TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/23 W119 2149823-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.07.2018
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Entscheidungsdatum

23.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
FPG §55 Abs2

Spruch

W119 2149823-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX auch XXXX auch XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.2.2017, Zl. 810018001-160824046, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7.3.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, §§ 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 06.01.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 07.01.2011 begründete der Beschwerdeführer seine Antragstellung dahingehend, sein Vater und sein Bruder hätten für die Taliban gearbeitet. Sein Bruder sei samt Auto und Waffen "verschwunden" und die Taliban hätten die Familie des Beschwerdeführers beschuldigt, die Waffen versteckt zu haben, und dass der Bruder gar nicht "verschwunden" sei. Es herrsche Gefahr von Seiten der Taliban und es habe der Beschwerdeführer seine Heimat aus diesem Grund verlassen müssen. Befragt nach seinen Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan, gab der Beschwerdeführer an, er sei einige Tage vor seiner Ausreise angegriffen worden und habe fliehen können. Er fürchte um sein Leben.

Bei der Einvernahme durch das Bundesasylamt am 13.01.2011 gab der Beschwerdeführer zu seinem Ausreisegrund an, sein Vater und sein Bruder hätten für die Taliban gearbeitet. Sein Vater sei schon früher für die Taliban tätig gewesen, sein Bruder "seit den letzten sechs Jahren". Was sein Vater genau für die Taliban gemacht habe, wisse er nicht, sein Bruder habe immer Waffen transportiert. "Vor ca. 2 Jahren" sei sein Bruder "verschwunden" als er sehr teure Waffen transportiert habe. Zwei Monate später habe "jemand" den Vater des Beschwerdeführers angerufen und gesagt, dass "sie" den Bruder des Beschwerdeführers umgebracht hätten. Die Taliban hätten in der Folge behauptet, dass der Bruder des Beschwerdeführers sich mit den Waffen irgendwo versteckt hätte und nicht gestorben sei. Der Vater des Beschwerdeführers habe diesem gesagt, dass nun Gefahr für sie bestehe, da die Taliban glauben würden, dass sie die Waffen gestohlen hätten und verstecken würden. Der Beschwerdeführer und seine Familie seien dann in eine andere Stadt gezogen und der Vater habe niemandem gesagt, dass sie weggezogen seien. Nur der Onkel des Beschwerdeführers habe davon gewusst. Eines Tages - etwa neun Monate vor der Ausreise des Beschwerdeführers - seien sie zu einem Begräbnis gefahren und bei der Rückfahrt wären maskierte und bewaffnete Personen in einem Auto auf der Straße gewesen, die versucht hätten, das Auto des Vaters des Beschwerdeführers aufzuhalten. Der Vater habe gesehen, dass die Männer bewaffnet gewesen wären, und seien der Beschwerdeführer und sein Vater ("wir") "daraufhin" mit dem Auto in einen Graben gerutscht. Der Beschwerdeführer habe das Bewusstsein verloren und sei in einem Krankenhaus wieder aufgewacht. Der Onkel des Beschwerdeführers habe diesen im Krankenhaus besucht und gesagt, dass sein Vater in einem anderen Krankenhaus wäre. Der Beschwerdeführer sei eine Woche lang im Krankenhaus gewesen und habe nach seiner Entlassung seiner Mutter "alles über [s]einen Vater" erzählt. Die Mutter habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass sein Vater bei dem Unfall verstorben sei. Der Beschwerdeführer habe einen Gipsverband an seinem linken Bein gehabt und etwa zweieinhalb Monate zu Hause verbracht. Dann sei ihm im Krankenhaus der Gipsverband abgenommen worden. Nach dem Unfall habe der Beschwerdeführer Probleme mit seinen Augen gehabt, eine Brille bekommen sowie ein Stück Holz als Gehhilfe. "Ein paar Monate" danach sei der Beschwerdeführer einkaufen gegangen und hätten unbekannte maskierte Männer versucht, ihn zu entführen. Als er diese Personen bemerkt habe, sei der Beschwerdeführer weggelaufen und habe zu Hause angekommen seinem Onkel davon berichtet. Daraufhin hätten sie beschlossen, dass der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen würde.

Über Befragen durch das Bundesasylamt gab der Beschwerdeführer an, er sei nach dem Tode seines Vaters zweimal von den Taliban angerufen und wegen der Waffen gefragt worden. Nach dem zweiten Anruf habe der Beschwerdeführer die SIM-Karte weggeworfen. Wer die maskierten Personen gewesen seien, die ihn beim Einkaufen entführten hätten wollen, wisse er nicht genau. Die [übrige] Familie des Beschwerdeführers sei nicht von den Taliban bedroht worden.

Bei der Einvernahme durch das Bundesasylamt am 14.02.2011 gab der Beschwerdeführer über Befragen zu seinen Personaldaten an, dass er sein Geburtsdatum nicht nach dem afghanischen Kalender kenne. Er habe für sechs Klassen eine Dorfschule besucht und in Afghanistan nicht gearbeitet. Sein Vater habe seinem Schwiegervater "vor vielen Jahren" etwas Land gegeben und habe der Beschwerdeführer dafür die Hälfte der Ernte erhalten. Sie hätten auch Geld von den Taliban erhalten, nach dem Tod des Vaters des Beschwerdeführers hätten sie aber kein Geld mehr bekommen. Der Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers habe die Familie auch unterstützt.

Befragt zu seinem Fluchtgrund wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine diesbezüglichen Angaben vom 13.01.2011. Nachdem sein Vater den Taliban von dem Telefonat betreffend den Tod des "verschwundenen" Bruders berichtet habe und bedroht worden sei, seien sie umgezogen und hätten nur der Onkel mütterlicherseits und der Schwiegervater des Beschwerdeführers gewusst, wo sie sich dann aufgehalten hätten. Der Vater des Beschwerdeführers habe sehr auf seine Familie aufgepasst und der Beschwerdeführer habe das Haus nicht verlassen dürfen. Eines Tages seien bei der Rückkehr von einem Begräbnis zwei bewaffnete und maskierte Männer vor einem Auto auf der Straße gestanden. Der Vater des Beschwerdeführers habe die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sie seien in einen Graben gefahren. Der Beschwerdeführer sei erst nach eineinhalbtägiger Bewusstlosigkeit im Spital zu sich gekommen. Sein Bein sei eingegipst gewesen und habe er am Kopf einen Verband gehabt. Erst zu Hause habe der Beschwerdeführer erfahren, dass sein Vater verstorben sei.

Über Befragen führte der Beschwerdeführer aus, der Unfall habe sich "vor ca. einem Jahr" ereignet. Er sei danach für zwei Monate bettlägerig gewesen und habe anschließend einen Monat lang eine "Krücke" gebraucht.

Etwa neun Monate nach dem Unfall bzw. sieben Tage vor seiner Ausreise sei der Beschwerdeführer vom Bazar nach Hause unterwegs gewesen, als ein Auto stehen geblieben sei und bewaffnete Männer ausgestiegen seien, die den Beschwerdeführer aufgefordert hätten, stehen zu bleiben. Er sei aber "in das nahe gelegene Dorf" gelaufen. Vor diesem Vorfall habe der Beschwerdeführer bereits telefonische Drohungen erhalten, in denen er aufgefordert worden sei, die Waffen auszuhändigen.

In dem vom Bundesasylamt eingeholten fachärztlichen unfallchirurgischen Gutachten vom 25.03.2011 wird im Rahmen der Darstellung der Vorgeschichte ausgeführt, der Beschwerdeführer habe befragt zu dem genauen Unfallhergang angegeben, dass vor einer scharfen Kurve Männer gestanden seien und sein Vater aus Angst, dass es sich um Taliban handeln könnte, das Auto "verrissen" habe und es dadurch zum Unfall gekommen sei.

In der gutachterlichen Beurteilung führte der Sachverständige aus, dass eine echte Bewusstlosigkeit "sicher nicht durch 1 1/2 Tage vorgelegen" habe, zumal bei einer gröberen Schädelverletzung, welche zu einer so langen Bewusstlosigkeit führen würde, apodiktisch immer eine retrograde Amnesie bestehen müsste (Erinnerungslücke), die vom Beschwerdeführer über dezidiertes Befragen nicht angegeben wurde. Auch sei es bei Patienten mit längerer Bewusstlosigkeit immer so, dass diese anschließend erhebliche vegetative Symptome zu durchleiden hätten, über welche der Beschwerdeführer trotz eingehender Befragung nichts berichtet habe. Zudem müsse festgehalten werden, dass bei einer über 24 Stunden dauernden Bewusstlosigkeit eine Intensivüberwachung und fast zu 100 % auch eine Beatmungstherapie nötig seien, über welche der Beschwerdeführer ebenfalls nichts berichtet habe.

Eine Narbe im Bereich eines Kniegelenks des Beschwerdeführers sei so beschaffen, dass gutachterlich ohne weiteres eine Entstehung vor ein bis zwei Jahren nachvollziehbar erscheine. Es sei nicht ausschließbar, dass mit einer in Mitteleuropa unbekannten Operationstechnik eine Kreuzbandersatzoperation durchgeführt worden sei.

Das Fachgebiet des Traumatologen sei nicht geeignet, Rückschlüsse aus der angegebenen Schlechtsichtigkeit des einen Auges des Beschwerdeführers zu ziehen.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.07.2011 erneut vom Bundesasylamt einvernommen und gab über Befragen zu dem Verkehrsunfall an, er könne sich zwar noch an den Unfall erinnern, was danach passiert sei, wisse er aber nicht. Er sei "am nächsten erst wieder zu Bewusstsein" gekommen. Während seiner Bewusstlosigkeit sei er am Knie operiert worden.

Nach dem Unfall sei er zwei Monate lang bettlägerig gewesen und habe "am ganzen Bein einen Gips" gehabt. Danach habe er einen Stock benutzt und dann wieder gehen können.

Nach dem Unfall sei der Beschwerdeführer zweimal von Taliban angerufen und aufgefordert worden, die Waffen zurückzugeben. Dann sei er noch ein zweites Mal "angegriffen" worden. Am Bazar sei ein Auto gekommen, zwei Personen seien ausgestiegen und hätten ihn aufgefordert, stehen zu bleiben. Er glaube, der Lenker sei im Auto sitzen geblieben. Der Beschwerdeführer habe die beiden Personen nicht gekannt, die sogar maskiert und bewaffnet gewesen seien. Sie hätten nach dem Beschwerdeführer gerufen, aber er sei "in die Felder gelaufen" und habe um Hilfe geschrien. In den Feldern seien Leute auf ihn aufmerksam geworden und die Bewaffneten seien daraufhin ins Auto gestiegen und davon gefahren. Zu Hause angekommen habe er sich mit seinem Onkel beraten und dieser habe gemeint, dass der Beschwerdeführer Afghanistan verlassen müsse. Nach sieben Tagen sei er ausgereist.

Der Beschwerdeführer führte über Befragen aus, er sei nicht in einem anderen Teil Afghanistans - beispielsweise in Kabul - geblieben, da sie vor dem Unfall bereits umgezogen seien und "sie" einen sogar in Kabul finden könnten. In Afghanistan könne man nie in Sicherheit leben. Er sei schon einmal geflohen und das habe nichts genützt, er könne schließlich "nicht alle sechs Monate umziehen".

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. 9. 2011, Zl 11 00.180-BAT, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

Das Bundesasylamt begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Bedrohung durch die Taliban aufgrund zahlreicher Ungereimtheiten. Die Beteiligung des Beschwerdeführers an einem Verkehrsunfall wurde hingegen als glaubhaft festgestellt.

Hiegegen wurde fristgerecht Rechtsmittel eingebracht und der Bescheid - ohne jedwede Begründung - zur Gänze angefochten.

Mit Verfahrensanordnung vom 27.10.2011, zugestellt am 24.11.2011, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung einen begründeten Beschwerdeantrag vorzulegen.

Nachdem der Beschwerdeführer zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt das österreichische Bundesgebiert verlassen hat, wurde die Französische Republik vom Bundesasylamt mit Schreiben vom 04.11.2011 in Kenntnis gesetzt, dass die Republik Österreich gemäß Artikel 18/1/c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates einer Rückübernahme des Beschwerdeführers zustimmt.

Am 15.11.2011 wurde der Beschwerdeführer aus Frankreich nach Österreich rücküberstellt.

Mit Schreiben vom 01.12.2011 übermittelte der Beschwerdeführer eine Beschwerdebegründung und führte aus, dass er den Bescheid des Bundesasylamtes wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhalts bekämpfe.

Das Bundesasylamt habe in ihrer Beweiswürdigung keinen einzigen Widerspruch angeführt. Dies solle als Indiz dafür dienen, dass der Beschwerdeführer die Wahrheit gesagt habe, da er an drei verschiedenen Terminen zur Einvernahme geladen gewesen sei und es durchaus zu Zwischenfragen der belangten Behörde gekommen sei.

Soweit das Bundesasylamt es als "ungewöhnlich" empfinde, in welchen Zeitabständen die Taliban reagiert hätten, führte der Beschwerdeführer aus, es sei ihm "leider [...] nicht möglich, in die Ablaufprozesse der Taliban Einsicht zu nehmen". Selbst wenn diese Zeitabläufe als ungewöhnlich einzustufen wären, sei daraus jedenfalls kein Indiz für die persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu erkennen.

Weitere inhaltliche Ausführungen würden sich in der Beweiswürdigung nicht finden und entstehe der Eindruck, dass eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beweiswürdigung "höchstens zum Teil" erfolgt sei. Im Lichte der obigen Ausführungen sei nicht nachvollziehbar, wie das Bundesasylamt zum Schluss komme, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers vage, unplausibel und nicht ansatzweise glaubhaft wäre.

Hinsichtlich der Non-refoulement-Prüfung verwies der Beschwerdeführer auf einen hg. Beschluss betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 08.02.2010 und folgerte, dass sich daraus ergebe, dass Asylsuchenden aus Afghanistan aufgrund der allgemeinen schlechten Sicherheitslage und der schlechten Versorgungslage "zumindest" der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei.

Aufgrund der Anschläge in Kabul am 29.10.2011 erscheine auch diese Stadt erneut weniger sicher als zuvor. Der Beschwerdeführer zitierte in diesem Zusammenhang aus einem Bericht der Zeitschrift Stern und verwies überdies auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender - Zusammenfassende Übersetzung vom 24.03.2011.

Im Falle des Beschwerdeführers verstärke sich die Gefährdungssituation dadurch, dass er aufgrund seiner vorgebrachten Fluchtgründe keinesfalls in seine Heimatregion zurückkehren könne. Außerhalb seiner Heimatregion verfüge er allerdings über keine sozialen Anknüpfungspunkte.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof am 05.03.2013, zu welcher das Bundesasylamt keinen Vertreter entsandte, gab der Beschwerdeführer an, Afghanistan wegen der Taliban verlassen zu haben. Sein Vater und sein Bruder hätten für die Taliban gearbeitet. Sein Bruder habe den Taliban Waffen geliefert. In weiterer Folge sei sein Bruder verschwunden. Sein Vater sei mit seinem Auto, in dem auch er sich befunden habe, verunglückt und dabei ums Leben gekommen. Er habe sich danach im Krankenhaus befunden. Nach seiner Entlassung sei er von den Taliban gesucht worden.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16. 7. 2013, Zl C1 421994-1/2001, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG als unbegründet abgewiesen. Beweiswürdigend wurde zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers ausgeführt, dass unter Zugrundelegung der vorgebrachten langjährigen Verbundenheit der Familie des Beschwerdeführers mit den Taliban, deren aktiver Unterstützung durch den Vater und den Bruder sowie der unter den Taliban angesehenen Stellung des Vaters des Beschwerdeführers es keineswegs plausibel sei, dass die Taliban im Fall eines "Verschwindens" einer Waffenlieferung ohne jedweden Anhaltspunkt ein (Mit-)Verschulden der Familie des Beschwerdeführers annehmen würden. In Anbetracht der weiterhin bestehenden Kontakte des Vaters des Beschwerdeführers zu seinen Freunden bei den Taliban sei es nicht nachvollziehbar, dass die Taliban niemals zum Vater des Beschwerdeführers nach Hause gekommen wären, um die Angelegenheit persönlich zu besprechen, sondern lediglich monatelang ständig telefonischen Druck auszuüben. Im Gesamtzusammenhang betrachtet weise das Vorbringen des Beschwerdeführers sohin zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten auf, welche der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar zu klären vermocht habe, sodass nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw einer solchen nunmehr unterliege.

Am 12.05.2014 und am 08.07.2014 stellte der Beschwerdeführer in Italien Anträge auf internationalen Schutz.

Am 13.06.2016 stellte der Beschwerdeführer einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er ein halbes Jahr zuvor wieder nach Österreich eingereist war.

Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG gab er an, seit einem Telefonat mit seiner Familie vor circa einer Woche zu wissen, dass der IS seine Familie schriftlich bedrohe, wonach der IS eine monatliche Zahlung von seiner Familie oder anstelle dessen einen jungen Mann - entweder seinen Bruder oder seinen kleinen Sohn - verlange. Er habe Angst um sein Leben und das seiner Familie.

Anlässlich seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) am 18.10.2016 gab der Beschwerdeführer eingangs an, gesund zu sein. Sein Reisepass befinde sich in Afghanistan. Seine Familie sei dort verschollen, er habe mit seinem Onkel mütterlicherseits, welcher sich manchmal in Kabul und manchmal in Pakistan aufhalte, Kontakt. Zuletzt habe er in der Provinz Nangarhar, Distrikt XXXX , im Dorf XXXX in einem von seinem Onkel gemieteten Haus mit seiner Familie gelebt. Er stelle deshalb einen neuen Asylantrag, weil der Daesh einen Drohbrief zu Hause abgelegt habe, worin seine Familie unter Todessrohungen aufgefordert worden sei, jemanden dem Daesh zur Verfügung zu stellen. Sein Onkel habe ihm mitgeteilt, dass er weder jemanden zur Verfügung gestellt noch Geld bezahlt habe. Das gemietete Haus sei vor zwei Monaten abgebrannt. Sein Onkel wisse nichts über den Verbleib der Familie des Beschwerdeführers. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchte der Beschwerdeführer von den Taliban oder dem Daesh getötet zu werden. Er sei persönlich von den Taliban am Telefon bedroht und auch von ihnen angehalten worden. Der Daesh habe eine Person und Geld für deren Unterhalt gewollt. Seine Familie habe gegen diese Drohungen nichts machen können. Sein Onkel lebe in Kabul, welcher auch seine Ausreise finanziert habe. Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme zu den ihm vorgelegten und übersetzten Länderberichten.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes vom 10.02.2017, Zahl:

810018001-160824046, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Begründend führte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers vage gewesen seien und er sich auf allgemeine Beschreibungen beschränkt habe; er habe es stets vermieden Details, persönliche Eindrücke oder Emotionen zu schildern, vielmehr habe er eine Rahmengeschichte blass und unbewegt vorgetragen. Die vom Beschwerdeführer vermutete, subjektiv befürchtete Suche nach seiner Person könne eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus asylrelevanten Motiven nicht begründen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie sein Onkel zu den Informationen über die Drohungen seitens des Daesh gegenüber der Familie des Beschwerdeführers gekommen wäre, wenn kein Kontakt mehr zu dieser bestünde. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum der ohne Probleme in Afghanistan herumreisende Onkel der Familie des Beschwerdeführers ihm nicht habe helfen können, sich an einem anderen Ort in Afghanistan niederzulassen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sei. Dies lasse sich nicht aus der allgemeinen Situation ableiten und es stehe dem jungen und arbeitsfähigen Beschwerdeführer eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative bei seinem Onkel in Kabul offen. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer wurde im Wesentlichen mit seinem relativ kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet und dem Umstand, dass er den größten Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht hat, begründet.

Mit Verfahrensanordnung vom 10. 2. 2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. 3. 2017 Beschwerde. In dieser wurde gerügt, dass die Länderfeststellungen betreffend die Sicherheitslage und Versorgungssituation in der Provinz Nangarhar vom Jänner 2015 und davor datieren und sich zudem nicht auf den Bezirk XXXX beziehen würden. Den angeführten Berichten sei zu entnehmen, dass die Sicherheitslage durch die Präsenz von Aufständischen (IS und Taliban), grenzüberschreitenden Angriffen in Nangarhar und durch die Operationen der afghanischen Armee und der internationalen Streitkräfte bestimmt sei. Die zivile Bevölkerung werde erheblich in Mitleidenschaft gezogen und es bestehe die maßgebliche Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz Nangarhar Opfer von willkürlicher Gewalt werde. Zudem habe das Bundesamt seine Beurteilung zur Glaubwürdigkeit des Vorbringens auf eine mangelhafte Befragung gestützt. Dass die geschilderten Verfolgungshandlungen nicht direkt gegen den Beschwerdeführer gerichtet gewesen seien, stehe einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nicht entgegen. Die vom Beschwerdeführer genannte Gefahr einer Zwangsrekrutierung drohe ihm auch im Fall einer Rückkehr. Die Verfolgung gründe auf der seiner Familie und der dem Beschwerdeführer unterstellten IS-feindlichen politischen Gesinnung. Die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Beschwerdeführer werde mangels familiären Netzes und wegen der dortigen Sicherheitslage bestritten. Zur Rückkehrentscheidung sei der Beschwerdeführer nicht nach seinem Privat- und Familienleben in Österreich befragt worden. Es wurden die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und eine mündliche Verhandlung beantragt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14. 3. 2017, Zl W119 2149823-1/2Z, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Schriftsatz vom 23. 2. 2018 teilte die ARGE-Rechtsberatung mit, dass sich der Beschwerdeführer nicht gemeldet habe, sodass davon auszugehen sei, dass dieser keine weitere Vertretung wünsche. Die dem Beschwerdeführer erteilte Vollmacht werde daher zurückgezogen.

Am 7. 3. 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an der das Bundesamt als weitere Partei nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer gab an, von seinem Onkel erfahren zu haben, dass der Daesh habe von seiner Familie verlangt habe, dass jemand mit ihm mitgehe. Danach sei seine Familie verschwunden. Seinem Onkel gehe es gut, dieser sei nach wie vor zwischen Kabul, Nangarhar und Pakistan unterwegs. Seine Familie sei vor knapp zwei Jahren verschwunden. Seine Mutter habe ihm auf seine Nachfrage knapp vor seiner neuerlichen Antragstellung telefonisch erzählt, dass ein Junge einen Brief nach Hause gebracht und sie ihn übernommen habe. Kurz zuvor habe er von seinem Onkel erfahren habe, dass sich der Daesh an seine Familie gewandt habe. Die Familie des Onkels (Ehefrau und drei Söhne) lebe in Kabul. Wenn sein Onkel sich in Nangarhar aufgehalten habe, habe er bei der Familie des Beschwerdeführers gelebt. Im Fall der Rückkehr werde er getötet werden, entweder erschließe sich einer Gruppierung an (Taliban oder Daesh) oder sie würden ihn töten. Er habe mit den Taliban Schwierigkeiten gehabt, der Daesh würde von ihnen verlangen, dass jemand für ihn arbeiten solle, weil sie vorher für die Taliban gearbeitet hätten. Sein Onkel bewohne in Kabul ein Haus und sei weiterhin als Händler tätig; dieser habe seine Ausreise finanziert. Auf die Frage, was mit dem gemieteten Wohnhaus passiert sei, gab er an, dass es zurzeit unbewohnt sei. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt angegeben habe, dass es niedergebrannt worden sei, gab er an, dass es zwar in Brand gesetzt worden sei, es sich aber noch immer dort befinde. Sein Onkel habe eine Ehefrau und drei Kinder, welche in Kabul leben würden. Auf die Frage, was er im Fall seiner Rückkehr befürchte, gab er an, dass er mit den Taliban Schwierigkeiten gehabt habe. Wenn er zurückkehre, werde er getötet. Schließe er sich einer Gruppierung an, drohe ihm ebenfalls der Tod.

Zu seinen Integrationsbemühungen befragt, gab er an, in Österreich begonnen habe, Deutschkurse zu besuchen. Er habe sie zwar abgebrochen, verstehe jedoch sehr viel. Er habe in Österreich keine Arbeitsgenehmigung und habe eine bestimmte Zeit für die Gemeinde gearbeitet, besitze aber keine Bestätigung darüber. Er führe in Österreich kein Familienleben, wohne aber mit Freunden zusammen. Er habe österreichische Freunde gehabt, aber wegen der befürchteten Abschiebung nach Afghanistan den Kontakt abgebrochen. Er habe keine Verwandten in Europa. Zu den ihm zur Kenntnis gebrachten Länderberichten führte der Beschwerdeführer aus, dass in den Provinzen Nangarhar und Kunar die Präsenz der Taliban und des Daesh sehr stark sei; dort gebe es keine Behörden bzw. Sicherheitskräfte des Staates, in diesen Gebieten würden der Daesh und die Taliban die wichtigsten Entscheidungen treffen. Sodann wurde ihm eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderfeststellungen eingeräumt, wovon er keinen Gebrauch machte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben. Er war zuletzt in einem Dorf im Bezirk XXXX in der Provinz Nangarhar wohnhaft.

Am 06.01.2011 beantragte er in Österreich erstmals die Gewährung von internationalem Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.09.2011 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 AsylG 2005 nach Afghanistan ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.07.2013 als unbegründet abgewiesen, da sein Vorbringen als unglaubwürdig und seine Rückkehr nach Kabul für zumutbar erachtet wurde.

Am 12.05.2014 und am 08.07.2014 stellte der Beschwerdeführer in Italien Anträge auf internationalen Schutz.

Am 13.06.2016 stellte der Beschwerdeführer einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er ein halbes Jahr zuvor wieder nach Österreich eingereist war.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr einer Verfolgung durch den Daesh ausgesetzt sein würde.

Er hat in Afghanistan sechs Jahre die Schule besucht, danach aber keine Erwerbstätigkeit ausgeübt.

Die Ehefrau, das Kind sowie die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers sind unbekannten Aufenthaltes. Der Beschwerdeführer besitzt einen in Kabul lebenden Onkel, der von Beruf Geschäftsmann ist und ihm seine Ausreise aus Afghanistan finanzierte.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner schweren körperlichen oder psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.

Dem Beschwerdeführer hätte im Fall einer Rückkehr in die Provinz Nangarhar aufgrund der dort auftretenden Sicherheitsprobleme mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben zu rechnen.

Dem Beschwerdeführer ist es zumutbar, nach Afghanistan zurückzukehren und sich in Kabul niederzulassen. Der Beschwerdeführer hat bislang zwar nicht in Kabul gelebt, kann aber mit finanzieller Hilfe seines Onkels rechnen. Mit dieser Unterstützung ist ihm der Aufbau einer Existenzgrundlage in Kabul möglich. Seine Existenz könnte er dort - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, in Kabul eine einfache Unterkunft zu finden. Der Beschwerdeführer hat zunächst auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. In weiterer Folge ist - wie dargelegt - von einer finanziellen Unterstützung des Beschwerdeführers durch seinen Onkel auszugehen.

Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben und hat hier keine Familienangehörigen oder Verwandten. Er hat kein Sprachdiplom vorgelegt, verfügt aber über alltagstaugliche Deutschkenntnisse. Er ist nicht erwerbstätig und übt auch keine ehrenamtliche oder gemeinnützige Tätigkeit in Österreich aus. Ebenso wenig besitzt er hier ein soziales Netzwerk.

Situation in Afghanistan:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert im Jänner 2018 (Schreibfehler teilweise korrigiert):

Sicherheitslage:

Allgemeines:

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft.

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes.

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben. Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht.

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften. Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen.

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8.-17.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern.

Rebellengruppen:

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015. Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium.

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden.

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit.

Zivile Opfer:

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen. Zwischen

1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen.

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an.

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert.

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren.

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Provinz Kabul:

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

Distrikt Kabul

Gewalt gegen Einzelpersonen

21

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

18

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

50

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

31

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

28

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

151

(EASO 11.2016)

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Provinz Kabul

Gewalt gegen Einzelpersonen

5

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

89

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

30

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

36

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

1

Andere Vorfälle

0

Insgesamt

161

(EASO 11.2016)

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).

Der IS war nach wie vor widerstandsfähig und bekannte sich zu mehreren Angriff auf die zivile Bevölkerung, aber auch auf militärische Ziele [Anm.: siehe High-Profile Angriffe] (UN GASC 20.12.2017). Unklar ist, ob jene Angriffe zu denen sich der IS bekannt hatte, auch tatsächlich von der Gruppierung ausgeführt wurden bzw. ob diese in Verbindung zur Führung in Mittleren Osten stehen. Der afghanische Geheimdienst geht davon aus, dass in Wahrheit manche der Angriffe tatsächlich von den Taliban oder dem Haqqani-Netzwerk ausgeführt wurden, und sich der IS opportunistischerweise dazu bekannt hatte. Wenngleich Luftangriffe die größten IS-Hochburgen in der östlichen Provinz Nangarhar zerstörten; hielt das die Gruppierungen nicht davon ab ihre Angriffe zu verstärken (Reuters 1.12.2017).

Sicherheitsbeamte gehen davon aus, dass der Islamische Staat in neun Provinzen in Afghanistan eine Präsenz besitzt: im Osten von Nangarhar und Kunar bis in den Norden nach Jawzjan, Faryab, Badakhshan und Ghor im zentralen Westen (Reuters 23.11.2017). In einem weiteren Artikel wird festgehalten, dass der IS in zwei Distrikten der Provinz Jawzjan Fuß gefasst hat (Reuters 1.12.2017).

Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar:

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar und den Gebirgszug Spinghar im Süden (Pajhwok o.D.g). Die Provinzhauptstadt Jalalabad ist 120 Kilometer von Kabul entfernt (Xinhua 10.2.2017). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.545.448 geschätzt (CSO 2016)

Gewalt gegen Einzelpersonen

127

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

1.049

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

199

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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