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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Ing. G in G, vertreten durch Dr. Rath & Partner, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. August 1999, Zl. 11-39-769/99-4, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 und § 7 Abs. 3 Z. 5 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von drei Monaten gerechnet von der Zustellung des Erstbescheides der Bundespolizeidirektion Graz vom 7. Juli 1999 - somit vom 9. Juli 1999 - an entzogen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Anlass für die Setzung der bekämpften Entziehungsmaßnahme war, dass der Beschwerdeführer am 3. Mai 1999 auf einer näher bezeichneten Straßenstelle in Graz ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Motorrad gelenkt habe, bei dem der Hinterreifen in der Mitte der Lauffläche in einer Breite von 3 cm völlig profillos gewesen sei. Darin erblickten die Behörden des Entziehungsverfahrens eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG, aus der sie die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführer ableiteten.
Der Beschwerdeführer ist zunächst insofern im Recht, als er vermisst, dass die von der belangten Behörde als erwiesen angenommene bestimmte Tatsache einer Wertung im Sinne des § 7 Abs. 5 FSG unterzogen worden wäre. Die Regelung des § 7 Abs. 1 FSG, wonach als verkehrsunzuverlässig eine Person gilt, bei der auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen gemäß Abs.3 und ihrer Wertung im Sinne des Abs. 5 das Vorliegen einer näher umschriebenen schädlichen Sinnesart angenommen werden muss, erfährt in Ansehung von bestimmten Tatsachen nach der Z. 5 des Abs. 3 keine Ausnahme. Anders als jene bestimmten Tatsachen, für die das FSG eine feststehende Entziehungsdauer vorsieht (wie gemäß § 26 Abs. 3 FSG die erstmalige Begehung einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 oder die zweite Begehung einer solchen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten sowie gemäß § 26 Abs. 1 FSG die erstmalige Begehung eines Alkoholdeliktes gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960), sind die bestimmte Tatsachen darstellenden Übertretungen gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 5 FSG einer Wertung nach den Kriterien des Abs.5 zu unterziehen. Eine solche Wertung hat zwar nach der Begründung des Erstbescheides stattgefunden, doch sind die diesbezüglichen Erwägungen nicht nachvollziehbar, weil sie in der Begründung nicht ausgeführt werden. Der den Erstbescheid bestätigende angefochtene Bescheid enthält ebenfalls keine auf die Wertung der angenommenen bestimmten Tatsache Bezug nehmenden Ausführungen. Dieser Begründungsmangel ist wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Behörden bei seiner Vermeidung zu einem anders lautenden Bescheid gekommen wären. Der Beschwerdeführer führt nämlich aus, dass aus den Witterungs- und Fahrbahnverhältnissen zum Zeitpunkt der Beanstandung keine gefährlichen Verhältnisse abzuleiten gewesen wären; nach der Aktenlage ist er auch bis dahin nicht einschlägig in Erscheinung getreten. Diese Umstände deuten jedenfalls in die Richtung, dass auch bei Vorliegen einer bestimmten Tatsache deren Wertung durchaus zu dem Ergebnis hätte führen können, aus der bestimmten Tatsache sei nicht auf die Verkehrsunzuverlässigkeit zu schließen.
Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999110306.X00Im RIS seit
22.10.2001