Entscheidungsdatum
12.04.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G309 2173277-1/7E
G309 2173284-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und der fachkundigen Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen in der Beschwerdesache von XXXX, geb. XXXX, gegen I. den Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 31.03.2017 und vom 26.05.2017, XXXX, betreffend der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, sowie II. den vom Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, am 29.03.2017 mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 (sechzig) v.H. (von Hundert) zu XXXX ausgestellten Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde hinsichtlich der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen, wird als unbegründet a b g e w i e s e n.
II. Der Beschwerde wird im Hinblick auf die Neufestsetzung des Grades der Behinderung s t a t t g e g e b e n und festgestellt, dass der Grad der Behinderung ab dem 01.02.2017 90 (neunzig) v.H. (von Hundert) beträgt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 01.02.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung betreffend seines mit 23.09.2016 mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H. ausgestellten Behindertenpasses und einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gem. § 29b StVO (Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung") ein. Den Anträgen waren eine Kopie der Meldebestätigung des BF sowie eine Reihe medizinischer Beweismittel (Befunde udgl.) angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Fachärztin für Innere Medizin, vom 27.03.2017, wird nach persönlicher Untersuchung des BF am 20.03.2017 im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Lebertransplantation bei Leberzirrhose. Unterer RSW entsprechend der guten Funktion der Transplantatleber ohne Dekompensationszeichen, der lebenslangen immunsuppressiven Therapie und der dadurch resultierenden eingeschränkten Belastbarkeit mit Infektanfälligkeit.
07.05.05
50
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen. Unterer Rahmensatzwert entsprechend der mäßigen Funktions- und Bewegungseinschränkungen bei Deckplattenkompression.
02.01.02
30
3
Arterieller Hypertonus. Fixierter Rahmensatzwert entsprechend der Einstellbarkeit mit einer Monotherapie und gering dosiertem Diuretikum.
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, die Position 1 werde durch die Position 2 um einen Grad angehoben, da eine zusätzliche, negative Leidensbeeinflussung vorliege. Die Position 3 hebe nicht weiter an.
2.2. Die folgenden, beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:
"Zustand nach Leiomyom des Ösophagus mit Operation 2007, guter Ernährungszustand.
Zustand nach Melanom-Entfernung am Rücken ohne Rezidiv.
Zustand nach Schleimbeutelentfernung rechter Ellbogen Februar 2016, ausgeheilt.
Zustand nach manisch-psychotischem Syndrom, postoperativ unter Cortison, derzeit ohne Therapie, kein Rezidiv, die Stimmungslage etwas gedrückt, ohne kognitive Defizite, keine Suizidtendenzen, keine produktive Symptomatik (Befund [...] März 2017).
Konjunktivitis sicca mit Sicca-Therapie.
Sinusitis und Laryngitis mit Befund des HNO-Facharztes Jänner 2017.
Oberes Cervikal-Syndrom links und Poylposis nasi: Das Cervikal-Syndrom wurde bei GS2 mitberücksichtigt, die Poylposis nasi führt zu keinem Grad der Behinderung. Laut dem augenärztlichen Befund - der Antragsteller ist mit einer Nahbrille versorgt."
2.3. Im Vergleich zu dem im Vorverfahren von XXXX, Facharzt für Innere Medizin, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 15.09.2016 erstatteten Sachverständigengutachten, in dem ein Grad der Behinderung von 70 v.H. eingeschätzt wurde, erfolgte folgende Stellungnahme:
"Im Vergleich zum Vorgutachten ist die Leberfunktion bei Z.n. Transplantation stabil, Dekompensationszeichen finden sich nicht, sodass daher der Grad der Behinderung der GS1 auf 50% reduziert wird.
Miterfasst wurde der arterielle Hypertonus mit einer Monotherapie und geringem Diuretikum, daraus ergeben sich keine Änderungen."
2.4. Die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung begründend wurde zusammenfassend Nachstehendes festgehalten:
"Die Verminderung des Gesamtgrades der Behinderung ergibt sich aus der Verminderung von GS1 auf 50% von Hundert, da die Funktion der Transplantatleber stabil ist und keine Dekompensationszeichen vorliegen. GS2 hebt nach wie vor um 1 Stufe an, da eine wechselseitige Leidensbeeinträchtigung vorliegt. Somit resultiert ein Gesamtgrad der Behinderung von 60%"
2.5. Zur Gesamtmobilität des BF wurde hinsichtlich der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" folgendes ausgeführt:
"[Frage 1] Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Bei Zustand nach Lebertransplantation findet sich eine mäßig erhöhte Infektlage, zwischenzeitlich wurde einmal ein HNO-Facharzt bei Sinusitis und Laryngitis konsultiert, einmal kam es zu Durchfällen ohne Erregernachweis. Diesbezüglich ist dem Antragsteller das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Bei Abnützungen von Seiten des Stütz- und Bewegungsapparates, hier vor allem der Wirbelsäule liegt eine ausreichend gute Belastbarkeit vor (Spaziergänge von 2 km können gemacht werden), ebenso ist das Ein- und Aussteigen zumutbar. Die weiteren [vom BF] angegebenen Gesundheitsschädigungen erlauben ebenfalls, sowohl von der geistigen Vigelanz, von der körperlichen Belastbarkeit, als auch von den Gelenksfunktionen das Zurücklegen einer Wegstrecke von mind. 500 m sowie das Ein- und Aussteigen.
[Frage 2] Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Der Antragsteller zeigt unter eingeleiteter immunsuppressiver Therapie eine mäßig erhöhte Infektanfälligkeit, die jedoch das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel [erlaubt]."
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 29.03.2017 wurde dem BF mitgeteilt, dass laut dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt worden sei und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO Nr. 303/1996" vorliegen würden. Mit einem weiteren Schreiben der belangten Behörde vom selben Tag wurde dem BF der beantragte Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. übermittelt.
4. Mit Bescheid vom 31.03.2017 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten gestützt.
5. Mit Schreiben vom 04.04.2017 (Datum: Eingangsstempel) erhob der BF unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel Beschwerde gegen den ausgestellten Behindertenpass und gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31.03.2017. Darin führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, er sei mit den Ergebnissen des Untersuchungsverfahrens und mit der Begutachtung durch die Amtssachverständige nicht einverstanden. Der BF brachte dazu vor, dass das Ergebnis von der Begutachtung durch XXXX im Jahr 2016 seines Erachtens nach korrekt sei. Seine Krankheiten würden immer schlimmer, er leide sehr oft an Durchfällen, Infektionen, Hautkrankheiten und Depressionen. Er könne weitere fachärztliche Befunde in Vorlage bringen, welche bestätigen würden, dass er sich laufend in verschiedenen fachärztlichen Behandlungen befinde. Er habe große Angst, sich bei der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln mit Krankheiten anzustecken und trage daher fast immer Schutzmasken und vermeide Menschenansammlungen. Er habe noch weitere Untersuchungen wegen eines entfernten Muttermales, in seiner Familie sei es schon zu einigen Krebserkrankung gekommen, daher sei er eher gefährdet. Darüber hinaus beantrage er eine Prüfung der Voraussetzungen für das Vorliegen der Zusatzeintragung D3.
6. Im Ermittlungsverfahren zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde in Bezugnahme auf die in Vorlage gebrachten Beweismittel seitens der belangten Behörde eine ärztliche Stellungnahme von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, eingeholt.
6.1. Im erstatteten Sachverständigengutachten vom 07.05.2017 wird, basierend auf der Aktenlage und den in Vorlage gebrachten Befunden, zusammengefasst folgendes ausgeführt:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:
Pos. Nr.
GdB %
1
Lebertransplantation wegen Leberzirrhose August 2016 Unterer Rahmensatzwert entspricht der Notwendigkeit einer lebenslangen immunsuppresiven Therapie und der dadurch resultierenden verminderten Belastbarkeit bei Infektanfälligkeit
07.05.05
50
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Unterer Rahmensatzwert entspricht der Funktionseinschränkung bei Deckplattenkompression
02.01.02
30
3
Bluthochdruck fixe Position
05.01.01
10
4
Verstimmungszustand Unterer Rahmensatzwert entspricht der Dysthymie unter milder antidepressiver Therapie
03.06.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde festgehalten, dieser werde von der führenden Position 1 gebildet. Die Position 2 hebe um eine Stufe weiter an, weil sie eine zusätzliche wesentliche Belastung im Lebensalltag darstelle. Die Positionen 3 und 4 würden bei Geringfügigkeit nicht weiter anheben.
6.2. Die folgenden in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:
"Zustand nach Leimyomoperation des Ösophagus 2007 bei gutem Ernährungszustand. Zustand nach Melanomentfernung am Rücken ohne Rezidiv. Zustand nach Schleimbeutelentfernung rechter Ellbogen ausgeheilt. Zustand nach manisch-psychotischem kortisoninduziertem Syndrom ausgeheilt. Konjunktivitis sicca mit Sicca-Therapie. Rez. Sinusitis bei Polyposis nasi. Karpaltunnelsyndrom beiderseits"
6.3. Im Hinblick auf die gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zu dem Vorgutachten aus dem Jahr 2016 wurde wie folgt festgehalten:
"[Beim BF] bereits eingeschätzt sind der Zustand nach Lebertransplantation wegen Leberzirrhose im August 2016 mit 50 v.H, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit 30v.H und ein Bluthochdruck mit 10 v.H, GdB 60v.H. Diese Beschwerden wurden unverändert zum Vergleichsgutachten vom 27.3.2017 eingeschätzt. Die GS 4 wurde neu eingeschätzt.
Gegenüber dem Vorgutachten ist es zu einer Verbesserung der GS 1 gekommen. Die Leberwerte sind stabil, Dekompensationszeichen bestehen nicht mehr. Die GS 2 wurde gegenüber dem Vorgutachten unverändert eingeschätzt. Die GS 3 und GS 4 wurden neu eingeschätzt. Gegenüber dem Vorgutachten ergibt sich eine Verbesserung des Gesamtgrades der Behinderung um 2 Stufen."
6.4. Im Zusammenhang mit der Gesamtmobilität des BF wurde folgende Stellungnahme erstattet:
"[Frage 1] Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Die Funktion des Stütz- und Bewegungsapparates ist gut ausreichend, um eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft zurücklegen zu können, ein öffentliches Verkehrsmittel sicher be- und entsteigen zu können und den sicheren Transport zu gewährleisten. Befunde über eine hochgradige kardiopulmonale Leistungseinschränkung liegen nicht vor. Befunde über eine Blindheit, hochgradige Sehbehinderung, eine schwere geistige Behinderung oder eine schwere Verhaltensstörung liegen nicht vor. Ein manisch-psychotisches postoperativ kortisoninduziertes Syndrom ist ausgeheilt.
[Frage 2] Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein. Nach einer Lebertransplantation ist eine lebenslange immunsuppressive Therapie erforderlich, die zu einer verminderten Infektabwehr führt. Die Dosierung der Immunsuppression wird so gewählt, dass keine dauernde schwere Erkrankung des Immunsystems erreicht wird. Mit häufigeren banalen Infekten ist aber zu rechnen. Überschwere fakultative Infektionen in den letzten drei Monaten liegen keine Befunde vor. Ein Laborbefund, der eine schwere andauernde Immunschwäche beweist, liegt nicht vor. Die Innenräume öffentlicher Verkehrsmittel sind Lokalitäten wie z.B. Arztpraxen gleichzusetzen, die [der BF] auch wiederholt aufsucht."
7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.05.2017 wurde die Beschwerde des BF im Hinblick auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen würden, seitens der belangten Behörde abgewiesen und der Bescheid vom 31.03.2017 bestätigt. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten.
8. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26.05.2017 wurde der Antrag des BF vom 04.04.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996" abgewiesen und die Entscheidung im Wesentlichen auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens gestützt.
9. Mit E-Mail vom 31.05.2017 erhob der BF binnen offener Frist einen als "Einspruch" bezeichneten Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde.
10. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde einlangend mit 13.10.2017 vorgelegt.
11. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem eingeholten Gutachten vom 11.12.2017 werden, basierend auf persönlicher Untersuchung des BF, im Wesentlichen folgende Diagnosen festgehalten:
1
Stattgehabte Lebertransplantation bei Leberzirrhose (2016) sowie operativer Sanierung eines Speisröhrenkrebses (2007) mit lebenslanger Immunsuppres- siver Therapienotwendigkeit Unterer RSW entsprechend der Funktionseinschränkungen unverändert zur Ersteinschätzung da keine Besserung eingetreten
07.05.05
70
2
Degenerative Wirbelsäulenerkrankung bei stattgehabtem Wirbelbruch im Bereich der Brustwirbelsäule. Unterer RSW entsprechend der Funktionseinschränkungen unverändert zur Ersteinschätzung da keine Besserung eingetreten
02.01.02
30
3
Mittelgradige depressive Episode mit Therapienotwendigkeit im Sinne von medikamentöser aber auch Gesprächstherapie (diese nachgewiesen) Eine Stufe unter dem oberen RSW unter Medikation und Therapie stabil jedoch mit Rückzugstendenzen
03.06.01
30
Gesamtgrad der Behinderung 90 v. H.
Die Position 1 werde durch das Zusammenwirken der Positionen 2 und 3 wegen zusätzlicher Leidenserhöhung bei psychosomatischer als auch somatopsychischer Wechselwirkung um je eine Stufe angehoben.
11.1. Folgende Leiden würden zu keiner relevanten Funktionsbehinderung führen:
-
Chronische Gastritis bei Reflux
-
Struma
-
Gynäkomastie
-
Chronischer Husten
-
Arteriosklerose
-
Stattgehabte Melanomentfernung ohne Rezidiv außerhalb der Heilungsbewährung
11.2. Zusammenfassend wurde zur Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung mit 90 v.H. folgende Stellungnahme erstattet:
"Insgesamt ist die Herabsetzung aus meiner Sicht was die klinische Symptomatik aber auch die Aktenlage anlangt nicht nachvollziehbar. Zusätzlich besteht aktuell eine deutliche psychische Belastungsreaktion, im Sinne einer Depression. Aus diesem Grund heraus ist die oben genannte Einschätzung vorzuschlagen."
11.3. Bezüglich der Mobilität sei festzuhalten, dass eine ausreichende Wegstrecke mit Pausen umsetzbar sei, keine Hilfsmittel verwendet würden, Niveauunterschiede in ausreichendem Maß überwunden werden könnten und auch der sichere Transport gegeben sei. Eine relevante Immunschwäche sei nicht vorhanden, es sei eine medikamentöse Immunsuppression wie bei sämtlichen Transplantationspatienten gegeben. Daraus sei jedoch keine schwerwiegende Immunschwäche abzuleiten.
Bei dem Beschwerdeführer würden keine direkten erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder schwere anhaltende Erkrankungen des Immunsystems vorliegen. Der BF leide an keiner hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit.
Die Einschätzung gelte ab Antragstellung.
12. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 03.01.2018 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
13. Mit Schreiben vom 16.01.2018 (Datum: Poststempel) brachte der BF erneut medizinische Beweismittel in Vorlage und nahm zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung. Darin brachte der BF zum Sachverständigengutachten von XXXX im Wesentlichen vor, er könne aufgrund seiner vielen Erkrankungen höchstens 100 m gehen und müsse öfters Pause machen, um weitergehen zu können, da er "mit der Luft" und vom Wirbelbruch und von den Operationsnarben am Rücken starke Schmerzen habe. Er sei auch psychisch schwer angeschlagen. Der Parkausweis hätte ihm das Leben leichter gemacht, da er in Menschenmengen und in öffentlichen Räumen Angst habe, sich anzustecken. Die meisten seiner Ärzte würden die Ausstellung eines Parkausweises befürworten und zudem möchte er daran erinnern, nicht zu vergessen, "alle Zusatzeintragungen (wie zb.: D1, D2 usw) eingetragen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Der BF leidet unter einem Zustand nach stattgehabter Lebertransplantation bei Leberzirrhose im Jahr 2016 sowie unter einem Zustand nach operativer Sanierung eines Speisröhrenkrebses im Jahr 2007 mit lebenslanger immunsuppressiver Therapienotwendigkeit. Zudem liegen beim BF eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung bei stattgehabtem Wirbelbruch im Bereich der Brustwirbelsäule und eine mittelgradige depressive Episode mit Therapienotwendigkeit vor.
Der Grad der Behinderung beträgt ab dem 01.02.2017 90 (neunzig) v. H. (von Hundert).
Beim BF liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche psychische, neurologische oder intellektuelle Einschränkungen bzw. Einschränkungen des Immunsystems vor. Aufgrund der stattgehabten Transplantation wird der BF mit den üblichen Immunsuppressionsmedikamenten behandelt. Eine schwere, anhaltende Erkrankung des Immunsystems ist nicht feststellbar. Das selbständige Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 m, das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe und der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Bedingungen sind dem BF möglich und zumutbar.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 11.12.2017 ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung ausführlich erhobenen Befund, es wurde dabei auf die Art der Leiden und deren Ausmaß eingegangen und zu deren Bedeutung für die beantragte Zusatzeintragung Stellung genommen. Das Sachverständigengutachten steht auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Insoweit das Sachverständigengutachten von XXXX hinsichtlich der Einschätzung des Grades der Behinderung des BF von den durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten abweicht, ist dies auf die nachvollziehbare Einschätzung des zur Position 1 dokumentierten, führenden Krankheitsbildes der stattgehabten Lebertransplantation im Jahr 2016 nach operativer Sanierung eines Speisröhrenkrebses im Jahr 2007 mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. zurückzuführen. Dieser Zustand macht nach der ärztlichen Stellungnahme von XXXX eine immunsuppressive Therapie notwendig. Hinzu kommt die zu Position 3 nachvollziehbar mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingeschätzte Funktionseinschränkung der depressiven Episode, welche ebenfalls eine Therapierung notwendig macht. Demnach wurde vom Amtssachverständigen in schlüssiger Weise dargestellt, dass die führende Position 1 aufgrund negativer Wechselwirkungen mit den Positionen 2 und 3 eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung um zwei Stufen rechtfertigt. Es konnte damit ein Gesamtgrad der Behinderung von 90 v.H. objektiviert werden.
Das Vorbringen des BF in der Stellungnahme vom 16.01.2018 dahingehend, dass er nur 100 m gehen könne, steht mit dessen Angaben zur umsetzbaren Wegstrecke von 2 km im Rahmen der Begutachtung durch die medizinische Sachverständige XXXX in Widerspruch und ist auch im Zusammenhang mit der medizinischen Stellungnahme des Amtssachverständigen XXXX und der Sachverständigen XXXX nicht nachvollziehbar. In diesem Punkt gelangt das Sachverständigengutachten von XXXX vom 11.12.2017 zu denselben Ergebnissen, wie jene der XXXX vom 27.03.2017 und der XXXX vom 07.05.2017. Das Vorbringen des BF im Hinblick auf seine Gesamtmobilität war daher nicht geeignet, das schlüssige und vollständige Sachverständigengutachten von XXXX zu entkräften.
Das Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 11.12.2017 wird der Entscheidung des erkennenden Gerichts daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
Die mit Stellungnahme vom 15.01.2018 beim erkennenden Gericht eingebrachten medizinischen Beweismittel unterliegen der Neuerungsbeschränkung, wonach im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Beweismittel und Tatsachen nicht vorgebracht werden dürfen, weshalb diese Dokumente, insofern sie nicht ohnedies bereits Aktenbestandteil waren, bei der Entscheidung des erkennenden Gerichtes nicht miteinbezogen werden konnten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen.
Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993). Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Parteien eine mündliche Verhandlung beantragt haben.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Zu Spruchpunkt I:
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das
36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.
Zu Spruchpunkt II:
Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, angehören.
§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
In gegebenem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerde des BF gegen die Herabsetzung der Höhe des Gesamtgrades der Behinderung in dem am 24.03.2017 ausgestellten Behindertenpasses und gegen den abweisenden Bescheid vom 31.03.2017 bzw. die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom 26.05.2017 richtete und dies somit Verfahrensgegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes war.
Gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht kann - unter Beachtung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis - mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie trennen.
Angesichts dessen, dass in den im Spruch genannten Rechtssachen derselbe BF betroffen ist und sowohl dem von der belangten Behörde ausgestellten Behindertenpass als auch dem Bescheid der belangten Behörde vom 31.03.2017 und der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 26.05.2017 dieselben Sachverhalte zu Grunde liegen, ist es unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gerechtfertigt, die zur den GZ.: G309 2173284-1 und G309 2173277-1 protokollierten Verfahren gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
Mit Novelle des Bundesbehindertengesetztes (BGBl. I 57/2015) hat der Gesetzgeber für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. § 46 BBG regelt, dass im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht