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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des T in T, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. September 1999, Zl. 1-2-0009377/101-1998, betreffend Verwendungszulage, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Fachoberinspektor i.R. seit 1. November 1997 in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Land Burgenland. Bis zu seiner Pensionierung war er im Rahmen des Amtes der Burgenländischen Landesregierung in der Kulturverwaltung tätig.
Mit Schreiben vom 27. Februar 1979 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungszulage in der Höhe von drei Vorrückungsbeträgen seiner Dienstklasse nach "§ 30a Abs. 1 und 2 GG" und brachte vor, er sei mit Wirkung vom 2. Jänner 1969 der Abteilung allgemeine Kulturangelegenheiten zugewiesen worden und verrichte dauernd und in erheblichem Ausmaß Dienste, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen seien und regelmäßig nur von Beamten der Verwendungsgruppe B erwartet werden könnten. Seine Anpassungsfähigkeit und Ausdauer hätten in Dienstangelegenheiten immer zu dem gewünschten Erfolg geführt, sodass seine letzten Gesamtqualifikationen auch mit "ausgezeichnet" festgesetzt worden seien.
Mit Erledigung vom 16. Februar 1982 erging an den Beschwerdeführer nachstehendes (vollinhaltlich wiedergegebenes) Schreiben:
"Ihrem Ansuchen vom 27.2.1979 um Gewährung einer Verwendungszulage gem. § 30a Abs. 1 Z. 1 und 2 GG 1956 kann mangels Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nicht näher getreten werden."
Gleichzeitig wurde der Akt dem Vorstand der Abt. XII/1 i.k.W. mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme und Ausfolgung des zuliegenden "Schreibens" an den Beschwerdeführer übermittelt. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer übergeben.
Am 18. September 1997 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßigen Abspruch und brachte vor, auf Grund des ihm übertragenen Aufgabenbereiches und der erbrachten persönlichen Arbeitsleistung an seinem Arbeitsplatz sei er weiterhin der Meinung, dass ihm die Verwendungszulage gebühre.
Da in der Folge über seinen Antrag nicht entschieden wurde, erhob der Beschwerdeführer zunächst eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; dieses Verfahren wurde mit hg. Beschluss vom 29. September 1999, Zl. 99/12/0225, wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 18. September 1997 auf bescheidmäßige Absprache seines am 27. Februar 1979 gestellten Antrages auf Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 und 2 des GG 1956 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen rechtskräftig entschiedener Sache zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass dem Schreiben vom 16. Februar 1982 zwar die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid fehle, das Schreiben auch keine Rechtsmittelbelehrung und keinen Hinweis auf die Anrufungsmöglichkeit des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes enthalte. Aus dem Wortlaut dieses Schreibens ergebe sich aber eindeutig, dass das Amt der Landesregierung die Ablehnung des Anspruches auf die beantragte Verwendungszulage in rechtsverbindlicher Weise habe feststellen wollen. Die Erledigung setze sich aus dem Spruch und der einfließenden Begründung zusammen, sodass die erledigende Behörde keinen Zweifel daran gelassen habe, dass sie mit rechtsfeststellender Wirkung in einer der Rechtskraft fähigen Weise habe entscheiden wollen. Die als Bescheid zu wertende Erledigung des Amtes der Landesregierung sei daher in Rechtskraft erwachsen. Da sich der maßgebende Sachverhalt seit der Erlassung dieses Bescheides im Hinblick auf den Anspruch einer Verwendungszulage nicht verändert habe, sei es der belangten Behörde verwehrt, über die rechtskräftig entschiedene Sache neuerlich zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach dem gemäß § 1 Abs. 1 DVG im Dienstrechtsverfahren anzuwendenden § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. in seinem Recht auf Sachentscheidung über die Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 und 2 GG 1956 in der Fassung des Burgenländischen Landesbeamtengesetzes 1985 verletzt.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Erledigung vom 16. Februar 1982 die Bedeutung eines bescheidmäßigen Abspruches zukommt, und somit die belangte Behörde eine Sachentscheidung zu Recht verneint hat.
Für das Vorliegen eines verbindlichen Abspruches in einer Verwaltungssache ist der Wille der Behörde, in diesem Sinne "hoheitliche Gewalt" zu üben, maßgeblich; fehlt dieser Wille, dann kommt dem betreffenden Akt kein normativer Gehalt zu. Nur wenn die Behörde den Willen hatte, eine "bindende Regelung" zu erlassen, kann nach der Rechtsprechung das Vorliegen eines Bescheides angenommen werden. Bloße "Mitteilungen" sind daher keine Bescheide (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rdz 384 mit Judikatur- und Literaturhinweisen).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A) kann ein Bescheid auch ohne förmliche Bezeichnung als solcher dann vorliegen, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift (oder auch die Beglaubigung) enthält. Auf die ausdrückliche Bezeichnung kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, in diesem Sinne also auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Nur dann, wenn sich aus dem Wortlaut der behördlichen Erledigung für jedermann eindeutig ergibt, dass ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid ein solcher als gegeben anzusehen. Der mit der Bestimmung des § 58 Abs. 1 AVG angestrebte Zweck, nämlich durch die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Betroffenen Klarheit und damit Rechtssicherheit zu schaffen, ist nur dann erreicht, wenn die Bestimmung über den Spruch des Bescheides in eindeutiger Form eingehalten und verwirklicht ist.
Im vorliegenden Falle ist jedoch die Fassung des Schreibens vom 16. Februar 1982 nicht so gestaltet, dass daraus jedermann zweifelsfrei erkennen kann, es sei damit verbindlich und somit in einer der Rechtskraft fähigen Weise über eine Verwaltungsrechtssache, nämlich über den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Verwendungszulage, abgesprochen worden.
Die Erledigung vom 16. Februar 1982 ist weder ausdrücklich als Bescheid bezeichnet noch ist sie sonst in die äußere Form eines Bescheides gekleidet. Die gewählte Form ".......kann ihrem Ansuchen nicht näher getreten werden" ist ebenfalls als Zeichen dafür zu werten, dass es sich bei dieser Erledigung nur um eine Mitteilung an den Beschwerdeführer gehandelt hat. Dass selbst die Dienstbehörde nicht vom Vorliegen eines Bescheides ausgegangen ist, lässt sich schließlich daraus entnehmen, dass in der Einsichtsvorschreibung nicht die Ausfolgung eines "Bescheides", sondern eines "Schreibens" an den Beschwerdeführer angeordnet wurde.
Da die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen von res iudicata angenommen und den Antrag rechtsirrig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Dezember 1999
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999120290.X00Im RIS seit
25.01.2001