Entscheidungsdatum
03.08.2018Norm
AsylG 2005 §12Spruch
W137 2202253-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2018, Zl. 648656709/180654986, sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 11.07.2018 zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und die vollzogene Schubhaft für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
IV. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Am 12.10.2013 stellte er erfolglos einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am 06.09.2017 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, der vom Bundesamt mit Bescheid vom 08.06.2018 zurückgewiesen worden ist. Der diesbezüglichen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
2. Am 11.07.2018 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Kontrolle gemäß § 40 SPG festgenommen. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag erklärte er, keine Unterkunft zu haben. Seine Effekten habe er in der XXXX, wo sein Freund "Chukwukwado" wohne. Seinen vollen Namen kenne er nicht; das Bundesamt konnte den genannten Namen unter den 62 an der genannten Adresse gemeldeten Personen nicht finden. Weiter gab der Beschwerdeführer an, im Moment über 55€ zu verfügen und keine Angehörigen in Österreich zu haben. Seine Familie lebe in Nigeria, er habe ein Kind.
3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) vom 11.07.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich illegal in Österreich aufhalte und nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens untergetaucht sei. Er verfüge weder über die finanziellen Mittel zur Finanzierung seines Aufenthalts in Österreich noch über substanzielle soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte. Auch habe er wiederholt an seinen Asylverfahren nicht mitgewirkt und könne keine Integration nachweisen Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig, zumal der Beschwerdeführer in Österreich wegen zweier Suchtmitteldelikte strafrechtlich verurteilt worden sei. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.
4. Am 30.07.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmacht vom 24.07.2018) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich beim Beschwerdeführer nach der Rechtsprechung des VwGH um einen Asylwerber handelt, auf den die Rückführungs-RL so lange nicht anwendbar sei, wie ihm zumindest faktischer Abschiebeschutz zukomme. Dies gelte auch in Folgeverfahren bis zum Ablauf der Frist gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG. Die Anordnung der Schubhaft sei dadurch rechtswidrig.
Darüber hinaus widerspreche die Schubhaft auch - soweit die Rückkehrentscheidung nach nationalem Recht nunmehr durchführbar sei - der Entscheidung des EuGH in der RS "Gnandi" (C-181/16 vom 19.06.2018). Überdies habe das Bundesamt nicht schlüssig begründen können, warum im gegenständlichen Fall eine Fluchtgefahr vorliege. Bezüglich § 76 Abs. 3 Z 9 FPG wurde eine Wohnmöglichkeit bei "XXXX" vorgebracht. Eine entsprechende Wohnsitzvereinbarung vom 24.07.2018 liege der Beschwerde bei.
Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen;
b) den Schubhaftbescheid zu beheben und diesen sowie die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen würden; d) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.
5. Am 31.07.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einer Stellungnahme verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) sei bei der nigerianischen Botschaft bereits beantragt worden; der Beschwerdeführer werde am 03.08.2018 einer Delegation seines Herkunftsstaates zu diesem Zwecke vorgeführt.
Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.
6. Nach Überprüfung des als Zeugen angebotenen potenziellen Unterkunftgebers übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer am 31.07.2018 im Wege seines bevollmächtigten Vertreters eine "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" mit folgendem Wortlaut:
"1. Sie haben in der Beschwerde vom 30.07.2018 erstmalig eine Wohnmöglichkeit bei "XXXX" behauptet und dazu eine von diesem unterschriebene "Wohnrechtsvereinbarung" vorgelegt.
2. Eine Nachschau im Zentralen Melderegister hat zu folgenden Ergebnissen geführt:
-
Der Name des potenziellen Unterkunftgebers lautet tatsächlich
"XXXX".
-
Die angeführte Wohnung steht im Eigentum der XXXX Immobilienverwaltung. Herr XXXX ist allerdings nicht Unterkunftnehmer bei dieser Firma, sondern bei einer Frau "XXXX (geb. XXXX)" (mutmaßlich seiner Ehefrau). Diese ist tatsächlich alleinige Unterkunftnehmerin (Hauptmieterin) der angeführten Firma an der besagten Adresse.
-
Eine rechtliche Möglichkeit der Einräumung eines Wohnrechts steht damit ausschließlich Frau XXXX zu - und auch dies nur, soweit ihr der eigene Mietvertrag hier eine Dispositionsfreiheit einräumt. Zusagen von XXXX sind in diesem Zusammenhang rechtlich nicht relevant.
Daraus ergibt sich:
Die vorgelegte "Wohnrechtsvereinbarung" mit XXXX ist für das gegenständliche Verfahren nicht relevant, weilXXXX rechtlich nicht in der Lage ist, Ihnen ein legales Wohnrecht einzuräumen."
Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer ausdrücklich und umfassend dargelegt, die Vorlage welcher Dokumente geeignet sei, um die Möglichkeit einer Wohnrechtseinräumung zu belegen - insbesondere etwa der Mietvertrag zwischen der Unterkunftgeberin von Herrn XXXX und derXXXXImmobilienverwaltung.
Zur Stellungnahme und Vorlage entsprechender Dokumente wurde - unter ausdrücklichem Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht - eine Frist bis Freitag, 03.08.2017 / 10:00 Uhr eingeräumt.
7. Der Beschwerdeführer hat dazu mit Schreiben vom 03.08.2018 Stellung genommen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Wohnung des Ehepaares XXXX das Wohnzimmer unentgeltlich als Schlafraum nutzen könne. Vorgelegt wurden (unter anderem) der Mietvertrag von XXXX und deren schriftliche Bestätigung, dass der Beschwerdeführer bei ihr wohnen könne.
8. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 01.08.2018, I408 2167791-2/2E, die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung im Asylfolgeverfahren als unbegründet abgewiesen. Diese wurde am 03.08.2018 abgefertigt und dem Bundesamt am selben Tag zugestellt.
9. Der Beschwerdeführer wurde am 03.08.2018 einer nigerianischen Delegation vorgeführt und von dieser als nigerianischer Staatsbürger identifiziert. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde zugesagt.
Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger Nigerias. Seit 24.08.2017 besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung (bezogen auf Nigeria) gegen den Beschwerdeführer. Der vom Beschwerdeführer eingebrachte Asylfolgeantrag vom 06.09.2017 wurde erstinstanzlich gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Eine entsprechende Beschwerde wurde am 05.07.2018 fristgerecht beim Bundesamt eingebracht. Dieses Verfahren ist mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2018 rechtskräftig - durch Abweisung der Beschwerde - abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz 2013 zu einer teilbedingten und 2015 zu einer unbedingten (15 Monate dauernden) Freiheitsstrafe verurteilt. Er war in Österreich seit Dezember 2013 - bis zu seiner Festnahme - ausschließlich in Justizanstalten (insgesamt knapp 11 Monate) oder mit Status "obdachlos" beim Verein Ute Bock (insgesamt knapp 33 Monate) gemeldet. Der Beschwerdeführer war außerhalb seiner Anhaltungen in Haft stets unsteten Aufenthalts und verfügte nie über eine gesicherte Unterkunft.
Der Beschwerdeführer verfügt weder über familiäre noch über substanzielle soziale Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet. Glaubhaft ist die Freundschaft zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX, wobei diese jedenfalls nicht als besonders intensiv angesehen werden kann. Er hat diesen insbesondere in der Einvernahme am 11.07.2018 mit keinem Wort erwähnt. Die Existenz des Beschwerdeführers in Österreich ist nicht gesichert; er ging nie einer legalen Beschäftigung nach und verfügt lediglich über minimale Barmittel. Ihm wurde glaubhaft die Möglichkeit eingeräumt, vorübergehend kostenlos im Wohnzimmer einer 2-Zimmer-Wohnung im Eigentum von Frau XXXX, der Ehefrau des genannten Freundes zu nächtigen. Eine Untervermietung ist der potenziellen Unterkunftgeberin (unabhängig von der Frage des Mietzinses) nicht möglich. Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Nigeria.
Der Beschwerdeführer ist am 03.08.2018 einer nigerianischen Delegation zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) vorgeführt worden. Dabei wurde er als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert und es wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zugesagt. Von einer tatsächlichen Überstellung in den Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich zulässigen Fristen ist daher auszugehen.
Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über minimale Barmittel. Er ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung) grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 648656709/180654986 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere zur Zahl 2167792-2. An der nigerianischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bestanden nie Zweifel und ist diese auch unstrittig. Die Feststellungen betreffend das rechtskräftig abgeschlossene (inhaltliche) Asylverfahren des Beschwerdeführers und das Beschwerdeverfahren betreffend den Asylfolgeantrag sind dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten zu entnehmen.
1.2. Die Feststellungen betreffend die strafrechtlichen Verurteilungen ergeben sich aus einer rezenten Abfrage im Strafregister und sind darüber hinaus auch unstrittig. Ebenfalls unstrittig sind die im Zentralen Melderegister (ZMR) ersichtlichen Meldedaten des Beschwerdeführers.
1.3. Familiäre und berufliche Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet wurden vom Beschwerdeführer ausdrücklich verneint. Die Freundschaft zu XXXX ist aufgrund der im Verlauf des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Dokumente glaubhaft. Das Fehlen einer besonderen Intensität dieser Freundschaft ergibt sich allerdings ebenfalls aus der Aktenlage: das Angebot einer Wohnmöglichkeit wurde erst vor dem Hintergrund der laufenden Schubhaft erstattet. Als der Beschwerdeführer "lediglich" als Obdachloser in Österreich lebte, haben ihn XXXX und seine Frau hingegen nicht aufgenommen. Die Feststellungen zur finanziellen Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Im Beschwerdeverfahren wurde die dargelegte Wohnmöglichkeit durch die Eingabe vom 03.08.2018 glaubhaft dargelegt.
Die fehlende Möglichkeit einer Untervermietung ergibt sich aus der Aktenlage und dem geltenden Recht: Im Mietvertrag von XXXX wird eine Untervermietung (§ 5) ausdrücklich ausgeschlossen. § 11 Abs. 1 Z 3 Mietrechtsgesetz (MRG) sieht vor, dass eine Untervermietung ausgeschlossen werden kann, wenn die Anzahl der Bewohner einer gemieteten Wohnung die Anzahl der Wohnräume übersteigt oder nach der Aufnahme eines Untermieters übersteigen würde. Das fragliche Objekt umfasst laut Mietvertrag 1 Zimmer, 1 Kabinett, Küche, Bad und WC - im günstigsten Fall also zwei Wohnräume. Es wird allerdings bereits von zwei Personen (der Mieterin und ihrem Mann) bewohnt, weshalb eine Untervermietung jedenfalls nicht gestattet ist.
Der Beschwerdeführer hat am 11.07.2018 ausdrücklich erklärt, dass seine Familie in Nigeria lebt.
1.4. Die Feststellungen betreffend die Vorführung vor eine nigerianische Delegation (und deren Ergebnis) ergeben sich aus Informationen, die seitens des Bundesamtes unmittelbar im Anschluss an diesen Termin übermittelt worden sind. Durch die ausdrückliche Zusage der Ausstellung eines HRZ ist die Überstellung in den Herkunftsstaat nicht nur wahrscheinlich, sondern es kann von ihr in absehbarer Zeit (jedenfalls deutlich unterhalb der gesetzlich zulässigen Dauer einer Anhaltung in Schubhaft) ausgegangen werden.
1.5. Die Feststellung der verfügbaren Barmittel ergibt sich aus der Aktenlage (Haftauskunft) und den Angaben des Beschwerdeführers. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 11.07.2018:
3.1. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Ro 2017/21/0009 vom 05.10.2017 und Ro 2016/21/0219 vom 14.11.2017) ist die Anordnung einer Schubhaft unzulässig, solange dem Beschwerdeführer faktischer Abschiebeschutz zukommt. Gemäß der gesetzlichen Bestimmungen war dieser im gegenständlichen Fall bis 18.07.2018 (eine Woche nach Einlangen der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht) gegeben.
3.2. Bereits aus diesem Grund erweist sich der am 11.07.2018 erlassene Bescheid - und damit auch die auf diesen gestützte Schubhaft seit 11.07.2018 - als rechtswidrig. Dass zwischenzeitlich der faktische Abschiebeschutz (am 18.07.2017) ausgelaufen ist, ändert nichts an der Rechtswidrigkeit der gesamten Anhaltung, da diese weiterhin auf einem rechtswidrigen Bescheid basiert. Das Bundesamt hätte in diesem Zusammenhang allenfalls durch Erlassen eines neuen Bescheides die Rechtswidrigkeit der Anhaltung beseitigen können.
Aus diesem Grunde musste auch auf das weitere Vorbringen betreffend den Bescheid und die Anhaltung nicht näher eingegangen werden.
4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:
4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.
4.2. Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Bezüglich des Beschwerdeführers liegt nicht nur (seit August 2017) eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung aus dem inhaltlichen Asylverfahren vor, das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 01.08.2018, I408 2167791-2/2E, auch die Beschwerde im Asylfolgeverfahren (erstinstanzliche Zurückweisung gemäß § 68 AVG samt Erlassung einer Rückkehrentscheidung) abgewiesen. Überdies wurde der Beschwerdeführer am heutigen Tag einer nigerianischen Delegation vorgeführt und von dieser als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde zugesagt.
Durch die oben angeführte Entscheidung im Asylfolgeverfahren ist für das gegenständliche Verfahren jedenfalls auch die in der Beschwerde zitierte Rechtssache "Gnandi" (EuGH, C-181/16) ohne Relevanz.
Angesichts seines bisherigen Verhaltens - insbesondere des nur durch Haftstrafen unterbrochenen unsteten Aufenthalts im Bundesgebiet seit fast 5 Jahren, Stellung eines inhaltsgleichen Asylfolgeantrags nach rechtskräftiger Entscheidung über den inhaltlichen Asylantrag - ist jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine feststellbaren beruflichen Anknüpfungspunkte (oder substanzielle Geldmittel für einen auch nur mittelfristigen Aufenthalt) im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies gilt insbesondere auch für die Freundschaft zum Ehepaar XXXX. Diese Verbindung ist jedenfalls nicht derart eng, dass versucht worden wäre, dem Beschwerdeführer monatelange Obdachlosigkeit zu ersparen.
Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 3 und 4 des § 76 Abs. 3 FPG jedenfalls gegeben. Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen. Vielmehr ist der Grad der sozialen Verankerung als außerordentlich gering anzusehen: es gab und gibt nachweislich weder familiäre Beziehungen im Bundesgebiet, noch eine legale Erwerbstätigkeit noch ausreichende Existenzmittel. Bis zum heutigen Tag verfügte der Beschwerdeführer auch nie über einen gesicherten Wohnsitz, vielmehr ist er seit fast fünf Jahren entweder obdachlos oder in (Straf-)Haft. Darüber hinaus wurde er auch bereits zweimal wegen Suchtmitteldelikten zu (teilbedingten) Freiheitsstrafen verurteilt. Schließlich gibt es auch keinen Hinweis für sonstige Integrationsbestrebungen oder substanzielle Kenntnisse der deutschen Sprache.
Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine glaubhafte Zusage einer Nächtigungsmöglichkeit vor. Deren konkrete Ausformung - ein Schlafplatz im Wohnzimmer der 2-Zimmer-Wohnung eines befreundeten Ehepaares - erfüllt allerdings nicht die Kriterien eines "gesicherten Wohnsitzes". Ein solcher ist aber jedenfalls mehr als ein als Freundschaftsdienst eingeräumter Schlafplatz. Es bedarf einerseits einer gewissen rechtlichen Absicherung, der Möglichkeit einer amtlichen Anmeldung und einem Mindestmaß an gesicherter Intimsphäre. Im gegenständlichen Fall wäre allerdings das (Schlaf-)Zimmer des Beschwerdeführers gleichzeitig das gemeinsam mit der Wohnungseigentümerin genutzte Wohnzimmer. Überdies ist eine Anmeldung des Beschwerdeführers an dieser Adresse nicht möglich, weil eine solche ein Untermietverhältnis voraussetzen würde, das jedoch im Mietvertrag ausdrücklich - jedenfalls in Verbindung mit der hier konkret zu berücksichtigenden Fallkonstellation - untersagt ist. Im Übrigen hat die Hauptmieterin XXXX auch ausdrücklich erklärt, ein solches gar nicht eingehen zu wollen.
In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese Anknüpfungspunkte allerdings zur Gänze nicht gegeben.
In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall eine Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie insbesondere ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist. Zudem ist aufgrund des Verfahrensstandes in den Asylverfahren des Beschwerdeführers der Sicherungsbedarf deutlich verdichtet.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Dies auch, weil ein Heimreisezertifikat bereits zugesagt worden ist und daher die Abschiebung bereits in einigen Wochen (und damit weit unter der maximalen Anhaltedauer) wahrscheinlich ist. Aktuell dauert sie allerdings gerade einmal etwas mehr als drei Wochen an.
4.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
5. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere wurden die am 03.08.2018 vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausführungen und Dokumente der Entscheidung vollinhaltlich zugrunde gelegt. Für deren rechtliche Beurteilung/Einordnung ist hingegen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.
6. Kostenersatz
6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25.05.2018 (RA 2017/21/0240) festgelegt, dass der gesetzlich zwingende Fortsetzungsausspruch durch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Kostenentscheidung in die Beurteilung des Obsiegens einzubeziehen ist. Im gegenständlichen Fall liegt damit geteiltes Obsiegen vor, für das im Gesetz kein Ersatz der Pauschalkosten vorgesehen ist.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W137.2202253.1.00Zuletzt aktualisiert am
12.09.2018