TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/18 W241 2147965-1

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Veröffentlicht am 18.07.2018
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Entscheidungsdatum

18.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W241 2147965-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2017, Zahl 1123322106/161018536, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.07.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) den gegenständlichen Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG), ein.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer.

2. Im Zuge der am 21.07.2016 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab der BF an, über den Iran und die Türkei nach Bulgarien gelangt zu sein, wo er sich zwei Wochen aufgehalten habe. Anschließend habe er sich zwei Wochen in Serbien und vier Tage in Ungarn aufgehalten. Er sei mit verschiedenen Fahrzeugen und teilweise auch zu Fuß unterwegs gewesen.

3. Das BFA richtete an Bulgarien am 13.08.2016 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmeersuchen betreffend den BF.

4. Mit Schreiben vom 31.10.2016 teilte das BFA der bulgarischen Dublin-Behörde mit, dass aufgrund des Unterbleibens der Beantwortung des Aufnahmeersuchens gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO die Zuständigkeit von Bulgarien zur Überprüfung des vorliegenden Asylantrags eingetreten sei.

5. Am 22.11.2016 erfolgte die Einvernahme des BF vor dem BFA. Dabei gab er an, dass er nie in Bulgarien gewesen sei. Österreich sei für ihn das erste europäische Land. Er könne ab der Türkei keine Angaben zu seiner Reiseroute machen, die Reise habe etwa eine Woche gedauert. Sie seien mit verschiedenen Autos unterwegs gewesen. Er habe bei der Erstbefragung nicht angegeben, über Bulgarien gereist zu sein.

6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 06.02.2017, zugestellt am selben Tag, den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrags des BF gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung des BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des BF nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass der BF seit der illegalen Einreise in Bulgarien das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder verlassen habe. Zur Begründung des Dublin-Tatbestands wurde angeführt, dass die Angaben des BF zur Einreise in die EU plausibel, nachvollziehbar und widerspruchsfrei seien. Er habe in der Erstbefragung angegeben, zwei Wochen in Bulgarien und 15 Tage in Serbien verbracht zu haben, ehe er nach Ungarn weitergereist sei. Den Ausführungen in der Einvernahme, wonach er diese Angaben nie getätigt habe, werde kein Glauben geschenkt.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des BF ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Eine schwere oder lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigung des BF würde nicht vorliegen. Darüber hinaus sei in Bulgarien medizinische Versorgung gegeben. Die Außerlandesbringung des BF stelle keine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 8 EMRK dar.

In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

7. Am 06.02.2017 stellte das BFA dem BF gemäß § 52 Abs. 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 84/2015 (BFA-VG), einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) amtswegig zur Seite.

8. Mit Schreiben vom 16.02.2018 brachte der BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem der Bescheid in vollem Umfang angefochten und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde.

In der Beschwerdebegründung wiederholte der BF sein bisheriges Vorbringen. Weiters wurden verschiedene Berichte zur Situation in Bulgarien zitiert.

9. Mit Beschluss des BVwG vom 23.02.2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

10. Mit Entscheidung des BVwG vom 27.03.2017, W241 2147965-1/3E, wurde der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 1. Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben. Im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung führte das BVwG aus, dass die Zuständigkeit Bulgariens nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO mangels dortiger Asylantragsstellung durch die Ausreise des BF nach Serbien erloschen sei. Es sei vielmehr Ungarn als zuständiger Mitgliedstaat anzusehen. Daran vermöchten auch die Umstände nichts zu ändern, dass Bulgarien seine Zuständigkeit durch Fristablauf akzeptiert habe. Da die Frist von drei Monaten gemäß Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO für die Stellung eines Aufnahmegesuchs an Ungarn bereits abgelaufen sei, ergebe sich die Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrags des BF auf internationalen Schutz.

11. Nach außerordentlicher Revision durch das BFA wurde die Entscheidung des BVwG durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 05.04.2018, Ra 2017/19/0169-9, aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führt darin im Wesentlichen aus, dass die Bestimmungen des Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO sowohl nach ihrem Wortlaut, ihrer Systematik, ihrer Entstehungsgeschichte, als auch im Hinblick auf die mit der Dublin III-VO verfolgten Ziele im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des EuGH nur so verstanden werden können, dass das in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO bestimmte Kriterium der illegalen Einreise bezogen auf den Mitgliedstaat der ersten illegalen Einreise auch dann zur Anwendung gelangt, wenn der Asylwerber in diesem Mitgliedstaat keinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, sondern ein solcher Antrag nach kurzfristiger freiwilliger Ausreise in einen Drittstaat erst in einem anderen Mitgliedstaat gestellt wurde. Nach dem Gesagten steht fallbezogen - entgegen der Rechtsansicht des BVwG - der Umstand, dass der BF in Bulgarien keinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der Annahme einer auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gegründeten Zuständigkeit Bulgariens nicht entgegen.

12. Am 07.06.2018 wurde dem BF seitens des BVwG das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bulgarien übermittelt und ihm Gelegenheit gegeben, zu seinen persönlichen Verhältnissen und seinem Aufenthalt in Österreich Stellung zu nehmen.

13. Mit Schreiben vom 22.06.2018 teilte der BF mit, dass er in Österreich keine Angehörigen habe, aber von einer österreichischen Familie unterstützt werde. Er spreche Deutsch auf dem Niveau B1 und engagiere sich ehrenamtlich. Er besuche derzeit einen Pflichtschulabschluss-Lehrgang und sei Mitglied in einem Turnverein.

Der BF sei über die Türkei nach Griechenland gelangt und von dort über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gereist. Bei der Erstbefragung habe er "Belgrad" mit "Bulgarien" verwechselt.

In der Stellungnahme wurden weiters verschiedene Berichte zu Bulgarien zitiert.

Der Stellungnahme lagen Zeitungsartikel betreffend den BF, mehrere Unterstützungsschreiben sowie diverse Teilnahmebestätigungen bei.

II. Das BVwG hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

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den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 21.07.2016, die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA am 22.11.2016, die Beschwerde vom 16.02.2017 und die Stellungnahme vom 22.06.2018

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aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Bulgarien im angefochtenen Bescheid

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die Korrespondenz mit Bulgarien

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die eingebrachten Schriftstücke.

2. Feststellungen:

2.1. Der BF ist Staatsangehöriger Afghanistans.

2.2. Der BF reiste aus Afghanistan über den Iran, die Türkei und Bulgarien unrechtmäßig in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten ein. In der Folge reiste er über Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er nach unrechtmäßiger Einreise am 20.07.2016 um die Gewährung internationalen Schutzes ansuchte.

2.3. Am 13.08.2016 richtete das BFA aufgrund der Angaben des BF in der Erstbefragung ein Aufnahmeersuchen an Bulgarien, welches unbeantwortet blieb. Mit Schreiben vom 31.10.2016 wies das BFA die bulgarischen Behörden auf das Verstreichen der Antwortfrist und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Aufnahme des BF gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO hin.

Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Bulgariens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

2.4. Das BVwG schließt sich den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Lage im Mitgliedstaat an. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Aus einer von der Direktion des Bundesamtes erstellten Übersicht über die Überstellungsmodalitäten nach Bulgarien vom 09.10.2017 ergibt sich, das sowohl Einzelüberstellungen als auch Charterflüge nach Sofia stattfinden. Bei der Überstellung von vulnerablen Personen findet eine nochmalige Einzelprüfung durch das Bundesamt statt. An Bulgarien werden sämtliche medizinischen Daten sowie Informationen über sonstige spezielle Bedürfnisse übermittelt.

Besondere, in der Person des BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Bulgarien sprechen, liegen nicht vor.

2.5. Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder gar lebensbedrohenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

2.6. Der BF hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er spricht bereits etwas Deutsch und hat österreichische Freunde und Bekannte im Bundesgebiet.

2.7. Zum bulgarischen Asylverfahren, einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien:

Zum bulgarischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Bulgarien wurden im angefochtenen Bescheid umfangreiche Feststellungen getroffen, welche vom erkennenden Gericht geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Darüber hinaus wird angesichts einer Aktualisierung des Länderinformationsblatts am 27.11.2017 explizit festgestellt:

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAR). Es existiert ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

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(AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)

99,8% der betretenen illegalen Migranten geben an, dass Bulgarien nicht ihr Zielland ist. Ende 2016 stieg die Quote der Antragsteller, die ihr Verfahren nicht zu Ende führen, auf 84%. 44% der Asylverfahren wurden eingestellt (discontinued) und 41% in Abwesenheit entschieden. Nur 15% der Asylwerber blieben lange genug im Land, um eine inhaltliche Entscheidung zu erhalten (AIDA 2.2017). Illegale Ausreise ist eine Straftat und kann zu Haftstrafen von über einem Jahr führen (AI 2.2017). In Bulgarien gab es 2017 bis 16.11.2017 3.334 Asylanträge (VB 22.11.2017).

Es gibt weiterhin Berichte über Gewalt gegen Migranten und Asylwerber durch Mitglieder ziviler "Bürgerwehren" und Beamte an den Landesgrenzen. Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "Pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten. Dabei soll in hunderten Fällen vonseiten der Polizei und Grenzwache körperliche Gewalt zum Einsatz gekommen und die Migranten bisweilen auch beraubt und erniedrigend behandelt worden sein. Im November 2016 wurde im Zuge der Niederschlagung eines gewaltsamen Aufstandes im Unterbringungszentrum Harmanli von der Polizei angeblich übertriebene Gewalt angewendet. Im Juni 2016 wurden zwei Männer wegen versuchten Mordes angeklagt, die einen Asylwerber aus fremdenfeindlichen Motiven niedergestochen hatten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017). Die Handlungen der zivilen "Bürgerwehren", welche Migranten an den Grenzen bis zum Eintreffen der Polizei festhielten und bisweilen auch misshandelten, wurden von Teilen von Politik und Gesellschaft zunächst begrüßt. Nach formellen Beschwerden von NGOs wurden einige Mitglieder dieser Gruppen verhaftet und das bulgarische Innenministerium rief dazu auf, von der eigenmächtigen Anhaltung von Migranten Abstand zu nehmen (AI 2.2017). Die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) betreibt in Serbien eine mental health clinic. MSF berichtet, dass von den verletzten Minderjährigen, die sich zwischen Jänner und Juni 2017 an diese Klinik wandten, nach Eigenangaben der Betroffenen, 48% der Verletzungen auf verschiedene bulgarische Behörden zurückgingen und ihnen in den Grenzregionen, in Lagern, Polizeistationen, Hafteinrichtungen u.a. Einrichtungen beigebracht worden seien (MSF 3.10.2017). Einzelne Übergriffe von staatlichen Organen auf Migranten und Asylwerber in Bulgarien sind - wie überall - nicht völlig auszuschließen. Ein systematisches Vorgehen von Misshandlungen und/oder herabwürdigender Behandlung durch die bulgarischen Sicherheitskräfte besteht laut Einschätzung des BM.I-Verbindungsbeamten jedoch nicht. Das Disziplinarsystem innerhalb des Innenministeriums wird strikt ausgelegt, und die Täter hätten mit sofortiger Entlassung zu rechnen (VB 31.1.2017). Asylwerber und Schutzberechtigte haben dieselben gesetzlichen Beschwerdemöglichkeiten wie bulgarische Staatsbürger. Sie können die Behörden informieren. Die Zuständigkeit ergibt sich aus dem Charakter der Beschwerde. Ansprechbar sind der Direktor der jeweiligen Institution; der Vorsitzende der SAR über den Direktor der jeweiligen territorialen SAR-Einheit oder über NGOs; UNHCR; das Bulgarische Rote Kreuz; das Bulgarische Helsinki Komitee und andere NGOs welche reguläre Vertreter bei den territorialen Einheiten der SAR haben; der Direktor des jeweiligen Unterbringungszentrums (VB 9.7.2015).

Quellen:

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AI - Amnesty International (2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/336454/479095_de.html, Zugriff 27.6.2017

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

BHC - Bulgarian Helsinki Committee et al. (25.1.2017): Pushed Back at the Door. Denial of Access to Asylum in Eastern EU Member States, http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/pushed_back.pdf, Zugriff 29.6.2017

-

MSF - Médecins Sans Frontières (3.10.2017): Serbia; Games of violence; Unaccompanied children and young people repeatedly abused by EU member state border authorities, https://ecoi3.ecoi.net/en/file/local/1410135/1226_1507125161_serbia-games-of-violence-3-10-17.pdf, Zugriff 24.11.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017

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VB des BM.I Bulgarien (9.7.2015): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (22.11.2017): Bericht des VB, per E-Mail

2. Dublin-Rückkehrer

Ein Verfahren ist zu suspendieren, wenn sich der Antragsteller diesem für mehr als zehn Arbeitstage entzieht oder seine Adresse ändert ohne dies zu melden. Nach weiteren drei Monaten des Nichterscheinens ist das Verfahren zu beenden (Act Art. 14f.; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits inhaltlich behandelt hat der Antragsteller ab Beendigung sechs Monate Zeit, triftige Gründe für sein Fernbleiben vorzubringen und somit das Verfahren wiederzueröffnen. Kann er keine triftigen Gründe vorbringen oder ist die 6-Monats-Frist verstrichen, kommt nur noch ein neuerlicher Asylantrag infrage, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag vor Beendigung noch nicht inhaltlich behandelt, ist das Verfahren im Falle einer Dublin-Rückkehr jedenfalls wiederzueröffnen und der Antrag inhaltlich zu behandeln (Act Art. 77; vgl. AIDA 2.2017; EASO 24.10.2017; VB 13.11.2017). Wenn in einem solchen Fall die 6-Monats-Frist verstrichen ist, kann der Rückkehrer einen erneuten Asylantrag stellen, welcher als Erstantrag gewertet wird (und nicht als Folgeantrag) (SAR 17.5.2016b).

Wurde der zugrundeliegende Asylantrag bereits rechtskräftig negativ entschieden, werden Schritte zur Außerlandesbringung des Rückkehrers gesetzt. Auch hier besteht die Möglichkeit einen neuen Asylantrag einzubringen, der jedoch neue Elemente enthalten muss um zulässig zu sein (EASO 24.10.2017; vgl. VB 13.11.2017).

Dublin-Rückkehrer haben bis zum Vorliegen einer inhaltlich rechtskräftigen Entscheidung dieselben Unterbringungsrechte wie andere Asylwerber und auch ihre Krankenversicherungen werden erneuert (EASO 24.10.2017).

Folgeantragsteller (außer Vulnerable) haben während der Zulässigkeitsprüfung ihres Folgeantrags (de jure 14 Tage) kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversicherung/-versorgung und psychologische Hilfe (Act Art. 29 und 76b; vgl. AIDA 2.2017). Bei Antragstellern, deren suspendiertes Verfahren wiedereröffnet wird, weil es triftige Gründe für Ihr Fernbleiben gibt, ist laut Gesetz das Recht auf Krankenversicherung als fortdauernd (continuous) zu betrachten (Act Art. 29).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und -Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum "Nadya", IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).

Quellen:

-

Act - Asylum and Refugees Act (amend. 22.12.2015), per E-Mail

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

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SAR - State Agency for Refugees with the Council of Ministers (17.5.2016b): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017a): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (13.11.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

3. Non-Refoulement

Schutz vor Refoulement ist eine Erwägung in der Zulässigkeitsprüfung und unerlässlich für sichere Dritt- und Herkunftsstaaten (AIDA 2.2017).

Menschenrechtsorganisationen zufolge wendet Bulgarien Gewalt und sogenannte "pushbacks" an, um Migranten von seinem Territorium fernzuhalten (USDOS 3.3.2017; vgl. BHC 25.1.2017).

Die Regierung garantiert einen gewissen Schutz vor Ausweisung oder Rückkehr von Migranten und Asylwerbern in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

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BHC - Bulgarian Helsinki Committee et al. (25.1.2017): Pushed Back at the Door. Denial of Access to Asylum in Eastern EU Member States, http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/pushed_back.pdf, Zugriff 29.6.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017

4. Versorgung

Gemäß der bulgarischen Gesetzgebung haben die Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Versorgung - Unterkunft und Verpflegung, soziale Unterstützung, Krankenversicherung, kostenlose medizinische Versorgung nach den Bedingungen und Regelungen wie bulgarische Staatsbürger, außerdem auf psychologische Unterstützung, Dolmetscher oder Dolmetsch-Hilfe (VB 13.11.2017).

Falls das Asylverfahren aus objektiven Umständen länger als 3 Monate dauert, haben die Asylwerber noch während des Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Jobtrainings und Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen aber schwierig (AIDA 2.2017; vgl. VB 13.11.2017).

Asylwerber haben laut Gesetz das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens, inklusive eines etwaigen Beschwerdeverfahrens. Die Aufenthaltsdauer in den Zentren ist gesetzlich nicht begrenzt. Wenn es für Neuankömmlinge nicht genug Unterbringungsplätze geben sollte, werden in der Praxis solche ohne eigene Mittel prioritär untergebracht. Spezifische Bedürfnisse und das Armutsrisiko (finanzielle Mittel, Arbeitsmöglichkeiten, Arbeitserlaubnis, Zahl der abhängigen Familienmitglieder, etc.) werden in jedem Fall bewertet. Mit Erhalt der Asylwerbekarte, welche die Verfahrensidentität bestätigt, ist das Recht sich in Bulgarien aufzuhalten, auf Unterbringung und Versorgung, sowie zu Sozialhilfe im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger und zu Krankenversicherung, medizinischer Versorgung, psychologischer Versorgung und Bildung gegeben. Folgeantragsteller erhalten keine Asylwerberkarte und haben auch kein Recht auf materielle Versorgung. Sie haben lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen während die Zulässigkeit ihres Folgeantrags im Eilverfahren geprüft wird. Wurde der Folgeantrag nur eingebracht, um die Außerlandesbringung zu verzögern, besteht auch kein Recht auf Verbleib im Land. Die Zulässigkeit muss binnen 14 Tagen geklärt werden. Im Frühjahr 2015 wurde rückwirkend mit 1. Februar 2015 beschlossen, die Sozialhilfe für Asylwerber in Höhe von BGN 65,- (EUR 33,-) nicht mehr auszubezahlen, weil die Asylwerber in den Zentren der SAR drei warme Mahlzeiten am Tag erhalten würden. Letzteres ist Berichten zufolge aber nicht immer zutreffend. Einige NGOs haben daher gegen diese Entscheidung gerichtliche Beschwerde erhoben, welche jedoch nicht zugelassen wurde. Wenn Antragsteller sich dem Verfahren entziehen, verlieren sie bei Rückkehr in der Praxis das Recht auf Versorgung (AIDA 2.2017).

Bulgarien verfügt über Unterbringungszentren in Sofia (Ovcha Kupel, Vrazhdebna und Voenna Rampa), Banya und Harmanli sowie Pastrogor. Die Kapazität der Unterbringungszentren liegt bei 5.190 Plätzen, von denen im Oktober 2017 etwa 18% belegt waren (AIDA 2.2017; vgl. FRA 11.2017).

Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren werden als ärmlich beschrieben, vor allem in Bezug auf die sanitären Anlagen, variieren aber zum Teil erheblich von Zentrum zu Zentrum. Wo immer möglich, erfolgt die Unterbringung von Familien ohne deren Trennung. Auf die Trennung der verschiedenen Nationalitäten wird geachtet. Asylwerber können mit Erlaubnis auf eigene Kosten auch außerhalb eines Zentrums leben, verlieren dann aber das Recht auf Unterbringung und soziale Unterstützung. Gegen Verweigerung der Unterbringung ist binnen sieben Tagen ein gerichtliches Rechtsmittel möglich (AIDA 2.2017). Bulgarien bietet entsprechend der Flüchtlingskonvention ausreichende Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung. Die Aufnahmezentren werden dahingehend immer wieder von NGOs auf Mindeststandards kontrolliert (VB 31.1.2017). In den meisten Aufnahmezentren gibt es weiterhin Bau- und Renovierungstätigkeiten (FRA 10.2017).

Seit Jänner 2016 können Antragsteller während ihres Asylverfahrens, in Übereinstimmung mit Art. 8(3)(a), (b), (d) und (f) der Neufassung der Aufnahmerichtlinie, auch geschlossen untergebracht werden, etwa aus Gründen der nationalen und öffentlichen Sicherheit. Dazu wurde von SAR ein geschlossenes Unterbringungszentrum geschaffen, der sogenannte "Block 3" des Schubhaftzentrums Busmantsi (60 Plätze). Darüber hinaus sind noch die Schubhaftkapazitäten Bulgariens zu nennen. Das Land verfügt über zwei Schubhaftzentren: Busmantsi (400 Plätze), Lyubimets (300 Plätze) und das geschlossene Verteilerzentrum Elhovo (240 Plätze). Die Haftbedingungen werden vor allem bezüglich Hygiene kritisiert. Medizinische Versorgung ist nicht in jedem Haftzentrum täglich verfügbar. Die Sprachbarriere und Mangel an Medikamenten werden kritisiert (AIDA 2.2017). Die bulgarischen Behörden verbessern weiterhin die Unterbringungsbedingungen in den beiden Schubhaftzentren (FRA 11.2017).

Das Zentrum in Pastrogor wird renoviert um es in eine geschlossene Einrichtung umzuwandeln (FRA 4.2017). Es soll Ende 2017 eröffnet werden und etwa 300 Plätze haben. Es sei für Personen gedacht sein, welche die Hausordnung offener Zentren verletzt haben (FRA 10.2017).

Derzeit sind in Bulgarien untergebracht (Stand 16.11.2017): 934 Personen in offen Zentren (18% Auslastung), 416 Personen in geschlossenen Zentren (42% Auslastung) und 348 privat (auf eigene Kosten). Das sind gesamt 1.698 Personen (VB 22.11.2017).

Wenn das Asylverfahren länger als drei Monate dauert, haben Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. zu Jobtrainings und Sozialleistungen im Falle von Arbeitslosigkeit. In der Praxis ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund der Sprachbarriere, genereller Rezession und hoher Arbeitslosenzahlen aber schwierig (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

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FRA - Fundamental Rights Agency (4.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. April 2017 monthly report. 1-31 May 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/april-2017, Zugriff 29.6.2017

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FRA - Fundamental Rights Agency (10.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. October 2017 monthly report. 1-30 September 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/october-2017, Zugriff 23.11.2017

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FRA - Fundamental Rights Agency (11.2017): Monthly data collection on the migration situation in the EU. October 2017 monthly report. 1-31 October 2017,

http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/november-2017, Zugriff 23.11.2017

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VB des BM.I Bulgarien (31.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (13.11.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (22.11.2017): Bericht des VB, per E-Mail

4.1. Medizinische Versorgung

Asylwerber in Bulgarien haben nach wie vor Zugang zu medizinischer Versorgung im selben Ausmaß wie bulgarische Staatsbürger, das umfasst auch den Zugang zu psychologischer/psychiatrischer Versorgung (VB 11.10.2017).

Asylwerber haben ein Recht auf dieselbe medizinische Versorgung wie bulgarische Staatsbürger. SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber damit mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren, da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist. In dieser Situation ist laut AIDA spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2017).

In der Praxis ist der Zugang zu geeigneter medizinischer Versorgung eingeschränkt durch den Mangel an medizinischem Personal in den Unterbringungszentren bzw. mangelnden Zugang zu Übersetzung (HHC 5.2017).

Die Zahl qualifizierter Psychologen zur Unterstützung Vulnerabler in Bulgarien ist gemäß der Asylbehörde SAR weiterhin ungenügend (FRA 10.2017). Die NGO "Zentrum NADYA" bietet auf Projektbasis psychologische Betreuung an. Eine zweite NGO (ACET) ist seit 2017 nicht mehr aktiv, weswegen zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Örtlichkeiten psychologische Betreuung nicht oder nur reduziert möglich ist (HHC 5.2017).

Bezüglich der Anschlussversorgung depressiver Dublin-Rückkehrer teilt SAR mit, dass bei vulnerablen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, einschließlich Personen mit psychischen und psychiatrischen Problemen, deren spezifischer Zustand berücksichtigt wird. Gegenwärtig entsprechen das nationale System für internationalen Schutz in Bulgarien und die nationale Gesetzgebung im Bereich des Asyls der Gesetzgebung der EU mit sämtlichen Mindeststandards, einschließlich für die Aufnahmebedingungen. Als EU-Mitglied hält sich Bulgarien an die EU-Asylpolitik und -Gesetzgebung und folgt diesen sehr streng. Im Falle eines depressiven Dublin-Rückkehrers wird das Verfahren wieder aufgenommen und die Person hat alle in der Gesetzgebung vorgesehenen Rechte eines Asylwerbers, einschließlich das Recht auf psychologische Hilfe. Bei der Aufnahme einer Person mit speziellen Bedürfnissen werden Experten mit der jeweiligen medizinischen Qualifikation zugezogen und die betroffene Person wird von denen medizinisch, bzw. psychologisch betreut. Die Psychologen von SAR und die NGOs Zentrum "Nadya", IOM und das Bulgarische Rote Kreuz leisten selbstmordgefährdeten Dublin-Rückkehrer in Bulgarien Hilfe. Folgende Dienstleistungen werden angeboten: psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Beratung, individuelle Einschätzung des psychologischen Verhaltens, Erstellen von Zertifikaten für psychologische und psychisch-gesundheitliche Folgen eines Traumas (VB 20.6.2017a).

In Bulgarien besteht grundsätzlich die Möglichkeit, rezeptfreie Medikamente auch über das Internet zu erwerben (VB 26.4.2016).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

(Anm. der Staatendokumentation: Eine Liste der Psychologen in Bulgarien (in bulgarischer Sprache) und eine Liste von Apotheken in einigen bulgarischen Städten, in denen Psychopharmaka verfügbar sind, sowie eine Liste von Krankenhäusern in einigen bulgarischen Städten, in denen psychologische/psychiatrische Behandlung verfügbar ist, ist der AFB BULG_RF_MEV_Psychologische Betreuung von Asylwerbern und Schutzberechtigten_2016_05_02_AS auf dem Koordinationsboard bzw. auf ecoi.net zu entnehmen!)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

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HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2017): Unidentified and Unattended. The Response of Eastern EU Member States to the Special Needs of Torture Survivor and Traumatised Asylum Seekers, https://ecoi3.ecoi.net/en/file/local/1407070/90_1504851185_2017-05-hhc-unidentified-and-unattended.pdf, Zugriff 23.11.2017

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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (26.4.2016): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (20.6.2017a): Auskunft SAR, per E-Mail

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VB des BM.I Bulgarien (11.10.2017): Auskunft SAR, per E-Mail

5. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge erhalten ein Identitätsdokument mit fünf Jahren Gültigkeit; subsidiär (oder humanitär) Schutzberechtigte ein solches mit drei Jahren Gültigkeit. Damit sind verschiedene Rechte verbunden. Anerkannte Flüchtlinge haben mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte wie bulgarische Staatsbürger, subsidiär Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie Inhaber eines permanenten Aufenthaltstitels. Die Jahre 2014 bis 2016 werden von NGOs als "zero integration years" gewertet, weil kein operatives National Programme for the Integration of Refugees (NPIR) beschlossen werden konnte. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2016 geschah dies, aber keine der 265 Gemeinden hat seither Geldmittel für den Integrationsprozess Schutzberechtigter beantragt. Grund dafür dürfte ein Streit zwischen Finanzministerium und Nationalem Gemeindebund über die Art der Auszahlung von EU-Fördergeldern gewesen sein. Jedenfalls resultierte dies in einer Blockade der Umsetzung der Integrationsbestimmungen (AIDA 2.2017). In der Folge wurden Ende März 2017 die Integrationsbestimmungen wieder zurückgenommen (FRA 4.2017). Im Juli 2017 hat das bulgarische Parlament die Bestimmungen zur Integration Schutzberechtigter mit Änderungen neu beschlossen. Im Gegensatz zu den alten Bestimmungen wurde der stellvertretende Premierminister mit Kompetenzen zur Koordinierung der Integrationsbemühungen ausgestattet. UNHCR kritisiert, dass die Probleme bezüglich Unterbringung für Schutzberechtigte jedoch nicht thematisiert wurden und dass die Flüchtlingsintegration weiterhin auf einem Integrationsvertrag des Flüchtlings mit seiner Wohnsitzgemeinde basiert. Auch die neuen Bestimmungen gewähren Schutzberechtigten keinen Zugang zu Sozialwohnungen und Familienwohlfahrtsleistungen. UNHCR sieht dadurch ein Obdachlosigkeitsrisiko unter Schutzberechtigten gegeben. Defizite werden auch bei Sprachtraining verortet (UNHCR 24.7.2017; vgl. FRA 8.2017).

Schutzberechtigte haben betreffend Zugang zu staatlicher sozialer Unterstützung die Möglichkeit sich an das zuständige Social Assistance Directorate der Social Assistance Agency am Ort ihrer Wohnsitzmeldung zu wenden. Es gibt dort verschiedene Formen der Unterstützung. Zum einen die monatliche bzw. einmalige oder zielgerichtete Sozialzulage (Monthly, one-off or target social allowance). Diese muss im Social Assistance Directorate beantragt werden und ein Sozialarbeiter bewertet die Situation des Betreffenden unter seiner momentanen Adresse. Dabei werden Einkommen, Familienstand, Besitz, Gesundheitszustand usw. miteinkalkuliert. Die andere Möglichkeit sind kommunale Sozialleistungen für Anwohner (Resident-type community social services). Das umfasst auch Zugang zu temporären (Übergangs-)wohnstrukturen und Notfallzentren. Dazu muss man ebenfalls in der Wohnsitzgemeinde einen Antrag stellen. Auch hier wird die individuelle Situation bewertet und anhand dieser Bewertung vom Social Assistance Directorate ein order of accommodation erlassen. Eine weitere Möglichkeit sind finanzielle Leistungen für Familien, die unter einem bestimmten Pro-Kopf-Einkommen liegen. Auch diese müssen beantragt werden. Da die Schutzberechtigten im Gesetz nicht explizit als Empfangsberechtigte aufgeführt sind, kann es passieren, dass ihnen diese Leistungen verweigert werden. Für diesen Fall empfiehlt die Caritas Bulgarien, sich an einen Sozialarbeiter bzw. das Bulgarian Helsinki Committee zu wenden. Zuletzt besteht die Möglichkeit einen Integrationsvertrag mit der Wohnsitzgemeinde abzuschließen. Gemäß aktuellen Bestimmungen (Ordinance on Integration Agreements vom 19. Juli 2017) ist der Schutzberechtigte nach der Unterzeichnung von der Gemeinde in der er wohnen will, umfassend zu unterstützen; u.a. durch Zugang

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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