Entscheidungsdatum
17.05.2018Norm
BBG §40Spruch
G303 2159499-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 14.04.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung von 60 v.H. befristet bis zum 31.12.2019 vorliegen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 28.02.2017 via der Zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 11.04.2017, wurde nach erfolgter persönlicher Untersuchung der BF am 27.03.2017, zusammengefasst folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Posttraumatische Belastungsstörung Unterer Richtsatzwert entsprechend der Symptomatik mit Ängsten, Alpträumen und Defiziten in der Konzentrationsfähigkeit
03.05.04
30
2
Chronische Rückenschmerzen nach Polytrauma Unterer Richtsatzwert entsprechend der Schmerzen und Verspannungen mit geringer Funktionseinschränkung
02.01.02
30
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde begründend ausgeführt, dass der Behinderungsgrad der Gesundheitsschädigung (GS) 1 durch die GS 2 um eine weitere Stufe angehoben werde.
Die folgenden beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen:
" - Minimale Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk nach Schulterblattfraktur
- Z.n. Wadenbeinfraktur rechts: geheilt, keine Funktionseinschränkungen"
3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2017 wurde der Grad der Behinderung der BF mit 40 % festgesetzt und festgestellt, dass die BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Somit wurde ihr Antrag vom 28.02.2017 abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, oben angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Demnach würde der Grad der Behinderung 40 % betragen. Dieses Gutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. In der rechtlichen Begründung des Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes angeführt.
4. Mit am 12.05.2017 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben erhob die BF binnen offener Frist die als "Klage" bezeichnete Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid vom 14.04.2017. In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die vorliegenden Gesundheitsschäden im Gutachten schon ganz gut erhoben worden seien, jedoch sich diese seit dem Untersuchungstermin verschlimmert hätten. Die BF habe jetzt auch noch bei längerer Belastung starke Schmerzen im rechten Fuß (Nervenschmerzen), dadurch leide sie vermehrt an Schlaflosigkeit.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 30.05.2017 vorgelegt. Dabei wurde beantragt, dass eine Nachuntersuchungsfrist im Spruch berücksichtigt werden sollte, wenn im Gutachten, welches im Beschwerdeverfahren eingeholt werde, eine Nachuntersuchung vorgesehen werde.
6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichts ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.
6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten XXXX, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 06.01.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am 11.12.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer bzw. des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Posttraumatische Belastungsstörung nach schwerem Polytrauma bei Freizeitunfall im Dezember 2015 Unterer RSW entsprechend den chronischen Beschwerden
03.05.05
50
2
Chronische Rücken- und Beinschmerzen nach mehreren Wirbelkörperfrakturen Unterer RSW entsprechend den chronischen Schmerzen
02.01.02
30
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass sich dieser führend aus der GS 1 ergebe und durch die GS 1 (gemeint wohl: GS 2) wegen negativer wechselseitiger Leidensbeeinflussung um 1 Stufe angehoben werde.
Stellungnehmend zum Vorgutachten wurde ausgeführt, dass die GS 1 um zwei Stufen angehoben worden sei, da noch weiterhin deutliche Angstzustände und auch zeitweise Depressionen nach dem schweren Polytrauma, das auch mit einem leichten Schädelhirntrauma einhergegangen sei, bestehen würden. Ein nervenfachärztlicher Befund von XXXX und eine psychologische Testung würden diesbezüglich vorliegen. Hinzu würden die chronischen Schmerzen kommen, betont in der Wirbelsäule.
Eine Nachuntersuchung wurde im Sachverständigengutachten für Dezember 2019 festgehalten, da eine Besserung der GS1 längerfristig unter entsprechender Therapie sehr wahrscheinlich sei.
7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 22.01.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
7.1. Die Parteien erstatteten dazu keine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.
Bei der BF liegen folgende behinderungsrelevante Gesundheitsschädigungen vor:
-
Posttraumatische Belastungsstörung nach einem schweren Polytrauma (Grad der Behinderung: 50%)
-
Chronische Rücken- und Beinschmerzen nach mehreren Wirbelkörperfrakturen (Grad der Behinderung: 30%)
Es besteht zwischen den vorliegenden Gesundheitsschädigungen eine negative wechselseitige Leidensbeeinflussung.
Eine Besserung der posttraumatischen Belastungsstörung der BF ist längerfristig unter einer entsprechenden Therapie sehr wahrscheinlich möglich.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 (sechzig) von v.H. (von Hundert).
Die BF erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnsitz der BF ergibt sich aus einem eingeholten Datenauszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben der BF bei der Antragstellung.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert wurde aufgrund des eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachtens von XXXX, vom 06.01.2018 festgestellt.
Dieses ist schlüssig, vollständig, weist keine Widersprüche auf und steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen im Einklang. Das Sachverständigengutachten basiert auf einer persönlichen Untersuchung unter Berücksichtigung der in Vorlage gebrachten Beweismittel. Es wurde dabei auf die Art der einzelnen Leiden der BF und deren Ausmaß sowie deren Wechselwirkung zueinander ausführlich eingegangen.
Die festgestellten behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen, deren korrekte und nachvollziehbare Einschätzung bezüglich des Grades der Behinderung gemäß der anzuwendenden Einschätzungsverordnung samt Anlage und deren Wechselwirkung zueinander ergeben sich aus diesem Sachverständigengutachten.
Des Weiteren wurde von der Sachverständigen nachvollziehbar und schlüssig dargelegt, dass bei Durchführung einer entsprechenden Therapie eine Besserung der posttraumatischen Belastungsstörung der BF sehr wahrscheinlich sei und sprach sie sich daher für eine Nachuntersuchung im Dezember 2019 aus.
Der Inhalt des oben angeführten Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde von keiner der Parteien erstattet, womit das eingeholte Sachverständigengutachten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren unbestritten blieb.
Es wurde damit ein Grad der Behinderung von insgesamt 60 v.H. objektiviert.
Das angeführte Sachverständigengutachten von XXXX vom 06.01.2018 wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A)
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970in der geltenden Fassung, angehören.
Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz,
BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten von XXXX, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, zu Grunde gelegt, welches als nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchfrei gewertet wurde.
Die Gesundheitsschädigungen der BF wurden in dem vorliegenden Sachverständigengutachten berücksichtigt; und entsprechend der Vorgaben in der Anlage zur Einschätzungsverordnung bewertet.
Die Gesamteinschätzung ist auch unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 19.11.1997, Zl. 95/09//0232; 04.09.2006, Zl. 2003/09/0062). Demnach konnte ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert festgestellt werden.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert und einem Wohnsitz im Inland sind die Voraussetzungen gemäß § 40 Abs. 1 BBG für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.
Im Sachverhalt ist dargelegt, dass hinsichtlich der festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung der BF eine Besserung eintreten kann und daher eine Nachuntersuchung in zwei Jahren nach der ärztlichen Begutachtung erforderlich ist, weshalb festzustellen war, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung von 60 v.H. befristet bis zum 31.12.2019 vorliegen.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2159499.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.09.2018