TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/3 98/19/0005

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Veröffentlicht am 03.12.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §2 Abs3 Z4 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
B-VG Art140 Abs1;
MRK Art8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der am 22. Jänner 1971 geborenen YY, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. November 1997, Zl. 122.712/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 5. September 1996 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Aufenthaltszweck des Studiums. Dieser am 10. September 1996 beim Landeshauptmann für Wien eingelangte Antrag wurde von der Beschwerdeführerin am 5. September 1996 persönlich bei der österreichischen Botschaft in Pressburg eingereicht. Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 22. Mai 1997 gemäß § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie u.a. bekannt gab, in einem näher bezeichneten Kloster im

19. Wiener Gemeindebezirk zu leben. Dort erhalte sie auch Unterkunft und Verpflegung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit den §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 2 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 6 FrG abgewiesen. Die belangte Behörde stellte fest, die Beschwerdeführerin habe zwar persönlich am 5. September 1996 einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG bei der österreichischen Botschaft in Pressburg gestellt, sei jedoch am gleichen Tag wieder in das Bundesgebiet eingereist. Die Beschwerdeführerin sei seit 9. April 1996 im

19. Wiener Gemeindebezirk aufrecht gemeldet und sei bereits am 10. Jänner 1996 sichtvermerksfrei in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Die bloße Einreichung des Antrages bei einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland widerspreche dem im § 6 Abs. 2 AufG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, wonach Fremde die Entscheidung über ihren Antrag vom Ausland aus grundsätzlich abzuwarten hätten. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, dass aufgrund des begonnen Studiums im Bundesgebiet zwar Interessen bestünden, diese aber gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Versagung einer Aufenthaltsbewilligung hintanzustellen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdeführerin noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, weshalb die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet.

§ 6 Abs. 2 AufG lautete:

"§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, dass diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Das im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, den Antrag vom Ausland aus zu stellen, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010, sowie Zl. 95/19/0895).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus dem Normzweck dieser Bestimmung und dem Umstand, dass es sich bei § 6 Abs. 2 AufG nicht um eine bloße Formvorschrift handeln sollte, dass der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag auch vom Ausland aus abzuwarten hat (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zl. 95/19/1290).

Vom Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus wäre nur dann abzusehen, wenn die Beschwerdeführerin zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin zu diesem Personenkreis zählt. Die belangte Behörde hatte den Antrag der Beschwerdeführerin daher an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, nach der in Pressburg erfolgten Antragstellung wieder in das Bundesgebiet eingereist zu sein und sich seither im Bundesgebiet aufzuhalten. So gibt sie auch in der Beschwerde die bereits genannte Adresse im

19. Wiener Gemeindebezirk an.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Ansicht vertrat, der Beschwerdeführerin sei bereits deshalb keine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, weil sie die Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht erfüllt habe.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, bei der Güterabwägung des Art. 8 MRK würden ihre persönlichen Interessen die nicht weiter begründeten öffentlichen Interessen überwiegen, ist sie darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber der Aufenthaltsgesetz-Novelle 1995 mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z 4 AufG und § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG auf die durch einen vorangegangenen Aufenthalt begründeten persönlichen Interessen des Fremden - auch im Sinne des Art. 8 MRK - bereits Bedacht genommen hat. Verfassungsrechtliche Bedenken, dass die durch die genannten Bestimmungen vorgenommene Umschreibung des begünstigten Personenkreises zu eng wäre und ihrerseits Art. 8 MRK nicht entspräche, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Fall nicht entstanden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war, ohne dass auf den von der belangten Behörde weiters herangezogenen Abweisungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG einzugehen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Dezember 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998190005.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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