TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/17 LVwG-AV-540/002-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2018
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Entscheidungsdatum

17.07.2018

Norm

BetriebsO 1994 §6
BetriebsO 1994 §13
StGB §107b Abs1
StGB §218 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, vertreten durch Rechtsanwältin B, ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 18. April 2018, Zl. ***, betreffend Ungültigerklärung des Taxilenkerausweises, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetz (VwGVG insofern Folge gegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert wird, dass der Taxilenkerausweis Nr. ***, ausgestellt am 20. September 2010 von der Landespolizeidirektion NÖ, PK ***, für die Dauer von 36 Monaten (gerechnet ab der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 20. April 2018) gem. § 13 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) entzogen wird.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 18. April 2018, Zl. ***, erklärte die Landespolizeidirektion Niederösterreich, den Taxilenkerausweis Nr. *** von A gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 iVm § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) für ungültig.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes *** vom 16. Februar 2018 nach § 218 Abs. 1 Z. 1 StGB wegen sexueller Belästigung zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Außerdem sei er mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 19. Oktober 2016 gemäß § 107b Abs. 1 StGB (fortgesetzte Gewaltausübung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Zudem würden gegen ihn Vormerkungen wegen mehrmaliger Übertretungen der Wiener Taxi- Mietwagen- und Gästewagen Betriebsordnung sowie der Straßenverkehrsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes aufscheinen.

Eine der Voraussetzungen des § 6 (Vertrauenswürdigkeit) sei bei ihm aufgrund der begangenen strafbaren Handlung als derzeit nicht gegeben anzunehmen. Aufgrund der Schwere und Häufigkeit der Delikte und Übertretungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese in absehbarer Zeit wiedererlangt werden könne.

Aus Gründen des öffentlichen Wohls wegen Gefahr im Verzug wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Dagegen hat A, vertreten durch Rechtsanwältin B, ***, ***, *** fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zu beheben.

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen gewährleistet werden solle. Falls die Annahme, dass die Person nicht mehr vertrauenswürdig sei, als begründet erachtet werde, sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs eine Prognose über die Dauer des Mangels der Vertrauenswürdigkeit erforderlich. Die Behörde habe es verabsäumt, nachvollziehbar darzustellen, wie lange ihrer Ansicht nach die Dauer des Mangels der Vertrauenswürdigkeit gegeben sei, sondern gehe einfach davon aus, dass in absehbarer Zeit die Vertrauenswürdigkeit nicht wiedererlangt werde. Zwecks Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen sei jedoch das Gewicht des Fehlverhaltens unter Bedachtnahme auf die seither verstrichene Zeit zu beurteilen. Zudem gehe die Behörde von mehrmaligen Übertretungen der Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen Betriebsordnung sowie der Straßenverkehrsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes aus. Der bloße Hinweis auf eine Vielzahl an verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen des nunmehrigen Beschwerdeführers genüge dem Bestimmtheitsgebot nicht. Es enthebe die belangte Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, einen Sachverhalt zu erheben und basierend darauf eine Subsumption unter den Begriff der „Vertrauenswürdigkeit“ vorzunehmen. Der Verweis auf (verwaltungs-) bzw. strafrechtliche Verurteilungen einer Person könne maßgeblich für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit sein, alleine ausreichend sei es keinesfalls. Der Hinweis auf die (verwaltungsstrafrechtlichen) Vorstrafen rechtfertige die Annahme der Vertrauensunwürdigkeit zum Lenken von Taxifahrzeugen jedenfalls nicht.

Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in welcher der Beschwerdeführer persönlich seine Lebensumstände darlegen könne, sodass eine tatsächliche Gefährdungsprognose getroffen werden könne.

Weiters wurde beantragt, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid aufschiebende Wirkung zu zu erkennen.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2018 hat die Landespolizeidirektion Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 20. Juni 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Aktes der Landespolizeidirektion Niederösterreich zur Zahl *** sowie des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zur Zahl
LVwG-AV-540-2018 und durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie durch Verlesung des angeforderten Aktes des Landesgerichtes *** zur Zl. ***.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung langte der außerdem angeforderte Akt des Bezirksgerichts *** zur Zl. *** beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein, eine Kopie des Urteils sowie des Abschlussberichtes der Landespolizeidirektion Wien an die Staatsanwaltschaft Wien vom 26. Mai 2017 wurden dem nunmehrigen Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt. Von beiden Parteien wurde keine Stellungnahme dazu abgegeben.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Juni 2018, LVwG-AV-540/001-2018, wurde der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in der Sache wie folgt erwogen:

Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:

Mit Urteil des Landesgerichts *** vom 19. Oktober 2016, Zl. *** wurde über den nunmehrigen Beschwerdeführer wegen des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten verhängt, welche unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mit Urteil des Bezirksgerichts *** vom 16. Februar 2018, Zl. ***, wurde die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Mildernd wurde der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet, erschwerend war kein Umstand zu berücksichtigen.

Mit diesem Urteil wurde der nunmehrige Beschwerdeführer für schuldig erkannt, dass er in *** in der Zeit von Juni 2014 bis zumindest 16. Juni 2016 gegen C längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt hat, indem er sie in oftmaligen, zumindest einmal wöchentlichen Angriffen gefährlich bedrohte, indem er zu ihr sagte, er werde sie umbringen und er werde ihr das Kind wegnehmen, sie am 16. Juni 2016 durch Drohung mit einer Verletzung am Körper zum Verlassen der Wohnung nötigte, im Juni 2014 auf sie einschlug, wodurch sie ein Hämatom am linken Bauch erlitt und sie am 16. Juni 2014 gegen die Aufzugtür stieß, wodurch sie einen Kratzer und Rötungen im Bereich des linken Unterarms erlitt.

Weiters wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Weisung erteilt, für die Dauer der Probezeit ein Antiaggressionstraining zu leisten; für die Dauer der Probezeit wurde Bewährungshilfe angeordnet, bei der sich der Beschwerdeführer nach einem schleppenden Start zunächst kooperativ gezeigt hat, sodass seitens des Bewährungshelfers die Aufhebung der Weisung zur Leistung des Anti-Gewalt-Trainings angeregt wurde. Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 16. Oktober 2017, *** wurde daher die Weisung, ein Anti-Gewalt-Training zu absolvieren, aufgehoben. Im Anschluss daran hat der nunmehrige Beschwerdeführer jedoch den Kontakt zum Bewährungshelfer abgebrochen und bis auf einen Termin keine Termine mehr wahrgenommen, sodass ein Verfahren betreffend den Widerruf der bedingten Strafnachsicht eingeleitet wurde. In diesem Verfahren, das noch anhängig ist, hat sich der Bewährungshelfer nicht gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht ausgesprochen.

Bei C handelt es sich um die Ehefrau des nunmehrigen Beschwerdeführers, von der er mittlerweile getrennt lebt. Das Scheidungsverfahren ist bei Gericht anhängig, zu seinem Sohn hat der nunmehrige Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt.

Mit rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichts *** vom 16. Februar 2018, Zl. ***, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs. 1 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Monaten verurteilt, welche für eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mildernd wurde kein Umstand gewertet, erschwerend eine einschlägige Vorstrafe bei offener Probezeit.

Mit diesem Urteil wurde er für schuldig erkannt, dass er am 13. Mai 2017 in *** D durch eine geschlechtliche Handlung an ihr belästigt hat, indem er ihre linke Hand ergriff und diese auf seinen erigierten Penis legte. Diese Tat ist während einer Taxifahrt vorgefallen, D war ein Fahrgast.

Der Beschwerdeführer ist seit Anfang April 2018 arbeitslos und erhält ca. Euro 20 pro Tag an Arbeitslosenunterstützung.

Er arbeitet seit 2010 als Taxifahrer. Im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Taxifahrer gab es mit Kunden abgesehen von dem einen Vorfall, der zur strafrechtlichen Verurteilung durch das Bezirksgericht *** geführt hat, keinerlei Vorfälle oder Beanstandungen. Falls ein Fahrgast aggressiv wird, versucht er ihn zum Aussteigen zu bewegen oder ruft die Polizei. Um Probleme zu vermeiden, lehnt er Fahrgäste, die einen gefährlichen Eindruck machen, unter einem Vorwand bereits am Standplatz ab.

Gegen den Beschwerdeführer liegen dreizehn nicht getilgte rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen vor (eine Übertretung des § 35 Abs. 1 Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen Betriebsordnung, eine Übertretung des § 33 Abs. 3 Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen Betriebsordnung, eine Übertretung des § 30 Abs. 1 Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen Betriebsordnung, 8 Übertretungen von Bestimmungen der StVO 1960, zwei Übertretungen des Art. 2 § 1 Abs. 1 SPG), wobei bereits die Höhe der verhängten Strafe indiziert, dass es sich nicht um gravierende Rechtsübertretungen gehandelt hat. Die beiden höchsten verhängten Geldstrafen haben jeweils € 150,-- betragen und haben Übertretungen der Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen Betriebsordnung betroffen.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend das Urteil wegen des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung beruhen auf der Einsicht in den beigeschafften Akt des Landesgerichts ***, Zl. ***, aus dem sich auch die Feststellungen hinsichtlich des Opfers und des Verhaltens des nunmehrigen Beschwerdeführers in der Probezeit hinsichtlich der angeordneten Bewährungshilfe sowie hinsichtlich des derzeit anhängigen Verfahrens betreffend den Widerruf der bedingten Strafnachsicht ergeben.

Die Feststellungen betreffend das Urteil wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs. 1 Z. 1 StGB beruhen auf dem beigeschafften Akt des Bezirksgerichtes *** zur Zahl ***, woraus auch hervorgeht, dass es sich beim Opfer um einen Fahrgast gehandelt hat. Dies hat auch der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht so ausgesagt.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen und beruflichen Verhältnisse des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen glaubhafte Aussagen vor dem erkennenden Gericht, wo er auch nachvollziehbare Angaben zu seinem Umgang mit schwierigen Fahrgästen gemacht hat.

Dass gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer dreizehn rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen nach der Aktenlage vorliegen, ergibt sich aus dem unbedenklichen Strafregisterauszug vom 18. April 2018 im Akt der belangten Behörde.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

§ 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994), idF BGBl. II Nr. 165/2005, lauten wie folgt:

§ 1 (1) Die nachfolgenden Bestimmungen über die nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der im Fahrdienst tätigen Personen hinsichtlich ihrer Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit gelten für die Ausübung des Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-)Gewerbes, des Mietwagen-Gewerbes mit Personenkraftwagen und Omnibussen, des Taxi-Gewerbes und des Gästewagen-Gewerbes mit Personenkraftwagen und Omnibussen.

§ 2. Im Fahrdienst dürfen nur vertrauenswürdige Personen tätig sein. Als Fahrdienst gilt die Einsatzzeit gemäß § 16 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969.

§ 6. (1) Der Ausweis ist auszustellen, wenn der Bewerber

3. vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muß zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein,

§ 13. (1) Der Ausweis wird ungültig und muss bei der Behörde abgeliefert werden, wenn

         

2.

eine der sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.

Kommt der Inhaber dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Ausweis von der Behörde abzunehmen.

(2) Der Ausweis ist von der Behörde nur für einen angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zu entziehen, wenn eine der in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, jedoch angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird. Der Ausweis ist nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Verlangen wieder auszufolgen, wenn die vorübergehend weggefallene Voraussetzung wieder gegeben ist.

Gemäß § 13 BO 1994 wird der Taxiausweis ungültig, wenn eine der in § 6 BO 1994 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Dazu zählt die Vertrauenswürdigkeit (§ 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994). Der in § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 festgelegte Beurteilungszeitraum von fünf Jahren ist dabei auch im Verfahren über die Entziehung eines Taxiausweises von Bedeutung (vgl. VwGH 5.5.2014, Ro 2014/03/0001).

Die Frage, ob eine Person im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 vertrauenswürdig ist, ist auf Grund eines im Ermittlungsverfahren festzustellenden Gesamtverhaltens dieser Person zu beurteilen (vgl. VwGH, 2009/03/0147; 27.2.2008, 2007/03/0222, mwN). Bei dieser Beurteilung ist die Behörde an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht. Im Falle der Begehung einer Straftat oder einer Verwaltungsübertretung ist maßgeblich für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 das dem Urteil bzw. dem Bescheid, mit welchem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten (vgl. VwGH 27.2.2008, 2007/03/0222 mit Hinweis auf E vom 25.6.2003, 2000/03/0228 und 2002/03/0112).

Es ist dabei das Gesamtverhalten des Betroffenen danach zu bewerten, ob es die Annahme begründet, er sei nicht mehr vertrauenswürdig; falls diese Annahme als begründet erachtet wird, ist die Prognose erforderlich, in welchem Zeitraum der Betreffende die Vertrauenswürdigkeit wieder erlangen wird, für welche Zeitspanne also der Ausweis zu entziehen ist („.... angenommen werden kann, dass sie in absehbarer Zeit wieder vorliegen wird“; § 13 Abs. 2 BetriebsO 1994). Die Dauer der Entziehung des Taxiausweises hat also nach dem Gesetz eine begründete Prognose über die Dauer des Mangels der Vertrauenswürdigkeit des von dieser Maßnahme Betroffenen widerzuspiegeln. Zwecks Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen ist das Gewicht des Fehlverhaltens unter Bedachtnahme auf die seither verstrichene Zeit zu beurteilen, wobei ein bereits länger zurück liegendes Verhalten im Hinblick auf zwischenzeitiges Wohlverhalten weniger schwer wiegt als „aktuelle“ Verstöße (vgl. VwGH 5.5.2014, Ro 2014/03/0001).

Mit dem Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden (vgl. VwGH 27.2.2008, 2007/03/0222).

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat in der Verhandlung bestritten, das Vergehen der sexuellen Belästigung begangen zu haben. Wie ausgeführt, ist das erkennende Gericht jedoch an rechtskräftige Bestrafungen insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen, derentwegen die Bestrafung erfolgte, feststeht (vgl. VwGH 27.2.2008, 2007/03/0222).

Angesichts der festgestellten Straftat ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht über die notwendige Vertrauenswürdigkeit verfügt. Durch die erst vor etwa einem Jahr begangene Straftat (sexuelle Belästigung) verletzte der Beschwerdeführer das von der Rechtsordnung geschützte Rechtsgut der sexuellen Integrität und Selbstbestimmung von Personen, wobei festzuhalten ist, dass sich diese Tat in Ausübung der Beförderung eines Fahrgastes ereignet hat.

Für die Beurteilung, ab wann der Beschwerdeführer seine Vertrauenswürdigkeit wieder erlangen wird, ist auch das Wohlverhalten seit der Tatbegehung von Bedeutung. Da die Tat am 13. Mai 2017 begangen wurde, kann zugunsten des Beschwerdeführers das Wohlverhalten lediglich für den nachfolgenden Zeitraum von ca. einem Jahr berücksichtigt werden, wobei diesbezüglich allerdings zu beachten ist, dass die gerichtlich festgesetzte Probezeit noch nicht abgelaufen ist. Weiters ist zu beachten, dass der nunmehrige Beschwerdeführer innerhalb der im Urteil des Landesgerichtes *** vom 19. Oktober 2016 zur Zahl *** festgesetzten Probezeit von drei Jahren erneut straffällig geworden ist, sodass diese Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde. Hier ist auch die mangelnde Einsicht des nunmehrigen Beschwerdeführers zu beachten, indem er der vom Gericht angeordneten Bewährungshilfe ablehnend gegenüberstand und Termine nur sehr zögerlich eingehalten hat, sodass ein Verfahren betreffend den Widerruf der bedingten Strafnachsicht anhängig ist.

Die dem Urteil des Landesgerichtes *** vom 19. Oktober 2016 zur Zahl *** zugrundeliegende Tat hat ihre Ursache im privaten Umfeld des nunmehrigen Beschwerdeführers, sein Verhalten hinsichtlich der angeordneten Bewährungshilfe zeigt jedoch, dass er deren Bedeutung, nämlich ihn gemäß § 52 Abs. 1 StGB zu einer Lebensführung und Einstellung zu verhelfen, die ihn in Zukunft von der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen abzuhalten vermag, nicht erkannt hat. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Schutzzweck der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr nicht auf den Straßenverkehr beschränkt, sondern darauf gerichtet, jedermann vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Die Vertrauenswürdigkeit umfasst sohin das Gesamtverhalten, es ist daher unbeachtlich, ob eine allfällige strafgerichtliche Verurteilung in ursächlichem Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Taxilenker erfolgte oder nicht (vgl. VwGH 25.3.1992, 91/03/0278 mwH).

Weiters liegen gegen den Beschwerdeführer insgesamt 13 rechtskräftige Verwaltungsvorstrafen vor, die allerdings bei der Frage der Vertrauenswürdigkeit nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, indiziert doch bereits die Höhe der verhängten Strafen, dass es sich um keine gravierenden Rechtsverstöße gehandelt hat.

In Anbetracht des schnellen Rückfalls nach der ersten strafrechtlichen Verurteilung und vor allem im Hinblick darauf, dass das Vergehen der sexuellen Belästigung während einer Taxifahrt stattgefunden hat, wobei die seit Begehung der Tat (13. Mai 2017) verstrichene Zeit zu kurz ist, um auf einen Gesinnungswandel des Beschwerdeführers schließen zu lassen, geht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich daher davon aus, dass die von der BO 1994 verlangte Vertrauenswürdigkeit binnen 36 Monaten ab Zustellung des angefochtenen Bescheides wiedererlangt werden kann. Damit deckt sich der Zeitraum der Entziehung des Taxilenkerausweises ungefähr mit dem Zeitraum der gerichtlich verlängerten Probezeit auf 5 Jahre, die das Gericht unter Berücksichtigung der Art der Tat, seiner Person, des Grades seiner Schuld, seines Vorleben und seines Verhalten nach der Tat festgesetzt hat.

Daran kann auch der Umstand, dass es im Zusammenhang mit der Beförderung von Fahrgästen abgesehen von diesem Vorfall noch nie Beanstandungen gegeben hat, nichts ändern. Auch dass es bei der Erziehung seines Sohnes und bei den Besuchsterminen zu keinen Beanstandungen kommt, ist gegenständlich nicht relevant, zumal die Beziehung zum eigenen Kind nicht mit dem Kontakt zu Fahrgästen vergleichbar ist.

Der angefochtene Bescheid war daher dahin gehend abzuändern, dass der Taxilenkerausweis für die Dauer von 36 Monaten entzogen wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Taxilenkerausweis; Entziehung; Gewerbeberechtigung; Bindungswirkung; Straftat;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.540.002.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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