TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/12 G309 2174034-1

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Veröffentlicht am 12.04.2018
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Entscheidungsdatum

12.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2174034-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden sowie der Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen, über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 04.09.2017, XXXX betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.

II. Der Grad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) v.H. (von Hundert). Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte einlangend am 14.06.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag waren ein Befund der AUVA sowie ein Schreiben des BF angeschlossen, in welchem er vorbrachte, dass bei ihm bislang ein Grad der Invalidität von 40 % festgestellt worden sei und nun ein Hüftleiden hinzukomme.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde zur Überprüfung der im Antrag gemachten Angaben ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

Im von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von XXXX, Facharzt für Chirurgie, vom 08.08.2017, wird nach persönlicher Untersuchung des BF am 01.08.2017 im Wesentlichen zusammengefasst folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach operativer Behandlung von Kreuzbandrissen an beiden Kniegelenken mit muskulär kompensierten Instabilitäten geringen Ausmaßes. Oberer Richtsatzwert entsprechend den stattgehabten Operationen, klinischen Beschwerden und Funktionseinschränkungen.

02.05.19

30

2

Hände - Obere Extremitäten, Zustand nach gelungener operativer Behandlung einer Kahnbeinfraktur rechts. Geringgradige Bewegungseinschränkungen rechts versus links im Seitenvergleich, insbesondere beim nach oben Ziehen der Handfläche. Fixer Richtsatzwert entsprechend den vordemonstrierten klinischen Beschwerden unter Würdigung des Befundberichtes aus dem XXXX von 09.11.2016, wo betreffend die Kahnbeinfraktur ein knöchernes Ausheilungsergebnis dokumentiert ist.

02.06.20

10

3

Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschäden. Unterer Richtsatzwert entsprechend den vordemonstrierten Beschwerden und Funktionseinschränkungen sowie unter Berücksichtigung des Schmerzmittelbedarfes.

02.01.01

10

4

Beinverkürzung - Untere Extremitäten, Beinlängendifferenz+1,5 cm rechts versus links. Fixer Richtsatzwert entsprechend der rezenten Literatur.

02.05.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dieser resultiere aus der führenden Position 1, welche durch die Positionen 2 bis 4 nicht weiter angehoben werde.

Der positive MR-Befund betreffend die Hüfte rechts würde bei aktueller Beschwerdefreiheit keinen Grad der Behinderung erreichen.

2.1. Zu den gesundheitlichen Änderungen des im Vorverfahren erstatteten Vorgutachtens vom 31.01.2017, mittels dessen ein Grad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt wurde, wird folgendes festgehalten:

"Im Vergleich zum Vorgutachten zeigt sich, dass im klinischen Untersuchungsbefund, sowohl betreffend das Handgelenk rechts, als auch beide Kniegelenke eine Verbesserung eingetreten ist. Hinzuweisen ist darauf, dass der Antragssteiler demonstrativ eine Handgelenksorthese rechts verwendet. Eine medizinische Indikation hierfür ist, insbesondere unter Berücksichtigung des verwendeten Modells und der vorgelegten Unterlagen nicht gegeben. Ergänzend befragt gebe der BF zudem an, dass er diese Orthese auch tatsächlich nur bei Sturzgefahr (lange Bergwanderungen!) tragen würde."

2.2. Als Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung wurde folgendes ausgeführt:

"Es zeigt sich eine Reduktion um insgesamt eine Stufe, da insbesondere die Beschwerden im Bereich des Handgelenkes rechts, aber auch im Bereich beider Kniegelenke und an der Lendenwirbelsäule geringer geworden sind."

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.09.2017 wurde ein Grad der Behinderung von 30 (dreißig) v. H. (von Hundert) festgestellt und der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung im Wesentlichen auf das erstattete Sachverständigengutachten.

4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der BF mit E-Mail vom 14.09.2017 binnen offener Frist eine als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde. Darin brachte der BF zusammengefasst im Wesentlichen vor, er sei mit der Begutachtung und mit dem erstatteten Sachverständigengutachten nicht einverstanden. Die Ein- und Durchschlafstörungen seien immer vorhanden und es habe auch nächtliche Krampfanfälle gegeben. Er könne keine schweren Lasten heben und er würde sofort stechende Schmerzen im Hüftbereich spüren, wenn er dies täte. Er müsse drei Mal am Tag Neurofenac nehmen um teilweise schmerzfrei zu gehen, dazu nehme er noch dreimal täglich 40 Tropfen Novalgin und am Abend noch Sidalut. Wenn die Schmerzen so groß seien, dass er nicht schlafen könne, nehme er Halcion.

5. Der Verwaltungsakt wurde seitens der belangten Behörde vorgelegt und langte mit 19.10.2017 beim erkennenden Gericht ein.

6. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt.

Im eingeholten Gutachten vom 17.01.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF, folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Wirbelsäulenerkrankung mit Bandscheibenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule und Gleitwirbel und dadurch bedingte Nervenwurzelreizsymptomatik, aktuell ins rechte Bein. Oberer RSW entsprechend der radiologischen Abnützungen und des Wirbelgleitens mit konkordanten klinischen Symptomen

02.01.02

40

2

Funktionseinschränkung mit Kraftabschwächung im Bereich des rechten Handgelenkes nach Kahnbeinfraktur und unerwünschten Operationsergebnis Fixer RSW entsprechend der Funktions- und Belastungsminderung

02.06.24

30

3

Belastungsminderung im Bereich beider Kniegelenke nach Kreuzbandplastik und muskulär kompensierten Instabilitäten geringen Ausmaßes

02.05.25

20

4

Beinlängendifferenz rechts + 1,7 cm

02.05.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründend wurde zum Gesamtgrad der Behinderung ausgeführt, dieser werde durch die Position 1 gebildet, wobei die Positionen 2 und 3 im Zusammenwirken mehrerer orthopädischer Funktionsminderungen eine Erhöhung um insgesamt eine Stufe mit sich bringen würden. Die Position 4 führe zu keiner Leidenserhöhung.

Zudem wurde folgendes ausgeführt:

"Aufgrund des Untersuchungsbefundes, der vorgelegten und in den Vorgutachten schon bestehenden Befunden ist die Wirbelsäulensymptomatik zu gering aus meiner Sicht der Dinge eingeschätzt, da Bandscheibenschäden im Bereich der gesamten Lendenwirbelsäule mit zusätzlicher Gleitwirbelbildung und Nervenwurzelreizung gegeben ist. Die Leiden im Bereich des Handgelenkes sind im ersten Gutachten meines Erachtens ausreichend gewürdigt, da eine mittelgradige Bewegungseinschränkung sowie eine Kraftabschwächung im Handgelenk gegeben ist, auch sind beide Kniegelenke belastungseingeschränkt wobei eine Instabilität beidseits muskulär kompensiert besteht und dadurch eine geringe Belastungsminderung gegeben ist. Die Beinlängendifferenz führt zu keiner weiteren Erhöhung der Funktionsminderung."

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 22.01.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langten keine Stellungnahmen ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland.

Der BF leidet unter einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung mit Bandscheibenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule und Gleitwirbel und der dadurch bedingten Nervenwurzelreizsymptomatik, unter Funktionseinschränkungen mit Kraftabschwächung im Bereich des rechten Handgelenkes nach Kahnbeinfraktur, unter einer Belastungsminderung im Bereich beider Kniegelenke nach Kreuzbandplastik und muskulär kompensierten Instabilitäten geringen Ausmaßes sowie unter einer Beinlängendifferenz.

Der Grad der Behinderung beträgt 50 von Hundert.

Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellung zum Wohnsitz des BF ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der beim BF vorliegende Gesamtgrad der Behinderung ergibt sich aus dem seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 17.01.2018. Das Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Insoweit das Gutachten vom von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten abweicht, erklärt sich dies durch die durch XXXX um eine Stufe erhöht mit 40 v.H. eingeschätzte Position 1, da nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Amtssachverständigen Bandscheibenschäden im Bereich der gesamten Lendenwirbelsäule mit zusätzlicher Gleitwirbelbildung und Nervenwurzelreizung gegeben sind. Zudem wird, abweichend vom Vorgutachten, die führende Position 1 durch die Positionen 2 und 3 im Zusammenwirken der Funktionsstörungen um eine weitere Stufe angehoben. In der Gesamtbetrachtung ergeben die Leiden des BF einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v. H. (von Hundert).

Das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Darüber hinaus wurde das Sachverständigengutachten von beiden Verfahrensparteien im Zuge des gewährten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Das medizinische Sachverständigengutachten wird der Entscheidung des erkennenden Gerichtes daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

Es wurde ein Grad der Behinderung von 50 von Hundert objektiviert.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren hinsichtlich der Ausstellung eines Behindertenpasses, der Vornahme von Zusatzeintragungen oder der Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zu Mal auch keine der Verfahrensparteien eine Verhandlung beantragten.

3.2. Zu Spruchteil A):

In der gegenständlichen Rechtssache sind die Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes in der geltenden Fassung anzuwenden.

Nach § 1 Abs. 2 BBG ist unter einer Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BGBl. Nr. 22/1970), angehören.

§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, diesem auf gleichem fachlichen Niveau entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus wie folgt:

Da ein Grad der Behinderung von 50 (fünfzig) von Hundert festgestellt wurde und auch die sonstigen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses beim BF erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2174034.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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