Entscheidungsdatum
24.07.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
I414 2179559-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter und die Richterin MMag. Alexandra JUNKER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 20.11.2017, Zl. XXXX, betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkungen aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 iVm Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Herr XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) beantragte am 27.10.2017 die Ausstellung eines Behindertenpasses und gleichzeitig die Vornahme der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkungen aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), wurde Dr. P. bereits mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, damals zur beantragten Feststellung zur Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten, beauftragt. Auf dieses Gutachten wurde in gegenständlicher Rechtssache zurückgegriffen. Nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.09.2017 stellte Dr. P. in seinem Gutachten vom 08.10.2017 fest:
"[...]
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1
Diabetes mellitus mit ausgeprägten Spätkomplikationen Aufgrund der Blutzuckererkrankung ist es zu wiederkehrenden schweren Weichteilentzündungen sowie Knochenentzündungen am rechten Vorfuß gekommen. Mehrere operative Sanierungen, u.a. auch 2 Zehenamputationen, mussten durchgeführt werden. Eine weitere Komplikation stellt eine Netzhauterkrankung am rechten Auge dar, welche mittels regelmäßiger Injektionstherapie im Krankenhaus behandelt werden muss.
2
Arme - Obere Extremitäten, Funktionseinschränkung im Ellenbogengelenk schweren Grades einseitig Streck- und Beugefunktion des rechten Ellbogens sind aufgrund einer ausgeprägten Arthrose und mehereren freien Gelenkskörpern im Ellbogengelenk stark eingeschränkt.
3
Herzmuskelerkrankungen, Herzmuskelerkrankung leichter Ausprägung Laut Ultraschallbefund besteht eine leichtgradig eingeschränkte Pumpfunktion der linken Herzkammer.
Gesamtgrad der Behinderung 70 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 3 aufgrund fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht.
[...]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
[...]"
Mit Bescheid vom 20.11.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkungen aufgrund einer Behinderung" ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das ärztliche Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die beantragte Vornahme der Zusatzeintragung nicht vorlägen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es sei ihm nicht möglich, eine Strecke von 300m schmerzfrei zurückzulegen. Außerdem sei zu beachten, dass diese Strecke auch über Stiegen führen könne. Der Beschwerde legte er eine ärztliche Stellungnahme bei.
Beschwerde und Bezug habender Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.12.2017 zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 19.12.2017 wurde Dr. P. neuerlich mit der Erstellung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens zur Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beauftragt.
In seinem am 24.01.2018 eingelangten Ergänzungsgutachten führte er aus wie folgt:
"[...]
Aufgrund der dadurch auftretenden belastungsabhängigen Beinschmerzen wird laut oben stehendem Attest auch bei kurzen Gehstrecken eine Gehhilfe benötigt.
Beantwortung der Fragestellung bzgl. Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (Fragen a-f des Ersuchungsschreibens des BVwG):
Ad a: Auch kurze Wegstrecken können aufgrund der dabei auftretenden Schmerzen im rechten Bein nicht ohne Unterbrechung zurückgelegt werden, eine Gehhilfe wird daher benötigt.
Ad b: Die von Herrn XXXX derzeit verwendete Art des Gehbehelfs wurde im Beschwerdeschreiben sowie im beigelegten ärztlichen Attest nicht angegeben. Die in Frage kommenden Hilfsmittel - wie Stützkrücken oder Rollator - würden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel deutlich erschweren.
Ad c: Durch die eingeschränkte Mobilität aufgrund des rechtsseitigen Beinleidens ist das Aus- und Einsteigen bzw. das Überwinden von Niveauunterschieden (z.B. Stiegen) in öffentlichen Verkehrsmitteln sehr erschwert bewältigbar.
Ad d: Neben dem im Vorgutachten bereits bekannten Weichteilschäden am rechten Vorfuß besteht durch die zusätzliche Gefäßverschlusserkrankung eine deutliche Funktionseinschränkung der rechten unteren Extremität.
Ad e: Durch das Beinleiden ist die körperliche Belastbarkeit erhebliche eingeschränkt.
Ad f: Es bestehen keine psychischen, neurologischen oder intellektuellen Funktionseinschränkungen.
Abschließende Beurteilung bzgl. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom 08.10.2017 wird im neu eingebrachten ärztlichen Attest vom 28.11.2017 eine Gefäßverschlusserkrankung des rechten Beins als zusätzliches Leiden angegeben, welches zu einer zusätzlichen Einschränkung der Mobilität führt. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist aus meiner Sicht daher unzumutbar.
[...]"
Den Verfahrensparteien wurde im Rahmen des Parteienverkehrs das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren und hat seinen Wohnsitz in Österreich. Er ist in Besitz eines Behindertenpasses. Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers wurde mit 70 % festgesetzt.
1.2. Beim Beschwerdeführer liegen derzeit folgende Funktionseinschränkungen vor:
Diabetes mellitus mit ausgeprägten, Funktionseinschränkung im Ellenbogenbereich schweren Grades einseitig, Herzmuskelerkrankung leichter Ausprägung und eine Gefäßverschlusserkrankung.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70%.
1.3. Das Erreichen, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport im Verkehrsmittel sind dem Beschwerdeführer nicht bzw. nur sehr erschwert möglich.
1.4. Der Beschwerdeführer kann eine kurze Wegstrecke nicht ohne Zuhilfenahme von Hilfsmitteln und nicht ohne Unterbrechung aus eigener Kraft zurücklegen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zu Wohnort und Alter des Beschwerdeführers sowie zum Pass ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.
2.2. Die Feststellungen bezüglich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. P., einem Allgemeinmediziner, vom 08.10.2017 sowie aus dessen Ergänzungsgutachten vom 24.01.2018. Wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich, wurde das Sachverständigengutachten im Rahmen des Parteiengehörs der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht. In der Stellungnahme vom 25.01.2018 wurde das Sachverständigengutachten aus medizinischer Sicht von für nachvollziehbar erachtet.
2.3. Die Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport im Verkehrsmittel nicht möglich sind und er eine kurze Wegstrecke nicht ohne Zuhilfenahme von Gehhilfen und ohne Unterbrechung zurücklegen kann, ergeben sich aus dem ergänzenden Sachverständigengutachten von Dr. P. vom 24.01.2018. Im wesentlichem führt der Gutachter aus, dass aufgrund der eingeschränkten Mobilität durch die neu hinzugekommene Gefäßverschlusserkrankung, insbesondere des rechten Beines, ein Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke nur mit Gehhilfen und Unterbrechungen möglich ist.
2.4. Auch ist das Überwinden von Niveauunterschieden aufgrund der Notwendigkeit von Hilfsmitteln nur sehr erschwert möglich. Das Ein- und Aussteigen ist aufgrund der belastungsabhängigen Beinschmerzen wie auch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke nicht ohne Hilfsmittel möglich. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist schon aufgrund des Beinleidens gegeben.
2.5. Die Gutachten sowie ergänzende Stellungnahme stehen mit den allgemeinen Gesetzen der Logik in Einklang, sind schlüssig und vollständig und ihnen wurde nicht entgegen getreten. Aus diesen Gründen legt der erkennende Senat diese Gutachten unter freier Beweiswürdigung seiner Entscheidung zu Grunde.
2.7. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ergänzendes Sachverständigengutachten eingeholt.
Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden in den eingeholten ärztlichen Stellungnahmen berücksichtigt. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
§§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl 1990/283 in der geltenden Fassung, lauten wie folgt:
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.
Die §§ 1, 17, 28 Abs. 1 und 2 und 58 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG) lauten wie folgt:
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt.
Zum Spruchpunkt A) - Stattgebung der Beschwerde:
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:
ABSCHNITT VI
BEHINDERTENPASS
§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
...
§ 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 2016/263, lautet wie folgt:
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
3.2.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. ua. VwGH vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186, oder vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128).
Nach den Ausführungen des Gutachters Dr. P. wirken sich die dauernden Gesundheitsschädigungen maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens sowie auf das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke aus.
Zudem wurde festgestellt, dass aufgrund des Beinleidens die körperliche Belastbarkeit erhebliche eingeschränkt ist bzw. erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vorliegen. Schon aus diesem Grund ist gemäß § 1 Abs 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar.
Insgesamt ist daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" im Behindertenpass vorliegen. Der Beschwerde war daher Folge zu geben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2179559.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.09.2018