TE Bvwg Beschluss 2018/7/2 I407 2199091-1

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Veröffentlicht am 02.07.2018
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Entscheidungsdatum

02.07.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I407 2199091-1/3E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2018, Zl. 1076435804/180542231, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer brachte am 03.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2015 zu Zahl: 107643584/150792031 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz als unzulässig zurückgewiesen und seine Außerlandesbringung gem. §61 Abs.1 FPG nach Spanien angeordnet. Gegen diesen Bescheid erhob er fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.10.2015, Zahl W192 2115770-1/2E wurde seine Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2. Am 10.5.2017 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Er begründete diesen im Wesentlichen damit, dass er einen Autounfall gehabt habe, wobei der andere Lenker verstorben sei. Die Familie dieses Mannes würde nun an ihm Rache üben wollen. Dieser Asylantrag wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 28.06.2017 gem. § 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig ist. Gem. § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot auf die Dauer von sieben Jahren erlassen. Der angeführte Bescheid erwuchs mit 28.07.2017 in I. Instanz in Rechtskraft.

3. Gegen den Beschwerdeführer wurde am 30.01.2018 die Schubhaft und dann das gelindere Mittel verhängt, dem sich der Beschwerdeführer jedoch entzog. Am 09.06.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer erneut die Schubhaft verhängt.

4. Am 11.06.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den verfahrensgegenständlichen Asylantrag. Bei seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass seine alten Gründe noch immer aufrecht seien und er keine neuen habe. Er wolle nicht in seine Heimat zurück. Bei seiner Rückkehr befürchte er, von der Familie des Opfers umgebracht zu werden. Dies habe er schon bei seiner ersten Einvernahme erzählt.

5. Am 15.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Verfahrensordnung übergeben, mit der ihm mitgeteilt wurde, dass die belangte Behörde den Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen beabsichtige und ferner beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.

6. Anlässlich der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.06.2018 in Gegenwart seines Rechtsberaters bestätigte der Beschwerdeführer, der zur Zeit seiner Befragung in Schubhaft und im Hungerstreik war, dass ein Bruder und zwei Schwestern noch in Algerien leben würden, zu denen er keinen Kontakt habe. Seine Eltern seien verstorben. Er habe keine Familie oder familienähnliche Beziehung in Österreich, aber einen Onkel in Algerien, zu dem er keine näheren Beziehungen unterhalte.

7. Zu seinen Fluchtgründen im Detail befragt, führte der Beschwerdeführer aus:

"Ich hatte einen Autounfall in Marokko. Dabei ist ein Mann gestorben. Er verstarb zwei Monate nach dem Unfall. Das war 2008, das genaue Datum weiß ich nicht mehr. Die Eltern des Verstorbenen haben mich verfolgt und wollten mich aus Rache töten."

Er habe keine neuen Fluchtgründe und spreche etwas Deutsch.

Auf den Vorhalt, was nunmehr gegen den Vollzug der bereits rechtskräftigen Ausweisung (richtig: Rückkehrentscheidung) spreche, führte der Beschwerdeführer aus:

"Ich habe vor fast neun Jahren mein Land verlassen. Ich möchte mir hier ein neues Leben aufbauen. Ich habe in Algerien keine Zukunft."

Darüber hinaus wünsche er sich, dass ihn die österreichische Behörde unterstütze und ihm hülfe.

Dem Beschwerdeführer wurden aktuelle Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat Algerien übergeben. Er hat dazu keine Stellung genommen.

Dem Rechtsberater wurde die Möglichkeit gegeben Anträge oder Erklärungen abzugeben, was nicht erfolgte.

8. In der Folge wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Dies wurde damit begründet, dass sich der Beschwerdeführer auf die Gründe des vorangegangenen Antrags bezogen habe und er keine neuen Fluchtgründe vorgebracht habe.

Eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Algerien würde keine eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer habe keinen Familienbezug in Österreich, unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden.

Der Beschwerdeführer sei jung, gesund und in einem arbeitsfähigen Alter. Er habe keinen Familienbezug in Österreich. Er sei in Österreich dreimal gerichtlich vorbestraft.

9. Gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG wurde die belangte Behörde am 28.06.2018 vom Einlangen des Aktes bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes informiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt am 18.10.2016 gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.

1. Feststellungen:

Zum Sachverhalt ist zunächst auf die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen zu verweisen. Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger.

Der Beschwerdeführer hat seit dem rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens, das auf dem Asylantrag vom 10.05.2017 fußte, Österreich verlassen, jedoch ist das nicht 18 Monate her.

Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens waren. Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Algerien noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist seit Abschluss des Asylverfahrens mit Rechtskraft des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2017 eine maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten.

Der Beschwerdeführer machte auch keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme geltend. Zum Zeitpunkt dieses Beschlusses befand er sich in einem Hungerstreik.

Eine wesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens wurde nicht behauptet. Der Beschwerdeführer wurde seit Abschluss des ersten Asylverfahrens zweimal rechtskräftig verurteilt, was gegen eine gelungene Integration spricht.

2. Beweiswürdigung:

Die Angaben zur Person des Beschwerdeführers fußen auf seinen Aussagen. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand beruhen der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer gegenwärtig in Schubhaft befindet, wonach der Beschwerdeführer gegenwärtig haftfähig sei.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Verurteilungen entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Angaben zu den Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten der belangten Behörde und des BVwG.

Der Beschwerdeführer erklärte im gegenständlichen Verfahren sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt, dass er keine neuen Fluchtgründe habe, sondern die im ersten Asylverfahren vorgebrachten Gründe weiter aufrechterhalten wolle.

Insgesamt sind die im gegenständlichen Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe nicht geeignet, ein asylrelevantes Vorbringen darzustellen.

Ein Abgleich zwischen den Feststellungen des vorangegangenen Asylverfahrens und den Länderfeststellungen, welche der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.

Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

1. Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde (Z 1), kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt (Z 2), im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben (Z 3), und eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist (Z 4).

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufheben, wenn gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden. Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 Abs. 3 BFA-VG binnen acht Wochen zu entscheiden.

2. Das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.05.2017 wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2017 (rechtskräftig am 28.07.2017) abgeschlossen. Beim Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 11.06.2018 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.

3. Gegen den Bescheid des BFA im ersten Asylverfahren wurde keine Beschwerde erhoben und erwuchs dieser ohne weiteres in Rechtskraft. Es liegt somit kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 vor.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.06.2017, wurde gegen den Beschwerdeführer u.a. eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen. Diese Rückkehrentscheidung wurde ohne weiteres rechtswirksam. Da der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben seit dem rechtskräftigen Abschluss dieses Asylverfahrens Österreich zwar verlassen hat, dies aber nicht länger als 18 Monate her ist, ist die Rückkehrentscheidung gegen ihn weiterhin aufrecht.

5. Der Antrag vom 11.06.2018 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Eine Sachverhaltsänderung wurde weder behauptet noch ergibt sich eine solche aus der Aktenlage. Die in der Einvernahme vom 20.06.2018 erstmals vorgebrachten Gründe waren als nicht asylrelevant zu würdigen und erscheinen nicht geeignet, die Verhältnisse der "Sache" des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2017 wesentlich zu ändern.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist.

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).

Auch diesbezüglich wurden keine Sachverhaltsänderungen vorgebracht. Zudem befindet sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt dieses Beschlusses im Hungerstreik während seiner Schubhaft.

Daraus ergibt sich kein schwerwiegendes Krankheitsbild.

6. Die Abschiebung würde auch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen:

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und er in die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt, zumal der Fremde jung, gesund und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte, zumal er dort auch über starke familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zu EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem BVwG sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wird vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Beschwerdeführer, der bereits zweimal rechtskräftig verurteilt wurde, angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Sein Aufenthalt in Österreich ist mit drei Jahren nur äußerst kurz. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts der wiederholten Verurteilungen nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.

7. Auf Grund der aktuellen Länderberichte kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer als Zivilperson durch die Rückkehr nach Algerien eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erwachsen würde.

8. Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 20.06.2018 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.

9. Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I407.2199091.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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