TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/6 LVwG-AV-32/001-2018

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Veröffentlicht am 06.07.2018
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Entscheidungsdatum

06.07.2018

Norm

KFG 1967 §57a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 30. November 2017, Zl. ***, betreffend Widerruf einer Ermächtigung gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Mit Bescheid vom 19. Juli 1985, *** des Landeshauptmannes von Niederösterreich wurde dem Beschwerdeführer die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von näher genannten Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle ***, *** erteilt. Nach einer Erweiterung dieser Ermächtigung mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 17. Februar 1989, *** war der Beschwerdeführer zur Begutachtung folgender Fahrzeugarten ermächtigt:

a.   Krafträder,

b.   Personenkraftwagen, außer solchen zur entgeltlichen Personenbeförderung,

c.    Kombinationskraftwagen, außer solchen zur entgeltlichen Personenbeförderung,

d.   Anhänger, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf und die ungebremst sind,

e.   Lastkraftwagen und Spezialkraftwagen, die ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht 2.800 kg nicht übersteigt.

1.2.  Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 29. März 1995, ***, sowie mit nicht als Bescheid bezeichneten Schreiben vom 8. April 2008, ***, 2. Juni 2010, ***, 7. März 2013, ***, und 2. Oktober 2017, ***, wurden dem Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde jeweils aufgrund von unangekündigten Revisionen seiner Begutachtungsstelle näher bezeichnete Anordnungen zur Mängelbehebung erteilt, die jeweils bei den Revisionen festgestellten Umstände als Mängel beschrieben und den Inhalt hatten, den Beschwerdeführer dazu anzuhalten, die Vorgaben im „Ermächtigungsbescheid einzuhalten“ sowie bei der Ausübung der Begutachtungstätigkeit „mehr Sorgfalt walten zu lassen“ (vgl. im Detail die jeweiligen Anordnungen im Verwaltungsakt).

1.3.  Ein mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 15. März 2005, ***, ausgesprochener Widerruf der Ermächtigung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (UVS) vom 5. September 2006, Senat-AB-05-0089, aufgehoben, wobei der UVS begründend zusammengefasst ausführte, dass „sehr wohl im Überprüfungsverfahren eine Reihe von Mängeln festgestellt“ wurden (Nichtüberprüfung bzw. in der nicht fristgerechten Überprüfung von Geräten, in Eintragungsmängeln hinsichtlich bestimmter Werte in den Gutachten und in der Gebarung [Aufzeichnung] mit den Gutachten). Da „inzwischen eine Reihe wesentlicher Maßnahmen getroffen [worden seien]“, ergäben „diese Tatsachen in ihrer Gesamtheit […] eine Prognose“, dass „berechtigter Grund zur Annahme [besteht], dass der [Beschwerdeführer] in Hinkunft die ihm übertragenen behördlichen Aufgaben im Zusammenhang mit der Überprüfung von Kraftfahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ordnungsgemäß erfüllen wird.“

1.4.  Der Beschwerdeführer ist seit 23. September 2013 das einzige „geeignete Personal“ iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 in der gegenständlichen Begutachtungsstelle.

1.5.  Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. Dezember 2015, Zl. ***, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 102 Abs. 10 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 20 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Stunden) verhängt, weil er am 21. Dezember 2015 um 00:02 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in einem näher bezeichneten Fahrzeug keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt hatte. Dieser Bescheid ist seit 15.Jänner 2016 rechtskräftig.

Am 1. Juli 2017 lenkte der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,49 mg Atemluftalkoholgehalt), woraufhin ihm die Bezirkshauptmannschaft Baden mit Bescheid vom 5. Juli 2017, ***, die Lenkberechtigung für Fahrzeuge der Klassen AM, A und B für die Dauer von 1 Monat ab Zustellung des Bescheides am 10. Juli 2017 entzog und die Absolvierung eines Verkehrscoaching binnen drei Monaten ab Zustellung anordnete. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 30. November 2017, ***, wurde über den Beschwerdeführer wegen diesem Delikt (Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO 1960) eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro verhängt; auch dieses Straferkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.

Im Zeitraum vom 10. Juli 2017 bis 10. August 2017 stellte der Beschwerdeführer 21 Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 aus, obwohl seine Lenkberechtigung in diesem Zeitraum entzogen war.

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 2. August 2017, Zl. ***, wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des § 29 Abs. 3 FSG eine Strafe in der Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 115 Stunden) verhängt, weil der Beschwerdeführer der Behörde seinen Führerschein entgegen dem Bescheid der BH Baden vom 5. Juli 2017 in der Zeit von 10. – 28. Juli 2017 nicht abgeliefert habe. Dieser Bescheid ist mit 19. August 2017 in Rechtskraft erwachsen.

1.6.  Bei einer am 30. Oktober 2017 durchgeführten unangekündigten Revision der gegenständlichen Begutachtungsstelle des Beschwerdeführers sind hinsichtlich der Begutachtungstätigkeit des Beschwerdeführers folgende Umstände hervorgekommen:

1.6.1.  Der Beschwerdeführer erstellte für das in seinem Zulassungsbesitz stehende Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen *** am 1. Juni 2017 ein Gutachten mit der Nummer *** und am 2. Juni 2017 ein Gutachten mit der Nummer ***, Gutachten jeweils gemäß § 57a Abs. 4 KFG. Das Fahrzeug erhielt am 1. Juni 2017 die weiße Begutachtungsplakette mit der Nummer *** und am 2. Juni 2017 die weiße Begutachtungsplakette Nummer ***. In der Begutachtungsplakettendatenbank (ZBD) trug der Beschwerdeführer hinsichtlich der Plakette Nummer *** den Status „abgelaufen“ und die Bemerkung „aktuelleres Gutachten wurde erstellt“ ein. In der elektronischen Begutachtungsverwaltung (EBV) wurde ein derartiger Eintrag seitens des Beschwerdeführers jedoch unterlassen. Der Verbleib der Begutachtungsplakette Nummer *** ist nicht nachvollziehbar und hat der Beschwerdeführer auch keine Wahrnehmung, was mit dieser Plakette passiert ist; er nimmt an, dass sie weggeworfen wurde.

1.6.2.  Im Zeitraum von 2015 bis 2017 hat der Beschwerdeführer folgende Kraftfahrzeuge (positiv) wiederkehrend begutachtet, wobei diese im Zeitpunkt der wiederkehrenden Begutachtung jeweils in seinem eigenen Zulassungsbesitz standen:

-    Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** und der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (in der Folge: FIN) ***, Erstzulassung Dezember 2010 (Gutachten Nr. *** vom 5. November 2017, Nr. *** vom 13. Oktober 2017 und Nr. *** vom 16. November 2015),

-    Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** und der FIN ***, Erstzulassung Juni 1995 (Gutachten Nr. *** vom 4. August 2015),

-    Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** und der FIN ***, Erstzulassung Oktober 2014 (Gutachten Nr. *** vom 31. Oktober 2017),

-    Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** und der FIN ***‚ Erstzulassung Februar 2003 (Gutachten Nr. *** vom 3. Juni 2017),

-    Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** und der FIN ***, Erstzulassung Februar *** (Gutachten Nr. *** vom 2. Juni 2017, Nr. *** vom 1. Juni 2017, Nr. *** vom 18. Juli 2016 und Nr. *** vom 6. August 2015),

-    Mitsubishi mit der FIN ***, Erstzulassung März 2001 (Gutachten Nr. *** vom 17. August 2016) und

-    Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** und der FIN ***, Erstzulassung August 2010 (Gutachten Nr. *** vom 29. Juli 2016 und Nr. *** vom 16. Oktober 2015).

1.6.3.  Im Gutachten Nr. *** vom 4. August 2015 für den Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** wurde die falsche FIN (*** statt richtig: ***) eingetragen, ebenso im Gutachten Nr. *** vom 3. Juni 2017 für den Mitsubishi mit dem Kennzeichen *** (*** statt richtig: ***).

1.6.4.  Bei der Revision am 30. Oktober 2017 befand sich der Begutachtungsstellenstempel unversperrt in einem Ablagefach unter dem Schreibtisch im Büro. Nachts wurde der Begutachtungsstellenstempel hingegen jeweils in einem Safe versperrt.

1.6.5.  Der Beschwerdeführer hat in den folgenden Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 betreffend Fahrzeuge der Klassen L1e und L3e die Siedepunkte der Bremsflüssigkeit nicht überprüft: Gutachten Nr. *** vom 27. Februar 2015, Nr. *** vom 18. Mai 2015, Nr. *** vom 14. Juni 2017, Nr. *** vom 7. Juli 2017, Nr. *** vom 11. Juli 2017, Nr. *** vom 14. Juli 2017, Nr. *** vom 31. August 2017, Nr. *** vom 20. September 2017, Nr. *** vom 29. September 2017 und Nr. *** vom 27. Oktober 2017 genannt. Der Beschwerdeführer überprüft den Siedepunkt der Bremsflüssigkeit laut eigener Aussage generell nicht, weil dies seiner Auffassung „überhaupt niemand“ prüft.

1.6.6.  In den Gutachten Nr. *** vom 7. Juli 2017, Nr. *** vom 14. Juli 2017, Nr. *** vom 31. August 2017 und Nr. *** vom 29. September 2017 überprüfte der Beschwerdeführer keine Abgaswerte bei den Fahrzeugen der Klasse L3e. Der Beschwerdeführer überprüft die Abgaswerte laut eigener Aussage generell nicht, weil dies seiner Auffassung nach „überhaupt niemand“ prüft.

1.6.7.  Im Gutachten Nr. *** vom 27. Oktober 2017 betreffend das Fahrzeug der Marke Kymco mit dem Kennzeichen *** und der FIN *** trug der Beschwerdeführer bei der Fahrzeugklasse „L1e(L1)“ ein, obwohl es sich um ein Fahrzeug der Klasse „L3e“ handelt.

1.6.8.  Im Gutachten Nr. *** vom 12. Februar 2017 betreffend das Fahrzeug der Marke Citroen mit dem Kennzeichen *** und der FIN *** wurde unrichtigerweise die Marke „Brenderup“ und als FIN *** eingetragen.

1.6.9.  Beim Abgasmessschrieb zum Gutachten Nr. *** vom 16. Oktober 2017 die Drehzahl von 5510 min-1 handschriftlich auf 4510 min-1 geändert.

1.6.10.  Im Rahmen der Überprüfung wurde bei folgenden Gutachten nicht die für die Überprüfung notwendige im Zulassungsschein angeführte Mindestdrehzahl erreicht: Gutachten Nr. *** vom 11. Oktober 2017 (3540 min-1 anstatt 4300 min-1), Nr. *** vom 12. Oktober 2017 (3730 min-1 anstatt 4200 min-1) und Nr. *** vom 12. Oktober 2017 (3400 min-1 anstatt 4000 min-1).

1.6.11.  Die Bremsprüfungen betreffend Fahrzeuge der Klasse L führte der Beschwerdeführer auf einer Bremsstrecke durch, die auf einem Straßenabschnitt einer Straße mit öffentlichem Verkehr angelegt ist, wobei die zulässige Höchstgeschwindigkeit dort 30 km/h beträgt. Der Beschwerdeführer führte auch betreffend Fahrzeuge der Klasse L3e, bei welchen eine Geschwindigkeit von 40 km/h zu erreichen ist, die Bremsprüfungen in dieser „30er-Zone“ durch.

1.6.12.  Im Zeitpunkt der Revision am 30. Oktober 2017 lagen hinsichtlich des HC-Messgerätes der Marke Bosch, Type ***, Seriennummer *** sowie des CO-Messgerätes der Marke Bosch keine Prüfbücher vor.

1.7.  Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. November 2017 entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, mit sofortiger Wirkung und sprach unteranderem weiters aus, dass die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen werde. Dieser Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2017 zugestellt.

Bis 6. Dezember, 10:04,53 Uhr erstellte der Beschwerdeführer Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von seinem Rechtsvertreter über den Inhalt dieses Bescheides vor dem 6. Dezember 2017 10:05 Uhr informiert wurde.

1.8.  Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 1. Dezember 2017, ***, wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A und B bis zur Befolgung des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 5. Juli 2017, Zl. *** angeordneten Verkehrscoachings (neuerlich) entzogen. Die Entziehung der Lenkberechtigung endete mit 13. Dezember 2017 (Absolvierung des Verkehrscoachings). Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

2.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen im Wesentlichen auf den vorgelegten Verwaltungsakt (insbesondere dem Bericht betreffend die Revision am 30. Oktober 2017 samt dessen Beilagen), auf dessen Verlesung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2016 verzichtet wurde.

Dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erstellung der Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 am 4., 5. und 6. Dezember 2017 bereits Bescheid wusste – wie dies die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung insinuierte – kann nicht festgestellt werden, da zwar der angefochtene Bescheid am 4. Dezember 2017 in der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters einlangte, der Beschwerdeführervertreter jedoch glaubhaft angegeben hat, dass erst mit einem am 6. Dezember 2017 aus der Kanzlei abgehenden Fax der Beschwerdeführer vom Inhalt des Bescheides informiert wurde. Eine Feststellung, dass der Beschwerdeführer schon am 4. Dezember 2017 vom Inhalt des angefochtenen Bescheides erfahren hat kann daher nicht getroffen werden.

Im Übrigen sind die Feststellungen zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig. Der Beschwerdeführer hat insbesondere ausgeführt, die bei der Revision am 30. Oktober 2017 festgestellten Mängel nicht in Abrede zu stellen sowie betreffend die Nichtüberprüfung der Siedepunkte der Bremsflüssigkeit und Abgaswerte selbst angegeben, diese Überprüfungen nicht vorzunehmen (Verhandlungsschrift Seiten 1 und 6).

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.1.  § 57a KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967, lautet (auszugsweise):

„§ 57a. Wiederkehrende Begutachtung

(1) […]

[…]

(2) Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.

(2a) Der Landeshauptmann hat regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.

(2b) Die Bundesinnung der Kfz-Techniker führt als Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches ein Verzeichnis des geeigneten Personals und stellt für jede geeignete Person einen § 57a – Bildungspass aus, aus dem die Eignung der Person und die Absolvierung der erforderlichen Schulungen hervorgeht. In diesen Angelegenheiten ist sie an Weisungen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gebunden. Das Verzeichnis des geeigneten Personals kann auch in elektronischer Form als Datenbank geführt werden. In dieser Datenbank dürfen zum Zwecke der Verwaltung der geeigneten Personen folgende Daten der geeigneten Personen verarbeitet werden:

1.

Vorname, Familienname,

2.

akademische Grade,

3.

Geburtsdatum,

4.

Geschlecht,

5.

Hauptwohnsitz,

6.

Beruf,

7.

Vermerk der jeweiligen persönlichen Qualifikation,

8.

Absolvierung der erforderlichen Schulungen unter Angabe der die Schulung durchführenden Stelle.

Die die Schulungen durchführenden Stellen haben die Bundesinnung der Kfz-Techniker von durchgeführten Schulungen zu verständigen. Die Bundesinnung der Kfz-Techniker kann die absolvierten Schulungen bei den jeweiligen Personen selbst eintragen oder die Eintragungen im Einvernehmen mit den durchführenden Stellen direkt diesen übertragen. Der Landeshauptmann kann in Verfahren gemäß Abs. 2 oder bei Überprüfungen gemäß Abs. 2a in die Datenbank Einsicht nehmen. Die unter Z 1 bis Z 8 genannten Daten können auf dem Bildungspass auch in elektronischer Form auf einem Chip gespeichert werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie können die näheren Bestimmungen über Form und Inhalt des Bildungspasses und Eintragungsmodalitäten in die Datenbank festgelegt werden. Die Daten sind nach fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem eine bestimmte Person nicht mehr als geeignete Person tätig sein darf, zu löschen.

(3) […]

(4) Der Ermächtigte hat über den Zustand eines ihm gemäß Abs. 1 vorgeführten Fahrzeuges vor Behebung allenfalls festgestellter Mängel ein Gutachten auf einem Begutachtungsformblatt auszustellen; das Gutachten ist eine öffentliche Urkunde. Eine Ausfertigung ist dem das Fahrzeug Vorführenden zu übergeben, eine zweite Ausfertigung des Gutachtens ist fünf Jahre lang aufzubewahren und den mit Angelegenheiten des Kraftfahrwesens befassten Behörden auf Verlangen vorzulegen.

(4a) […]

(5) Entspricht das gemäß Abs. 1 vorgeführte Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit und können mit ihm nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden, und entspricht das Fahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 kg – soweit dies beurteilt werden konnte – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, so hat der Ermächtigte eine von der Behörde ausgegebene Begutachtungsplakette, auf der das Kennzeichen des Fahrzeuges dauernd gut lesbar und unverwischbar angeschrieben ist, dem Zulassungsbesitzer auszufolgen oder am Fahrzeug anzubringen; die Begutachtungsplakette ist eine öffentliche Urkunde. Die Begutachtungsplakette ist so am Fahrzeug anzubringen, dass das Ende der gemäß Abs. 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann. Die Ausfolgung oder Anbringung der Begutachtungsplakette ist in dem gemäß Abs. 4 ausgestellten Gutachten zu vermerken. Der Ermächtigte hat diese Begutachtungsplakette auf Verlangen des Zulassungsbesitzers auch ohne Begutachtung in gleicher Weise auszufolgen oder an Fahrzeugen anzubringen, an denen keine oder nur eine unlesbar gewordene Begutachtungsplakette angebracht ist, wenn der Zulassungsbesitzer nachweist, dass für das Fahrzeug gemäß Abs. 3 noch keine oder keine weitere wiederkehrende Begutachtung fällig geworden ist.

(6) […]

[…]

(8) Durch Verordnung sind nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend, die näheren Bestimmungen über die Durchführung der Begutachtung, über Unterlagen, die bei der Begutachtung vorzulegen sind, über das im Abs. 4 angeführte Begutachtungsformblatt sowie über die Beschaffenheit und das Aussehen der in Abs. 5 und 6 angeführten Begutachtungsplakette und ihre Anbringung am Fahrzeug festzusetzen.

[…]“

3.1.2.  Gemäß § 3 Abs. 1a der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV), BGBl. II Nr. 78/1998, muss die Begutachtungsstelle über eine geeignete Person verfügen, die berechtigt ist, das zu begutachtende Fahrzeug zu lenken.

Gemäß § 10 Abs. 4 PBStV hat die Fahrzeugbegutachtung entsprechend einem vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigten Mängelkatalog zu erfolgen. Dieser Mängelkatalog ist entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik zu ergänzen. Die Beurteilung der festgestellten Mängel hat jedoch nach Anlage 6 zu erfolgen.

Gemäß dem mit „Revision“ überschriebenen § 15 PBStV hat der Landeshauptmann gemäß Abs. 1 die gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ermächtigten Stellen unangekündigt Revisionen (Audits) im Sinne des § 57a Abs. 2a KFG 1967 sowie § 24 und § 24a KFG 1967 zu unterziehen. Die Revisionen sind insbesondere durchzuführen bei Verdacht, dass die Voraussetzungen für die Ermächtigung nicht mehr gegeben sind (Z 1), die Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben ist (Z 2) oder Begutachtungen und Prüfungen nicht ordnungsgemäß erfolgten (Z 3).

3.1.3.  Der „Mängelkatalog der Bundesinnung für Fahrzeugtechnik für alle Kraftfahrzeugklassen“ (Mängelkatalog) in der derzeit 8. Auflage, März 2016, führt auf Seite AT/40 (Punkt 5.2.2.3.) aus, dass für Probefahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr jedenfalls die erforderliche Lenkberechtigung vorliegen muss.

Auf Seite AT/48 im Kapitel „5.5 Revision (§ 57a Abs. 2a KFG, § 15 PBStV)“ wird ausgeführt, dass die „nicht ordnungsgemäße Verwahrung“ eines Begutachtungsstellenstempels eine „Anordnung“ nach sich zieht.

„Selbstvernichtung oder kein Nachweis über den Verbleib“ einer „verlochten oder unbrauchbaren Begutachtungsplakette“ hat gemäß Seite AT/48 den „Widerruf“ nach sich zu ziehen.

Die Prüfanweisung der Betriebsbremse für Fahrzeuge der Klassen L3e (Seite 1/35 des Mängelkataloges) vermerkt als „Prüfgeschwindigkeit“ einmal 40 km/h (für beide Bremsanlagen).

3.2.  Zur Unzuverlässigkeit der beschwerdeführenden Partei:

3.2.1.  Entscheidend bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes – nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (zB VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).

Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung bzw. dem Widerruf einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbilds (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).

Bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).

3.2.2.  Der Beschwerdeführer hat – laut eigener Angaben in der mündlichen Verhandlung – bei Überprüfungen von Fahrzeugen der Klasse L1e und L3e durchgehend den Siedepunkt der Bremsflüssigkeit nicht überprüft, was aber gemäß dem Katalog der Prüfpositionen (vgl. Anlage 6 zu § 10 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung, BGBl II Nr. 78/1998), jedenfalls erforderlich gewesen wäre, da zB ein niedriger als 150 Grad Celsius liegender Siedepunkt der Bremsflüssigkeit einen schweren Mangel beim Fahrzeug bedeuten würde. Auch die Überprüfung der Abgasemissionen bei Kraftfahrzeugen der Klasse L3e hat der Beschwerdeführer nicht durchgeführt. Diese sind nach Punkt 8.2.1.2 der Anlage 6 zur PBStV darauf zu überprüfen, ob die CO-Immissionen einen Wert von 4,5 % überschreiten.

Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich jeweils angegeben, diese Überprüfungen nicht durchzuführen, da dies „überhaupt niemand“ mache.

Schon diese offen zur Schau getragene Missachtung der bei der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen einzuhaltenden Vorschriften – welche wie sich aus den früheren Revisionen und Anordnungen ergibt schon seit Jahren vorliegen dürfte – zerrüttet die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers in hohem Maß. Dass derartige Missstände – so die Behauptung des Beschwerdeführers – auch bei anderen Begutachtungsstellen vorliegen, ändert daran nicht, ist doch gegenständlich seine Vertrauenswürdigkeit zu beurteilen. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang getätigten Äußerungen lassen nun nicht nur darauf schließen, dass er diese Überprüfungen in der Vergangenheit nicht in der vom KFG 1967 und der PBStV geforderten Form vorgenommen hat, sondern lassen auch die Befürchtung aufkommen, er werde – auch bezüglich anderer Prüfpositionen – die nach den jeweils geltenden Vorschriften vorzunehmenden Überprüfungen jeweils nur dann durchführen, wenn ihm diese persönlich als sinnvoll erscheinen oder auch „von anderen Begutachtungsstellen“ durchgeführt werden.

Im gegenständlichen Fall kommen überdies die sonstigen bei der Revision am 30. Oktober 2017 festgestellten Unregelmäßigkeiten betreffend unklarem Verbleib einer am Vortag ausgestellten Begutachtungsplakette, diverse falsche Eintragungen von Marke und FIN in mehreren Gutachten, der händisch ausgebesserte Messschrieb, die ungesicherte Aufbewahrung des Begutachtungsstellenstempels sowie die Nichterreichung der Mindestdrehzahl bei der Überprüfung der Abgasmessung hinzu.

Weiters ist das Alkoholdelikt vom 1. Juli 2017 sowie die daran geknüpfte Entziehung der Lenkberechtigung mit Bescheid vom 5. Juli 2017 und die – aufgrund Nichtabsolvierung eines vorgeschriebenen Verkehrscoachings – neuerliche Entziehung der Lenkberechtigung mit Bescheid vom 1. Dezember 2017 bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.

Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass manche der festgestellten Umstände – isoliert betrachtet – keinen Widerruf der Ermächtigung rechtfertigen würden (vgl. hinsichtlich eines einmaligen Alkoholdeliktes etwa VwGH vom 17. Dezember 2002, 2001/11/0061, bzw. betreffend fünf Verwaltungsübertretungen und zwei gerichtliche Straftaten ebenfalls das bereits zitierte Erkenntnis vom 17. Dezember 2002). Bei der gebotenen Beurteilung seines Gesamtverhaltens kann jedoch keinesfalls gesagt werden, dass der Beschwerdeführer (derzeit) die notwendige Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 aufweist.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Vor diesem Hintergrund braucht die Rechtsnatur der „Anordnungen“ gemäß § 57a Abs. 2a KFG 1967 (insbesondere, ob diese in Bescheidform zu ergehen haben und für spätere Mängel eine Art „Bindungswirkung“ entfalten oder demgegenüber einen „Nichtbescheid“ darstellen) im gegenständlichen Fall ebensowenig geklärt werden, wie die Frage, ob die wiederkehrende Begutachtung von im eigenen Zulassungsbesitz stehenden Fahrzeugen geeignet ist, Bedenken gegen die Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 auszulösen (so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid).

3.3.  Zur Unzulässigkeit der Revision:

Da es sich bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016), ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; wiederkehrende Begutachtung; Widerruf; Vertrauenswürdigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.32.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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