innehabung der Abfälle aus, wobei der Begriff „Abfallbesitzer“ weit auszulegen ist. Auf einen „Besitzwillen“ (des Inhabers) kommt es somit nicht an.
Gemäß § 309 erster Satz Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) heißt, wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat, ihr Inhaber. Innehabung ist nicht bloß räumlich-körperlich zu verstehen, sondern als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Vorausgesetzt ist somit nur, dass sich eine Sache in der Herrschaft einer Person befindet, wobei für die Gewahrsame die Nähe zur Sache und die Möglichkeit der Einflussnahme darauf erforderlich sind (vgl VwGH 24.04.2018, Zl Ra 2016/05/0100, mit Hinweisen auf die Judikatur und Literatur).
Die Beschwerdeführerin ist jedenfalls Inhaberin der im Spruch des angefochtenen Bescheides als Abfälle zu qualifizierenden beweglichen Sachen. Gegenteiliges hat die Beschwerdeführerin auch in ihrem Rechtsmittel nicht vorgebracht.
2.3. Zum Tatbestand des § 15 Abs 3 AWG 2002:
Der Begriff „lagern“ im AWG 2002 beutet etwas Vorübergehendes, der Begriff „ablagern“ hingegen etwas Langfristiges. Unter der Lagerung von Abfällen iSd § 15 Abs 3 AWG 2002 ist daher die vorübergehende Lagerung von Abfällen zu verstehen (VwGH 15.09.2011, Zl 2009/07/0154, mit weiteren Hinweisen).
Das AWG 2002 unterwirft jede Lagerung von Abfällen den Vorschriften des § 15 Abs 3 AWG 2002, auch die Lagerung von Abfällen über kurze Zeiträume. Eine Ausnahmebestimmung für „besonders kurzfristige“ Lagerungen von Abfällen ist dem AWG 2002 nicht zu entnehmen. Auch für Lagerungen „aus einer faktischen Notwendigkeit heraus“ gelten die allgemeinen Pflichten von Abfallbesitzern. Ergibt sich eine solche faktische Notwendigkeit einer Abfalllagerung, so hat diese ebenfalls an einem für die Sammlung geeigneten Ort zu erfolgen. Auch eine kurzfristige Lagerung von Abfällen entgegen der Vorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002 verwirklicht somit den Straftatbestand des § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002
(vgl VwGH 15.09.2011, Zl 2009/07/0154).
Das „Abstellen“ der vom Spruch des angefochtenen Bescheides erfassten Abfälle ? Lebensmittel, Möbelstücke etc ? im Nahbereich des Hauses der Beschwerdeführerin in der Gemeinde Z ist daher als „Lagerung“ iSd § 15 Abs 3 AWG 2002 zu qualifizieren.
Gemäß § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von genehmigten Anlagen (Z 1) oder für die Sammlung und Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten (Z 2) nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen ist nur in genehmigten Deponien zulässig.
Bei jenen Flächen, auf denen die Beschwerdeführerin die vom angefochtenen Bescheid erfassten Abfälle abgestellt/aufgebracht hat, handelt es sich um keine genehmigte Anlage für Abfälle. Allerdings ist gemäß dem Wortlaut des § 15 Abs 3 AWG 2002 nicht von vornherein auszuschließen, dass eine Lagerung von Abfällen keiner behördlichen Bewilligung bedarf. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 (vgl VwGH 21.04.2014, 2013/07/0269).
Ein Ort ist jedenfalls dann geeignet iSd § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002, wenn durch die Sammlung, Lagerung oder Behandlung keine Schutzgüter iSd § 1 Abs 3 AWG 2002 beeinträchtigt werden können und nicht gegen andere bundes-, landes- oder unionsrechtliche Vorschriften verstoßen wird [vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV 672 BlgNR 22. GP 14; Schleich/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015) § 15 Rz 18]. Als für die Sammlung oder Behandlung geeignete Orte gelten etwa Abfallbehälter im Haushalt oder auf der Straße (vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV 984 BlgNR 21. GP 92) oder Müllsammelinseln (vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV 2293 BlgNR 24. GP 6). Ein Ort, bei dem es zu einer Verletzung von Schutzinteressen nach § 1 Abs 3 AWG 2002 kommen kann, ist als ungeeignet iSd § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 anzusehen (vgl VwGH 18.02.2010, Zl 2009/07/0131).
Selbst wenn im gegenständlichen Fall iSd Vorbringens der Beschwerdeführerin von einer zeitweiligen Lagerung auszugehen ist, ist der Tatbestand des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 ? Lagerung an einem geeigneten Ort ? nicht erfüllt. Durch die Form der Lagerung ? ungeordnetes Abstellen bzw Unterbringen von biogenen Materialien und sonstigen Gegenständen im Nahbereich des Hauses Adresse 1, Z ? ist nicht sichergestellt, dass die Schutzgüter iSd § 1 Abs 3 AWG 2002 (vgl insbesondere § 1 Abs 3 Z 9 AWG 2002) nicht beeinträchtigt werden können. Der Anforderung iSd § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 hätte nur die zeitweilige geordnete Zwischenlagerung, etwa in Containern etc, Rechnung getragen.
Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Lagerung der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten, als Abfälle zu qualifizierenden beweglichen Sachen widerspricht der Vorschrift des § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002.
2.4. Zum Tatbestand des § 15 Abs 5a AWG 2002:
Die beiden Absätze 5a und 5b des § 15 AWG 2002 wurden mit der AWG-Novelle 2010, BGBl I Nr 9/2011, eingeführt. Die Abs 5a und 5b des § 15 AWG 2002 präzisieren die Sorgfaltspflichten der Abfallbesitzer in Bezug auf die Auswahl ihrer Verwerter und Entsorger und legen in Umsetzung des Verursacherprinzips der Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) eine verstärkte Verantwortlichkeit des Abfallerzeugers oder sonstigen Abfallbesitzers insofern fest, als der Abfallbesitzer nunmehr auch als Verpflichteter gemäß § 73 Abs 1 AWG 2002 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden kann, wenn er die in § 15 Abs 5a AWG 2002 normierten Pflichten bei der Übergabe des Abfalles nicht erfüllt. § 15 Abs 5a AWG 2002 wird durch § 15 Abs 5b AWG 2002 abgesichert, sodass die beiden Absätze in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Gemäß diesen Bestimmungen haben die Abfallerzeuger und Abfallbesitzer die Abfälle so zu bewirtschaften, dass ein hohes Maß an Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit garantiert ist (vgl VwGH 26.01.2017, Zl Ra 2015/07/0053 mit Hinweis auf RV1005 BlgNR XXIV. GP 21 und VwGH 22.03.2012, Zl 2010/07/0007 und VwGH 26.03.2015, Zl Ra 2014/07/0067).
Die Beschwerdeführerin ist nicht berechtigt, die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Abfälle zu behandeln. Sie ist daher gemäß § 15 Abs 5 AWG 2002 verpflichtet, die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Diese Übergabe hat rechtzeitig zu erfolgen, damit Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen iSd § 1 Abs 3 AWG 2002 vermieden werden.
Dieser Verpflichtung ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, da die von ihr zu verantwortende völlig ungeordnete Lagerung von Abfällen im Nahbereich ihres Wohnortes öffentliche Interessen, insbesondere jene des § 1 Abs 3 Z 9 AWG 2002, zu beeinträchtigen vermag. Die Beschwerdeführerin hat somit die spezifische Sorgfaltspflicht des § 15 Abs 5a AWG 2002 verletzt.
2.5. Zum Behandlungsauftrag nach § 73 Abs 1 AWG 2002:
Die Beschwerdeführerin verletzt mit der Lagerung der vom angefochtenen Bescheid erfassten Abfälle im Nahbereich ihres Hauses die Rechtsvorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002. Folglich war die Bezirkshauptmannschaft Y berechtigt, gegenüber der Beschwerdeführerin als Abfallbesitzerin einen auf § 73 Abs 1 Z 1 AWG 2002 gestützten Behandlungsauftrag zu erteilen.
Seit der am 16.02.2011 in Kraft getretenen Novelle zum AWG 2002, BGBl I Nr 9/2011, kann zudem ein Behandlungsauftrag nach § 73 Abs 1 AWG 2002 auch bei Zuwiderhandeln gegen die in § 15 Abs 5a AWG 2002 genannten Verpflichtungen erteilt und eine Qualifikation als „Verpflichteter“ im Falle des § 15 Abs 5b AWG 2002 mit der Verletzung der Verpflichtung zur Übergabe von Abfällen an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder –behandler nach § 15 Abs 5a AWG 2002 begründet werden. Ist nämlich der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er gemäß § 15 Abs 5 erster Satz AWG 2002 die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben, wofür in § 15 Abs 5 zweiter Satz AWG 2002 bestimmte Fristen normiert sind (vgl VwGH 24.04.2018, Zl Ra 2016/05/0100).
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung eines Behandlungsauftrages und aufgrund einer dagegen erhobenen Beschwerde die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 15 Abs 5a und 5b AWG 2002 zu prüfen. Selbst wenn die belangte Behörde auf diese beiden Tatbestände nicht Bedacht genommen hat, überschreitet das Landesverwaltungsgericht Tirol bei der Heranziehung der eben zitierten Bestimmungen nicht seine Zuständigkeit (vgl VwGH 24.04.2018, Zl Ra 2016/05/0100).
Im gegenständlichen Fall liegen (auch) die Voraussetzungen für die Erlassung eines Behandlungsauftrages iSd § 15 Abs 5a und 5b iVm § 73 Abs 1 AWG 2002 vor.
3. Zur mündlichen Verhandlung:
Die Beschwerdeführerin hat ? trotz eines entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.07.2018, Zl **** ? in ihrem Rechtsmittel keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Die Bezirkshauptmannschaft Y hat in ihrem Vorlageschreiben vom 16.08.2018, Zl ****, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht beantragt.
Zudem kann das Landesverwaltungsgericht Tirol gemäß § 24 Abs 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegen stehen.
Werden etwa Tatsachenfeststellungen nicht bestritten, so ist eine Verhandlung nicht notwendig und kann das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens sowie der schriftlichen Unterlagen entscheiden (vgl VwGH 18.11.2014, Zl 2013/05/0022, und VwGH 20.02.2015, Zl 2012/06/0207-9, zu der mit § 24 Abs 4 VwGVG vergleichbaren Bestimmung des § 39 Abs 2 Z 6 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Entfernungsauftrages ist geklärt. Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, die im angefochtenen Bescheid angeführten beweglichen Sachen im Nahbereich ihres Hauses in Z abgestellt und damit gelagert zu haben. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte daher lediglich zu prüfen, ob diese beweglichen Sachen als Abfälle zu qualifizieren sind, ob deren Lagerung abfallrechtlichen Vorschriften widerspricht und folglich die belangte Behörde zu Recht einen Entfernungsauftrag erlassen hat. Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Verfahren widerspricht folglich nicht Art 6 EMRK und Art 47 GRC.
4. Ergebnis:
Die von der Beschwerdeführerin im Nahbereich ihres Hauses ? Adresse 1, Z ? gelagerten beweglichen Sachen ? verdorbene Lebensmittel, Möbelstücke etc ? sind als Abfälle zu qualifizieren. Die von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Lagerung der Abfälle im Nahbereich ihres Hauses widerspricht der Verpflichtung des § 15 Abs 3 AWG 2002 und jener des § 15 Abs 5a AWG 2002. Die belangte Behörde war daher berechtigt, gegenüber der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid einen Behandlungsauftrag zu erlassen.
Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 73a Abs 1 letzter Satz AWG 2002 nichts zu ändern. § 73a Abs 1 AWG 2002 enthält Duldungsverpflichtungen für Liegenschaftseigentümer sowie für die an den Liegenschaften dinglich oder obligatorisch Berechtigten im Rahmen behördlicher Maßnahmen nach dem AWG 2002. Mit diesem Vorbringen behauptet die Beschwerdeführerin die Unzulässigkeit des Lokalaugenscheins am 06.06.2018, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Entfernungsauftrages wird damit nicht aufgezeigt.
Die Beschwerde der rechtsfreundlich vertretenen AA gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.07.2018, Zl ****, war daher als unbegründet abzuweisen. Aufgrund des Zeitablaufs war allerdings die Frist zur Umsetzung des Entfernungsauftrages gemäß dem auch vom Landesverwaltungsgericht Tirol anzuwendenden § 59 Abs 2 AVG neu festzusetzen (vgl Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin im Nahbereich ihres Hauses ? Adresse 1, Z ? gelagerten beweglichen Sachen als Abfälle zu qualifizieren sind, ob diese Lagerung den relevanten Bestimmungen des AWG 2002 widerspricht und folglich die Bezirkshauptmannschaft Y zu Recht einen auf § 73 Abs 1 AWG 2002 gestützten Entfernungsauftrag erlassen hat. Bei diesen Rechtsfragen hat sich das Landesverwaltungsgericht Tirol auf den klaren Gesetzeswortlaut und die dazu ergangene einheitliche Judikatur gestützt. Rechtfragen von erheblicher Bedeutung waren somit nicht zu erörtern. Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für nicht zulässig (vgl Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
Schlagworte
subjektiver Abfallbegriff; objektiver Abfallbegriff; Abfallbesitzer; LagerungAnmerkung
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 07.09.2018, Z LVwG-2018/37/1917-1, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 17.12.2018, Z Ra 2018/05/0263-4, zurück.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.37.1917.1Zuletzt aktualisiert am
17.01.2019