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56/04 Sonstige öffentliche Wirtschaft;Norm
ArbVG §117;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des Ing. F in W, vertreten durch Dr. Georg Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 13. Mai 1997, Zl. 203.771/8-Pr/4/97, betreffend Kürzung der Fortzahlung von Überstundenvergütung an einen freigestellten Betriebsrat (§ 16 Gehaltsgesetz iVm § 117 Abs. 3 Arbeitsverfassungsgesetz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und gehört auf die Dauer seines Dienststandes gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 des Bundesgesetzes über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichischen Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft", BGBl. Nr. 11/1992, dem Amt der Wasserstraßendirektion an. Im Juni 1993 wurde der Beschwerdeführer Vorsitzender des Betriebsrates der genannten AG und in der Folge gemäß § 117 ArbVG von der Arbeitsleistung unter Entgeltfortzahlung bis 16. September 1996 freigestellt.
Im Zusammenhang mit dem sogenannten Sparpaket wurde die vom Beschwerdeführer bezogene Überstundenvergütung anteilsmäßig gekürzt.
Mit Schreiben vom 18. November 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Auszahlung von S 15.844,-- an Überstundenvergütung aus den Jahren 1995 und 1996. Begründend führte er aus, dass ihm mittels Schreiben vom 14. Juli 1994 ab 1. Juli 1994 monatlich Einzelüberstunden im Ausmaß von 24 Stunden aufgrund seines Antrages vom 14. März 1994 zuerkannt worden seien. Rechtsgrundlage seines Antrages sei § 117 des Arbeitsverfassungsgesetzes 1974, mit welchem die Entgeltfortzahlung für freigestellte Betriebsratsmitglieder normiert worden sei. Im Jahr 1994 sei ihm auch dieses zuerkannte Ausmaß an Überstundenvergütung ausbezahlt worden. Ab 1. Jänner 1995 sei - aus ihm nicht bekannten Gründen - dieses Ausmaß einseitig um drei Stunden gekürzt worden. Im März 1996 sei "der bezugsliquidierenden Stelle offensichtlich das vereinbarte Überstundenausmaß wieder in Erinnerung gekommen"; es sei ihm wieder "das volle Ausmaß von 24 Stunden mit einer Nachzahlung ausbezahlt worden". Da es sich "offensichtlich nur um ein Versehen" gehandelt habe, erwarte er "die umgehende Nachzahlung". Solle dies nicht möglich sein, werde eine bescheidmäßige Absprache beantragt.
Mit einer an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten gerichteten schriftlichen Stellungnahme vom 8. Dezember 1996 erklärte der Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion, Dipl. Ing. Dr. B., dass die im Monat März 1996 für den Beschwerdeführer "liquidierten Einzelüberstunden" auf einen Irrtum in der Ausfertigung des Zahlungs- und Verrechnungsauftrages für "besagten Monat" zurückzuführen seien. Der Beamte sei vom Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion über die "zu veranlassenden Maßnahmen aufgrund des Sparpaketes informiert" worden. Seitens des Beschwerdeführers sei bezüglich der "reduzierten" pauschalierten Überstunden für die Monate bis März 1996 keinerlei Reaktion erfolgt.
In einer ergänzenden Sachverhaltsdarstellung vom 7. Jänner 1997 präzisierte der Beschwerdeführer seine Rechtsmeinung und teilte der Behörde "erläuternde Sachverhalte" mit. Dabei führte er aus, dass das Prinzip der Entgeltfortzahlung für ein von der Arbeitsleistung freigestelltes Betriebsratsmitglied "einen laufenden Vergleich mit der Art und dem Umfang der Arbeitsentgelte der nach dem Arbeitsverfassungsgesetz zu vertretenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" beinhalte. Aus der Tatsache der gesetzlichen Dienstfreistellung solle für das Betriebsratsmitglied weder ein Vor- noch ein Nachteil für seine wirtschaftliche Lage entstehen. Die Höhe der Entgeltfortzahlung sei daher für das dienstfrei gestellte Betriebsratsmitglied so zu bemessen, als sei "es weiterhin im vollen Ausmaß auf seinem angestammten Arbeitsplatz tätig". Dem freigestellten Betriebsratsmitglied gebührten daher auch Nebengebühren (z.B. Überstunden) und "Zulagen (z.B. Schmutz-, Erschwernis-, Gefahrenzulagen, etc.) zumindest im bisherigen Ausmaß". Sollte sich jedoch die wirtschaftliche Lage des Betriebes, in welchem "der Betriebsrat installiert" worden sei, wesentlich verändern, sodass dies "auch Auswirkungen auf die Einkommen der zu vertretenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" habe, so sei auch eine Neubemessung der Entgeltfortzahlung "für eben dieses freigestellte Betriebsratsmitglied" gerechtfertigt. Diese Neubemessung könne "sowohl nach unten und wohl nach oben" erfolgen. Zu dieser Rechtsproblematik gebe es mehrere Erkenntnisse des Obersten Gerichtshofes. Betrachte man die Lage bei der Österreichischen Donau-Betriebs-AG, so sei festzustellen, dass das Ausmaß der geleisteten Überstunden seit der Antragstellung des Beschwerdeführers im März 1994 "leicht bis stark steigend" sei. Der Betriebsrat habe "entsprechend seiner gesetzlichen Aufgabenstellung mit dem Problem der zum Teil weit über das nach dem Arbeitszeitgesetz erlaubte Ausmaß angeordneten und erbrachten Überstunden zu kämpfen". Die erfolgte Kürzung des Entgeltes ab Jänner 1995 entbehre nach seinem Rechtsverständnis jeder Grundlage; er ersuche um baldige Erledigung seines Antrages.
Mit einem weiteren Schreiben vom 5. Februar 1997 an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erklärte der Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion, Dipl. Ing. Dr. B., dass der Beschwerdeführer "vom Schreiben betreffend das Budgetprovisorium 1995, GZ. 11.000/3-Pr/4/94, vom 29. Dezember 1994" vom Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion mündlich in Kenntnis gesetzt worden sei. Der Beschwerdeführer habe die Reduzierung des Überstundenpauschales sinngemäß dahingehend kommentiert, dass er sich als Betriebsratsvorsitzender einer allgemeinen Maßnahme nicht entziehen könne und "deshalb die Reduzierung zustimmend zur Kenntnis" nehme. Die Formulierung in dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 18. November 1996 (gemeint: der Überstundenvergütungsantrag) "aus mir (gemeint: der Beschwerdeführer) nicht bekannten Gründen" entbehre daher jeder Grundlage. In weiterer Folge sei die laufende Abrechnung des reduzierten Überstundenpauschales vom Beschwerdeführer nicht urgiert worden.
Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3. März 1997 mit, dass unter Bedachtnahme auf die maßgeblichen Rechtsvorschriften seinem Antrag vom 14. März 1994 auf Vergütung von monatlich 24 Einzelüberstunden - befristet für die Zeit der Dienstfreistellung als Betriebsratsmitglied - zugestimmt worden sei. Im Zuge der Sparmaßnahmen für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes sei aber "ab dem Jahre 1995 u.a. die Reduzierung von Überstunden (10%) vorzunehmen" gewesen. Über die geplante Umsetzung dieser und anderer Sparmaßnahmen sei der Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion, Dipl. Ing. Dr. B., schriftlich in Kenntnis gesetzt worden. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer von Dipl. Ing. Dr. B. "mündlich über die Notwendigkeit der Sparmaßnahmen informiert worden". Der Beschwerdeführer sei mit einer "ebenfalls zehnprozentigen Überstundenreduzierung, somit mit einem Abschlag von 3 Überstunden", bis zur Beendigung seiner Dienstfreistellung einverstanden gewesen. Daraufhin seien ihm "ab Jänner 1995 mittels Dauerzahlungsauftrag laufend 21 Einzelüberstunden pro Monat angewiesen und zur Auszahlung gebracht worden."
Weiters wurden dem Beschwerdeführer die beiden Schreiben des Leiters des Amtes der Wasserstraßendirektion vom 8. Dezember 1996 und vom 5. Februar 1997 vorgehalten und ihm hiezu zwei Wochen Frist zur Stellungnahme gegeben.
Im Rahmen dieses Parteiengehörs erklärte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. März 1997, dass das Bundesgesetz über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft", BGBl. Nr. 11/1992, keinen Zweifel daran lasse, dass der Gesetzgeber für die Beamten des Amtes der Wasserstraßendirektion ein "Nebeneinanderbestehen von öffentlich-rechtlichem Dienstrecht und privatrechtlichen Ergänzungen" haben wolle. Dies sei eindeutig dem Art. III des angesprochenen Gesetzes zu entnehmen. Die "besoldungsrechtliche Gestaltung der bezugnehmenden Beamten (z.B. Ausmaß der Überstunden)" obliege in erster Linie dem Vorsitzenden des Vorstandes der Aktiengesellschaft, in seiner Eigenschaft als Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion. Dies ergebe sich aus § 16 Abs. 7 leg. cit. Es könne daher die Reduzierung von Überstunden im Zuge von Sparmaßnahmen der Bundesregierung für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes im gegenständlichen Fall keine Auswirkungen haben. Die von der Dienstbehörde einseitig verfügte Reduzierung der Entgeltfortzahlung beruhe auf einer "fälschlichen Auslegung von Maßnahmen", die "die Bundesregierung für die dem Bundesbudget unterworfenen Dienststellen des öffentlichen Dienstes angeordnet" habe. Wäre das freigestellte Betriebsratsmitglied kein Beamter, so würde die Problematik nicht gegeben sein. Es sei somit die gegenständliche Angelegenheit ausschließlich "nach den in der Privatwirtschaft geltenden Regeln (Arbeitsverfassungsgesetz und die darauf aufbauende Rechtsprechung)" zu beurteilen. Eine Reduzierung der ihm (dem Beschwerdeführer) gemäß "§ 117 ArbVG 1974 zustehende Entgeltfortzahlung" sei "nie vom Vorstand Dr. B." beantragt worden; es gebe daher "auch keine rechtsverbindliche Absprache darüber".
Zum Hinweis im ministeriellen Schreiben vom 3. März 1997 "über eine angebliche Verzichtserklärung" hinsichtlich einer weiteren Überstundenauszahlung in vollem Ausmaß im Sinne der vereinbarten Entgeltfortzahlung wolle er Folgendes aufklärend festhalten: Eine Verzichtserklärung auf zukünftige, gesetzlich zustehende Entgeltsbestandteile werde von der Rechtsprechung generell als problematisch angesehen. Eine solche müsse ausdrücklich, begründet und in Schriftform erfolgen. Richtig sei, dass er in seiner Eigenschaft als Betriebsratsvorsitzender vom Vorstand Dr. B. über vorgesehene Maßnahmen des Wirtschaftsministeriums wie z. B. Verminderung des vorgesehenen Aufwandes für Belohnung, Gehaltsvorschüsse, Wachdienst- und Mehrleistungsvergütungen mündlich informiert worden sei. Eine Verzichtserklärung, "wie im ministeriellen Schreiben vom 3. März 1997 angeführt", habe er "jedoch niemals abgegeben". Einen Verzicht konstruieren zu wollen, nur weil er nicht sofort nach Reduzierung der Entgeltzahlungen remonstriert habe, sei "sehr eigentümlich". Wahr sei vielmehr die Behauptung, er habe gemeint, er könne sich als Betriebsratsvorsitzender einer "allgemeinen (natürlich bezogen auf die Österreichische Donau-Betriebs-AG) Überstundenreduzierung nicht entziehen". Da dies jedoch nicht eingetreten sei, sondern das Überstundenausmaß eher eine "steigende Tendenz" aufgewiesen habe, sei an einen Verzicht auf das volle Überstundenausmaß nicht zu denken.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 18. November 1996 um Auszahlung von S 15.844,-- als Überstundenvergütung aus den Jahren 1995 und 1996 gemäß § 16 GG als unbegründet ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer seit 1. Mai 1993 aufgrund der "Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion, BGBl. Nr. 11 vom 10. Jänner 1992" Beamter des Amtes der Wasserstraßendirektion sei. Als Leiter des Bereiches "Werkstätten/Fuhrpark" seien ihm vom Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion ab 1. Mai 1993 laufend Überstunden gemäß § 49 BDG 1979 angeordnet worden. Im Juni 1993 sei der Beschwerdeführer zum Vorsitzenden des Betriebsrates der Österreichischen Donau-Betriebs-AG bestellt und in der Folge gemäß "§ 117 ArbVG von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgeltes freigestellt worden". Anlässlich der Erstellung des Budgetprovisoriums 1995 bzw. des Budgetvorschlages 1995 seien Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung zu setzen gewesen. So sei "bei den Personalausgaben ab 1. Jänner 1995 der Aufwand für Mehrdienstleistungen (u.a. Überstunden) um 10 % zu reduzieren" gewesen.
Das Amt der Wasserstraßendirektion sei sowohl im Teilheft zum Bundesvorschlag als auch im Stellenplan 1995 als eigener Planstellenbereich ausgewiesen und sei "folglich den Maßnahmen gemäß Ministerratsbeschluss vom 20. Dezember 1994 voll unterworfen". Somit seien die erforderlichen Maßnahmen auch für die Beamten des Amtes der Wasserstraßendirektion unverzüglich einzuleiten gewesen. Daher sei dem Beschwerdeführer mit 1. Jänner 1995 das monatliche Überstundenausmaß - nach seiner "mündlichen Befassung und zustimmenden Kenntnisnahme" - von 24 auf 21 Überstunden herabgesetzt worden.
Der Beschwerdeführer stehe seit 1. Oktober 1980 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Dieses Dienstverhältnis sei durch seine Wahl zum Vorsitzenden des Betriebsrates der Österreichischen Donau-Betriebs-AG im Jahre 1993 in keiner Weise berührt worden. Auch wenn § 16 Abs. 6 des Bundesgesetzes über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft" normiere, dass für die Beamten des Amtes der Wasserstraßendirektion anstelle des Bundespersonalvertretungsgesetzes das Arbeitsverfassungsgesetz gelte, sei "die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung dieser Bediensteten weiterhin nach den für "(Bundes)Beamte maßgebenden Gesetzesbestimmungen (BDG, GG, PG, RGV etc.) zu beurteilen". Es liege im Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, dass besoldungsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht werden könnten. Folglich sei das Gehaltsgesetz 1956 verbindliche Rechtsgrundlage. Ungeachtet der Dienstfreistellung des Beschwerdeführers nach § 117 ArbVG als Betriebsratsmitglied seien die besoldungsrechtlichen Ansprüche nach den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes zu beurteilen.
Der Ministerratsbeschluss vom 20. Dezember 1994 habe den Dienstgeber zur Reduzierung der Überstunden um 10 % verpflichtet. Der Beschwerdeführer sei vom Leiter des Amtes der Wasserstraßendirektion über die Notwendigkeit der Sparmaßnahmen mündlich in Kenntnis gesetzt worden. In seiner Stellungnahme vom 22. März 1997 habe er weiters die Feststellung des Leiters des Amtes der Wasserstraßendirektion, er (der Beschwerdeführer) könne sich als Vorsitzender des Betriebsrates einer allgemeinen Überstundenreduzierung nicht entziehen, bestätigt. "Bei lebensnaher Betrachtung eines derart sachbezogenen Informationsgespräches" müsse die Aussage des Beschwerdeführers dahin verstanden werden, dass er, weil er als Betriebsrat eine Vorbildfunktion ausübe, mit der Herabsetzung des Überstundenausmaßes einverstanden gewesen sei. Nicht zuletzt sei jedoch die Reduzierung der Überstunden schon deshalb gerechtfertigt, weil ab 1. Jänner 1995 eine allgemeine 10 %ige Überstundenkürzung vorzunehmen gewesen sei, die auch für den Beschwerdeführer als Beamter Anwendung zu finden habe.
Nachdem ab 1. Jänner 1995 nachweislich eine Überstundenanordnung von lediglich 21 Einzelüberstunden bestanden habe, die dem Beschwerdeführer laufend gemäß § 16 GG 1956 abgegolten worden seien, bestehe keine Grundlage für weitere besoldungsrechtliche Maßnahmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere in seinem aus § 117 Abs. 3 ArbVG abgeleiteten Recht auf Fortzahlung einer Überstundenvergütung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Fortzahlung einer Überstundenvergütung nach § 16 GG 1956 gemäß § 117 Abs.3 ArbVG durch unrichtige Anwendung dieser Normen in Verbindung mit dem Bundesgesetz über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau- Betriebs-Aktiengesellschaft", BGBl. Nr. 11/1992, insbesondere des § 16 dieses Gesetzes, sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Die anzuwendende Rechtslage ergibt sich aus den §§ 16 Abs. 1 und 6 des Bundesgesetzes über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft", BGBl. Nr. 11/1992, und aus § 117 Abs. 1 und 3 ArbVG, BGBl. Nr. 22/1974.
Diese Paragraphen lauten:
Bundesgesetz über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft", BGBl. Nr. 11/1992:
"§ 16. (1) Für die Bediensteten des Bundes, die am Tag vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bei der Wasserstraßendirektion beschäftigt sind, gilt mit Ausnahme der Bundesbediensteten, deren Arbeitsplatz bei der Wasserstraßendirektion nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes innerhalb von 4 Wochen mit Bescheid bzw. Arbeitgeberverfügung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten festgelegt wird, folgende Regelung mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kapitalerhöhung gemäß § 10 Abs. 1 zweiter Satz:
1. Beamte gehören auf die Dauer ihres Dienststandes dem Amt der Wasserstraßendirektion an (Abs. 3), solange sie nicht auf eine andere Planstelle ernannt werden; ...
...
(6) Für die im Abs. 1 Z 1 genannten Beamten gelten das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, das Arbeiterkammergesetz, BGBl. Nr. 105/1954, und das Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl. Nr. 234/1972, in der jeweils geltenden Fassung."
Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/ 1974:
"§ 117. (1) Auf Antrag des Betriebsrates sind in Betrieben mit mehr als 150 Arbeitnehmern ein, in Betrieben mit mehr als 700 Arbeitnehmern zwei und in Betrieben mit mehr als 3 000 Arbeitnehmern drei Mitglieder des Betriebsrates und für je weitere dreitausend Arbeitnehmer ein weiteres Mitglied des Betriebsrates von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgeltes freizustellen.
...
(3) Sind in Betrieben eines Unternehmens, in denen eine Freistellung von Betriebsratsmitgliedern gemäß Abs. 1 und 2 nicht möglich ist, mehr als 400 Arbeitnehmer beschäftigt, so ist auf Antrag des Zentralbetriebsrates ein Mitglied desselben unter Fortzahlung des Entgeltes von der Arbeitsleistung freizustellen."
Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Anspruch auf Fortzahlung des Überstundenentgeltes gründet sich auf § 117 ArbVG. Dies ergibt sich eindeutig aus § 16 Abs. 6 des Bundesgesetzes über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer "Österreichische Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft", in welchem eine Sonderstellung für Beamte des Bundes, welche auf die Dauer ihres Dienststandes dem Amt der Wasserstraßendirektion angehören, insoweit normiert wird, als für diese ausdrücklich das Arbeitsverfassungsgesetz gilt. Davon ausgehend folgt weiters, dass der Anspruch des Beschwerdeführers als freigestellter Betriebsrat auf Fortzahlung der Überstundenvergütung nicht bloß auf Grundlage des § 16 GG zu beurteilen ist, sondern hiefür - so wie bei Personalvertretern nach dem Personalvertretungsgesetz § 25 Abs. 4 PVG (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 29. Juni 1988, Slg. 12.747/A.) - die Fortzahlungregelung des § 117 Abs. 3 ArbVG maßgebend ist. Die Rechtsansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die besoldungsrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers seien - ungeachtet seiner auf § 117 ArbVG beruhenden Dienstfreistellung - nach den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes zu beurteilen, ist daher verfehlt. Vielmehr hätte die belangte Behörde den Anspruch des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung des § 117 Abs. 3 ArbVG zu prüfen gehabt.
Nach der Rechtsprechung zur Fortzahlung des Entgeltes für von der Arbeitsleistung freigestellte Betriebsratsmitglieder richtet sich die Höhe des fortzuzahlenden Entgeltes danach, was das Betriebsratsmitglied verdient hätte, wenn es während der Zeit der Freistellung gearbeitet hätte. Dieser "mutmaßliche Verdienst" entspricht zunächst dem vor der Freistellung tatsächlich bezogenen, allenfalls als Durchschnitt zu ermittelnden Entgelt (vgl. Arb. 6.653, 7.166, 7.363, 8.604 und 10.761). Auch eine "Mehrarbeitsentlohnung" sei bei der Berechnung dieses Entgeltes jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn Überstunden in der Zeit vor der Freistellung nicht nur vereinzelt, sondern regelmäßig geleistet worden seien, und wenn es sich aus dieser Regelmäßigkeit der Mehrarbeitsleistung ergebe, dass sie der Arbeitnehmer ohne seine Freistellung wahrscheinlich erbracht hätte (Arb. 7.363) (vgl. hiezu das bereits zitierte Erkenntnis des VwGH vom 29. Juni 1988, Slg. 12.747/A., m.w.H.).
Aus der Rechtsprechung zu § 117 ArbVG ergibt sich weiters , dass bei Kürzungen des Entgeltes für vom Dienst freigestellte Betriebsratsmitglieder auf den "mutmaßlichen Verdienst" abgestellt wird. Die Höhe des Entgeltes richtet sich also danach, was das Betriebsratsmitglied verdient hätte, wenn es während dieser Zeit gearbeitet hätte . Wird in einem Betrieb zulässig unter entsprechender Lohnkürzung Kurzarbeit geleistet, reduziert sich auch der Verdienst des Betriebsratsmitglieds, denn es hätte auch im Fall der Beschäftigung weniger verdient. Hätte hingegen das Betriebsratsmitglied an seinem Arbeitsplatz Überstunden leisten müssen, sind diese zu zahlen (Urteil des OGH vom 30. November 1988, 9 Ob A 274/88, Arb. 10.761).
Dem von der Behörde genannten Ministeratsbeschluss vom 20. Dezember 1994 darf nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass bereits dadurch ein gesetzlicher, auf dem ArbVG beruhender Anspruch verändert wird. Für die Beantwortung der für den Anspruch des Beschwerdeführers inhaltlich entscheidenden Frage, inwieweit und in welcher konkreten Form dieser nur als Selbstbindung zu beachtende Ministerratsbeschluss in der Organisationseinheit des Beschwerdeführers umgesetzt wurde, also tatsächlich eine generelle und lineare Überstundenkürzung erfolgte, die mittelbar auch für den Beschwerdeführer (- wenn er nicht von seinem Arbeitsplatz freigestellt worden wäre -) wirksam geworden wäre, mangelt es aber an entsprechenden Feststellungen.
Da es sich bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch seinem Dienstverhältnis entsprechend dem Grunde nach um einen öffentlich-rechtlichen handelt, kann schon deshalb aus einer bei einem "sachbezogenen Informationsgespräch" erfolgten Aussage des Beschwerdeführers, er könne sich als Vorsitzender des Betriebsrates einer allgemeinen Überstundenreduzierung nicht entziehen, weder ein Verzicht auf die Fortzahlung der Überstunden im vollen Ausmaß noch ein Einverständnis bezüglich einer Kürzung der Überstunden abgeleitet werden.
Da sich die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage für den Anspruch des Beschwerdeführers, der zunächst auf § 117 ArbVG gründet, nicht mit der Frage des "mutmaßlichen Verdienstes" des Beschwerdeführers, wenn er nicht freigestellt worden wäre, iSd § 117 ArbVG auseinandergesetzt hat, liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor, und ist der angefochtenen Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; er war wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Abgesehen davon, dass Verfahrensmängel nicht durch neue Entscheidungsgrundlagen in der Gegenschrift saniert werden können (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1950, Slg. NF Nr. 1326/A, u.v.a.), wären die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift mangels Feststellung des tatsächlich entscheidenden Sachverhaltes ebenfalls unzureichend.
Der Kostenspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Dezember 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997120229.X00Im RIS seit
20.11.2000