TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/12 G309 2169917-1

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Veröffentlicht am 12.04.2018
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Entscheidungsdatum

12.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G309 2169914-1/6E

G309 2169917-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und der fachkundigen Laienrichterin Beate KOCH als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen I. den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, vom 18.07.2017, XXXX, betreffend der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, sowie II. den vom Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX, am 14.07.2017 mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 (siebzig) v.H. (von Hundert) zu XXXX ausgestellten Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde hinsichtlich der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen, wird als unbegründet a b g e w i es e n.

II. Die Beschwerde gegen den im Behindertenpass eingetragenen Grad der Behinderung von 70 v. H. wird als unbegründet a b g e w i e s e

n.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 16.02.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung betreffend seines mit 25.08.2009 mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellten Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein. Dem Antrag waren eine Kopie des Behindertenpasses und der Meldebestätigung des BF sowie weitere medizinische Beweismittel (Befunde udgl.) angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, vom 11.07.2017, wird nach persönlicher Untersuchung des BF am 17.06.2017 im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Pos. Nr.

GdB %

1

An Taubheit grenzende SH [Schwerhörigkeit] rechts, Taubheit links Ermittlung entsprechend dem Hörverlust in Prozent, [rechts] 83, links 100%

12.02.01

70

Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.

Im Hinblick auf die Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird ausgeführt, dass keine der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen würde.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.07.2017 wurde dem BF mitgeteilt, dass laut dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 70 v.H. festgestellt worden sei und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist schwer hörbehindert" vorliegen würden. Mit einem weiteren Schreiben der belangten Behörde vom selben Tag wurde dem BF der beantragte Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 70 v. H. übermittelt.

4. Mit Schreiben vom 20.07.2017 (Datum: Poststempel) erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde. Darin brachte der BF im Wesentlichen vor, dass er von seinem Recht auf Einspruch Gebrauch mache.

5. Mit Bescheid vom 18.07.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten gestützt.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schreiben vom 28.07.2017 (Datum: Poststempel) innerhalb offener Frist Beschwerde und ersuchte um eine weitere Begutachtung.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch die belangte Behörde einlangend mit 06.09.2017 vorgelegt.

8. Seitens des erkennenden Gerichtes wurde der Amtssachverständige XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Da der BF nicht zum Untersuchungstermin am 13.11.2017 erschienen ist, wurde von dem Amtssachverständigen XXXXein Sachverständigengutachten unter Einbeziehung der aktenkundigen medizinischen Beweismittel erstellt. Im erstatteten Aktengutachten vom 13.11.2017 wird zusammengefasst folgendes festgehalten:

"Sozialanamnese: Beruf: Schlosser, seit 2007 Pensionist

Schwere Erkrankungen, Unfälle, Operationen: keine

Derzeitige Therapie:

Medikation: Enac plus, gelegentl. Ohrentropfen

Vorgelegte Befunde: relevant für die Fragestellung: HNO FA Befund bzw. Einschätzung: 17.06.2017: an Taubheit grenzende SH rechts, Taubheit links Ermittlung entsprechend dem Hörverlust in Prozent, rechts 83%, links 100 %

Gutachten PV: Dg.: zunehmende Innenohrschwerhörigkeit, Adipositas, Hypertonus, Nikotinabusus

Diagnosen: an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, Taubheit links It. HNO Fachgutachten

Leiden die zu keiner Minderung der Erwerbstätigkeit führen:

Adipositas, Hypertonus, Nikotinabusus"

Aufgrund der telefonischen Kommunikation mit dem BF sei daher davon auszugehen, dass bei diesem mit Hilfsmittel bzw. Heilbehelfen (Hörgeräten) eine ausreichende Hörfunktion gegeben sei.

Im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung wurde folgendes ausgeführt:

"Bei dem Beschwerdeführer liegen

-

an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, Taubheit links offenbar durch Hilfsmittel ausreichend kompensiert

-

keine direkte erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor

-

keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

-

keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder schwere anhaltende Erkrankungen des Immunsystems vor.

-

keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit vor.

Einschätzung gilt ab Antragstellung."

9. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 28.11.2017 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern. Es langten keine Stellungnahmen ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses.

Der BF leidet an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit (Hörverlust in Prozent: rechts 83 %; links 100%).

Beim BF liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche psychische, neurologische oder intellektuelle Einschränkungen bzw. Einschränkungen des Immunsystems vor. Das selbständige Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 m, das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe und der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Bedingungen sind dem BF möglich und zumutbar.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.

Der Grad der Behinderung beträgt 70 (siebzig) v. H. (von Hundert).

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Das Gutachten des Amtssachverständigen XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 13.11.2017, basiert auf dem aufgrund der aktenkundigen medizinischen Beweismittel erhobenen Befund und wurde in Zusammenschau mit dem Sachverständigengutachten von XXXX, Fachärztin für HNO, vom 11.07.2017, welches sich auf die Ergebnisse einer persönlichen Untersuchung des BF stützt, erstellt. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen sowie zu deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen.

Mit der Beschwerde gegen den mit einem Grad der Behinderung von 70 v. H. ausgestellten Behindertenpass gelang es dem BF nicht schlüssig aufzuzeigen, inwiefern seine Gesundheitsschädigungen nicht ausreichend eingeschätzt worden seien. Das Vorbringen des BF gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass der BF mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, vermochte jedoch nicht substantiiert aufzuzeigen, inwiefern dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund seiner Gesundheitsschädigung nicht möglich bzw. nicht zumutbar sei. Die Vorbringen des BF waren in ihrer Gesamtheit daher nicht geeignet, die schlüssigen und vollständigen Sachverständigengutachten von XXXX und XXXX zu entkräften. Es konnte ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. objektiviert werden.

Der Inhalt des medizinischen Sachverständigengutachtens von XXXX wurde den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt und von diesen unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die genannten Sachverständigengutachten werden der Entscheidung des erkennenden Gerichts daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Parteien eine mündliche Verhandlung beantragt haben.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Zu Spruchpunkt I:

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das

36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach

§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).

Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.

Zu Spruchpunkt II:

Gemäß § 40 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist,

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen,

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten,

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, angehören.

§ 35 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) regelt, dass die Höhe des Freibetrages sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) bestimmt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die für die Ausstellung einer solchen zuständigen Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen. Dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3 BBG), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 BGBl. Nr. 376. Nach § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 BBG vorliegt.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht kann - unter Beachtung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis - mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen.

Angesichts dessen, dass in den im Spruch genannten Rechtssachen derselbe BF betroffen ist und sowohl dem von der belangten Behörde ausgestellten Behindertenpass als auch dem Bescheid der belangten Behörde vom 18.07.2017 dieselben Sachverhalte zu Grunde liegen, ist es unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gerechtfertigt, die zu den GZ.: G309 2169914-1 und G309 2169917-1 protokollierten Verfahren gemäß § 39 Abs. 2 AVG iVm. § 17 VwGVG zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.

Zu Spruchpunkt I:

Der BF leidet an einem weit fortgeschrittenen Hörverlust. Es wurden jedoch keine erheblichen Einschränkungen der Funktion der unteren Extremitäten, keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems festgestellt.

Der BF kann eine Wegstrecke von 300 m bis 400 m zurücklegen, das Ein- und Aussteigen und der sichere Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind aus medizinischer Sicht möglich.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.07.2017 als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II:

Da dem ausgestellten Behindertenpass vom 14.07.2017 Bescheidcharakter zukommt und sich der BF in seiner Beschwerde vom 20.07.2018 eindeutig auf diese Entscheidung bezieht, war die erstattete Beschwerdeschrift als Beschwerde gegen den ausgestellten Behindertenpass zu werten.

Das erkennende Gericht hatte somit im gegenständlichen Ermittlungsverfahren auch den festgestellten Grad der Behinderung zu überprüfen.

Da unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens von XXXX, Fachärztin für HNO, schlüssig ein Grad der Behinderung von 70 (siebzig) von Hundert eingeschätzt wurde und diese Einschätzung auch in dem vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, in nachvollziehbarer Weise geteilt wird, war ein Grad der Behinderung von 70 v.H. festzustellen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen den in den Behindertenpass eingetragenen Grad der Behinderung abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G309.2169917.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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