Entscheidungsdatum
16.08.2018Norm
BAO §93 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag. Lindner über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, vom 31. Dezember 2017 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 15 Dezember 2017, AZ: ***, mit welchem eine Berufung vom 14. Juni 2017 gegen eine Erledigung der Marktgemeinde *** vom 18. Mai 2017 als unzulässig zurückgewiesen wurde, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung - BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
An den Beschwerdeführer wurde folgendes behördliche Schreiben vom 18. Mai 2017 gerichtet:
[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]
„…“
Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2017 erhob der Beschwerdeführer gegen diese behördliche Erledigung das ordentliche Rechtsmittel der Berufung mit der wesentlichen Begründung, dass mit dieser Erledigung gleichzeitig ein Bescheid, eine Lastschriftanzeige und eine Rechnung erlassen worden sei, auf der Rückseite völlig unverständlich eine Art Information, Begründung und Rechtsmittelbelehrung abgedruckt seien. Es sei unzulässig, dass der Adressat jedes Mal selbst die Bescheidqualität behördlicher Erledigungen beurteilen solle. Es sollten Erledigungen nur dann als Bescheid bezeichnet werden, wenn es sich auch um einen solchen handle und sollten Rechtsmittelbelehrungen nur im Zusammenhang mit Bescheiden angeführt sein. Es fehle auch die Begründung, indem die Begründung „Aufrollung laut Bescheid“ nichtssagend sei und weder das Guthaben der Höhe noch dem Grunde nach erkläre. Der Bescheid sei nicht überprüfbar, leide an einem Begründungsmangel und sei daher rechtswidrig. Wegen der unerledigten Anträge auf Aussetzung der Einhebung bestehe kein Rückstand. Es sei daher rechtswidrig, wenn nun im gegenständlichen „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung“ dieser Betrag als Rückstand verbucht sei.
Die zusätzliche Bezeichnung „Rechnung“ sei überhaupt verfehlt, zumal keine Umsatzsteuer für eine Gebühr ausgewiesen sei.
Er beantrage daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, die Aussetzung der festgesetzten Beträge sowie die Erlassung eines begründeten Abrechnungsbescheides.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 2017 wurde diese Berufung vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** als unzulässig zurückgewiesen. Bei dem Schriftstück vom 18. Mai 2017 handle es sich nicht um einen Bescheid, sondern um eine Bekanntgabe der Aufrollung der Grundsteuer A und könne diese Erledigung daher nicht mit Berufung angefochten werden.
Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 31. Dezember 2017. Begründend wurde im Wesentlichen sinngemäß ausgeführt, dass über den Abgabenfestsetzungen die Bezeichnung „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung“ angeführt sei, die Erledigung elektronisch mit „Bürgermeister B“ gefertigt sei und sich auf der Rückseite unter der Überschrift „Abgabenbescheid“ die weitere Überschrift „Kanalbenützungsgebühr“ und „Wasserbezugsgebühr-Bereitstellungsgebühr“ finde. Unter diesen Überschriften werde weiters ausgeführt, dass umseitige Vorschreibung als Abgabenbescheid gelte. Auch sei eine Rechtsmittelbelehrung angeführt. Der Abgabenschuldner solle offenbar rechtlich beurteilen, ob ein Abgabenbescheid vorliege, obwohl der Bürgermeister den Verwaltungsakt auf der Vorderseite als „Bescheid“ bezeichne, was er nicht täte, wenn es kein Bescheid sein solle.
Dem Beschwerdeführer sei anlässlich einer Vorsprache auf dem Gemeindeamt die Akteneinsicht verweigert worden, was sein Recht auf Parteiengehör genommen habe. Er vermute, dass es gar kein Sitzungsprotokoll gäbe, gar keine Gemeindevorstandssitzung stattgefunden habe, gar keine Genehmigung des Gemeindevorstandes vorliege.
Wegen des Verfahrensablaufes müsse der Bescheid dem Bürgermeister zugerechnet werden, der aber nicht zuständig sei. Selbst wenn eine Gemeindevorstandssitzung stattgefunden habe, sei bei Bescheiderlassung die Genehmigung des Gemeindevorstand-Sitzungsprotokolls noch nicht vorgelegen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bereits aus diesem Grund aufzuheben. Bei der Gemeindevorstandssitzung werde lediglich über die Abweisung (gegebenenfalls Änderung oder Aufhebung) entschieden und werde unmittelbar nach der Sitzung der Bescheid erlassen, obwohl die Genehmigung noch nicht vorliege, werde erst das Protokoll vom Amtsleiter angefertigt und den einzelnen Mitgliedern des Gemeindevorstandes zugestellt. Erst bei der nächsten Gemeindevorstandssitzung werde das Protokoll genehmigt. Der Bescheid sei bei Teilnahme des Bürgermeisters an der allfällig stattgefundenen Sitzung des Gemeindevorstandes wegen absoluter Befangenheit rechtswidrig.
Es werde der Antrag auf Aufhebung des Berufungsbescheides, für den Fall, dass der Bescheid nicht schon wegen Unzuständigkeit des Bürgermeisters aufgehoben werde, Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht unter Anschuss des Bezug habenden Verwaltungsaktes am 22. Jänner 2018 zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die seitens der belangten Behörde vorgelegten Aktenunterlagen.
Im Wesentlichen ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aus dem unbedenklichen Akteninhalt sowie aus dem Beschwerdevorbringen.
Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder
b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.
§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.
§ 96. Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, daß die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt.
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
…
§ 274. (1) Über die Beschwerde hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden,
1. wenn es beantragt wird
a) in der Beschwerde,
b) im Vorlageantrag (§ 264),
c) in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) oder
d) wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des späteren Bescheides, oder
2. Wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.
(2) Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Senat, so hat eine mündliche Verhandlung weiters stattzufinden,
1. wenn es der Senatsvorsitzende für erforderlich hält oder
2. wenn es der Senat auf Antrag eines Mitglieds beschließt.
(3) Der Senat kann ungeachtet eines Antrages (Abs. 1 Z 1) von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Beschwerde
1. als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
2. als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären ist oder
3. wenn eine Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erfolgt (§ 278).
(4) Der Senatsvorsitzende hat den Ort und den Zeitpunkt der Verhandlung zu bestimmen. Hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind die Parteien mit dem Beifügen vorzuladen, dass ihr Fernbleiben der Durchführung der Verhandlung nicht entgegensteht.
(5) Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach Abs. 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so sind Abs. 3 und 4 sowie § 273 Abs. 1, § 275 und § 277 Abs. 4 sinngemäß anzuwenden; hierbei sind die Obliegenheiten und Befugnisse des Senatsvorsitzenden dem Einzelrichter auferlegt bzw. eingeräumt.
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.
…
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
…
NÖ Gemeindeordnung 1973:
§ 44. (1) Der Gemeinderat, der Gemeindevorstand (Stadtrat) und die Gemeinderatsausschüsse fassen ihre Beschlüsse in Sitzungen.
(2) Der Gemeinderat, der Gemeindesvorstand (Stadtrat) sowie die Gemeinderatsausschüsse treten zu ihren Sitzungen nach Bedarf zusammen. Der Gemeinderat hat jedenfalls mindestens einmal in jedem Vierteljahr, der Gemeindevorstand (Stadtrat) einmal in zwei Monaten zusammenzutreten.
(3) Die folgenden Bestimmungen für die Geschäftsführung des Gemeinderates gelten sinngemäß auch für den Gemeindevorstand (Stadtrat), jedoch mit der Maßgabe, dass der Bürgermeister an der Abstimmung nicht teilnimmt, und für die Gemeinderatsausschüsse, soweit in den §§ 56 und 57 nicht anderes bestimmt wird.
§ 53. (1) Über jede Sitzung des Gemeinderates ist eine Verhandlungsschrift (Sitzungsprotokoll) zu führen. Das Sitzungsprotokoll hat jedenfalls zu enthalten:
1. Ort, Tag und Stunde des Beginnes und der Beendigung der Sitzung;
2. den Namen des Vorsitzenden, der anwesenden und abwesenden, entschuldigten und unentschuldigten Mitglieder des Gemeinderates sowie der (des) Schriftführer(s);
3. die Feststellung der Beschlußfähigkeit;
3a. die Entscheidung über Einwendungen gegen die Verhandlungsschrift der letzten Sitzung;
4. die Beratungsgegenstände der Tagesordnung in der Reihenfolge, in welcher sie zur Verhandlung gelangen;
5. alle in der Sitzung gestellten Anträge und gefaßten Beschlüsse sowie das Abstimmungsergebnis. Die Gegenstimmen und die Stimmenthaltungen sind – außer bei geheimen Abstimmungen – namentlich anzuführen. Bei einheitlichem Stimmverhalten der anwesenden Mitglieder einer Wahlpartei genügt die Bezeichnung der Wahlpartei.
(2) Mit der Abfassung des Sitzungsprotokolles sind Mitglieder des Gemeinderates oder Gemeindebedienstete als Schriftführer zu betrauen. Die Protokollführung kann durch Geräte zur Schallaufzeichnung unterstützt werden.
(3) Das Sitzungsprotokoll ist längstens binnen zwei Wochen nach der Sitzung zu erstellen. Nach der Erstellung ist das Sitzungsprotokoll vom Vorsitzenden und dem (den) Schriftführer(n) zu unterfertigen. Eine Ausfertigung ist danach umgehend jedem im Sinne des Abs. 4 zur Fertigung des Sitzungsprotokolls namhaft gemachten Mitglied des Gemeinderates zur Verfügung zu stellen. Wenn die nächste Gemeinderatssitzung innerhalb von zwei Wochen stattfindet, ist das Protokoll jedem zur Fertigung namhaft gemachten Mitglied des Gemeinderates mit der Einladung zur nächsten Gemeinderatssitzung zuzustellen.
(4) Jede im Gemeinderat vertretene Partei hat ein Mitglied des Gemeinderates namhaft zu machen, das spätestens bei der nächsten Sitzung des Gemeinderates das Protokoll unterfertigt. Wenn kein Mitglied einer im Gemeinderat vertretenen Partei bei der Sitzung anwesend war, unterbleibt die Unterfertigung durch einen Vertreter dieser Partei. Eine allfällige Unterschriftsverweigerung ist im Protokoll zu vermerken. Die Nachweise über die ordnungsgemäße Einladung der nicht erschienenen Gemeinderatsmitglieder sind dem Protokoll anzuschließen.
(5) Den Mitgliedern des Gemeinderates steht es frei, gegen den Inhalt des Sitzungsprotokolls schriftlich spätestens in der nächsten Sitzung Einwendungen zu erheben, worüber in derselben Sitzung zu beschließen ist. Werden keine Einwendungen erhoben, gilt das Protokoll als genehmigt. Werden Einwendungen erhoben, ist über die Einwendungen eine Abstimmung durchzuführen und nach Erledigung aller Einwendungen das Sitzungsprotokoll als Ganzes einer Genehmigung zuzuführen.
(6) Die Einsichtnahme in das genehmigte Sitzungsprotokoll öffentlicher Gemeinderatssitzungen sowie die Herstellung von Abschriften ist während der Parteienverkehrszeiten im Gemeindeamt jedermann erlaubt. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten müssen auch Kopien auf Kosten des Verlangenden hergestellt oder das Sitzungsprotokoll in jeder anderen technisch möglichen Weise auf Kosten des Verlangenden zur Verfügung gestellt werden. Das genehmigte Sitzungsprotokoll öffentlicher Gemeinderatssitzungen darf im Internet veröffentlicht werden.
(7) Die Einsichtnahme in das genehmigte Sitzungsprotokoll nicht-öffentlicher Gemeinderatssitzungen ist den Gemeinderäten erlaubt. Jedem zur Fertigung des Sitzungsprotokolls namhaft gemachten Mitglied des Gemeinderates ist unter Hinweis auf das Amtsgeheimnis auf Verlangen eine Kopie des Sitzungsprotokolls kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Sitzungsprotokolle über nicht-öffentliche Gemeinderatssitzungen sind gesondert abzulegen.
Besondere Bestimmungen für den Gemeindevorstand (Stadtrat)
§ 56. (1) Der Gemeindevorstand (Stadtrat) ist beschlußfähig, wenn der Vorsitzende und die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Wenn ein Vertreter des Bürgermeisters (§ 27) den Vorsitz führt, genügt insgesamt die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Eine öffentliche Kundmachung der Tagesordnung unterbleibt.
(2) Zu einem gültigen Beschluss ist, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die einfache Mehrheit der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates) erforderlich. Stimmenthaltung gilt als Ablehnung. Bei Stimmengleichheit gilt jene Anschauung als zum Beschluss erhoben, der der erste Vizebürgermeister beitritt.
(3) Über die Sitzungen des Gemeindevorstandes (Stadtrates) ist ein Sitzungsprotokoll zu führen, das vom Vorsitzenden und je einem Mitglied der im Gemeindevorstand (Stadtrat) vertretenen Parteien sowie von dem (den) Schriftführer(n) zu unterfertigen ist. Den Mitgliedern des Gemeinderates steht das Recht auf Einsichtnahme in das Sitzungsprotokoll zu. Jeder im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei ist unter Hinweis auf das Amtsgeheimnis auf Verlangen eine Kopie des Sitzungsprotokolls kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Würdigung:
Zu Spruchpunkt 1.:
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** eine Berufung gegen eine als „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung“ bezeichnete Erledigung der Marktgemeinde *** als unzulässig zurückgewiesen, da es sich bei dieser Erledigung nicht um einen Bescheid, somit nicht um einen tauglichen Anfechtungsgegenstand handle.
Fraglich ist aufgrund der gegenständlichen Beschwerde somit, ob es sich bei der Erledigung der Marktgemeinde *** vom 18. Mai 2017 um einen Bescheid handelt oder nicht.
Der Text des Schreibens ist oben wortident wiedergegeben.
Unverzichtbar für die Bescheidqualität sind die Bezeichnung der Behörde
(§ 96 BAO), der Spruch, der die Person zu nennen hat, an die der Bescheid ergeht (§ 93 Abs. 2 BAO) sowie (nach Maßgabe des § 96 BAO) die Unterschrift (vgl. z.B. VwGH 14.12.2000, 95/15/0171; 28.9.2004, 2002/14/0035; 21.12.2005, 2004/14/0111, 2005/14/0006).
Bescheide sind ausnahmslos und ausdrücklich mit dem Wort „Bescheid“ zu bezeichnen (vgl. § 93 Abs. 2 BAO; Ritz, BAO5, §93, Tz.4).
Die Bezeichnung als Bescheid dient der Erkennbarkeit einer behördlichen Ausfertigung als normativer Akt (Stoll, BAO, 958).
Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann - wie der Verwaltungsgerichtshof nicht nur für den Bereich des AVG, sondern beispielsweise auch für die Erlassung von Bescheiden nach der BAO ausgesprochen hat - nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde einen normativen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat (vgl. für das Abgabenverfahren die Erkenntnisse vom 16.12.1983, Zlen. 83/17/0096, 0097, 0099, 0100, 0101 und 0127, vom 24.11.1997, Zl. 93/17/0173 vom 27. September 1999, Zl. 99/17/0221, vom 17.4.2000, Zl. 95/17/0499, vom 18.10.2000, Zl. 95/17/0180, vom 27.11.2000, Zl. 2000/17/0231, vom 18.9.2002, Zl. 98/17/0281, vom 20.3.2003, Zl. 98/17/0320).
Die fehlende Bezeichnung einer Erledigung einer Behörde als Bescheid ist unschädlich, wenn sich aus dem Inhalt der Erledigung keine Zweifel am normativen Gehalt ergeben (vgl. z.B. VwGH 30.1.1990, 89/14/0162; 28.9.2004, 2002/14/0035).
Im verfahrensgegenständlichen Fall führt die höchstgerichtliche Rechtsprechung, dass bei Zweifeln über den normativen Charakter einer Erledigung die Bezeichnung als Bescheid entscheide (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 2001, Zl. 98/17/0311, sowie die Nachweise bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 93 E 14 ff), zu keinem anderen Ergebnis, weil gerade die Bezeichnung als "Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung" nicht eindeutig erkennen lässt, ob ein Bescheid vorliegen soll oder nicht. Eine Lastschriftanzeige ist kein Bescheid (vgl. die Hinweise auf die Rechtsprechung bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 92 E 41). Die Angabe "Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung" ist somit widersprüchlich und liefert keinen Anhaltspunkt für die Rechtsform der Erledigung (vgl. VwGH vom 25.9.2012, Zl. 2010/17/0114).
Auf der – oben wortident wiedergegebenen – Rückseite der gegenständlichen behördlichen Erledigung wird erläutert, in welchem Fall eine Lastschriftanzeige, eine Mahnung oder ein Abgabenbescheid vorliege.
Zu einer ähnlichen "Vorschreibung" mit "Erläuterungen", in welchen Fällen ein Bescheid vorliege, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0325, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 16. Dezember 1983, Zl. 83/17/0096, ausgesprochen, dass insbesondere dann, wenn die Behörde die für Bescheide vorgesehenen Formvorschriften verletzt und der Bescheidwille nicht eindeutig erkennbar sei, im Zweifelsfall der Bescheidcharakter nicht anzunehmen sei. Bei ausreichender Erkennbarkeit könne jedoch ein Bescheid (allenfalls hinsichtlich einzelner der in der Vorschreibung enthaltenen Posten) vorliegen; nur bei mangelnder Erkennbarkeit komme die Zweifelsregel, dass mangels ausdrücklicher Bescheidbezeichnung kein Bescheid vorliege, zur Anwendung. Bei Unklarheiten, wie etwa einer widersprüchlichen Angabe, fehle gleichfalls der Bescheidcharakter.
Schon allein auf Grund dieser Erwägungen muss der Charakter der hier zu beurteilenden behördlichen Erledigung als Abgabenbescheid im Sinne der BAO zumindest zweifelhaft erscheinen. Im Besonderen lässt die Formulierung in den Erläuterungen auf der Rückseite des Formblattes mit dem ausgewiesenen Betrag auf der Vorderseite - welches eine Allonge zu den verwendeten Zahlscheinen ist, die besagt, dass in bestimmten, genau definierten Fällen „umseitige Festsetzung als Abgabenbescheid gilt“ zumindest Zweifel an der Bescheidqualität der behördlichen Erledigung entstehen. Nach den Erläuterungen auf der Rückseite der behördlichen Erledigung ist eine Geltung als Bescheid im Gegenstand nicht angeordnet.
Grundlage jeder Grundsteuervorschreibung ist ein rechtskräftiger Einheitswertbescheid des Finanzamtes. In einem solchen Einheitswertbescheid wird ein Einheitswert festgesetzt, aus dem sich nach Anwendung bestimmter Berechnungsstaffeln ein so genannter Grundsteuermessbetrag errechnet. Dieser bildet die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer, wobei der Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz multipliziert wird.
Einheitswertbescheide des Finanzamtes werden immer rückwirkend zum 1. Jänner eines Jahres ausgestellt, die Rückwirkung kann sich über mehrere Jahre erstrecken, was zur Folge haben kann, dass die Neuberechnung unter Zugrundelegung des neuen Einheitswertes bzw. Messbetrages zu einer Abgabengutschrift oder einer Abgabennachverrechnung führen kann („Aufrollung“). Im Gegenstand wurde eine derartige Aufrollung mit Grundsteuerbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 18. Mai 2017, Aktenzeichen ***, mit Wirkung ab 1.1.2015 vorgenommen.
Mit der verfahrensgegenständlichen – oben wiedergegebenen - Rechnung vom 18.05.2017, („Rechnungsnummer ***“) – ist keine Neufestsetzung der Grundsteuer A erfolgt, sondern wurden solchermaßen Grundsteuerguthaben und -rückstand für den Zeitraum 1.1.2015 bis 31.12.2017 gegenüber gestellt und gegengerechnet (Aufrollung). In diesem Falle aber ist - nach der oben erwähnten, von der Rechtsprechung entwickelten und auch hier anwendbaren Zweifelsregel - ausschlaggebend, dass die "Vorschreibungen" die (ausschließliche) Bezeichnung als "Bescheid" nicht aufweisen. Es ist daher (im Zweifel) davon auszugehen, dass die dem Beschwerdefall zu Grunde liegende behördliche Erledigung kein Bescheid ist.
Mit Berufung anfechtbar sind nur Bescheide, daher sind Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 15.2.2006, 2005/13/0179; 22.3.2006, 2006/13/0001; 28.11.2007, 2004/15/0131, 0132; 11.11.2010, 2010/17/0066).
Die Berufung vom 14. Juni 2017 gegen die Erledigung des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 18. Mai 2017 wurde daher von der belangten Behörde mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Hinweise dahingehend, dass dem angefochtenen Zurückweisungsbescheid keine Beschlussfassung des Gemeindevorstandes zugrunde gelegen habe, sind nicht vorhanden. Entsprechend dem vorliegenden Akteninhalt wurde ein der Bescheidausfertigung entsprechendes Bescheidkonzept in der Sitzung des Gemeindevorstandes am 15. Dezember 2017 zur Abstimmung gebracht und einstimmig angenommen. Die Unterfertigung des Sitzungsprotokolls über die Sitzung des Gemeindevorstandes in der nächsten Sitzung des Gemeindevorstandes entspricht den - oben wiedergegebenen – einschlägigen Bestimmungen der NÖ Gemeindeordnung 1973.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Der Beschwerdeführer hat zwar einen (Eventual)Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt, doch kann ungeachtet eines Verhandlungsantrages von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn über die Zurückweisung einer Beschwerde als unzulässig abzusprechen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt 2:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Verfahrensrecht; Bescheid; Bezeichnung; Zurückweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.109.001.2018Zuletzt aktualisiert am
12.09.2018