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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §27;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Josef Köck in Frankenmarkt und der Rosa Winklhofer in Pöndorf, beide vertreten durch Dr. Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 22, gegen den Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 13. Mai 1997, Zl. BauR - 010513/17 - 1996/SEE/Vi, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Josefa Trappmaier in Frankenmarkt, Hauptstraße 80, 2. Anna Prager in Frankenmarkt, Auleitenstraße 2, sowie 3. Marktgemeinde Frankenmarkt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.550,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 10. Mai 1967 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den mitbeteiligten Bauwerbern die Bewilligung zur Errichtung einer Doppelgarage auf dem Grundstück Nr. 1264/3, EZ. 630, KG Frankenmarkt. Der Erstbeschwerdeführer und die Rechtsvorgängerin der Zweitbeschwerdeführerin wurden - wie die übrigen Miteigentümer dieser Liegenschaft (abgesehen von den Antragstellern) - zur Bauverhandlung vom 2. Mai 1967 nicht geladen und waren auch nicht anwesend. Der Bescheid wurde damals den Antragstellern, aber nicht den übrigen Miteigentümern zugestellt.
Der Erstbeschwerdeführer erhob am 14. November 1985 "Einspruch" gegen den Baubewilligungsbescheid. Die Zweitbeschwerdeführerin erhob am 22. November 1989 Berufung.
Den abweisenden Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 13. Juli 1990 hob die belangte Behörde mit Vorstellungsbescheid vom 21. Jänner 1991 mit der Begründung auf, die Beschwerdeführer seien als Miteigentümer des Grundstückes 1264/3 jedenfalls Nachbarn des Grundstückes 1263/3, auf welchem das Objekt errichtet wurde, und somit Parteien des Bauverfahrens. Mit Bescheid vom 23. Dezember 1991 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde den Berufungen abermals keine Folge.
Den Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 1992, mit welchem der dagegen u.a. von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung keine Folge gegeben worden war, hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0202, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der Verwaltungsgerichtshof sah allein die Eigentümerzustimmung als relevant an, auch wenn die aufgrund des Antragszeitpunktes anzuwendende Oö. BauO 1875 dies noch nicht ausdrücklich vorgesehen hat.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 1995 wurde der Bescheid des Gemeinderates vom 23. Dezember 1991 aufgehoben.
Der Erstbeschwerdeführer machte mit einer beim Verwaltungsgerichtshof am 8. März 1996 eingelangten, zur Zl. 96/05/0071 protokollierten Säumnisbeschwerde die Entscheidungspflicht des Gemeinderates aufgrund des aufhebenden Bescheides der Vorstellungsbehörde, der der Gemeinde am 30. Mai 1995 zugestellt worden war, geltend.
Die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes an den Gemeinderat gemäß § 36 Abs. 2 VwGG, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen, wurde dem Gemeinderat am 8. Mai 1996 zugestellt. Da der Bescheid innerhalb dieser Dreimonatsfrist nicht nachgeholt wurde, erging am 23. August 1996 vom Verwaltungsgerichtshof an den Gemeinderat eine Verfügung mit nachstehendem Wortlaut:
"Die belangte Behörde hat es unterlassen, zur Beschwerde des Franz Köck wegen Geltendmachung der Entscheidungspflicht in einer Bausache innerhalb der durch die Verfügung vom 27. März 1996 gesetzten Frist eine Abschrift des allenfalls erlassenen Bescheides vorzulegen; auch die Akten des Verwaltungsverfahrens langten nicht ein. Unter der Annahme, dass ein Versehen vorliegt, wird nunmehr innerhalb einer Frist von acht Wochen erwartet, a) den Bescheid, falls ein solcher erlassen wurde, in Abschrift vorzulegen, oder
b) die Akten des Verwaltungsverfahrens zu übersenden."
Diese Verfügung wurde der Gemeinde am 19. September 1996 zugestellt. Der Bescheid des Gemeinderates vom 12. November 1996, der dem Erstbeschwerdeführer am 14. November 1996 zugestellt worden war, wurde in der Folge dem Verwaltungsgerichtshof übermittelt, sodass dieser das Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluss vom 7. Jänner 1997 einstellte.
Mit dem genannten Bescheid des Gemeinderates vom 12. November 1996 wurde den Berufungen u.a. der Beschwerdeführer keine Folge gegeben und die Baubewilligung für die Errichtung einer Doppelgarage auf der Parzelle Nr. 1263/3 KG Frankenmarkt entsprechend dem Projekt erteilt und somit der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Frankenmarkt vom 10. Mai 1967 "entsprechend dem Bescheid vom 23. Dezember 1991" bestätigt.
In der dagegen erhobenen Vorstellung machen die Beschwerdeführer u.a. die Unzuständigkeit des Gemeinderates geltend, weil der Gemeinderat innerhalb der bis 8. August 1996 laufenden Frist nicht entschieden hat.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Vorstellungen der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Hinsichtlich des Unzuständigkeitseinwandes bezüglich des Gemeinderates wurde ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. Jänner 1997 das Verfahren über die Säumnisbeschwerde eingestellt habe, sodass davon auszugehen war, dass der bei der Vorstellungsbehörde angefochtene Bescheid von einer zuständigen Behörde erlassen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligten, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer haben abermals, wie schon in ihrer Vorstellung, geltend gemacht, dass der Gemeinderat für die Entscheidung über ihre Berufungen nicht mehr zuständig gewesen sei. Auch die Dreimonatsfrist des § 36 Abs. 2 VwGG habe mit 8. August 1996 geendet; durch die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. August 1996 sei nur die Vorlage einer Bescheidabschrift - falls ein solcher erlassen wurde - oder die Übersendung der Akten urgiert worden. Die Frist für die Entscheidung innerhalb von drei Monaten sei damit nicht abgeändert worden. An der Unzuständigkeit der Gemeindebehörde habe auch die vom Verwaltungsgerichtshof beschlossene Einstellung des Verfahrens nichts geändert.
§ 36 Abs. 2 VwGG idF vor der am 1. September 1997 in Kraft getretenen Novellierung durch BGBl. I Nr. 88/1997 hatte folgenden Wortlaut:
"Bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG ist der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen. Wird der Bescheid fristgerecht erlassen, so ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen."
Nach der hier bezüglich des Säumnisbeschwerdeverfahrens noch anzuwendenden Rechtslage durfte ein Verfahren über eine Säumnisbeschwerde nur dann wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt werden, wenn der Bescheid innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG für die Nachholung gesetzten Frist erlassen wurde. Wurde der Bescheid hingegen verspätet erlassen, so war das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG wegen Klaglosstellung einzustellen (siehe zuletzt hg. Beschluss vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0277, m. w.N.). Im vorliegenden Fall wurde nach Einleitung des Vorverfahrens über die Säumnisbeschwerde innerhalb der bis 8. August 1996 laufenden Frist weder der Bescheid erlassen, noch von Seiten der Gemeindebehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen behauptet, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machten, und aus diesem Grund die Frist vom Verwaltungsgerichtshof verlängert. Die oben wiedergegebene Betreibung der Bescheid- und Aktenvorlage mit Verfügung vom 23. August 1996 konnte eine solche Fristverlängerung schon deshalb nicht bedeuten, weil von Seiten der säumigen Behörde gar kein Antrag gestellt worden war. Daher kam es zur Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 VwGG; bloß weil der Beschwerdeführer in jenem Säumnisbeschwerdeverfahren einen Aufwandersatz nur im Rahmen des § 56 zweiter Satz VwGG begehrt hat, wurde nicht der volle Kostenersatz im Sinne des § 56 erster Satz VwGG zugesprochen.
Hat der Gemeinderat in dem eingestellten verwaltungsgerichtlichen Verfahren die vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumte Frist von drei Monaten zur Beschlussfassung und Zustellung des versäumten Berufungsbescheides nicht genützt, sondern erst verspätet diesen Bescheid erlassen, so bedeutet dies (nach der in diesem Falle noch anzuwendenden Fassung des § 36 Abs. 2 VwGG), dass der Berufungsbescheid zu einem Zeitpunkt erlassen worden ist, in dem der Gemeinderat als belangte Behörde zur Berufungsentscheidung nicht mehr zuständig war. Hat aber sohin eine im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides unzuständige Gemeindebehörde den Berufungsbescheid erlassen, so war dieser aufgrund einer zulässigen Vorstellung von der Gemeindeaufsichtsbehörde aufzuheben (siehe das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/05/0095, m.w.N.). Diese Unzuständigkeit, auf die sich die Beschwerdeführer schon in ihrer Vorstellung berufen haben, hat die belangte Behörde nicht beachtet, weshalb sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. November 1999
Schlagworte
Binnen 6 MonatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997050187.X00Im RIS seit
20.11.2000