Entscheidungsdatum
13.07.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W144 2200545-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX alias XXXX geb., geb., StA. von Algerien alias Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF) ist bereits vormals am 22.05.2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser wurde gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO und § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen, da Ungarn zur Prüfung seines Asylantrages zuständig war. Der BF tauchte jedoch in der Folge unter, sodass seine Überstellung nach Ungarn nicht durchgeführt werden konnte.
In der Folge reiste der BF, der zwischenzeitig in Deutschland, Frankreich, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz aufhältig gewesen war, am 11.05.2018 erneut ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag unter dem Nationale XXXX , XXXX geb., StA von Algerien, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Zur Person des BF liegen folgende eine EURODAC-Treffermeldungen (sämtliche wegen Asylantragstellungen) vor:
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Ungarn vom 14.05.2015
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Österreich vom 23.05.2015
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Dänemark vom 17.01.2016
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Deutschland vom 12.04.2016
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Deutschland vom 25.04.2016
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Niederlande vom 21.10.2016
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Dänemark vom 15.09.2017
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Deutschland vom 21.11.2017
Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Im Verlauf der Erstbefragung durch Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 12.05.2018 gab der BF im Wesentlichen an, dass er nach seinem Aufenthalt im Jahr 2015 in Österreich selbstständig nach Deutschland gereist sei, wo er sich von Mai bis Juni 2015 aufgehalten habe. Sodann habe er ein halbes Jahr in Frankreich verbracht und sei Ende des Jahres 2015 nach Deutschland zurückgereist, wo er sich in der Folge etwa ein Jahr lang (2016) aufgehalten habe. Anschließend sei er für 10 Tage in Dänemark gewesen und sei in der Folge bis Mai 2018 erneut überwiegend in Deutschland, mit einer Unterbrechung in Holland, aufhältig gewesen. Bis 10.05.2018 habe er sich sodann in der Schweiz und in Deutschland aufgehalten und befinde er sich nunmehr seit 11.05.2018 in Österreich. Auf die Frage, ob es Gründe gebe, die gegen seine Rücküberstellung in einen Dublinstaat, wie etwa Deutschland Holland oder Dänemark, sprechen würden, gab der BF an, dass es derartige Gründe nicht gebe.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 15.05.2018 unter Hinweis auf den Reiseweg des BF ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die BRD. Diese stimmte mit Schreiben vom 18.05.2018 diesem Ersuchen unter Hinweis auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO als zuständigkeitsbegründende Norm zu.
In der Folge wurde der BF am 08.06.2018 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen zu Protokoll gab, dass er bisher im Verfahren wahrheitsgemäße Angaben erstattet hat, dass er physisch und psychisch in der Lage sei, die Einvernahme zu absolvieren und dass er keine identitätsbezeugenden Dokumente, die er vorlegen könne, habe. Er habe weder im Bereich der Mitgliedstaaten noch konkret in Österreich aufhältige Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte. Es bestehe auch kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu einer sonstigen Person. Nach Vorhalt, dass Deutschland zur Prüfung seines Asylantrags zuständig sei, gab der BF an, dass er nicht nach Deutschland zurückkehren wolle, seiner Rücküberstellung stehe entgegen, dass sein Asylantrag in Deutschland zweimal abgelehnt worden sei. Weiteres wolle er nicht vorbringen.
Das BFA wies sodann den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 28.06.2018 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Deutschland gemäß 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Deutschland zulässig sei.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):
"zur Lage im Mitgliedstaat:
Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie in der Deutschland systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sind oder diese dort zu erwarten hätten.
Allgemeines zu Vorbringen von Asylwerbern in Dublin Verfahren:
Die Asylbehörden haben nicht nachzuprüfen, ob ein Mitgliedstaat generell sicher ist. Nur wenn sich im Einzelfall ergeben sollte, dass Grundrechte des Asylwerbers z.B. durch Kettenabschiebung bedroht sind, so wäre aus innerstaatlichen, verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben.
(VfGH 17.6.2005, B 336/05, UBAS zu 268.445/3-X/47/06 vom 14.03.2006)
Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering seien, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird."
(VwGH, 31.5.2005, Zl. 2002/20/0095)
Die höchstgerichtliche Judikatur ist gerade bei Anträgen ab 01.01.2006 aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 von besonderer Bedeutung.
Zur Deutschland werden folgende Feststellungen getroffen:
(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom 12.06.2018).
Allgemeines zum Asylverfahren
In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2018; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen). Im Jahr 2017 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 603.428 Asylanträge entschieden. Das ist ein Rückgang gegenüber 2016 (695.733 Entscheidungen). 2017 wurden 222.683 Asylanträge entgegengenommen,
522.862 weniger als im Vorjahr. Insgesamt 123.909 Personen erhielten 2017 internationalen Schutz (20,5% der Antragsteller), 98.074 Personen (16,3%) erhielten subsidiären Schutz und 39.659 Personen (6,6%) Abschiebeschutz (BAMF 4.2018).
Verschiedene Berichte äußerten sich besorgt über die Qualität des Asylverfahrens. Ein Ein hoher Prozentsatz der Asylentscheidungen war einer internen Untersuchung zufolge "unplausibel". Berichten zufolge waren viele Entscheidungsträger, die 2015 und 2016 beim BAMF eingestellt wurden, seit mehr als einem Jahr im Einsatz, ohne das interne Ausbildungsprogramm zu absolvieren. Bei den Dolmetschern wurden die unprofessionelle Haltung und fehlende Objektivität bemängelt. Weiters hat eine große Zahl von Asylwerbern eine Beschwerde gegen ihren Asylbescheid eingelegt, was zu einem Verfahrensstau bei den Gerichten geführt hat (AIDA 3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/ablauf-des-asylverfahrens-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (4.2018): Aktuelle Zahlen zu Asyl,
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-april-2018.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018
-
BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,
https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,
http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430259.html, Zugriff 12.6.2018
Dublin-Rückkehrer
Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 3.2018).
In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen. Im Falle eines "take back"-Verfahrens können Dublin-Rückkehrer, die bereits eine negative Entscheidung erhalten haben, einen Folgeantrag stellen. Bei Dublin-Rückkehrern, die bereits einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde, wird das Verfahren fortgesetzt. Für Dublin-Rückkehrer gelten die gleichen Aufnahmebedingungen wie für andere Asylwerber (EASO 24.10.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
Non-Refoulement
Wenn die drei Schutzformen - Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz - nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden (BAMF 1.8.2016b). Wenn ein Abschiebungsverbot festgestellt wird, erhält die betroffene Person eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr; eine Verlängerung ist möglich (UNHCR o.D.a).
Amnesty International sieht Asylwerber aus Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Albanien und Montenegro von einem erhöhten Refoulement-Risiko bedroht, da diese Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft wurden (AI 31.12.2017). AI kritisiert auch die fortgesetzten Abschiebungen nach Afghanistan, trotz der sich verschlechternden Sicherheitslage vor Ort. Bis Ende des Jahres wurden 121 afghanische Staatsangehörige abgeschoben (AI 22.2.2018).
Quellen:
-
AI - Amensty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425035.html, Zugriff 12.6.2018
-
AI - Amnesty International (31.12.2017): Germany: Human rights guarantees undermined: Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review - 30th session of the UPR Working Group, May 2018 [EUR 23/7375/2017],
https://www.ecoi.net/en/file/local/1422247/1226_1516189882_eur2373752017english.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b): Nationales Abschiebungsverbot,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/AbschiebungsV/abschiebungsverbot-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.a): Asyl und anderer Schutz,
http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/asyl-und-anderer-schutz, Zugriff 12.6.2018
Versorgung
Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen, die Asylwerbern zustehen. Die Leistungen umfassen die Grundleistungen des notwendigen Bedarfs (Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt), Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse im Alltag (Bargeld bzw. Taschengeld), Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Bei besonderen Umständen können auch weitere Leistungen beantragt werden, die vom Einzelfall abhängen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016b). Die empfangenen Leistungen liegen dabei unterhalb der finanziellen Unterstützung, die deutsche Staatsangehörige beziehen. Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereit gestellt. Hiervon kann - soweit nötig - abgewichen werden, wenn Asylwerber nicht in Aufnahmeeinrichtungen, sondern in Anschlusseinrichtungen (z.B. Gemeinschaftsunterkunft oder dezentrale Unterbringung, wie Wohnung oder Wohngruppen) untergebracht sind. So können Asylwerber statt Sachleistungen Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder in Geldleistungen erhalten. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, werden die folgenden Beträge monatlich ausbezahlt:
Bezieher
Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen
Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen
Für alleinstehende Leistungsberechtigte
135 €
216 €
Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen
je 122 €
194 €
Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt
je 108 €
174 €
Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
76 €
198 €
Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres
83 €
157 €
leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres
79 €
133 €
Nach 15 Monaten im Asylverfahren wird die Leistungshöhe auf das gleiche Niveau wie für bedürftige Deutsche umgestellt (UNHCR o.D.b; vgl. BAMF 1.8.2016b, AIDA 3.2018, AsylbLG 17.7.2017).
Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 24.10.2017). Während der ersten drei Monate des Asylverfahrens gilt jedoch ein Beschäftigungsverbot für Asylwerber. Dieses Beschäftigungsverbot besteht fort, solange die betroffene Person verpflichtet ist, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Für die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit wird eine Beschäftigungserlaubnis benötigt, die bei der Ausländerbehörde beantragt werden kann. Die Ausländerbehörde muss hierfür zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einholen. Die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ist während des gesamten Asylverfahrens untersagt (UNHCR o.D.b).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch
Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist (17.7.2017): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):
Zuständige Aufnahmeeinrichtungen, https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/MeldungAE/meldung-aufnahmeeinrichtung-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (24.10.2017):
Ankunftszentren,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (o.D.b):
Aufnahmesituation,
http://www.unhcr.org/dach/de/was-wir-tun/asyl-in-deutschland/aufnahmesituation, Zugriff 12.6.2018
Unterbringung
In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen weitgehend geschlossen wurden. Darüber hinaus wurden besondere Aufnahmeeinrichtungen (in denen Personen untergebracht werden können, deren Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden) und Transitzentren (in denen Asylwerber mit geringer Bleibeperspektive untergebracht werden) eingerichtet (AIDA 3.2018; vgl. BSASFI 29.6.2017).
Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2017 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 10.2016). Von Flüchtlingsorganisationen und NGOs werden die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften häufig kritisiert (AIDA 3.2018).
Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragsstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragsstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D.c).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2016): Ablauf des deutschen Asylverfahrens,
http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.c):
Ankunftszentren,
https://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BSASFI - Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (29.6.2017): Schriftliche Anfrage einer Abgeordneten betreffend "Ankunftszentren und Transitzentren, https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/tl_files/PDF-Dokumente/Anfrage%20Ausbau%20der%20Ankunfts-%20und%20Transitzentren.pdf, Zugriff 12.6.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV o.D.).
Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA 3.2018; vgl. DIM 3.2018, GKV o. D.).
Je nach Bundesland erhalten Asylwerber eine Gesundheitskarte oder Krankenscheine vom Sozialamt; darüber können die Bundesländer autonom entscheiden (BMG 2.2016; vgl. BMdI 29.9.2015). Krankenscheine bekommen Asylwerber beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 3.2018). Die elektronische Gesundheitskarte ersetzt den Behandlungsschein und damit können Asylwerber den Arzt direkt aufsuchen, ohne vorher eine Bescheinigung von den staatlichen Stellen (z.B. Sozialamt) einzuholen (BMG 6.2016).
Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016, AIDA 3.2018).
Es wurde jedoch kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch nur Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BMdI - Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 12.6.2018
-
BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.10.2015): Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2015/bund-laender-vereinbarungen/?L=0, Zugriff 12.6.2018
-
BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.2016): Ratgeber Gesundheit für Asylwerber in Deutschland, http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
DIM - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (3.2018):
Geflüchtete Menschen mit Behinderung, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/POSITION/Position_16_Gefluechtete_mit_Behinderungen.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
SO - Spiegel Online (22.3.2016): So werden Flüchtlinge medizinisch versorgt,
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fluechtlinge-so-laeuft-die-medizinische-versorgung-a-1081702.html, Zugriff 12.6.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430259.html, Zugriff 12.6.2018
Schutzberechtigte
Personen mit internationalem Schutz erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis, befristet auf 3 Jahre. Danach wird geprüft ob Gründe für eine Aberkennung vorliegen. Die Beantragung der Niederlassungserlaubnis ist nach drei oder fünf Jahren möglich, wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Sie haben auch Anspruch auf privilegierten Familiennachzug (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 6.8.2016).
Personen mit subsidiärem Schutz erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis, befristet auf ein Jahr. Sie ist verlängerbar um weitere zwei Jahre und nach 5 Jahren kann eine permanente Niederlassungserlaubnis beantragt werden, wenn die Betroffene die dafür notwendigen Kriterien erfüllt (AIDA 3.2018; vgl. BAMF 1.8.2016 o. D.c). Nach der derzeitigen Regelung ist subsidiär Schutzberechtigten, deren Aufenthaltserlaubnis nach dem 17.03.2016 erteilt worden ist, bis zum 31. Juli 2018 der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz nicht möglich (BAMF o.D.b).
Geduldete fallen unter die Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AIDA 3.2018).
Sowohl Personen mit internationalem Schutz als auch Personen mit subsidiären Schutz haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinische Versorgung, wie deutsche Bürger (AIDA 3.2018). Je nach Aufenthaltstitel besteht für viele anerkannte Schutzberechtigte ein Anspruch auf die einmalige Teilnahme an einem Integrationskurs (IAM o.D.), der aus einem Sprachkurs (600 Stunden) und einem Orientierungskurs (100 Stunden) besteht. Asylbewerber und Menschen mit einer sogenannten Duldung können auch berufsbezogene Sprachkurse besuchen (BR o.D.).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2018): Country Report:
Germany,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2017update.pdf, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens - Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.html?nn=6077414, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (6.8.2016):
Flüchtlingsschutz,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/Fluechtlingsschutz/fluechtlingsschutz-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016c):
Subsidiärer Schutz,
https://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Schutzformen/SubsidiaererS/subsidiaerer-schutz-node.html, Zugriff 12.6.2018
-
BR - Bundesregierung (o.D.): Flucht und Asyl: Fakten und Hintergründe,
https://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Fluechtlings-Asylpolitik/4-FAQ/_function/glossar_catalog.html?nn=1419512&lv2=1659082&id=GlossarEntry1659098, Zugriff 12.6.2018
-
IAM - Informationsverbund Asyl und Migration (o.D.): Sprach- und Integrationskurse,
https://www.asyl.net/themen/bildung-und-arbeit/zugang-zu-bildung/sprach-und-integrationskurse/, Zugriff 12.6.2018
D) Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:
[ ... ]
-
betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:
Die in den Feststellungen zur Deutschland an