TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/13 W217 2166168-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2018
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Entscheidungsdatum

13.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2166168-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2107, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.07.2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer XXXX (in der Folge BF) reiste im Juni 2015 illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 01.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei seiner Erstbefragung durch Organe der PI Halbenrain am 05.06.2015 gab der BF an, er sei am 21.03.1999 geboren, Hazara, muslimischen Glaubens und stamme aus dem Distrikt Behsud in der Provinz Maidan Wardak. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass die finanzielle Lage und auch die Sicherheitslage sehr schlecht gewesen seien. Es habe überall Taliban gegeben. Er sei hierhergekommen, um sich weiterzubilden.

3. Mit Verfahrensanordnung vom 11.09.2015 wurde für den BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA), nach vorangegangener fachmedizinischer Untersuchung, der 14.08.1994 als Geburtsdatum festgestellt.

4. Am 20.12.2016 wurde der BF vor dem BFA, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari, einvernommen. Der BF gab an, er sei gesund und stamme aus dem Distrikt Behsud in Maidan Wardak. Er habe dort bis zu seinem 9. Lebensjahr mit seinen Eltern gewohnt. Sein Vater sei im Krieg getötet worden und nach dessen Tod sei der BF zu seinem Onkel nach Kabul gezogen. In Kabul habe er vormittags Teppiche geknüpft und nachmittags die Koranschule besucht. Seine Mutter sei nach dem Tod seines Vaters nach Pakistan gezogen und er habe nichts mehr von ihr gehört.

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF im Wesentlichen an, dass er Afghanistan verlassen habe, nachdem man ihn fälschlicherweise bezichtigt habe, in der Moschee einen Koran zerrissen zu haben. Aufgrund dieser Anschuldigung sei sein Leben in Gefahr gewesen und der BF sei in den Iran geflüchtet.

Auch sei der BF jetzt Christ und könne nicht mehr nach Afghanistan zurück. In diesem Zusammenhang wurden dem BF vom BFA mehrere Wissensfragen zum Christentum gestellt, wie etwa was man an Weihnachten feiere. Auch wurde der BF befragt, welche und wie viele christliche Rituale (Segenshandlungen) ein Christ im Leben erfahre. Der BF antwortete darauf Ostern, Geburt und Wiedergeburt von Jesus, die Geburt von Maria, der Mutter von Jesus und am 6. Dezember sei der Nikolaustag. Auf den Vorhalt des BFA, wonach der BF nicht einmal eine Segenshandlung im Leben eines Christen berichten könne, gab der BF an, dass er die Fragestellung verstanden hätte, wenn er nach den sieben Sakramenten gefragt worden wäre.

5. Am 19.04.2017 wurde dem BFA vom BF dessen Taufschein und die Teilnahmebestätigung an einem Erste-Hilfe-Grundkurs übermittelt.

6. Mit Bescheid vom 11.07.2017, Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde in Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Hinsichtlich Spruchpunkt I. wurde begründend ausgeführt, dass das diesbezügliche Vorbringen des BF widersprüchlich und wenig lebensnah sei. Auch sei die Behörde der Auffassung, dass der BF in seiner inneren Einstellung nach wie vor dem islamischen Glauben angehöre und diesen bei einer etwaigen Rückkehr nach Afghanistan aus eigener Überzeugung leben würde. Ein Onkel des BF lebe in Kabul, und der BF sei außerdem ein junger, volljähriger, gesunder und arbeitsfähiger Mann, weswegen ihm eine Rückkehr nach Kabul zugemutet werden könne.

7. Gegen den Bescheid vom 11.07.2017 erhob der BF, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, mit Schreiben vom 26.07.2017 in vollem Umfang Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Behörde habe ihre Feststellungen zu Afghanistan auf unvollständige Länderberichte gestützt und habe es auch unterlassen in ausreichendem Maß hinsichtlich der westlichen Orientierung des BF zu ermitteln. Auch habe der BF im April 2017 die Konvertierung zum Christentum vollzogen. Zudem bestünde für den BF keine innerstaatliche Fluchtalternative, weil ihm auch in Kabul Verfolgung drohe.

Am 01.08.2017 langte die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Mit Schreiben vom 02.03.2018 wurde bekanntgegeben, dass der BF in der gegenständlichen Rechtssache den Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vacarescu, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung betraut hat.

9. Mit Schreiben vom 13.06.2018 übermittelte die rechtliche Vertretung des BF dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass das anlässlich der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung übermittelte Länderinformationsblatt mit Aktualisierung vom 30.01.2018 nicht mehr als aktuell bezeichnet werden könne.

10. Mit Schreiben vom 21.06.2018 übermittelte die rechtliche Vertretung des BF eine weitere Stellungnahme. In dieser wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF am 17.04.2017 in XXXX die Taufe empfangen habe, weiterhin regelmäßig den Gottesdienst und verschiedene religiöse Aktivitäten und Veranstaltungen besuche. Er nehme auch an einem Alphakurs und an Bibelrunden teil.

11. Am 03.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht folgender Bericht von Frau XXXX über ihre Wahrnehmungen mit dem BF ein:

"(...) Ich habe XXXX zum Interview begleitet. Der Dolmetscher war nicht Christ und hat nichts über das Christentum gewusst. Er konnte deshalb nicht richtig dolmetschen. Er hat auf Farsi gesagt, dass er die christlichen Begriffe nicht versteht und nicht kennt. Natürlich habe ich ihn nicht verstanden, XXXX hat es mir erst später gesagt. Ich durfte nichts sagen. Ich habe aber gehört, wie der Dolmetscher auf Deutsch zur Interviewerin gesagt hat, dass er XXXX nicht versteht. Sie hat geantwortet, dass er sagen soll, was XXXX sagte. Es war eindeutig, dass er nicht richtig dolmetschen konnte. XXXX konnte das Deutsch nicht sehr gut verstehen und traute sich nicht zu sagen, dass der Dolmetscher nicht geeignet war. Die Atmosphäre beim Interview war schlecht und XXXX hat alles unterschrieben. Dann war es zu spät, etwas zu sagen beziehungsweise zu verändern.

XXXX hat Kontakt mit der christlichen Gemeinde seit er in einem Heim in Judenburg gewohnt hat d.h. seit ca. Oktober 2015. Er interessierte sich für das Christentum und ging in die Kirche dort und versuchte mit einem Mann darüber zu reden. Er sprach damals sehr wenig Deutsch und der Mann, XXXX , sagte, dass XXXX mit einem Mann aus dem Iran, XXXX , darüber reden sollte. XXXX traf XXXX jeden Samstag, um über das Christentum zu reden und er ging auch Sonntags in die Kirche. Nach ungefähr 3 bis 4 Monaten ist XXXX nach XXXX umgezogen und er hat XXXX kontaktiert. Sie war eine Bekannte von

XXXX . Er hat auch selber eine Kirche gesucht und Bekannte von ihm haben gesagt, dass die Kirche XXXX ihn freundlich aufnehmen würde. Deswegen ist er zu dieser Kirche gegangen.

Er ging jede Woche für mehr als ein Jahr zum Kurs von XXXX . Er hat über die Bibel, wichtige christliche Feste, das Leben von Jesus, die Sakramente, die Gottesdienste und ihre Bedeutungen und generell über das Christentum gelernt. Er ging jede Woche in die Kirche. XXXX , der damals für die Katechumenen zuständig war und jetzt der Bischof von XXXX ist, ist auch manchmal zum Kurs gegangen und hat XXXX und jede Person gefragt, warum sie Christ sein wollen, warum sie aus dem Islam austreten wollen, was es für sie bedeutet, Christ zu sein, warum sie getauft werden wollen und andere tiefe Fragen.

XXXX wurde vor ca. einem Jahr getauft und geht immer noch fast jede Woche in die Kirche. Es ist für ihn sehr wichtig, dass er Christ ist und er nimmt es sehr ernst.

XXXX bekennt sich offen zu seinem christlichen Glauben und hat seinen Onkel, der sein einziger lebenden Verwandter ist, dadurch verloren. Sein Onkel war sehr böse, dass XXXX Christ geworden ist und hat ihn bedroht beziehungsweise versprochen, dass er selber XXXX töten würde, wenn XXXX zurück nach Afghanistan kommt. Er hat auch gesagt, dass XXXX innerhalb von 30 Minuten nach seiner Rückkehr tot sein wird. XXXX hat ihm eine Woche nach seiner Taufe erzählt, dass er getauft wurde und jetzt Christ ist. Seit diesem Gespräch haben sie kein Kontakt mehr miteinander. XXXX war beim Deutschkurs und seine Lehrerin hat alle Studenten gefragt, welche Religion sie sind. Sie haben alle 'Muslim' geantwortet, außer XXXX . Er hat gesagt, dass er Christ ist. Die anderen Männer im Kurs haben nie mehr mit ihm geredet. XXXX lügt nie über seinen Glauben und hat dadurch viele Freundschaften verloren. Viele Afghanen sind unglaublich böse, wenn jemand Christ wird. XXXX verteidigt auch die Kirche und das Christentum. Zum Beispiel, ein Freund von ihm hat schlechte Dinge über die Kirche gesagt und XXXX hat mit ihm gestritten und zwar, er sagte, dass das Geld von Caritas eigentlich von der Kirche kommt. Wie kann man das Geld von Caritas nehmen und gleichzeitig über die Kirche und das Christentum schimpfen! Natürlich hat er auch diese Freundschaft verloren.

Nach seiner Taufe ging XXXX ein paar Mal zum Alpha Kurs im Priester Seminar. Der Alpha Kurs ist ein Glaubenskurs. Er hilft auch bei Veranstaltungen in der Pfarre zum Beispiel hat er zweimal beim Pfarrfest und beim Internationalen Feiertag geholfen, auch in der Osternacht hat er nach dem Gottesdienst Getränke serviert und danach beim Ausräumen geholfen. Er hat die Kirche ein paar Mal geputzt und im Pfarrcafé nach dem Gottesdienst am Sonntag geholfen. Er ist ein aktives Mitglied der Pfarrer.

XXXX hat einmal zu mir gesagt, dass sein Leben neu begonnen ist - mit seiner Taufe. Er ist begeistert von Jesus und sagte, dass sein echtes Leben erst angefangen ist, nachdem er Christ geworden ist. "

12. Mit Schreiben vom 27.06.2018 gab der BF die Auflösung der Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vacarescu erteilten Vollmacht bekannt.

13. Am 03.07.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und einer rechtlichen Vertretung der ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der BF ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. In Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden vom BF diverse weitere Unterlagen, welche in Zusammenhang mit seiner Konversion zum christlichen Glauben stehen, vorgelegt.

Der BF gab an, er sei Hazara und christlichen Glaubens. Er habe in Afghanistan eine Koranschule und in Österreich Deutschkurse bis zum Niveau B1 besucht. Sein Onkel in Afghanistan habe gewollt, dass er Mullah werde. Auf die Frage, ob er jemals in Afghanistan verfolgt worden sei, gab der BF an, dass er die Moschee besucht habe und der Mullah ihm vorgeworfen habe, dass er der Schlechteste sei und warum er nicht besser lerne. Der Mullah habe den BF aus der Moschee geworfen, als der BF gesagt habe, dass er den Koran nicht lernen wolle. Der Mullah habe dann gelogen, dass der BF Seiten aus dem Koran gerissen hätte. Der Onkel sei sehr aufgebracht und wütend gewesen, als er das gehört habe. Der BF gab an, dass der Mullah und die Leute ihn sicher umgebracht hätten, weswegen der BF in den Iran geflohen sei.

Der BF gab weiters an, dass er in Österreich ehrenamtlich für das Rote Kreuz bei der Team Österreich Tafel arbeite und am Sonntag die Kirche besuche, wo er auch zusätzlich helfe. Während der Woche würde er Nachhilfe in Englisch und Deutsch erhalten. Er sei in einem Verein namens "Zusammen in XXXX " Mitglied. Zur Frage nach seiner Taufe gab der BF an, dass er nachdem er die Bibel gelesen habe, sich dazu entschlossen habe, das Christentum anzunehmen. Er sei in die Kirche gegangen und habe sich angemeldet, dort habe er ein Jahr lang Bibelunterricht in einem Kurs bekommen. Dann sei er im März 2017 getauft worden. Er sei durch einen iranischen Freund in seiner Unterkunft in Judenburg auf das Christentum aufmerksam gemacht worden. Mit diesem Freund habe er sich über die Religion unterhalten und von ihm auch die Bibel bekommen. Er habe das sehr interessant gefunden. Als Beispiel nannte der BF das Buch Johannes, worin es um Themen wie Liebe, Freundschaft und Zusammengehörigkeit gehe. In Afghanistan würde nur Hass und Gewalt gepredigt. Er habe sich taufen lassen, weil er durch die Taufe wie ein Neugeborener sei und seine Sünden alle von Gott vergeben worden seien. Im Jänner 2016 habe er sich zuerst mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt. Mit einer iranischen Frau namens XXXX habe er gemeinsam die Bibel studiert.

Auf die Frage, wie seine Familie dazu stehe, dass er zum Christentum konvertiert sei, gab der BF an, dass er bis auf den Onkel niemanden mehr habe, mit dem er in Kontakt stehe. Sein Onkel habe ihm nachdem er ihm erzählt habe, konvertiert zu sein, gedroht, dass er ihn persönlich umbringen werde, bevor es andere tun würden. Seit April 2017 habe er keinen Kontakt mehr zu seinem Onkel. Er würde in Österreich offen aussprechen, dass er Christ sei und dies auch in Afghanistan öffentlich kundtun. Seitdem er konvertiert sei, hätten sich daher auch viele afghanische Freunde von ihm abgewendet. Er habe auch schon drei seiner Freunde zum Christentum eingeladen, wovon einer schon getauft sei. Mit ihm seien 18 oder 19 weitere Leute getauft worden und er glaube, dass er der einzige Afghane bei dieser Taufe gewesen sei, die anderen seien aus dem Iran gewesen. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte er, dass er aufgrund der Konversion seitens der Regierung oder durch seinen Onkel getötet werden würde. Außerdem könne er dort niemanden mehr zu seiner Religion einladen.

Weiters wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung die als Zeugin geladene Drs. XXXX zur Person des BF und dessen Konversion befragt. Sie kenne den BF seit Ostersonntag 2016 aus dem Gottesdienst. Er habe ihr erzählt, dass er sich nie für den Islam interessiert habe. Als er nach Judenburg gekommen sei, habe er mit XXXX gesprochen. Dieser habe ihm etwas über das Christentum erzählt und sie hätten zusammen die Bibel gelesen. Daraufhin sei er zu XXXX gegangen um mehr heraus zu finden. Dann habe er gewusst, dass er Christ sein wolle, da er in der Bibel etwa von Vergebung gelernt habe. Während es im Islam nur Strafen gebe, wenn man etwas Schlechtes macht, könne einem im Christentum vergeben werden, wenn man sich bei Gott entschuldige. Auch habe das Christentum mit Liebe zu tun. In der Kirche seien die Menschen zu ihm freundlich gewesen und er habe sich willkommen gefühlt. So gebe nach dem Gottesdienst einen Pfarrkaffee wo alle miteinander reden würden. Für den BF sei das Gefühl, willkommen zu sein, besonders wichtig. Er verstecke seinen Glauben nicht und habe einige Freunde verloren, die muslimisch seien und nicht einverstanden seien, dass er Christ sei. Auch habe er mit seiner missionarischen Tätigkeit mindestens drei Freunde zum Christentum eingeladen, einer sei bereits jedenfalls getauft. Auch nach seiner Taufe komme der BF fast jede Woche in die Kirche ebenso an Festtagen wie z.B. Christi Himmelfahrt. Im Mai und Juni 2017 habe es einen Alpha Kurs, einen Glaubenskurs gegeben. Von den zehn Mal sei der BF fünf Mal gekommen, weil er gleichzeitig einen Deutschkurs gehabt habe und er diesen nicht verpassen durfte. Ebenso hat der BF an einem sechswöchigen Bibelkurs im Mai, Juni 2018 teilgenommen. Wenn es in der Kirche Veranstaltungen gibt sei der BF immer aktiv dabei, auch im Pfarrkaffee helfe er oft und serviere und bereite Kaffee und Tee vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Der BF ist am XXXX geboren und afghanischer Staatsangehöriger.

Der BF stammt ursprünglich aus dem Distrikt Behsud in der afghanischen Provinz Maidan Wardak, lebte jedoch von seinem neunten Lebensjahr bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan bei seinem Onkel in Kabul.

Der BF gehört der Volksgruppe der Hazara an.

Der BF entstammt einer schiitisch-muslimischen Familie, hat sich jedoch vom Islam abgewandt und ist in Österreich zum Christentum konvertiert.

Der BF lebt seinen christlichen Glauben in Österreich aktiv aus. Er nimmt an zahlreichen Aktivitäten seiner Pfarrgemeinde teil, besucht regelmäßige Bibelkurse und lädt Freunde ein, sich näher mit dem christlichen Glauben zu befassen. Der christliche Glauben fußt auf einer inneren Überzeugung des BF und der BF würde seinen Glauben auch im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nicht verbergen.

Der BF wurde am 17.04.2017 in der Pfarre XXXX getauft.

Der BF arbeitet ehrenamtlich für das Österreichische Rote Kreuz.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Aktualisierung vom 30.1.2018):

KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2018

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).

KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).

Zivilist/innen

Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017). Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).

Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).

High-profile Angriffe:

Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)

Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).

Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).

Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).

Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)

Interreligiöse Angriffe

Serienartige gewalttätige Angriffe gegen religiöse Ziele, veranlassten die afghanische Regierung neue Maßnahmen zu ergreifen, um Anbetungsorte zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempeln vor Angriffen zu schützen (UN GASC 20.12.2017).

Seit 1.1.2016 wurden im Rahmen von Angriffen gegen Moscheen, Tempel und andere Anbetungsorte 737 zivile Opfer verzeichnet (242 Tote und 495 Verletzte); der Großteil von ihnen waren schiitische Muslime, die im Rahmen von Selbstmordattentaten getötet oder verletzt wurden. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017).

Im Jahr 2016 und 2017 registrierte die UN Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Seit 1.1.2016 wurden 27 gezielte Tötungen religiöser Personen registriert, wodurch 51 zivile Opfer zu beklagen waren (28 Tote und 23 Verletzte); der Großteil dieser Vorfälle wurde im Jahr 2017 verzeichnet und konnten großteils den Taliban zugeschrieben werden. Religiösen Führern ist es möglich, öffentliche Standpunkte durch ihre Predigten zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Informationen zur Stärke der ANDSF und ihrer Opferzahlen werden von den US-amerikanischen Kräften in Afghanistan (USFOR-A) geheim gehalten; im Bericht des US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR) werden Schätzungen angegeben:

Die Stärke der ANDSF ist in diesem Quartal zurückgegangen; laut USFOR-A Betrug die Stärke der ANDSF mit Stand August 2017 etwa 320.000 Mann - dies deutet einen Rückgang von 9.000 Mann gegenüber dem vorhergehenden Quartal an. Dennoch erhöhte sich der Wert um

3.500 Mann gegenüber dem Vorjahr (SIGAR 30.10.2017). Die Schwundquote der afghanischen Nationalpolizei war nach wie vor ein großes Anliegen; die Polizei litt unter hohen Opferzahlen (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen eines Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem afghanischen Verteidigungs- und Innenministerium wurde die afghanische Grenzpolizei (Afghan Border Police) und die afghanische Polizei für zivile Ordnung (Afghan National Civil Order Police) dem Verteidigungsministerium übertragen (UN GASC 20.12.2017). Um sogenanntem "Geisterpersonal" vorzubeugen, werden seit 1.1.2017 Gehälter nur noch an jenes Personal im Innen- und Verteidigungsministerium ausbezahlt, welches ordnungsgemäß registriert wurde (SIGAR 30.10.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Der UN zufolge versuchten die Taliban weiterhin von ihnen kontrolliertes Gebiet zu halten bzw. neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen - was zu einem massiven Ressourcenverbrauch der afghanischen Regierung führte, um den Status-Quo zu halten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive unternahmen die Taliban keine größeren Versuche, um eine der Provinzhauptstädte einzunehmen. Dennoch war es ihnen möglich kurzzeitig mehrere Distriktzentren einzunehmen (SIGAR 30.10.2017):

Die Taliban haben mehrere groß angelegte Operationen durchgeführt, um administrative Zentren einzunehmen und konnten dabei kurzzeitig den Distrikt Maruf in der Provinz Kandahar, den Distrikt Andar in Ghazni, den Distrikt Shib Koh in der Farah und den Distrikt Shahid-i Hasas in der Provinz Uruzgan überrennen. In allen Fällen gelang es den afghanischen Sicherheitskräften die Taliban zurück zu drängen - in manchen Fällen mit Hilfe von internationalen Luftangriffen. Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es, das Distriktzentrum von Ghorak in Kandahar unter ihre Kontrolle zu bringen - dieses war seit November 2016 unter Talibankontrolle (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen von Sicherheitsoperationen wurden rund 30 Aufständische getötet; unter diesen befand sich - laut afghanischen Beamten - ebenso ein hochrangiger Führer des Haqqani-Netzwerkes (Tribune 24.11.2017; vgl. BS 24.11.2017). Das Haqqani-Netzwerk zählt zu den Alliierten der Taliban (Reuters 1.12.2017).

Aufständische des IS und der Taliban bekämpften sich in den Provinzen Nangarhar und Jawzjan (UN GASC 20.12.2017). Die tatsächliche Beziehung zwischen den beiden Gruppierungen ist wenig nachvollziehbar - in Einzelfällen schien es, als ob die Kämpfer der beiden Seiten miteinander kooperieren würden (Reuters 23.11.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS war nach wie vor widerstandsfähig und bekannte sich zu mehreren Angriffen auf die zivile Bevölkerung, aber auch auf militärische Ziele [Anm.: siehe High-Profile Angriffe] (UN GASC 20.12.2017). Unklar ist, ob jene Angriffe zu denen sich der IS bekannt hatte, auch tatsächlich von der Gruppierung ausgeführt wurden bzw. ob diese in Verbindung zur Führung in Mittleren Osten stehen. Der afghanische Geheimdienst geht davon aus, dass in Wahrheit manche der Angriffe tatsächlich von den Taliban oder dem Haqqani-Netzwerk ausgeführt wurden, und sich der IS opportunistischerweise dazu bekannt hatte. Wenngleich Luftangriffe die größten IS-Hochburgen in der östlichen Provinz Nangarhar zerstörten; hielt das die Gruppierungen nicht davon ab ihre Angriffe zu verstärken (Reuters 1.12.2017). Sicherheitsbeamte gehen davon aus, dass der Islamische Staat in neun Provinzen in Afghanistan eine Präsenz besitzt: im Osten von Nangarhar und Kunar bis in den Norden nach Jawzjan, Faryab, Badakhshan und Ghor im zentralen Westen (Reuters 23.11.2017). In einem weiteren Artikel wird festgehalten, dass der IS in zwei Distrikten der Provinz Jawzjan Fuß gefasst hat (Reuters 1.12.2017).

Politische Lage

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.), und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vgl. auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.1.2004).

Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.1.2017) - nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vgl. CRS 12.1.2017).

Parlament und Parlamentswahlen

Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9.2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.1.2017).

Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.4.2016 vgl. auch: CRS 12.1.2017).

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.4.2016).

Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9.2016).

Parteien

Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen, sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange - werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016).

Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, welches von allen Parteien verlangte sich neu zu registrieren und zum Ziel hatte ihre Zahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern, müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber scheinbar nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).

Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine weltanschauliche Organisation oder Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratien sind (USIP 3.2015). Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani verbrachte selbst die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 9.2016).

Friedens- und Versöhnungsprozess:

Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)

Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.9.2016), unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung, erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.9.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, int. Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.9.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 4.2.2017).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

 

1.12.2015 - 15.2.2016

16.2.2016 - 19.5.2016

20.5.2016 - 15.8.2016

16.8.2016 - 17.11.2016

1.12.2015 - 17.11.2016

sicherheitsrelevante Vorfälle

4.014

6.122

5.996

6.261

22.393

Bewaffnete Zusammenstöße

2.248

3.918

3.753

4.069

13.988

Vorfälle mit IED¿s

770

1.065

1.037

1.126

3.998

gezielte Tötungen

154

163

268

183

768

Selbstmordattentate

20

15

17

19

71

(UN GASC 13.12.2016; UN GASC

7.9.2016; UNGASC10.6.2016; UN GASC 7.3.2016; Darstellung durch die Staatendokumentation des BFA)

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Ver

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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