TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/17 I405 2199588-1

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Veröffentlicht am 17.07.2018
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Entscheidungsdatum

17.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs9
VwGVG §13 Abs2

Spruch

I405 2199588-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria alias Ghana, vertreten durch RAe Kocher & Bucher, Friedrichgasse 31, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2018, Zl. 831200303-170188287, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte nach seiner illegalen Einreise ins Bundesgebiet als Staatsangehöriger von Ghana am 18.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen mit wirtschaftlichen Gründen begründete.

2. Dieser wurde mit Bescheid der Erstaufnahmestelle Ost des Bundesasylamtes vom 24.09.2013, Zl. 13 12.003 EAST Ost, gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz als unzulässig zurückgewiesen, für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz Ungarn für zuständig erklärt und unter Spruchteil II. der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen, wobei die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn ausdrücklich für zulässig erklärt wurde. Diese Entscheidung erwuchs am 18.04.2016 in Rechtskraft.

3. Am 19.07.2016 stellte der BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, den er nunmehr damit begründete, dass er von der Polizei gesucht werde, weil er gegen die Bombardierung des Geschäftes seines Vaters protestiert hätte.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 16.08.2016, Zahl:

831200303-161004063, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.07.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigung abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ghana abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Ghana zulässig sei sowie unter Spruchteil IV. einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und unter Spruchteil V. eine auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

5. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.04.2017, Zl. W159 2134269-1/12E, als unbegründet abgewiesen.

6. Am 11.09.2017 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gem. § 46a FPG, worüber noch nicht abgesprochen wurde.

7. Aufgrund der Beantragung eines Heimreisezertifikats bei der ghanaischen Botschaft wurde am XXXX und XXXX2017 eine Identitätsprüfung des BF durch Experten der Delegation aus Ghana vorgenommen, bei welcher der BF nicht als Staatsangehöriger von Ghana identifiziert werden konnte.

8. Hingegen wurde der BF bei einer am XXXX2018 stattgefundenen Identitätsfeststellung durch eine Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde als nigerianischer Staatsbürger identifiziert und wurde auch die Ausstellung eines nigerianischen Heimreisezertifikats in Aussicht gestellt.

9. Mit Schriftsatz vom 24.04.2018 wurde dem BF Parteiengehör zur beabsichtigen Vorgehensweise der belangten Behörde, nämlich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria, und Feststellungen zur Lage in Nigeria übermittelt. Zugleich wurde dem BF die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schriftsatzes schriftlich Stellung zu nehmen. Das Parteiengehör wurde dem BF nachweislich am 04.05.2018 zugestellt. Eine Stellungnahme seitens des BF erfolgte nicht.

10. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 05.06.2018 wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

Begründend wurde auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass die beiden Asylverfahren des BF rechtskräftig negativ entschieden worden seien und gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung verbunden mit einem 10-jährigen Einreiseverbot bestehe. Eine Durchsetzung dieser Entscheidung habe bis dato in Ermangelung eines gültigen Reisedokuments nicht erfolgen können, da der BF sich als Staatsangehöriger von Ghana ausgegeben habe. Hingegen sei der BF von der nigerianischen Delegation als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert worden, welche auch die Ausstellung eines Heimreisezertifikats in Aussicht gestellt habe. Somit stehe die nigerianische Staatsangehörigkeit des BF fest. Da gegen den BF bereits rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, sei nunmehr lediglich über die Zulässigkeit der Abschiebung abzusprechen. Weder aus den Länderfeststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des BF ergebe sich eine Gefährdung im Sinne von § 50 Abs. 1 FPG. Nigeria sei laut BGBL. II Nr. 47/2016 ein sicherer Herkunftsstaat. Dem BF komme auch keine Flüchtlingseigenschaft zu und es liege auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR vor, weshalb die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria gegeben sei. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug des Bescheides ausgeschlossen.

11. Der Bescheid des BFA wurde dem BF, samt den Verfahrensanordnung vom 05.06.2018, wonach dem BF eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 20.06.2018 zugestellt.

12. Am 27.06.2018 brachte der BF fristgerecht Beschwerde beim BFA ein, worin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden. Der BF erachte sich in seinem Recht auf schutz vor einer Abschiebung in ein Land, in welchem ihm eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe, verletzt. Des Weiteren drohe ihm auch eine Verletzung seiner Rechte in Art. 8 EMRK. Vorab sei festzuhalten, dass der Bescheid der belangten Behörde bereits deshalb mangelhaft sei, weil darin Nigeria als sicherer Herkunftsstaat deklariert werde, was jedoch der entsprechenden Verordnung nicht zu entnehmen sei. Die belangte Behörde habe aber auch eine nachvollziehbare und nachprüfbare Auseinandersetzung mit der Lage des BF und der konkreten Situation des BF unter den dortigen Umständen verabsäumt und somit keine ausreichende Refoulementprüfung vorgenommen. Nigeria könne nicht als sicherer Herkunftsstaat eingestuft werden, da das Land regelmäßig von islamischem Terror und Konflikten erschüttert werde. Außerdem bestehe für den BF aufgrund des in vielen Teilen geltenden islamischen Rechts der Scharia in Nigeria eine besondere Gefahr, aufrund seiner Involvierung mit Drogen verfolgt zu werden, wozu auf näher bezeichnete Berichte verwiesen wurde. Anlässlich seiner Identitätsfeststellung vor der Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde in Wien habe der BF nachweislich ausfgeführt, aus welcher Stadt in Ghana er komme und habe er die Nachbarstädte genannt. Es sei dem BF nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Überlegungen er von der nigerianischen Vertretungsbehörde nun als nigerianischer Staatsbürger identifiziert worden sei. Hinzu komme, dass ein Heimreisezertifikat bislang nicht ausgestellt vorliegend sei.

Hinsichtlich der Verletzung von Art. 8 EMRK wurde moniert, dass die belangte Behörde das schützenswerte Privatleben des BF bei ihrer Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt habe. Bei richtiger Beurteilung hätte sie dem BF einen Aufenthaltstitel erteilen müssen, wobei sich auch das verhängte Einreiseverbot von 10 Jahren als nicht angemessen erweise.

Abschließend wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, um sich einen unmittelbaren Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF verschaffen zu können und in Stattgebung der Beschwerde, dem BF gem. § 46 AsylG einen Aufenthaltstitel "Duldung" zu erteilen, das Einreiseverbot gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG aufzuheben, in eventu die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF für auf Dauer unzulässig zu erklären und ihm eine Aufenthaltsberechtigung gem. § 55 AsylG zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahen zur neuerlichen Entscheidung an die bleangte Behörde zurückzuverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Feststellungen zur Person des BF:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria.

Der BF stellte nach seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 18.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich spätestens seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf.

Der erste Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.08.2013 wurde wegen Zuständigkeit Ungarns gem. § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Der zweite Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.07.2016 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 16.08.2016, Zahl:

831200303-161004063, unter Spruchteil I. hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigung abgewiesen, unter Spruchteil II. auch hinsichtlich der Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ghana abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Ghana zulässig sei sowie unter Spruchteil IV. einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und unter Spruchteil V. eine auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.04.2017, Zl. W159 2134269-1/12E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit ihrer Zustellung am 06.02.2017 in Rechtskraft.

Der arbeitsfähige BF leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilationsbedürftig.

Der BF wurde in Österreich mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX Zl: XXXX wegen § 28a SMG und §§ 223, 224 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 27 Monaten verurteilt, wobei er aus der Haft am XXXX bedingt unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren und unter Anordnung der Bewährungshilfe entlassen wurde. Er verfügt über keinerlei Familienleben in Österreich. Er hat wohl ein Kind mit einer offenbar ebenfalls aus Afrika stammenden Frau, welche in Frankreich lebt, aber mit dieser und dem Kind keinerlei Kontakt. Der BF hat in Österreich Deutschkurse (A1) besucht und lediglich im Zuge des Strafvollzuges gearbeitet. Er ist Mitglied der Christ Evangelic Church in XXXX.

1.2. Zur Lage in Nigeria wird festgestellt:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80 % aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, aus dem Integrierten Zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des BF:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, sowie zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Insofern die Beschwerde hinsichtlich der getroffenen nigerianischen Staatsbürgerschaft des BF einwendet, dass der BF anlässlich seiner Identitätsfeststellung vor der Delegation der nigerianischen Vertretungsbehörde in Wien nachweislich ausgeführt habe, aus welcher Stadt in Ghana er komme und er die Nachbarstädte genannt habe, ist dem engegenzuhalten, dass die ghanaische Staatsangehörigkeit des BF von der Delegation der ghanaischen Vertretungsbehörde nicht bestätigt werden konnte, vielmehr bestätigte diese, dass der BF nicht aus Ghana stamme, weshalb in der Folge die Vorführung vor die nigerianische Delegation erfolgte, welche den BF als ihren Staatsangehörigen identifizierte und die Ausstellung eines Heimresezertifikats zusicherte. Hinweise, dass die nigerianische Delegation den BF wider besseren Wissens als ihren Staatsangehörigern identifiziert hätte, liegen nicht vor. Vielmehr ist der belangten Behörde beizupflichten, dass der BF durch falsche Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit seine Abschiebung zu vereiteln versuchte.

Somit war der Feststellung der belangten Behörde betreffend die nigerianische Staatsangehörigkeit des BF zu folgen, welche sich auf die Identifizierung des BF als nigerianischer Staatsbürger durch die nigerianische Delegation der nigerianischen Vertretung stützt.

Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen, zu den Lebensumständen in Österreich sowie zur Integration des BF in Österreich beruhen auf dessen Angaben in seinen Asylverfahren sowie in der Beschwerde.

Die strafrechtliche Verurteilung geht aus einem aktuellen Strafregisterauszug.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Zu den Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatliche Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Nach Ansicht der erkennenden Richterin handelt es sich bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0210). Den Feststellungen wurde auch von Seiten des BF nicht in substantiierter Weise widersprochen.

Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich in Bezug auf das gegenständliche Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Nigeria - die einer ständigen Beobachtung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt - in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entscheidungsrelevante Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchteil A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Vorweg ist der belangten Behörde beizupflichten, dass im gegenständlichen Fall bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung verbunden mit einem 10-jährigen Einreiseverbot vom 02.02.2017 vorliegt, weshalb nicht neuerlich über eine Rückkehrentscheidung abzusprechen war.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Abschiebung ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, 95/18/0049; VwGH 05.04.1995, 95/18/0530; VwGH 04.04.1997, 95/18/1127; VwGH 26.06.1997, 95/18/1291; VwGH 02.08.200098/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; VwGH 25.01.2001, 2000/20/0438; VwGH 30.05.2001, 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; VwGH 08.06.2000, 99/20/0203; VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; VwGH 20.06.2002, 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; VwGH 13.11.2001, 2000/01/0453; VwGH 09.07.2002, 2001/01/0164; VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137).

3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich nicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass in Nigeria das Leben des BF oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre. Derartige Gründe hat der BF nicht geltend gemacht.

Dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auch nicht festgestellt werden.

Beim BF handelt es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass dem BF im Fall der Rückkehr auch im Rahmen seines Sozialverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwird. Er hat auch mit seiner Reise nach Europa und seinen Aufenthalten in verschiedenen Ländern bewiesen, dass er im Stande ist, für seine existenziellen Bedürfnisse zu sorgen. Er wird daher, im Herkunftsstaat in der Lage sein, sich, wenn auch nur durch Aufnahme von Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, um seine existenziellen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe steht ihm zudem ebenso offen.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Nigeria nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Zum Beschwerdeargument, wonach der BF aufgrund seiner Involvierung mit Drogen eine Verfolgung wegen der in vielen Teilen Nigerias geltenden Scharia zu befürchten hätte, ist anzumerken, dass den Länderfeststellungen zu entnehmen ist, dass die Scharia in den nördlichen Bundesstaaten angewendet wird und es dem BF daher freisteht, sich in einem anderen Bundesstaat in Nigeria niederzulassen. Zudem sei angemerkt, dass die österreichischen Behörden die Involvierung des BF mit Drogen den heimatstaatlichen Behörden nicht mitteilen, sodass auch in dieser Hinsicht nicht erwartet werden kann, dass dem BF in dieser Hinsicht eine Verfolgung droht.

Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass in Nigeria verschiedene Konflikte herrschen, wie die Beschwerde darauf hinweist. Jedoch geht aus den getroffenen Länderfeststellungen hervor, dass in Nigeria nach wie vor keine landesweite Bürgerkriegssituation herrscht, die verschiedenen Konflikte sind in der Regel lokal begrenzt (Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja), und treffen nicht unterschiedslos den Großteil der Bevölkerung treffen. Auch konnte aus den Feststellungen zur Lage in Nigeria nicht entnommen werden, dass jedem im Falle einer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Eine Empfehlung im Sinne § 50 Abs. 3 FPG besteht für Nigeria auch nicht.

Die Beschwerde moniert zutreffend, dass es sich bei Nigeria nicht um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, wie die belangte Behörde dies in ihrem Bescheid anführt. Vielmehr scheint es sich hierbei um einen Flüchtigkeitsfehler zu handeln, der jedoch für sich allein keinen gravierenden Verfahrensmangel darstellt, der aufzugreifen wäre, da die entsprechende Verordnung klar definiert, welche Länder als sichere Herkunftsstaaten zu werten sind.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid von der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen.

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 VwGVG sind aufgrund der massiven Straffälligkeit des BF erfüllt, zumal gegen den BF bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot besteht, sodass die belangte Behörde der vorliegenden Beschwerde gegen die Zulässigkeit der Abschiebung zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte.

Auf die weiteren Anträge der Beschwerde war nicht mehr einzugehen, da diese nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides waren bzw. schon in Rechtskraft erwachsen sind respektive noch beim BFA anhängig sind.

3.5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt den beigefügten Akten des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchpunkt B)

3.6. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung, aufschiebende Wirkung - Entfall, mangelnder
Anknüpfungspunkt, öffentliches Interesse, Rückkehrentscheidung,
strafrechtliche Verurteilung, subjektive Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I405.2199588.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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