RS Vfgh 2018/6/12 A1/2018

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Index

83/01 Natur- und Umweltschutz

Norm

B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Luftqualität-RL 2008/50/EG Art23
ImmissionsschutzG-Luft §9a, §10
VfGG §38

Leitsatz

Zurückweisung einer Staatshaftungsklage und eines Feststellungsbegehrens wegen Verstoßes gegen eine EU-Richtlinie betreffend Luftqualität und saubere Luft mangels Zuständigkeit des VfGH; Zuständigkeit der Amtshaftungsgerichte bei einer auf Unionsrecht gestützten Staatshaftungsklage auch im Fall einer schadenskausalen Handlung der Vollziehung durch ein unionsrechtswidriges Gesetz

Rechtssatz

Soweit der Kläger sein Begehren auf einen Verstoß gegen Unionsrecht wegen unterlassener Maßnahmen zur Einhaltung der in der Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa (im Folgenden: Luftqualität-RL) festgelegten Grenzwerte stützt, besteht für dieses Begehren keine Zuständigkeit des VfGH gemäß Art137 B-VG: Die Zuständigkeit des VfGH zur Entscheidung über Staatshaftungsansprüche wegen Verstoßes gegen Unionsrecht kommt nur in Betracht, wenn der Akt, der die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen ist. Es bleibt bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auch für eine unionsrechtliche Staatshaftung, wenn der behauptete Schaden an ein verwaltungsbehördliches oder gerichtliches Handeln knüpft.

Der Kläger behauptet kein "legislatives Unrecht", sondern einen möglichen Schaden durch ein (unions-)rechtswidriges Verhalten der zuständigen Verwaltungsbehörden. Die vom Kläger behaupteterweise unterlassenen Maßnahmen gegen die Überschreitung der Grenzwerte der Luftqualität-RL sind durch Organe der Vollziehung zu setzen. Es besteht daher keine Zuständigkeit des VfGH als Staatshaftungsgericht gemäß Art137 B-VG.

Gemäß stRsp des VfGH besteht selbst dann keine Zuständigkeit des VfGH, wenn die verwaltungsbehördliche Handlung durch ein Fehlverhalten des Gesetzgebers vorherbestimmt ist. Eine auf Unionsrecht gestützte Staatshaftungsklage unterliegt der Zuständigkeit der Amtshaftungsgerichte auch dann, wenn die schadenskausale Handlung der Vollziehung durch ein unionsrechtswidriges Gesetz "zwingend vorherbestimmt" sein sollte. Im Falle der Grenzwertüberschreitung ist der Landeshauptmann (§9a ImmissionsschutzG-Luft) zur Ergreifung von Maßnahmen (Art10 leg cit) zur Reduktion von Luftschadstoffen berufen. Aus dem Unionsrecht erwächst den Betroffenen ein subjektives Recht auf Erstellung oder Ergänzung von Luftqualitätsplänen, das mit einem Antragsrecht durchsetzbar ist.

Soweit der Kläger mögliche, zukünftig entstehende Schadenersatzansprüche wegen der Vollziehung des ImmissionsschutzG-Luft durch die zuständige Behörde geltend macht, unterliegen solche Ansprüche dem AmtshaftungsG. Nach stRsp des VfGH ist über Schadenersatzansprüche grundsätzlich - sei es nach den Bestimmungen des ABGB oder nach jenen des AmtshaftungsG - im ordentlichen Rechtsweg zu erkennen.

Entscheidungstexte

  • A1/2018
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 12.06.2018 A1/2018

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Zuständigkeit, EU-Recht Richtlinie, Staatshaftung, Amtshaftung, Umweltschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:A1.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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