Entscheidungsdatum
19.07.2018Norm
GewO 1994 §87 Abs1 Z3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch Rechtsanwälte B KG, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 20. Februar 2018, Zl. ***, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Bescheid vom 20.02.2018, Zl. ***, entzog die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn (im Folgenden: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Baumeister“ am Standort ***, ***.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund der gegen ihn rechtskräftig vorliegenden Bestrafungen wegen
1.) Nichtanzeige einer vorübergehenden grenzüberschreitenden Dienstleistung sowie
2.) Nichtanmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung weiter
3.) Nichtanzeige der Standortverlegung und endlich
4.) Beschäftigung eines Ausländers ohne entsprechende Bewilligung,
die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 27.03.2018. Darin führt der Beschwerdeführer aus, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabbrunn seinem gesamten Inhalte nach wegen inhaltlicher und formeller Rechtswidrigkeit angefochten werde. Der Bescheid sei inhaltlich und infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig, da der Sachverhalt von der Behörde in wesentlichen Punkten unrichtig angenommen worden sei und Verfahrensvorschiften außer Acht gelassen worden seien, bei deren Einhaltung die Behörde zu einer andern Entscheidung hätte kommen können und müssen.
Die Gewerbeberechtigung sei von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewebe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zu Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Weiters wird in der Beschwerde angeführt, dass sich dem Bescheid nicht entnehmen lasse, warum der Beschwerdeführer die notwendige Zuverlässigkeit nicht mehr besitze und führt diesbezüglich aus, dass die Anzahl der Rechtsverstöße nicht maßgeblich sei. So habe der VwGH in seiner Entscheidung vom 14.04.2011, 2009/04/0307, ausgeführt: „Stellt daher der angefochtene Entziehungsbescheid allein auf die vorliegende Anzahl der Übertretungen ab und enthält er keine näheren Ausführungen zu den dadurch verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Beeinträchtigung, hat die belangte Behörde nicht dargetan, dass die dem Gastwirt vorgehaltenen Übertretungen zeigen, dass er die (insbesondere) zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.“
Im Weiteren brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde dem Gebot, Bescheide zu begründen, nicht ausreichend nachgekommen sei und diese als Ausdruck rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens angesehen würde (VwGH 19.6.1990, ZL 87/08/0272; 23.9.1991, ZL 91/19/0074). Dies sei insbesondere für eine oberstgerichtliche Kontrolle bedeutsam und könne einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellen. Und weiter wörtlich, habe die belangte Behörde allerding dennoch nicht hinreichend begründet, warum gerade die Voraussetzungen des §87 Abs. 1 Z 3 GewO als erfüllt angenommen worden seien und worin konkret ein schwerwiegender Verstoß gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, gesehen werde, sondern habe sich lediglich damit begnügt, den Gesetzestext wiederzugeben und auszuführen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Die Höhe der Strafe würde schon das Vorliegen von schwerwiegenden Verstößen indizieren! Somit habe die belangte Behörde die ihr obliegende Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 AVG iVm Art I Abs. 2 lit c Z 37 EGVG 2008, verletzt.
Weiters habe die belangte Behörde auch die Pflicht verletzt, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen ausreichend zu ermitteln und festzustellen. Darüber hinaus habe die belangte Behörde auch das Ermittlungsverfahren einseitig gestaltet und sich nicht mit den für den Beschwerdeführer günstigen Sachverhaltsmomenten beschäftigt. So wäre die belangte Behörde kaum auf die Stellungnahmen der Landesinnung Bau bzw. der Wirtschaftskammer NÖ, Landesinnung Bau, eingegangen, welche sich gegen eine Entziehung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen hätten. Nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO sei bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung auch entscheidend, ob Verstöße vorliegen, die dem Ansehen des Berufsstandes schädlich sind. Im Spiegel der genannten Stellungnahmen müssten umso mehr gewichtige Gründe ins Treffen geführt werden, die eine Entziehung der Gewerbeberechtigung dennoch rechtfertigen. Doch lägen diese nicht vor. So habe die Landesinnung auch dargelegt, dass es sich bei den Umständen, die zu den Bestrafungen geführt haben, um Situationen und Sachverhalte handle, die ein klein- und mittelständiger Gewerbetreibender heutzutage unwillkürlich und ohne Vorsatz oder böse Absicht übersehen könne und sei die Entziehung zum jetzigen Zeitpunkt eine zu harte Sanktion. Weiters verwies der Beschwerdeführer auf die Entscheidung des VwGH, 2009/04/0307, welcher zufolge es nicht auf die Anzahl der Übertretungen ankomme, sondern die belangte Behörde darlegen müsse, dass der Gewebetreibende aufgrund der dadurch verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Beeinträchtigung, die insbesondere zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Auch sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer wegen der angeführten Verstöße eine entsprechende Strafe erhalten habe und diese beglichen habe.
Somit sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung der Verfahrensvorschriften belastet, insbesondere sei er nicht ausreichend begründet und der Sachverhalt sei von der Behörde in wesentlichen Punkten unrichtig angenommen worden und es lägen tatsächlich die Voraussetzungen zur Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht vor, womit die Behörde zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können und müssen.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, das Verwaltungsgericht Niederösterreich möge der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren einstellen.
Diese Beschwerde samt bezughabendem verwaltungsbehördlichem Akt wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Am 02.07.2018 führte das Landesgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der Beweis erhoben wurde durch Befragung des Beschwerdeführers sowie durch Verlesung des vorgelegten Verwaltungsaktes zu
Zl. *** sowie Einvernahme des Beschwerdeführers.
4. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hielt sich zum Zeitpunkt der Zustellung des gegenständlichen Bescheides, genauer vom 21.02.2018 bis 25.02.2018, im Ausland, am Sitz seines tschechischen Unternehmens in ***, auf und kehrte erst im Laufe des 26.02.2018 nach Österreich an die Abgabestelle zurück. Grund seines Aufenthaltes war, dass er in *** ein neues Unternehmen eröffnete.
Der Beschwerdeführer wurde vom Magistrat der Stadt Wien im Zeitraum vom 02.05.2015 bis 02.08.2017 wie folgt rechtskräftig bestraft:
1. Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien, ZI. ***, vom 2.8.2017, wegen § 368 iVm §373a Abs. 1 und 4 GewO 1994 (€ 260,--); Rechtskraft: 19.08.2017
2. Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien ZI. ***, vom 12.10.2016, wegen § 46 Abs. 2 Z 2 iVm § 367 Z 16 GewO 1994 (je
€ 560,--, Gesamtsumme € 1120,--); Rechtskraft: 01.11.2016
3. Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Zl. ***, vom 4.5.2015, wegen § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG
(€ 2.500,--); Rechtskraft: 05.07.2016
4. Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Zl. ***, vom 4.5.2015, wegen § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG (€ 2.800,--); Rechtskraft: 05.07.2016
Zu den einzelnen Verwaltungsübertretungen ist wie folgt festzustellen:
Zu 1.) Der Beschwerdeführer hat es verantwortet, dass die C s.r.o. mit Sitz in ***, Tschechische Republik, deren zur Vertretung nach außen Berufener er ist, am 18.05.2017 auf einer Baustelle in *** eine Dachkonstruktionsmontage durchgeführt hat. Dabei hat es der Beschwerdeführer unterlassen, diese vorübergehende grenzüberschreitende Dienstleistung, die reglementierte Tätigkeiten zum Gegenstand hatte, schriftlich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 260,- verhängt.
Zu 2.) Der Beschwerdeführer hat es im Zeitraum von 01.02.2013 bis 11.10.2016 unterlassen die Verlegung des Standortes der Gewerbe Baumeister und Reinigung von öffentlichen und privaten Verkehrsflächen, Gehsteigen, Gehwegen und Garageneinfahrten, sowie Bewässerung von öffentlichen und privaten Verkehrsflächen, Grünanlagen und Schneeräumung, von *** nach *** zu deren Ausübung er berechtigt ist, so rechtzeitig zu erstatten, dass sie spätestens am Tag der Aufnahme der Gewerbeausübung bei der Behörde eingelangt sind. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 560,-- jeweils pro nicht erfolgte Meldung, insgesamt € 1.120,-- verhängt.
Zu 3.) Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum von Mai 2014 bis 05.09.2014 es unterlassen eine von ihm beschäftigte Person, welche es auf einer Baustelle in *** zur Aufgabe hatte, Rigipsplatten zu montieren und Elektro- und Wasserinstallationen, Estrich, Maschinenputz und Dach zu kontrollieren, bei der Krankenversicherung anzumelden. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 2.500,-- verhängt.
Dieser vom Beschwerdeführer beeinspruchte Bescheid wurde vom Landesverwaltungsgericht Wien mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 30.06.2016 zu GZ: *** bestätigt.
Zu 4.) Mit unter 3.) beschriebenen Sachverhalt hat der Beschwerdeführer auch gegen das AuslBG verstoßen, da die beschäftigte Person keine Beschäftigungsbewilligung oder ähnliches iSd § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG besessen hat. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von € 2.800,-- verhängt. Dieser vom Beschwerdeführer beeinspruchte Bescheid wurde vom Landesverwaltungsgericht Wien mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 30.06.2016 zu GZ: *** bestätigt.
Der Beschwerdeführer ist seit ca. 2007 selbständiger Baumeister, mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 2014/2015. Er hat derzeit keine Mitarbeiter, da er hauptsächlich mit Subunternehmen arbeite. In den letzten Jahren hat er ca. 30 bis 40 Baustellen pro Jahr betreut und hat 3 bis 4 Baustellen ständig am Laufen.
Der Beschwerdeführer kontrollierte und überprüft regelmäßig, zumindest wöchentlich, das Vorliegen der für seine und die Mitarbeiter von Subunternehmen erforderlichen Anmeldungen und Genehmigungen.
Der Beschwerdeführer verlangt bei und auch nach Arbeitsantritt in regelmäßigen Intervallen die Vorlage der Meldung bei der Sozialversicherung.
Als der Beschwerdeführer von *** nach *** übersiedelte, und er *** als Hauptwohnsitz anmeldete, erfolgte die Ummeldung beim Finanzamt samt neuer Steuernummer für sein Unternehmen automatisch. Nachdem er den *** Standort weiterhin verwendete, und von beiden Standorten aus Kunden betreute, sah er kein Problem darin, *** weiterhin als gemeldeten Standort des Gewerbes zu belassen.
Der Beschwerdeführer ist seit ca. 2015 im Ausschuss der Landesinnung Bau Wien (auch im Ausschuss für Arbeitssicherheit) als Funktionär tätig. Zu deren Aufgaben zählt unter anderen Missbrauch auf Baustellen hintanzuhalten und zu verhindern.
5. Beweiswürdigung:
Dieser entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich auf Grund der am 02.07.2018 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, der glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers, der Einsichtnahme in den unbedenklichen Verwaltungsakt der Behörde zu Zl. ***, der im Zuge der öffentlich mündlichen Verhandlung in das Beweisverfahren einbezogen wurde, sowie auf Grund der Einsichtnahme in die Strafverfügungen und Straferkenntnisse zu
Zlen: ***, ***, ***, ***, welche dem Verwaltungsakt inneliegend sind. Betreffend seine Ortsabwesenheit waren die Ausführungen des Beschwerdeführers glaubwürdig und nachvollziehbar und wurde diesbezüglich dem erkennenden Gericht auch eine eidesstattliche Erklärung betreffend den Aufenthalt des Beschwerdeführers in *** vorgelegt.
6. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) idF BGBl. I Nr. 32/2018 lauten:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss. Soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden.
§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn […]
3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder […]
Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008). Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der Z 3 liegt auch dann nicht vor, wenn eine Eintragung eines Unternehmens in die Liste gemäß § 8 Abs. 10 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, aufgrund des § 8 Abs. 3 Z 4 SBBG vorliegt.
7. Erwägungen:
Verfahrenseingänglich war zu klären, ob die Beschwerde rechtzeitig erhoben wurde. Diesbezüglich ist zu erwägen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Zustellung durch Hinterlegung (am 22.02.2018) des verfahrensgegenständlichen Bescheides sich für mehrere Tage im Ausland, genauer am Sitz seines tschechischen Unternehmens in *** aufgehalten hatte (vom 21.02.2018 bis 25.02.2018). Seine Rückkehr erfolgte am 26.02.2018. Die Zustellung durch Hinterlegung ist erst am Tag nach der Rückkehr vom Auslandsaufenthalt wirksam geworden (dem 27.02.2018), womit die Beschwerde rechtzeitig erhoben wurde (am 27.03.2018).
Hinsichtlich der verhängten und oben angeführten Verwaltungsstrafen ist zu erwägen:
Eingangs ist auszuführen, dass das Gericht an die rechtskräftigen Strafverfügungen und Straferkenntnisse gebunden ist.
Zu den einzelnen festgestellten Übertretungen:
Zu 1.) Die Obergrenze der verhängbaren Strafe liegt bei € 1.090,-- wobei gegenständlich auf eine Strafe von € 260,-- erkannt wurde, somit ist dieser Verstoß auf Grund der geringen Strafhöhe und auch aufgrund des kurzen Tatzeitraumes als geringfügig anzusehen.
Zu 2.) Die Obergrenze der verhängbaren Strafe liegt bei € 2.180,-- wobei auf eine Strafe von je € 560,-- erkannt wurde somit die verhängte Strafe auch im unteren Bereich angesiedelt ist und daher nicht als schwerwiegend zu werten ist.
Hiezu hat der Beschwerdeführer in der Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, warum es zur gewerberechtlichen Übertretung gekommen ist. Als der Beschwerdeführer von *** nach *** übersiedelt ist, und er *** als Hauptwohnsitz angemeldet hat, ist die Ummeldung beim Finanzamt samt neuer Steuernummer für sein Unternehmen automatisch erfolgt. Nachdem er den *** Standort weiterhin verwendet hat, und von beiden Standorten aus Kunden betreut hat, sah er kein Problem darin, *** weiterhin als gemeldeten Standort des Gewerbes zu belassen.
Zu 3. und 4.) Die Obergrenze zu 3.) der verhängbaren Strafe liegt im Wiederholungsfall bei € 5.000,-- wobei auf eine von € 2.500,-- erkannt wurde. Die Anwendung der höheren Strafnorm erfolgte auf Grund einer einschlägigen Vorstrafe aus dem Jahr 2010.Diese Vorstrafe ist aktuell getilgt.
Die Obergrenze zu 4.) der verhängbaren Strafe liegt bei € 10.000,-- wobei auf eine Strafe von € 2.800,-- erkannt wurde, weshalb die Strafe im unteren Bereich angesiedelt ist.
Weiters ist auszuführen, dass es sich bei beiden Vorfällen um ein und denselben Dienstnehmer des Beschwerdeführers zum selben Tatzeitpunkt gehandelt hat.
Der Beschwerdeführer hat zwar wiederholt gegen die im Zusammenhang mit dem Baumeistergewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften verstoßen. Jedoch in Anbetracht der Vielzahl an jährlich von ihm betreuten Baustellen und des langen Zeitraumes der selbständigen Tätigkeit als Baumeister, erscheinen die Übertretungen als nicht schwerwiegend.
Die vier vorliegenden Verstöße sind ihrem Gesamtbild nach zu betrachten und sind diese ihrer Schwere und Zahl nach nicht mit jenen vergleichbar, die der Verwaltungsgerichtshof als ausreichend angesehen hat, um den Tatbestand der „schwerwiegenden Verstöße“ in ihrer Gesamtheit zu erfüllen (VwGH vom 28.04.2011, ZI. 2009/04/0307). In diesem Urteil werden beispielhaft Fälle von
11 rechtskräftigen Verwaltungsstrafen in einem relativ kurzen Zeitraum wegen Überschreitung der Sperrstunde oder 20 rechtskräftige Bestrafungen wegen Nichteinhaltens der gesetzlichen Öffnungszeiten angeführt.
Weiter relevant ist die Art des verletzten Schutzinteresses, hier insbesondere die Aufrechterhaltung eines geregelten Arbeitsmarktes, welche durch § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 geschützt wird und bei gegenständlichem Fall für ein Vorliegen eines schweren Verstoßes spricht. Um den Tatbestand zu erfüllen, haben die Verstöße schwerwiegend zu sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies in Fällen bejaht, in denen die Verstöße gegen das AuslBG trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden, in denen neben der unbefugten Ausübung des Baumeistergewerbes über einen längeren Zeitraum zusätzlich mehrere Verstöße gegen das AuslBG an unterschiedlichen Tagen begangen wurden bzw. in denen neben einer wiederholten Übertretung des AuslBG auch ein Gewerbe langjährig ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer betrieben wurde (VwGH vom 21.12.2011, ZI. 2007/04/0222). Dieser Grad der Schwere ist bei gegebenem Sachverhalt (noch) nicht zu finden.
Der Beschwerdeführer bemüht sich sämtliche im Zusammenhang mit dem Baumeistergewerbe stehenden Rechtsvorschriften einzuhalten, doch lassen sich trotz erheblicher Anstrengung Verstöße nicht immer vermeiden. Die Landesinnung Bau Wien hat in ihrer Stellungnahme vom 16.11.2017 zur beabsichtigten Entziehung der Gewerbeberechtigung zum Ausdruck gebracht, dass sie von der positiven Entwicklung des Betriebes des Beschwerdeführers überzeugt ist und dass innerbetriebliche Maßnahmen gesetzt wurden um zukünftiges Fehlverhalten zu vermeiden.
Auch wenn im vorliegenden Fall keine Prognose hinsichtlich der Persönlichkeitsentwicklung des Beschwerdeführers zu treffen ist, sei dennoch festgehalten, dass im Hinblick auf Eigenart und Schwere begangener Straftaten mit begründeter Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Gewerbeinhaber bei der weiteren Ausübung des Gewerbes es in Zukunft unterlassen wird, gleiche oder ähnliche Straftaten zu begehen.
Im gegenständlichen Fall ist auch auszuführen, dass eine Entziehung auch im Hinblick auf Art. 6 StGG, dem Verhältnismäßigkeitsgebot bei Eingriff in die Erwerbsfreiheit, auf Grund der festgestellten Übertretungen weder ihrer Anzahl noch ihrer Schwere nach als ausreichend sind, um eine solche zu rechtfertigen, und wäre ein solcher Eingriff im Hinblick auf die Erwerbsfreiheit unverhältnismäßig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeberechtigung; Entziehung; schwerwiegender Verstoß;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.349.001.2018Zuletzt aktualisiert am
17.09.2018