TE Vwgh Beschluss 1999/12/3 99/19/0099

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.1999
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, in der Beschwerdesache der am 30. März 1970 geborenen RI, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A.

Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit ihrer am 21. Mai 1999 eingelangten Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend.

Sie bringt vor, sie habe am 16. November 1998 an den Bundesminister für Inneres einen Devolutionsantrag eingebracht, über den bisher nicht entschieden worden sei.

In dem der Beschwerde beigelegten Devolutionsantrag wurde behauptet, dass die Beschwerdeführerin am 17. Juni 1996 beim österreichischen Generalkonsulat in Krakau die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beantragt habe, wobei dieses Verfahren bei einer für einen niederösterreichischen Wohnsitz zuständigen Aufenthaltsbehörde anhängig gewesen sei.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 1999 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Mit Eingaben vom 29. Juni 1999 und vom 6. Oktober 1999 brachte die belangte Behörde zusammengefasst vor, der Ehegatte der Beschwerdeführerin, zu dem Familiennachzug angestrebt werde, habe am 9. April 1998 seinen Wohnsitz nach Wien verlegt. Die Beschwerdeführerin beabsichtige, sich in Wien niederzulassen. Aus diesem Grund sei der Verwaltungsakt von der bislang zuständigen Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung an den Landeshauptmann von Wien abgetreten worden.

Im vorliegenden Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sei eine positive Erledigung für die Beschwerdeführerin beabsichtigt. Freilich sei aufgrund einer Mitteilung des Landeshauptmannes von Wien vom 26. März 1999 die in der Niederlassungsverordnung 1999 für das Bundesland Wien gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 für den Familiennachzug festgelegte Höchstzahl an Bewilligungen erschöpft.

Dieses Vorbringen hielt der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerdeführerin vor und forderte sie auf, zu nachstehenden Fragen Stellung zu nehmen:

"1. Handelt es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Antrag um einen solchen, der seit dem 1. Jänner 1999 ausschließlich im Rahmen der gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 festgelegten Quote zu behandeln war?

2. Wird der Behauptung der belangten Behörde, diese Quote sei am 26. März 1999 bereits erschöpft gewesen, entgegen getreten, bejahendenfalls aus welchen Gründen?

3. Steht oder stand - von § 22 FrG 1997 abgesehen - der Erteilung der Bewilligung aufgrund des in Rede stehenden Devolutionsantrages ein Hindernis entgegen?"

Hiezu erstattete die Beschwerdeführerin folgende Stellungnahme:

"Zu Punkt 1 des Vorhaltes:

Die Beschwerdeführerin hat den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bereits am 17.6.1996 gestellt, das Amt der

Niederösterreichischen Landesregierung ... hat mit Schreiben vom

6.5.1997 und 16.10.1997 unter Hinweis auf die fehlenden Quotenplätze bis auf weiteres aufgeschoben.

Ob die Quote laut Niederlassungsverordnung im Jahre 1997 bereits erschöpft war, kann die Beschwerdeführerin nicht beurteilen. Sollte dies der Fall gewesen sein, so hätte auf jeden Fall das Ansuchen der Beschwerdeführerin im Jahre 1998 erledigt werden müssen.

Die Beschwerdeführerin ist daher nicht der Ansicht, dass sie 'ausschließlich im Rahmen der gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 festgelegten Quote' zu behandeln war.

Zu Punkt 2 des Vorhaltes:

Ob die Quote entsprechend der Niederlassungsverordnung 1999 am 26.3.1999 bereits erschöpft war oder nicht, ist der Beschwerdeführerin nicht bekannt. Zu klären wäre aber vordringlich, warum die vorhandene Quote im Jahr der Antragstellung bzw. im Folgejahr nicht genutzt wurde.

Zu Punkt 3 des Vorhaltes:

Aus Sicht der Beschwerdeführerin steht der Bewilligung - abgesehen von § 22 FrG 1997 - kein Hindernis entgegen. Diese Ansicht wird offenbar auch von der belangten Behörde geteilt, welche aus deren Schreiben vom 29.6.1999 ersichtlich ist."

§ 22 und § 112 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) lauten (auszugsweise):

"§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. Ist die Zahl bereits ausgeschöpft, so ist die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, sind nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird.

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."

§ 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 lautet:

"(9) Im Jahr 1999 dürfen in Wien höchstens 3000 quotenpflichtige Niederlassungsbewilligungen erteilt werden, hievon

...

3. 1800 Niederlassungsbewilligungen für Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem 1. Jänner 1998 in Österreich niedergelassen haben;"

Der am 17. Juni 1996 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung war in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 ab dem 1. Jänner 1998 als solcher auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu werten.

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die belangte Behörde gehen in ihren Stellungnahmen einvernehmlich davon aus, dass der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aufgrund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1996 in Verbindung mit ihrem Devolutionsantrag - von § 22 FrG 1997 abgesehen - kein Hindernis entgegenstand.

Damit gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aber auch davon aus, dass dieser Devolutionsantrag, und zwar ohne dass es hiezu einer abgesonderten Bescheiderlassung durch die belangte Behörde bedurft hätte (vgl. die bei Walter-Thienel,

Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. Auflage, E. 238 zu § 73 AVG wiedergegebene Judikatur), den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den in Rede stehenden Antrag vom 17. Juni 1996 auf den Bundesminister für Inneres bewirkte, wogegen eine diesen Devolutionsantrag zurückweisende oder abweisende Entscheidung nicht zu ergehen hatte. Gleichfalls gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einvernehmlich davon aus, dass eine Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1996 durch die belangte Behörde nicht geboten war.

Die Beschwerdeführerin bestreitet mit ihrem oben wiedergegebenen Vorbringen auch nicht, dass der verfahrensgegenständliche Antrag seit dem 1. Jänner 1999 ausschließlich im Rahmen der gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 festgelegten Quote zu behandeln war. Ihr diesbezügliches Vorbringen in der abgegebenen Stellungnahme ist lediglich als Verweis darauf zu deuten, dass der in Rede stehende Antrag vor dem 1. Jänner 1999 im Rahmen der damals nach dem Aufenthaltsgesetz oder nach dem Fremdengesetz 1997 für die Vorjahre erlassenen (entsprechenden) Quoten zu behandeln gewesen wäre.

Unbestritten bleibt auch die Behauptung der belangten Behörde, die Quote gemäß § 3 Abs. 9 Z. 3 der Niederlassungsverordnung 1999 sei am 26. März 1999 bereits erschöpft gewesen.

Daraus ergibt sich aber, dass der der belangten Behörde nach dem Vorgesagten allein offen gestandenen Entscheidung, nämlich der Erteilung der Niederlassungsbewilligung in Stattgebung des Devolutionsantrages (eine abgesonderte Stattgebung eines Devolutionsantrages ohne gleichzeitige meritorische Entscheidung war nach dem Vorgesagten nicht geboten), spätestens seit 26. März 1999 § 22 FrG 1997 entgegenstand.

Daraus folgt aber, dass selbst unter der gedachten Voraussetzung einer bis zum Jahresende offenen Quote nach der Niederlassungsverordnung 1998 eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde nur im Zeitraum zwischen dem 16. November 1998 (dem Einbringen des Devolutionsantrages) und dem 26. März 1999, also nur für einen Zeitraum von unter fünf Monaten, bestanden haben konnte.

Demgegenüber war die belangte Behörde ab dem 27. März 1999 bis zur Einbringung der Säumnisbeschwerde am 21. Mai 1999 nicht säumig.

Die Säumnisbeschwerde wurde somit vor Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 27 VwGG eingebracht. Sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Dezember 1999

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999190099.X00

Im RIS seit

30.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten