Entscheidungsdatum
27.08.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W114 2203008-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 14.02.2018 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 12.01.2018, AZ II/4-DZ/15-8090586010, unter Berücksichtigung des Vorlageantrages vom 29.05.2018 nach Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2018, II/4-DZ/15-10191590010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben, die Beschwerdevorentscheidung vom 14.05.2018, II/4-DZ/15-10191590010, behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die AMA zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF) stellte am 31.03.2015 für das Antragsjahr 2015 einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA), und beantragte damit die Gewährung von Direktzahlungen für beihilfefähige Flächen mit einem Ausmaß von 13,8677 ha.
2. Der Beschwerdeführer war im Antragsjahr 2015 auch Bewirtschafter und Auftreiber auf die Alm mit den BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX ). Auch für diese Alm hat der Beschwerdeführer am 31.03.2015 einen entsprechenden MFA für das Antragsjahr 2015 gestellt und dabei eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 19,5684 ha beantragt.
3. Mit Bescheid der AMA vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ-2885131010, wurden dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2015 12,79 Zahlungsansprüche mit einem Wert in Höhe von EUR 109,15 zugewiesen und Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.
Dabei wurde davon ausgegangen, dass der BF im Antragsjahr 2015 auf das XXXX aufgetrieben hat. Daher wurden dem Beschwerdeführer - entsprechend dem Anteil, der von ihm auf diese Alm aufgetriebenen RGVE - eine anteilige beihilfefähige Almfutterfläche mit einem Ausmaß von 6,0080 ha zugeordnet.
Diese Entscheidung wurde nicht angefochten.
4. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-422455010, wurden dem Beschwerdeführer im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung auf der Grundlage von 12,7909 dem BF für das Antragsjahr 2015 zugewiesenen Zahlungsansprüchen Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.
Auch in dieser Entscheidung wurde davon ausgegangen, dass der BF im Antragsjahr 2015 auf das XXXX aufgetrieben hat.
Gegen diesen Abänderungsbescheid wurde ebenfalls keine Beschwerde erhoben.
5. Am 20.07.2017 fand auf dem XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der für das Antragsjahr 2015 keine beihilfefähige Fläche festgestellt wurde.
Das Ergebnis dieser Vor-Ort-Kontrolle wurde dem Beschwerdeführer als Obmann der diese Alm bewirtschaftenden Agrargemeinschaft mit Schreiben des AMA vom 15.09.2017, AZ GBI/Abt.27513607010, zum Parteiengehör übermittelt. Der Beschwerdeführer hat jedoch zu diesem Kontrollergebnis keine Stellungnahme abgegeben.
6. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle auf dem XXXX vom 20.07.2017 wurden dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2015 mit neuerlichem Abänderungsbescheid der AMA vom 12.01.2018, AZ II/4-DZ/15-8098686010, auf der Grundlage von 11,5792 zugewiesenen Zahlungsansprüchen nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt und ein Betrag in Höhe von EUR XXXX zurückgefordert.
Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 17.01.2018 zugestellt.
7. Gegen diesen Abänderungsbescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14.02.2018 Beschwerde.
8. Mit Beschwerdevorentscheidung der AMA vom 14.05.2018, AZ II/4-DZ/15-10191590010, wurden dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2015 nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt und ein weiterer Betrag in Höhe von EUR XXXX zurückgefordert.
Dabei wurde weiterhin davon ausgegangen, dass auf dem XXXX im Antragsjahr 2015 keine beihilfefähige Fläche vorhanden gewesen wäre und dass deswegen gegen den BF hinsichtlich der diesbezüglich von ihm beantragten beihilfefähigen Fläche eine Flächensanktion in Höhe von EUR XXXX zu verhängen sei.
Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 17.05.2018 zugestellt.
9. Am 29.05.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag und wies dabei darauf hin, dass bei einer von der AMA durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle auf dem XXXX am 23.05.2018 für das Antragsjahr 2015 eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 13,8589 ha festgestellt worden wäre.
10. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 08.08.2018 die Beschwerde, den Vorlageantrag und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zu Entscheidung vor.
In einer Aufbereitung für das BVwG führte die AMA Folgendes aus:
"In der vorliegenden Sache liegt aus Sicht der AMA ein Anwendungsfall des § 28 (3) VwGVG vor. Am 16.02.2018 hat eine Nachkontrolle eine beihilfefähige anteilige Fläche von 5,9163 ha ermittelt. Wäre die AMA noch für diesen Fall zuständig, so könnte das Kontrollergebnis vom 16.02.2018 bei der nächsten Berechnung berücksichtigt werden. Eine Entscheidung durch die AMA selbst würde zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens führen."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 31.03.2016 für das Antragsjahr 2015 sowohl für seinen Heimbetrieb als auch als Obmann der das XXXX bewirtschaftenden Agrargemeinschaft, für das XXXX einen MFA und beantragte damit die Gewährung von Direktzahlungen.
1.2. Die AMA gewährte dem BF mit Bescheid vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ-2885131010, für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX , wobei von einer vorhandenen beihilfefähigen Fläche auf dem XXXX , wie sie im MFA vom Beschwerdeführer beantragt wurde, und damit von einer anteiligen beihilfefähigen Almfutterfläche mit einem Ausmaß von 6,0080 ha ausgegangen wurde.
1.3. Auf dem XXXX fanden am 20.07.2017 und am 16.02.2018 Vor-Ort-Kontrollen statt. Während im Kontrollbericht über die Vor-Ort-Kontrolle am 20.07.2017 festgestellt wird, dass im verfahrensgegenständlichen Antragsjahr 2015 keine beihilfefähige Fläche vorhanden gewesen wäre, wird im Kontrollbericht über die Vor-Ort-Kontrolle vom 16.02.2018 festgehalten, dass im Antragsjahr 2015 auf dem XXXX eine beihilfefähige Fläche vorhanden war. Abweichend zur im MFA 2015 beantragten beihilfefähigen Fläche wurde eine eine um 0,0094 ha geringere beihilfefähige Fläche festgestellt.
1.4. Ausgehend vom Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle auf dem XXXX am 20.07.2017 wurden dem BF für das Antragsjahr 2015 mit Bescheid der AMA vom 12.01.2018, AZ II/4-DZ/15-8098686010, zuerst nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX und schließlich mit Bescheid vom 14.05.2018, AZ II/4-DZ/15-10191590010, nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.
Dabei wurde jedoch das Ergebnis der am 16.02.2018 auf dem XXXX stattgefundenen Vor-Ort-Kontrolle nicht berücksichtigt.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF, iVm
§ 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. 33/2013 idF BGBl. Nr. 122/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zum Anfechtungsgegenstand
Die AMA hat den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ-2885131010, letztlich mit Bescheid vom 14.05.2018, AZ II/4-DZ/15-10191590010, abgeändert. Aus der Rechtsmittelbelehrung des Abänderungsbescheides, in der auf die Möglichkeit eines Vorlageantrages hingewiesen wird, ergibt sich, dass die AMA eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat.
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG i.V.m. § 19 Abs. 7 MOG 2007 steht es der Behörde nach der Rechtslage ab 01.01.2014 frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von vier Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Von dieser Möglichkeit hat die AMA Gebrauch gemacht.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Auch der Beschwerdeführer hat von seiner Möglichkeit ein Rechtsmittel gegen die Beschwerdevorentscheidung zu erheben, Gebrauch gemacht und einen Vorlageantrag eingebracht.
Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl. dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 15 Rz 9 oder Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), Rz 774). Die Beschwerdevorentscheidung bildet vielmehr den Beschwerdegegenstand und ersetzt den ursprünglichen Bescheid zur Gänze (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Ra 2015/09/0025).
3.3. Zur Zurückverweisung:
§ 28 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:
"(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Die AMA hat jedoch durch ihre Nachkontrolle vom 16.02.2018 zu erkennen gegeben, dass der maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der dem BF für das Antragsjahr 2015 zuzuweisenden Zahlungsansprüche bzw. zu gewährenden Direktzahlungen noch nicht abgeschlossen ermittelt wurde.
Daraus ergibt sich für das erkennende Gericht, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend und damit von der AMA nicht vollständig ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts. Dies deckt sich auch mit den Ausführungen der AMA im Vorlageschreiben an das Bundesverwaltungsgericht.
Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits früh Grenzen gezogen hat, rechtfertigen unterlassene Ermittlungen auch nach Ansicht des VwGH die Zurückverweisung von Rechtssachen zur neuerlichen Entscheidung durch die Behörde. Vor dem beschriebenen Hintergrund liegt es im vorliegenden Fall auch weder im Interesse der Raschheit noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das BVwG versuchen wollte, diesen Fall einer inhaltlichen Entscheidung und Berechnung zuzuführen.
Die AMA wird also im fortgesetzten Verfahren die neu zu Tage getretenen Umstände zu berücksichtigen und dem Beschwerdeführer ihre abgeänderte Entscheidung bescheidmäßig mitzuteilen haben.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117-5.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung im Hinblick auf die Zurückverweisung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. das zitierte Erkenntnis VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W114.2203008.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.09.2018