Entscheidungsdatum
16.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W173 2185976-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 11.1.2018, betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Am 17.8.2107 stellte Frau XXXX, geb. am XXXX, (in der Folge BF) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Als ihre Gesundheitsschädigungen nannte die BF eine seronegative Autoimmunhepatitis, Leberzirrhose und cortisoninduzierte Diabetes. Dazu legte die BF medizinische Unterlagen vor.
2. Die belangte Behörde holte ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. Im Gutachten von Dr. XXXX, FÄ für Innere Medizin, vom 6.11.2017, das auf einer persönlichen
Untersuchung der BF beruhte, wurde Nachfolgendes ausgeführt:
"...........................
Anamnese:
seronegative Autoimmunhepatitis
Cortison induzierter Diabetes mellitus seit Juni, Insulindosis wird schrittweise mit Cortisondosis reduziert
Derzeitige Beschwerden:
Bekomme Imurek, das beeinflusst das Immunsystem, vom AKH wurde mir geraten, das Schwimmbad zu meiden wegen der Infektionsgefahr, deshalb kann sie auch die ÖVM nicht benutzen. Zusätzlich werden Krämpfe in den Händen beklagt.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Imurek, Aprednislon, Aldactone, Calciduran, Insulatrad
Sozialanamnese:
geschieden, AMS, zuletzt 03/17 bei der Post gearbeitet
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Arztbrief AKH 10.5.-13.5.2017: ERCP und Leberbiopsie bei
Hepatopathie unklarer Genese, Biopsie: Autoimmunhepatitis, Leberzirrhose
Befundbericht AKH vom 20.7.2017: Cortison induzierter Diabetes mellitus
Befundbericht AKH vom 4.7.2017: AIH, Zirrhose, im US geringer Ascites
Labor 05/17: GGT: 194, GOT: 900, GPT: 769
Labor 07/17: GGT: 128, GOT 102, GPT: 160
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: adipös, Größe: 175,00 cm,
Gewicht: 99,00 kg, Blutdruck: 110/80
Klinischer Status - Fachstatus:
HNAP frei, keine Lippenzyanose, Hals: keine pathologischen Lymphknoten palpabel
Thorax: symmetrisch, Pulmo: VA, SKS ,
Herztöne: rein, rhythmisch, normofrequent
Abdomen: Leber und Milz nicht palpabel, DG lebhaft, keine DP, keine Resistenzen
UE: keine Ödeme, Fußpulse palpabel
Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen
Gesamtmobilität - Gangbild: unauffällig, keine Hilfsmittel
Status Psychicus: allseits orientiert, Ductus kohärent
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Autoimmunhepatitis Wahl dieser Positionsnummer mit unterem Rahmensatz, da zirrhotischer Umbau und Aszites, unter Therapie jedoch stabilisiert.
07.05.05
50%
Gesamtgrad der Behinderung 50%
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Cortison induzierter Diabetes begründet keinen GdB da unter Dosisreduktion rückläufig und daher aus gutachterlicher Sicht eine anhaltende, behinderungsrelevante Erkrankung derzeit nicht vorliegt.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
X Nachuntersuchung 09/2019, da Besserung möglich ist.
.........................
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport in ÖVM sind möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein. Derzeit besteht eine übliche immunspressive Therapie bei Autoimmunhepatitis. Es liegen jedoch keine Krankenhausaufenthalte oder Befunde vor, welche eine tatsächliche erhöhte Infektionsneigung dokumentieren, daher ist auch die Benützung der ÖVM zumutbar.
........................................"
3. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten wurde mit Schreiben vom 11.12.2017 dem Parteiengehör unterzogen. Mit Schreiben vom 5.1.2018 brachte die BF vor, dass ihr von der PVA telefonisch eine monatliche Rehab-Unterstützung zugesagt worden sei. Infolge ihrer Immunkrankheit müsse sie häufiger mit Infekten rechnen. Es müsse deshalb Orte mit Menschenansammlungen meiden. Ihr Tagesauflauf sei durch ihre Erkrankung beeinträchtigt. Sie ermüde schnell. Dies wirke sich auf ihre berufliche Tätigkeit aus. Sie habe auch ein Kind, für das sie verantwortlich sei. Bei der Untersuchung habe sie keine augenscheinlichen erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen oder eine schwerwiegende Infektanfälligkeit. Bisher sei sie auch von schwerwiegenden Infekten verschon geblieben. Ein Behindertenpass würde ihr das Leben mit ihrer Erkrankung erleichtern. Sie habe Angst vor krankheitsbedingten Rückschlägen. In der ergänzenden Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 10.1.2018 wurde die Ausführungen der Sachverständigen Dr. XXXX bestätigt. Der BF wurde ein befristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% ausgestellt.
4. Mit Bescheid vom 11.1.2018 wurde der Antrag der BF vom 17.8.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich in ihrer Begründung auf das eingeholte medizinische Gutachten 6.11.2017, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Danach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die Ausführungen der BF im Rahmen des Parteiengehörs hätten zu keinem abweichenden Ergebnis geführt.
5. Gegen den abweisenden Bescheid vom 11.1.2018 zur beantragten Zusatzeintragung erhob die BF mit Schreiben vom 7.2.2018 Beschwerde. Begründend wurde vorgebracht, an einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems zu leiden. Wenn sie Glück habe, erkranke sie nicht an weiteren Erkrankungen. Sie müsse sich halbjährlich Kontrolluntersuchungen unterziehen. Nunmehr leide sie unter einer Schilddrüsenzyste. Ihr Immunsystem werde medikamentös unter Kontrolle gehalten. Sie sollte keinen Stress ausgesetzt sein. Als Alleinerzieherin habe sie es nicht leicht. Auf Anraten ihrer Ärztin sollte sie öffentliche Orte meiden. Dies erstrecke sich auf Badeanstalten und öffentliche Verkehrsmittel. Ungeachtet dessen sollte ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sein, obwohl ihr Immunsystem nicht in Ordnung sei. Sie würde sich einer neuerlichen Untersuchung unterziehen.
6. Nach Vorlage des Beschwerdeaktes durch die belangte Behörde am 13.2.2018 wies die BF im Schreiben vom 28.3.2018 nochmals auf die zu ihrer Immunkrankheit hinzutretenden Schilddrüsenprobleme hin. Ihre Autoimmun-Hepatitis sei mit einer schweren Leberzirrhose verbunden. Im Juni 2017 sei eine Lebertransplantation zur Diskussion gestanden. Sie müsse sich Impfungen unterziehen. Darüber hinaus schilderte die BF die Folge der erforderlichen Immunsuppression, die mit einer erhöhten Infektanfälligkeit verbunden sei. Selbst harmlose Infekte könnten bei Personen mit Immunsuppression lebensgefährlich sein. Sie müsse sich regelmäßig einem Tumorscreening unterziehen. Auf Grund des Vorbringens der BF wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Im Sachverständigengutachten basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF führte Dr. XXXX, FA für Innere Medizin, im Gutachten vom 8.5.2018 auszugsweise aus:
"..................................
Ergänzende Anamnese mit der Beschwerdeführerin:
Die gemachten Angaben werden bestätigt, wesentliche neue Aspekte ergeben sich nicht.
Festgehalten wird jedenfalls:
Vorübergehend hat auch ein steroidinduzierter insulinpflichtiger Diabetes bestanden (Dauer 07 - 12/2017). Während der Cortisonbehandlung hat sie an Krämpfen gelitten. Außerdem hat sich viel Wasser eingelagert und auch die Sehschärfe hat sich vorübergehend verschlechtert. Sie ist leicht kurzsichtig, im Rahmen der Untersuchung ist sie ohne Brille, sieht zur Orientierung im Raum ausreichend, beim Autofahren verwendet sie jedoch die Brille.
Im Aktenblatt 50 noch eine weitere Darstellung, verfasst durch die Beschwerdeführerin auch allgemeine Feststellungen zum Immunsystem beinhaltet.
Aktuelle Medikation, physikalische Behandlung und andere Maßnahmen:
Imurek, derzeit 150 mg in der Früh, Oleovit 50 Tropfen pro Woche, Magnesium. Eine Behandlung mit einem Cortison-Präparat war zuletzt im Dezember 2017/Jänner 2018 erforderlich, aus den Unterlagen geht hervor, dass die die Steroid-Behandlung am 22.01.2C18 beendet wurde.
Ergänzung der Anamnese durch Unterlagen im Akt, mitgebrachte Spitalsberichte, Röntgen- und Laborbefunde soweit relevant:
14.12.2017, Röntgendiagnosezentrum Mödling, Schilddrüsenbefund:
euthyreote Stoffwechsellage, Stroma uninodosa mit einem 1 1 mm messenden Knoten rechts, der szintigrafisch ausreichend speichert. Eine schilddrüsenspezifische Medikation ist nicht erforderlich.
23.03.2018, Aktenblatt 56 ident mit Aktenblatt 53, zur Vorlage beim Arnt, I.-Iniv.-Prof. Dr. XXXX, Zusammenfassung der Krankengeschichte:
histologisch gesicherte Autoimmunhepatitis (AIH) mit daraus resultiere nder Leberzirrhose
(Erstdiagnose 05/2017). Histologisch fand sich eine AIH mit abgelaufenen schweren Schüben, sowie deutlicher Interfaceaktivität und grobscholligen Verkalkungen im Sinne ischämisch zugrunde gegangener Hepatozyten. Kortisonstoßtherapie ab 30.05.2017, mit vorübergehendem steroidinduziertem Diabetes mellitus (insulinpflichtig), Ende der Cortison-Therapie am 22.012018, immunsuppressive Therapie mit Imurek (Azathioprin) ab 21.08.2017.
Eine Fortführung der immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin ist jedenfalls für die nächsten 5 Jahre unbedingt und vermutlich lebenslang erforderlich (hohes Risiko für Dekompensation bei Absetzen der Therapie).
19.01.2018, Laborbefunde: Blutbild normal, PTZ auf 66 % gering vermindert, PTT normal, im
Leberenzymmuster GGT gering auf 42 erhöht, LDH normal, Blutzucker 146, Blutfette normal, Ferritin knapp über dem Normbereich, TSH geringfügig erhöht bei normalem FT4, Immunglobulin G, A, M und AFP normal, HbA1c normal
24.04.2018, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Ambulanzbesuch Frau Prof. Dr. XXXX: Autoimmunhepatitjs, Zirrhose, Erstdiagnose 5/17, Leberbiopsie im Mai 2017, portal 2, lobulär 1, Fibrose 4, in der Gastroskopie vom Mai 2017 keine Varizen, RCP vorn Mai 2017 unauffällig, erste Steroid-Stoßtherapie ab 30.05.2017, Imurek am 21 .08.2017, Status post steroidinduziertem Diabetes mellitus. Erstdiagnose 7/17
HFE Genotyp: heterozygot für H63D
Status post HE (2013 wegen Befürchtung eines Ma/ignoms, die sich dann aber nicht bestätigt hat). 26.03.2018, Dr. XXXX, Fachärztin für Innere Medizin, SonografiebefL nd, LZ, PV und Ai-IP offen und normal durchströmt, keine sichere hepatale Raumforderung, kein Aszites, Milz 12 cm, GW und GP normal.
20.04.2018, Laborbefunde: Immunglobuline G, A, M sowie AFP normal, Ammoniak normal, Pro-BNP normal, Blutbild normal, Natrium, Kalium normal, Kalzium 2,12 gering unter der Norm,
Nierenfunktionsparameter normal, Eiweiß gering unter der Norm bei normalem Albumin, Amylase,
Lipase, Leberenzymmuster, LDH, Glukose, Triglyceride, Cholesterin normal, CRP 0,22, Transferrin gering auf 194 vermindert, bei normal Transferinsättigung und normalem Ferritin, TSH normal, Vitamin D im unteren Normbereich, HbA1c normal.
Sowie virologische Befunde zurückreichend bis April 2017, die keine zusätzliche Information liefern.
Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut, 175 cm, 100 kg, höchstes Gewicht war 115 kg, Knochenbau: normal, Haut und Schleimhäute: unauffällig
Lymphknoten nicht tastbar
Augen: sokor, prompte Lichtreaktion
Zunge: normal, Zähne: eigene gut saniert
Hals: unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut
Thorax: symmetrisch, elastisch
Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch
Herz: reine rhythmische Herztöne
RR 120/80, Frequenz 80/Min. rhythmisch
Abdomen: Bauchdecken weich, mäßig adipös
Leber und Milz nicht abgrenzbar
Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei
Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule unauffällig, Arme normal, an den Beinen altersgemäß normaler Gelenksstatus, Pulse tastbar, keine Varzien, keine Ödeme
Gangbild normal
Beurteilung und Beantwortung der im nicht nummerierten Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.4.2018 gestellten Fragen:
Frage 1: Diagnosen:
Autoimmunhepatitis mit Leberzirrhose laut histologischem Befund Struma nodosa mit geringer latenter Hypothyreose Verlust der Gebärmutter
Frage 2:
Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten?
Nein
Frage 3:
Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?
Nein Frage 4:
Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor? Nein
Frage 5:
Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?
Dafür liegt kein Anhaltspunkt vor.
Frage 6:
Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Bei der Autoimmunhepatitis handelt es sich, wie schon der Name sagt, um eine Erkrankung, bei welcher das Immunsystem gegen körpereigene Zellen gerichtet ist, bei der vorliegenden Erkrankung gegen Lebergewebe. Zur Behandlung dieses fehlerhaften immunologischen Verhaltens ist eine Immunsuppression (derzeit mit Imurek 150 mg) erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im engeren Sinn, darunter auch die in Frage 6 beispielhaft aufgezählten Krankheiten, liegt nicht vor.
Frage 7:
Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor? Nein.
Frage 8:
Es bestehen keine Schmerzzustände oder sonstigen Beeinträchtigungen der Beweglichkeit, welche das Erreichen öffentlicher Verkehrsmittel, das Einsteigen und Aussteigen sowie den sicheren Transport beeinträchtigen würden. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Ziel der immunsuppressiven Behandlung ist die Reduktion der Aktivität des Immunsystems, um die Krankheitsaktivität zu dämpfen. Sofern diese aber nicht in einer außergewöhnlichen Art oder Dosierung erfolgt, liegt keine erhebliche Beeinträchtigung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel vor. Eine Infektionsgefahr ist bei der Bewegung im öffentlichen Raum ständig gegeben, und hängt dabei zum Teil von der Anwesenheit anderer Personen oder Tiere ab, betrifft nicht nur öffentliche Verkehrsmittel, sondern sämtliche Aktivitäten des familiären, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. Diese überall bestehende Infektionsgefahr ist in Art und Dosierung der im vorliegenden Fall verordneten immunsuppressiven Behandlung berücksichtigt und kann durch das Meiden öffentlicher Verkehrsmittel nicht entscheidende reduziert werden.
Frage 9:
Stellungnahem zu Aktenblatt 27-28: wie schon zuvor festgestellt, liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Fragestellung nicht vor, wohl aber eine Autoimmunerkrankung mit Notwendigkeit immunsuppressiver Behandlung. Die Empfehlung zu Impfungen sind zu beachten.
Stellungnahme zu Aktenblatt 48-50: die angegebenen Beschwerden wurden berücksichtigt, haben auch zu der im beanspruchten Gutachten geführten Einschätzung geführt. Die übrigen Feststellungen sind allgemeiner Natur und erlauben es nicht, daraus die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abzuleiten. Stellungnahme zu Aktenblatt 38-47: diese Befunde wurden berücksichtigt und begründen die schon oben getroffenen Feststellungen
Aktenblatt 53: Ideen zu Aktenblatt 56, wie schon oben erwähnt.
Aktenblatt 59: Anforderungsteil zu einer histologischen Untersuchung - da Ergebnis dieser Untersuchung begründet die Diagnose und ist in den obigen Feststellungen berücksichtigt.
Frage 10: Stellungnahme zu Aktenblatt 6-8: keine wesentliche Abweichung
Frage 11: Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
........................"
7. Die BF wurde mit Schreiben vom 14.5.2018 vom Bundesverwaltungsgericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Ihr wurde die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen. Die BF sah von einer Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die BF hat ihren Wohnsitz im Inland. Der Gesamtgrad der Behinderung der BF beträgt 50 v.H. Der BF wurde ein befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H ausgestellt.
1.2. Mit Antrag vom 17.8.2017 beantragte die BF die Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar". Die belangte Behörde holte das oben wiedergegebene Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, FÄ für Innere Medizin, vom 6.11.2017, das auf einer persönlichen Untersuchung der BF beruhte, ein. Mit Bescheid vom 11.1.2018 wurde die beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" gestützt auf das eingeholte Gutachten abgewiesen. Der Bescheid vom 11.1.2018 wurde von der BF mit Beschwerde vom 7.2.2018 bekämpft.
1.3. Vom Bundesverwaltungsgericht wurde im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen das oben wiedergegebene Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, FA für Innere Medizin, vom 8.5.2018 eingeholt, das auf einer persönlichen Untersuchung der BF beruhte. Der medizinische Sachverständige hat keine erheblichen Funktionseinschränkungen der BF objektiviert, die einer zumutbaren Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln durch die BF entgegenstehen. Es wurden keine schwer anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems bei der BF festgestellt. Es lagen auch keine erheblichen Einschränkungen der unteren oder oberen Extremitäten, der körperlichen Belastbarkeit und keine hochgradige Sehbe-hinderungen oder Blindheit bei der BF vor, die gegen eine Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die BF sprechen.
1.4. Der BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den ergänzenden fachärztlichen Gutachten.
Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen im Hinblick auf den beantragten Zusatzvermerk "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" wurde im schlüssigen Sachverständigengutachten vom 8.5.2018 (Dr. XXXX, FA für Innere Medizin) ausführlich Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF durch den genannten Sachverständigen mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Der Gutachter hat sich auch mit den vorgelegten Befunden nachvollziehbar und ausführlich auseinandergesetzt.
Die BF leidet zwar an einer Autoimmunhepatitis-Erkrankung mit Leberzirrhose und einer Struma nodosa mit geringer latenter Hypothyreose. Es unterliegt die Autoimmunhepatitis-Erkrankung einer immunsuppressiven Behandlung, wobei eine Impfempfehlung vorliegt. Die Reduktion der Aktivität des Immunsystems dient der Dämpfung der Krankheitsaktivität, die aber bei der BF nicht in einer außergewöhnlichen Art oder Dosierung erfolgt, sodass keine erhebliche Beeinträchtigung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegeben ist. Schlüssig legte der Sachverständige dar, dass eine Infektionsgefahr bei der Bewegung im öffentlichen Raum ständig gegeben ist. Diese erstreckt sich auf sämtliche Aktivitäten inklusive öffentliche Verkehrsmittel. Die überall bestehende Infektionsgefahr ist gegenständlich in der Art und Dosierung der verordneten immunsuppressiven Behandlung berücksichtigt und kann auch nicht durch Meiden öffentlicher Verkehrsmittel entscheidend reduziert werden.
Infolge fehlender erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der körperlichen Belastbarkeit sowie der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und fehlender hochgradiger Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit kann die BF jedenfalls eine Gehstrecke von 300-400 Meter bewältigen. Ebenso kann sie auch Niveauunterschiede überwinden, um in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und aussteigen und ist der sichere Transport in diesem gewährleistet.
Gegen das abschließende Gutachten des Sachverständigen Dr. XXXX, FA für Innere Medizin, vom 8.5.2018 hat die BF im Rahmen des ihr dazu eingeräumten Parteiengehörs auch keine Einwendungen mehr erhoben. Vielmehr hat sie von einer Stellungnahme abgesehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).
3.1. Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:
1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;
2. die Versicherungsnummer;
3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
4. eine allfällige Befristung.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in
§ 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):
Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300-400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).
Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258). Wie sich aus der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, sind nicht - wie die BF in ihrer Beschwerde vorbringt - die jeweiligen subjektiven örtlichen Verhältnisse der BF als Maßstab für die Beurteilung der begehrten Zusatzeintragung heranzuziehen.
Zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird auf die obigen Erörterungen verwiesen.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF nicht ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Hinsichtlich der bekämpften Abweisung der Zusatzeintragung ist im gegenständlichen Fall für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" rechtfertigt. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Dem abschließenden Gutachten vom 8.5.2018 trat die BF auch nicht mehr entgegen. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurde dieses als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Der Sachverhalt ist geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3.3. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch