TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/27 W156 2175355-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2018
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Entscheidungsdatum

27.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W156 2175355-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.05.2018 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG

2005, § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am

19.01.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Am 19.01.2017 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er an, dass er mit einer Frau aus dem Iran geflüchtet sei. Da deren Mann in Deutschland sei, hätte sie gemeinsam nach Deutschland gewollt.

I.3. Am 02.10.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Befragt nach seinem Fluchtgrund erklärte der Beschwerdeführer, dass er im Iran geboren sei, seine Familie aber von D XXXX sei. Im Iran habe er die letzten 10 Jahre in G XXXX gelebt. Seine Eltern und Geschwister lebten jetzt an einer anderen Adresse im Iran, aber noch in M XXXX .

Im Iran habe er ein gefälschtes iranisches Dokument gehabt, um dort arbeiten zu können. Seine iranische Flüchtlingskarte sei abgelaufen, seit er 20 Jahre alt sei. Den iranischen Personalausweis habe er sich von einem Bekannte ausstellen lassen und gekauft.

In Afghanistan sei er nie Mitglied einer politischen Organisation oder eines politischen Vereins gewesen, habe nie einen offiziellen Militärdienst geleistet.

Er sei Hazara und Moslem/Schiit, habe 8 Jahre Schulbildung und sei im Iran als Schneider selbstständig in einer Firma 10 - 12 Jahre tätig gewesen. Er habe hin und wieder Kontakt mit einem Freund in Afghanistan, in Kabul.

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass er einer Frau namens S XXXX K XXXX nach Deutschland habe flüchten wollen.

Zu dieser habe er eine Beziehung im Iran gehabt. Sie sei verheiratet und habe auch ein Kind. Ihr Mann sei in Deutschland. Die Beziehung habe er gehabt, bevor sie vor 9 Jahren geheiratet habe.

I.4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.10.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht habe. Die Lebenssituation im Aufenthaltsland Iran sei unbeachtlich, weil der Beschwerdeführer Staatsangehöriger Afghanistans sei und lediglich Afghanistan den Prüfungsgegenstand des gegenständlichen Verfahrens bilde. Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass sich aus den individuellen Verhältnissen des Beschwerdeführers keine Gefährdung iSd § 8 AsylG 2005 ableiten habe lassen. Eine Ansiedlung in Kabul oder einer der anderen Großstädte Afghanistans sei dem Beschwerdeführer zumutbar. Es seien keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, die darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in eine ausweglose und existenzbedrohende Lage geraten würde. Schließlich wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gegenüber seinen privaten Interessen am Verbleib in Österreich überwiegen würden und ein Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte daher als gerechtfertigt anzusehen sei.

I.5. Mit Verfahrensanordnung vom 03.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

I.6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den oben genannten Bescheid am 30.10.2017 fristgerecht Beschwerde. In der Beschwerde wurde unter anderem ausgeführt, dass der BF den Iran gemeinsam mit einer Freundin, die verheiratet werden sollte, verlassen habe. Die Freundin befinde sich nun in Deutschland bei ihrem Ehemann und habe auch noch ein Kind. Aufgrund dieser Beziehung sei der BF in Afghanistan gefährdet. Der Beschwerdeführer besuche seit einiger Zeit die Kirche und interessiere sich für das Christentum. Auch aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara wäre der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr ständiger Verfolgung ausgesetzt.

I.7. Am 08.03.2018 übermittelte das BFA das Strafurteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , XXXX , mit dem der BF wegen Tatbegehung am 27.11.2017 nach §§ 27 Abs. 1 Z1 8. Fall, 27 Abs. 2a und 27 Abs. 1 Z1 2. Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten nachgesehen unter der Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

I.8. Am 20.04.2018 übermittelte die ARGE Rechtsberatung der Diakonie die Zurücklegung der Vollmacht.

I.9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.05.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi und im Beisein des neuerlich bevollmächtigten Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen und seiner Konversion befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil; die Verhandlungsschrift wurde der Erstbehörde übermittelt.

Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 30.01.2018, wurden in der mündlichen Verhandlung in das gegenständliche Verfahren eingebracht. Dem Beschwerdeführer wurde das Zustandekommen und die Bedeutung dieser Berichte erklärt. Die Rechtsvertreterin gab hiezu eine Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung ab, in der im Wesentlichen auf das Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 für das Deutsche Verwaltungsgericht Wiesbaden verwiesen wurde und Stellung zur Verwestlichung des BF genommen. Vorgelegt wurden weiters eine Bestätigung der Persischen Christengemeinde Wien über die Bekehrung des BF, Bestätigung der Islamischen Glaubensgemeinschaft Wien über den Austritt des BF, sowie Teilnahmebestätigungen.

I.10. Am 05.06.2018 langte die Tauf- und Mitgliedschaftsbetätigung der Persischen Christengemeinde Wien, wonach der Beschwerdeführer am 19.05.2018 getauft worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX .

Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischen Glaubens.

Er ist ledig und hat keine Kinder.

Er wurde im Iran geboren und war niemals in Afghanistan aufhältig gewesen. Seine Familie stammt aus der Provinz D XXXX , Afghanistan. Seine Eltern und seine 3 Brüder leben in M XXXX , G XXXX , XXXX , Iran.

Er verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan.

Er hat 8 Jahre lang eine iranische Schule besucht und war 10 -12 Jahre als Schneider tätig.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich verurteilt.

Zum ursprünglichen Fluchtgrund des Beschwerdeführers:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt ist.

Zum Nachfluchtgrund der Konversion:

Der Beschwerdeführer wurde als schiitischer Moslem erzogen. Der Beschwerdeführer besucht seit 25. Oktober 2017 die Kirche der Persischen Christengemeinde. Er nahm am Alphakurse der Persischen Christengemeinde teil. Am 19.05.2018 wurde der Beschwerdeführer getauft.

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der christliche Glaube wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein derzeitiges Interesse für den christlichen Glauben im Falle der Rückkehr nach Afghanistan nach außen zur Schau tragen würde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die afghanischen Behörden und/oder das persönliche Umfeld des Beschwerdeführers von dessen Glaubenswechsel und christlichem Engagement bei einer Rückkehr nach Afghanistan Kenntnis erlangen würden. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines Interesses für den christlichen Glauben psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer Verfolgung in Afghanistan wegen einer unerlaubte Beziehung zu einem Mädchen aus dem Iran droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell bzw. dass jedem Angehörigen der Volksgruppe der Hazara physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er im Iran bzw. in Europa gelebt hat, konkret und individuell bzw. dass jedem afghanischen Rückkehrer aus dem Iran bzw. Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine "westliche Lebenseinstellung" angenommen hat und dies dazu führen würde, dass ihm deswegen physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Er ist in Afghanistan weder vorbestraft noch war er inhaftiert. Der Beschwerdeführer war in Afghanistan nie Verfolgungshandlungen bzw. Bedrohungssituationen ausgesetzt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden würde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan in seinem Recht auf das Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich bei seiner Rückkehr einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

Eine Rückkehr in die Heimatprovinz ist nicht zumutbar.

Der BF hat in Österreich weder Familie noch Verwandte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer alternativen Rückkehr in die Städte Mazar-e-Sharif oder Kabul ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde. Bei einer Rückkehr kann er seine Existenz dort auch - zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, in den Städten Mazar-e-Sharif oder Kabul eine einfache Unterkunft zu finden.

Der Beschwerdeführer kann die Hauptstadt Kabul und der Stadt Mazar-e-Sharif - über Kabul - von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

Der Beschwerdeführer ist gesund und finanziert sich seinen Unterhalt in Österreich aus Leistungen der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich nicht unbescholten.

Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung am 19.01.2017 durchgehend im Bundesgebiet aufhältig und wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs der Stufe A0 absolviert. Seit Oktober 2017 besucht er die Persische Christengemeinde. Der Beschwerdeführer unterhält auch in Österreich Kontakte zu Afghanen, unterhält aber keine Kontakte zu Österreichern. In seiner Freizeit spielt der Beschwerdeführer Fußball und lernt zu Hause.

Er hat bei der Gemeinde XXXX sowohl ehrenamtlich als auch gegen Bezahlung Reinigungsarbeiten getätigt.

Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, aktualisiert am 30.01.2018 (Schreibfehler teilweise korrigiert):

Sicherheitslage

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018). Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

The Guardian (22.1.2018)

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).

Sicherheitslage in den Provinzen

Daikundi/ Dai Kundi/ Daykundi

Die Provinz Daikundi ist seit dem Jahr 2014 autonom (UNDP 5.2.2017); davor war sie ein Distrikt der Provinz Uruzgan (Pajhwok. O.D.ac).

Daikundi ist mehr als 400 km von Kabul entfernt, liegt in Zentralafghanistan und grenzt an die Provinzen Ghor, Ghazni, Uruzgan und Helmand (Tolonews 15.11.2016). Administrative Einheiten sind:

die Provinzhauptstadt Nieli, Ashtarly, Khijran, Khedir, Kitti, Miramor, Sang Takh Shahristan und Gizab (Pajhwok o.D.ac). Die Provinz Daikundi ist die zweitgrößte Region, in der Hazara leben; in der Provinz sind dies 86% der Bevölkerung (UNDP 5.2.2017; vgl. auch:

Die Zeit 5.1.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf

468.178 geschätzt (CSO 2016).

Daikundi ist eine gebirgige Provinz mit schwacher Infrastruktur ohne asphaltierte Straßen (Pajhwok 25.3.2015; vgl. auch: Tolonews 15.11.2016). Die abgelegene Provinz Daikundi in Afghanistan, hat derzeit die einzige amtierende Gouverneurin des Landes (France Soir 1.8.2016).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2015 wurden in der Provinz Daikundi 48 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Daikundi ist als relativ friedliche Provinz anzusehen, einzig der Distrikt Kijran gilt als relativ unsicher. Dennoch gilt die Provinz für Anrainer/innen als unterentwickelt - viele Gegenden haben wenig oder gar keinen Zugang zu Elektrizität; Gesundheitsleistungen und anderen elementaren Leistungen (Tolonews 15.11.2016; vgl. auch:

Xinhua 1.10.2016).

Nur in einer Handvoll der 34 Provinzen Afghanistans (wie Balkh, Bamyan, Ghor, Daikundi, Jawzjan und Samangan) stellen die Taliban keine große Bedrohung dar. Die fehlende Mehrheit der Paschtunen erklärt die relative Stabilität dieser Provinzen (Lobe Log Foreign Policy 14.9.2016).

Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

High-profile Angriff:

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte

Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016).

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times

8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016).

Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews

4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA

9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9.2016; vgl. auch: CIA

21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9.2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).

Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).

Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).

Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vgl. auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9.2016).

Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 8.11.2016); sowie andere Regierungsposten.

Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.8.2016).

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.8.2015).

Christen und Konversion zum Christentum

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 9.2016). Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich nicht öffentlich bekennen (AA 2.3.2015; vgl. auch: USDOS.10.8.2016).

Nichtmuslim/innen, z.B. Sikhs, Hindus und Christen, sind Belästigungen ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Nachdem Religion und Ethnie stark miteinander verbunden sind, ist es schwierig die vielen Vorfälle nur als Vorfälle wegen religiöser Identität zu kategorisieren (USDOS 10.8.2016).

Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte (AA 9.2016; vgl. USDOS 10.8.2016) - sofern die Konversion nicht widerrufen wird (USDOS 10.8.2016). Keiner wurde bisher aufgrund von Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet (AA 9.2016).

Die Christen verlautbarten, dass die öffentliche Meinung gegenüber Missionierung feindlich ist. Es gibt keine öffentlichen Kirchen (CRS 8.11.2016). Für christliche Afghan/innen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt (AA 9.2016). Einem Bericht einer kanadischen christlichen Organisation zufolge, wächst die Zahl der Hauskirchen in Afghanistan. In diesem Bericht wird angedeutet, dass einige Mitglieder des Parlaments selbst das Christentum angenommen und an christlichen Gottesdiensten teilgenommen haben (The Voice of the Martyrs Canada 5.4.2012).

Einige Konversionsfälle von Christen haben zu harten Strafen geführt und dadurch internationale Aufmerksamkeit erlangt (CRS 8.11.2016). Die im Libanon geborenen Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghanis, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014).

Berichten zufolge gibt es ein christliches Spital in Kabul (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014).

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9%

Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z. B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen,

Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."

(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).

Hazara

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne

Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).

Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vgl. auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Erreichbarkeit

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan - Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vgl. auch: Hamid

Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

Internationaler Flughafen Herat

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vgl. auch: DW 10.4.2013).

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern (DAWN 28.1.2017).

Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 4. Februar 2017) (UN OCHA 5.2.2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben (UN OCHA 29.1.2017). Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren (AAN 28.12.2016).

Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen (AAN 28.12.2016).

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben

(UN OCHA 5.2.2017; vgl. auch: UN OCHA 29.1.2017; UN OCHA 1.11.2016; UN OCHA 1.10.2016; vgl. ACBAR 7.11.2016).

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren (IOM 17.4.2016; vgl. auch ACBAR 15.5.2016).

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc. (UNHCR 6.2016).

2017

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden (UN News Centre 23.1.2017).

2016

Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar (UN GASC 13.12.2016).

Grundversorgung und Wirtschaft

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11.2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11.2016).

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11.2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie

Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtsc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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