TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 W199 2007351-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AVG §57
AVG §57 Abs3
AVG §66 Abs4
BFA-VG §53 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W199 2007351-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.04.2014, Zl. Aktenzahl: 13 16.942, IFA-Zahl: 654072307, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 18.11.2013 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren.

Mit Bescheid vom 9.12.2013 wies das Bundesasylamt diesen Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) als unzulässig zurück, sprach aus, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. 2003 Nr. L 50 ff. (in der Folge: Dublin-II-V) zur Prüfung des Antrages Rumänien zuständig sei (Spruchpunkt I); wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien aus und stellte fest, dass demzufolge seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Rumänien gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt II). Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 28.1.2014 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005, Art. 3 BG BGBl. I 100/2005 (in der Folge: FPG) als unbegründet ab. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig.

Am 12.2.2014 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) einen Abschiebeauftrag gemäß § 46 Abs. 1 FPG, wonach der Beschwerdeführer am 19.2.2014 auf dem Luftweg nach Rumänien (Bukarest) abzuschieben bzw. zu überstellen sei. Da der Beschwerdeführer nicht festgenommen werden konnte, erteilte das Bundesamt am 28.2.2014 neuerlich einen Abschiebeauftrag, wonach er am 6.3.2014 auf dem Luftweg nach Rumänien (Bukarest) abzuschieben bzw. zu überstellen sei. Da der Beschwerdeführer auch an diesem Tag nicht abgeschoben werden konnte, erteilte das Bundesamt schließlich am 10.3.2014 einen weiteren Abschiebeauftrag, wonach der Beschwerdeführer am 14.3.2014 auf dem Luftweg nach Rumänien (Bukarest) abzuschieben bzw. zu überstellen sei.

Mit Schreiben vom 14.3.2014 berichtete das Stadtpolizeikommando Schwechat, der Beschwerdeführer sei an diesem Tag nach Bukarest überstellt worden.

2. Mit Mandatsbescheid vom 10.3.2014 stellte das Bundesamt gemäß § 53 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (in der Folge: BFA-VG; Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012) iVm § 57 Abs. 1 AVG fest, der Beschwerdeführer habe dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt 2669,27 Euro zu ersetzen. Begründend heißt es, gegen den Beschwerdeführer sei am 10.12.2013 "eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen bzw. eine sonstige Verfahrenshandlung nach dem 7. oder 8. Hauptstück des FPG gesetzt" worden, die mit 3.2.2014 rechtskräftig geworden sei (gemeint sind offenbar der Bescheid vom 9.12.2013 und das Erkenntnis vom 28.1.2014). Das Bundesamt referiert § 53 Abs. 1 BFA-VG und § 57 AVG und fährt fort, durch die angeführten Maßnahmen bzw. Verfahrenshandlungen entstünden dem Bund die dem Beschwerdeführer nunmehr vorgeschriebenen Kosten für die Durchsetzung der Ausweisung bzw. der Abschiebung nach Rumänien.

Diese Kosten werden wie folgt aufgeschlüsselt: für die Stornierung des Flugtickets vom 19.2.2014: 44,17 Euro, für den Ankauf eines Flugtickets für den Beschwerdeführer für den 14.3.2014: 264,40 Euro, für den Ankauf von Flugtickets der drei Begleitbeamten, Hin- und Rückflug, je Person 786,90 Euro, zusammen 2360,70 Euro. Dem Beschwerdeführer würden daher insgesamt 2669,27 Euro vorgeschrieben.

Der Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14.3.2014 persönlich ausgefolgt. Am 19.3.2014 wurde er ihm zu Handen eines Vereins zugestellt.

Am 2.4.2014 wurde durch diesen Verein - der sich auf eine Vollmacht des Beschwerdeführers berief - namens des Beschwerdeführers Vorstellung gegen den Mandatsbescheid erhoben. Darin wird angegeben, der Mandatsbescheid sei dem Beschwerdeführer am 19.3.2014 zugestellt worden. Die Vorschreibung der Kosten für die Abschiebung sei "unrichtig", weil die Abschiebung im Hinblick auf sein Privat- und Familienleben generell ebenso "ungerecht" wie rechtswidrig gewesen sei. Außerdem seien die Kosten völlig überhöht. Abgesehen davon, dass für ihn zB eine Zugfahrkarte hätte gekauft werden können, sei die Bezahlung der Kosten für drei Begleitbeamte unverständlich, da keine Notwendigkeit für die Begleitung bestanden habe und der Beschwerdeführer nicht "den Bukaresturlaub der Polizeibeamten zu bezahlen" wünsche.

Diese Vorstellung langte am 2.4.2014 beim Bundesamt ein.

3. Mit dem angefochtenem Bescheid stellte das Bundesamt gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG fest, der Beschwerdeführer habe dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt 2678,87 Euro zu ersetzen. Die Begründung entspricht zT jener des Mandatsbescheides; weiters wird erklärt, weshalb das bereits angekaufte Flugticket Wien - Bukarest (für den Flug am 6.3.2014) habe storniert werden müssen und weshalb die Begleitung durch drei Beamte bis zum Zielflughafen zwingend erforderlich gewesen sei. Der Mandatsbescheid sei dem Beschwerdeführer am 14.3.2014 und somit unmittelbar vor seiner Außerlandesbringung zugestellt worden, am 19.3.2014 postalisch seiner "rechtsfreundlichen Vertretung". Mit Schriftsatz vom 2.4.2014, eingelangt beim Bundesamt am 2.4.2014, habe er innerhalb offener Frist eine Vorstellung erhoben. Als Beweismittel werden in der Begründung des angefochtenen Bescheides drei Rechnungen und eine Gutschrift eines Reisebüros von insgesamt (saldiert) 2678,87 Euro aufgezählt. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung werden § 53 Abs. 1 BFA-VG und § 57 Abs. 1 und 2 AVG referiert. Sodann wird ausgeführt, dem Beschwerdeführer seien mit Mandatsbescheid Kosten vorgeschrieben worden. Auf Grund seiner rechtzeitigen Vorstellung würden die Kosten nunmehr festgestellt. Es würden ihm also nunmehr im ordentlichen Verfahren insgesamt 2668,87 Euro zum Ersatz vorgeschrieben. Die geringfügige Reduktion der tatsächlichen Kosten von 40 Cent gegenüber der Vorschreibung im Mandatsbescheid gehe darauf zurück, dass die Höhe der Flugtaxen am 14.3.2014 kurzfristig geändert worden sei.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 15.4.2014 zu Handen des genannten Vereins zugestellt.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 22.4.2014, in der wieder behauptet wird, die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers sei unzulässig gewesen, die Begleitung durch drei Beamte sei völlig überzogen und nicht zwingend erforderlich gewesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 126 Abs. 1 FPG ist das FPG mit Ausnahme des § 9 Abs. 1 FPG am 1.1.2006 in Kraft getreten.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 und gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, unberührt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1. § 57 AVG lautet:

"(1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen."

Bescheide nach § 57 AVG werden üblicherweise als "Mandatsbescheide" bezeichnet.

1.2.1. § 53 Abs. 1 BFA-VG lautete in seiner Stammfassung:

"Es sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,

2. Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG."

Durch Art. 1 Z 43 Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 BGBl. I 70 (in der Folge: FrÄG 2015) wurde § 53 Abs. 1 BFA-VG geändert und lautet seither:

"Es sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden - soweit dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht - zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,

2. Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG."

Diese Änderung trat gemäß § 56 Abs. 7 BFA-VG idF des Art. 1 Z 45 FrÄG 2015 am 20.7.2015 in Kraft.

Die parlamentarischen Materialien zu dieser Änderung (582 BlgNR 25. GP, 11) führen dazu aus:

"Diese Adaptierung ist zur Klarstellung erforderlich, da gemäß Art. 30 Dublin-Verordnung die Überstellungskosten, zu denen neben den Flugkosten unter anderem auch die Dolmetschkosten zählen, dem Fremden nicht auferlegt werden dürfen."

1.2.2. Mit "Art. 30 Dublin-Verordnung" ist Art. 30 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl. 2013 Nr. L 180/31 ff. (in der Folge: Dublin-III-V) gemeint (s. § 2 Abs. 1 Z 8 AsylG 2005 idF des Art. 3 Z 6 FrÄG 2015, auf den auch § 2 Abs. 2 BFA-VG verweist). Er steht unter der Überschrift "Kosten der Überstellung" und lautet:

"(1) Die Kosten für die Überstellung eines Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d in den zuständigen Mitgliedstaat werden von dem überstellenden Mitgliedstaat getragen.

(2) Muss die betroffene Person infolge einer irrtümlichen Überstellung oder eines erfolgreichen Rechtsbehelfs gegen eine Überstellungsentscheidung oder der Überprüfung einer Überstellungsentscheidung nach Vollzug der Überstellung rücküberstellt werden, werden die Kosten für die Rücküberstellung von dem Mitgliedstaat getragen, der die erste Überstellung durchgeführt hat.

(3) Die Überstellungskosten werden nicht den nach dieser Verordnung zu überstellenden Personen auferlegt."

Art. 49 Dublin-III-V steht unter der Überschrift "Inkrafttreten und Anwendbarkeit" und lautet:

"Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG"

Die Dublin-III-V wurde am 29.6.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht und trat demgemäß am 19.7.2013 in Kraft; sie ist anzuwenden, wenn der zugrundeliegende Antrag ab dem 1.2.2014 gestellt wird, und gilt seither ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern.

2.1.1. Unter dem Datum des 10.3.2014 erging ein Mandatsbescheid. Mit dem angefochtenen Bescheid ist nicht über die Vorstellung gegen diesen Mandatsbescheid entschieden worden, sondern, wie es darin heißt, "im ordentlichen Verfahren", jedoch über denselben Gegenstand wie mit dem Mandatsbescheid. Dazu war das Bundesamt, wie noch ausgeführt wird, nur berechtigt, wenn der Mandatsbescheid nicht mehr dem Rechtsbestand angehörte. Dies ist jedoch nicht der Fall:

2.1.2. Der Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 14.3.2014 persönlich ausgefolgt. Am Tag zuvor hatte ein Verein dem Bundesamt eine medizinische Bestätigung vorgelegt, die "unmissverständlich" feststelle, dass die Überstellung des Beschwerdeführers derzeit "unverantwortlich wäre". Dem Schreiben ist weder eine Vollmacht beigelegt noch beruft sich der einschreitende Verein darauf. Es gibt daher keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer am 14.3.2014 einen Zustellungsbevollmächtigten iSd § 9 des Bundesgesetzes über die Zustellung behördlicher Dokumente BGBl. 200/1982 (Zustellgesetz; in der Folge: ZustG) hatte. Der Bescheid war daher dem Beschwerdeführer selbst zuzustellen. Das ist durch die Ausfolgung des Mandatsbescheides am 14.3.2014 geschehen, an diesem Tag wurde der Mandatsbescheid sohin wirksam zugestellt. Weshalb das Bundesamt den Mandatsbescheid ein zweites Mal zustellte, und zwar am 19.3.2014 zu Handen des genannten Vereins, ist für das Bundesamt nicht nachvollziehbar.

Die zweiwöchige Frist, die § 57 Abs. 2 AVG für die Erhebung einer Vorstellung vorsieht, begann somit am 14.3.2014 zu laufen und endete am 28.3.2014; an diesem Tag wurde der Mandatsbescheid rechtskräftig. Die Vorstellung, die namens des Beschwerdeführers am 2.4.2014 erhoben wurde, konnte daran nichts ändern, weil sie verspätet war. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesamt neuerlich über dieselbe Sache abgesprochen, die bereits Gegenstand des - rechtskräftigen - Mandatsbescheides war. Aus dem Grundsatz "ne bis in idem" ergibt sich aber, dass über dieselbe Sache nicht ein zweites Mal abgesprochen werden darf (vgl. zB VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050; 13.9.2016, Ro 2015/03/0045).

Indem das Bundesamt dies nicht berücksichtigt hat, hat es seinen Bescheid mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit belastet. Diese Unzuständigkeit ist vom Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. § 27 VwGVG).

2.1.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht ausschließen, dass der genannte Verein dem Bundesamt gegenüber bereits vor dem 14.3.2014 eine Vollmacht gelegt hat, die im vorgelegten Akt zwar nicht enthalten ist, die aber möglicherweise ein einem anderen den Beschwerdeführer betreffenden Akt liegt. (Im vorgelegten Akt ist die Vorstellung das erste Schriftstück, in dem sich der Verein auf eine Vollmacht beruft.) Das würde erklären, weshalb das Bundesamt dem Beschwerdeführer den Bescheid zu Handen dieses Vereins am 19.3.2014 zugestellt hat. (Eine Zustellung an den Beschwerdeführer persönlich wäre dann nicht notwendig gewesen, weil es sich bei Kostenbescheiden nicht um "zurück- oder abweisende[n] Entscheidungen, die mit einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden sind" handelt, für die § 11 Abs. 3 BFA-VG in der Stammfassung [die galt, als der angefochtene Bescheid zugestellt wurde] entsprechende Sondervorschriften enthielt; zur Reichweite dieser Sondervorschrift vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2017/21/0254.) Nimmt man das an, so war die Zustellung an den Beschwerdeführer am 14.3.2014 unwirksam (vgl. § 9 Abs. 3 erster Satz ZustG), erst die Zustellung am 19.3.2014 war wirksam, die Vorstellungsfrist begann am 19.3.2014 zu laufen und endete am 3.4.2014. Die Vorstellung, die am 2.4.2014 erhoben wurde, war somit fristgerecht.

2.1.3.2.1. Aber auch in diesem Fall erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig:

Die Vorstellung langte am 2.4.2014 beim Bundesamt ein. Am 15.4.2014 genehmigte es den angefochtenen Bescheid, der dem Beschwerdeführer am selben Tag zu Handen des Vereins zugestellt wurde.

2.1.3.2.2. Ist ein Bescheid gemäß § 57 Abs. 3 erster Satz AVG von Gesetzes wegen außer Kraft getreten, so darf die Behörde bei sonstiger Unzuständigkeit nicht dahin entscheiden, dass der Spruch dieses Bescheides in bestimmter Weise (in Erledigung einer Vorstellung) abgeändert oder bestätigt werde (VwGH 20.10.1992, 92/11/0092, mwN).

Das Bundesamt hat zwar innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 57 Abs. 3 AVG keine aktenkundigen Ermittlungsschritte gesetzt, es hat jedoch innerhalb dieser Frist den angefochtenen Bescheid genehmigt. Denn die Vorstellung langte am 2.4.2014 bei ihm ein, am 15.4.2014 wurde der angefochtene Bescheid genehmigt und am 18.9.2015 zugestellt und damit erlassen. Erlässt die Behörde vor Ablauf der zweiwöchigen Frist für die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bereits den Vorstellungsbescheid, kommt ein Außerkrafttreten des Mandatsbescheides gemäß § 57 Abs. 3 AVG nicht in Betracht (VwGH 21.1.1997, 95/11/0396; 12.4.1999, 98/11/0071 [mit Hinweis auf VwGH 21.1.1997, 95/11/0376, gemeint offenbar 95/11/0396]). Nichts anderes kann aber für die Genehmigung innerhalb der zweiwöchigen Frist gelten, zeigt doch die Genehmigung, dass sich die belangte Behörde - abschließend - mit dem Sachverhalt beschäftigt und daher Ermittlungsschritte gesetzt hat.

Wie erwähnt, verpflichtete das Bundesamt den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid dazu, einen näher bezeichneten Betrag zu zahlen. Der Bescheid erledigt in seinem Spruch jedoch nicht die Vorstellung. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass dies beabsichtigt gewesen wäre, heißt es doch im angefochtenen Bescheid, er ergehe im ordentlichen Verfahren.

2.1.2.3. Zwar ist es der Behörde unbenommen, eine Gebühr im "ordentlichen Verfahren" vorzuschreiben, es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, dass überhaupt ein Mandatsbescheid erlassen werde. Ergeht aber ein Mandatsbescheid und wird er mit Vorstellung bekämpft (ohne dass er danach gemäß § 57 Abs. 3 AVG außer Kraft tritt), so ist darüber abzusprechen. Solange dies nicht geschehen ist, gehört der Mandatsbescheid, wenn auch nicht rechtskräftig, dem Rechtsbestand an. Aus dem Grundsatz "ne bis in idem" ergibt sich auch in Bezug auf nicht rechtskräftige Bescheide, dass über dieselbe Sache nicht ein zweites Mal abgesprochen werden darf (VwSlg. 4739 F/1974; VwGH 10.2.1989, 87/17/0202; 18.9.2002, 98/17/0281; 22.2.2006, 2004/17/0028; 4.9.2008, 2006/17/0115; 21.12.2012, 2008/17/0010).

Indem das Bundesamt dies nicht berücksichtigt hat, hat es seinen Bescheid mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit belastet. Diese Unzuständigkeit ist vom Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. § 27 VwGVG).

Da der angefochtene Bescheid aus diesen Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet ist, ist er aufzuheben.

2.1.3. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass das Bundesamt sich insoweit nur in der Wortwahl vergriffen hätte und über die Vorstellung hätte absprechen und den Mandatsbescheid hätte bestätigen wollen, erwiese er sich als rechtswidrig:

Bei der Abschiebung handelt es sich um die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung und somit um die Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG; § 53 Abs. 1 BFA-VG ist daher einschlägig.

Als der angefochtene Bescheid genehmigt und erlassen wurde, galt § 53 Abs. 1 BFA-VG noch in seiner Stammfassung. Die geänderte Fassung, nach welcher der Fremde Kosten, die dem Bund entstehen, dann nicht zu erstatten hat, wenn dem Art. 30 Dublin-III-V entgegensteht, trat erst am 20.7.2015 in Kraft. Nach den oben wiedergegebenen parlamentarischen Materialien war damit aber nur eine Klarstellung beabsichtigt.

Art. 30 Dublin-III-V seinerseits trat am 19.7.2013 in Kraft und ist anzuwenden, wenn der zugrundeliegende Antrag am 1.2.2014 oder später gestellt wird. Seither gilt er für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern, ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung. Das Bundesverwaltungsgericht versteht die oben wiedergegebene Übergangsbestimmung (Art. 49 Dublin-III-V) dahin, dass diese Verordnung grundsätzlich seit dem 1.2.2014 anzuwenden ist, dass aber für Anträge, die früher gestellt worden sind, (nur) der zuständige Mitgliedstaat noch auf der Grundlage der früheren Rechtslage zu bestimmen ist. Im vorliegenden Fall ist daher auf alle Amtshandlungen, die nach dem 31.1.2014 vorgenommen werden, die neue Rechtslage anzuwenden; der zuständige Mitgliedstaat war bereits (auf der Grundlage der Dublin-II-V bestimmt worden). Das Wiederaufnahmegesuch an Rumänien wurde zwar vor diesem Zeitpunkt gestellt, die Abschiebung wurde jedoch erst danach durchgeführt; schon der erste Abschiebeauftrag wurde erst später erteilt, nämlich am 12.2.2014. Art. 30 Dublin-III-V ist daher anzuwenden. Da Verordnungen grundsätzlich unmittelbar anzuwenden sind, hat Art. 30 Dublin-III-V seit dem 1.2.2014 Vorrang vor § 53 Abs. 1 BFA-VG, ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber dem erst durch die Novellierung mit Wirkung ab dem 20.7.2015 Rechnung trug. Die Vorschreibung der Kosten gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG war daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts nicht rechtmäßig.

2.2. Im Spruch des angefochtenen Bescheides ist zwar auch von Dolmetschkosten die Rede, aus der Begründung ergibt sich jedoch, dass das Bundesamt nur Kosten für die Flugscheine und für das Storno eines Flugscheines im Auge hatte. Auf die rechtliche Beurteilung von Dolmetschkosten ist daher nicht weiter einzugehen.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Sie kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht.

Eine mündliche Verhandlung konnte daher unterbleiben, da der Sachverhalt feststeht, eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine Verhandlung nicht zu erwarten ist und dem auch die oben genannten Vorschriften nicht entgegenstehen.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, nicht die Frage, wie die Vorstellung zu erledigen ist, die noch offen sein dürfte. Nach dem Gesagten wird das Bundesamt - sollte es nicht bereits entschieden haben - die Vorstellung als verspätet oder als unzulässig zurückzuweisen haben (wenn nämlich am 14.3.2014 keine Vollmacht des Vereins bestanden hat) oder darüber in der Sache zu entscheiden haben. Je nach dem Ergebnis wird es dem Beschwerdeführer möglich sein, sich gegen eine allfällige negative - zurück- oder abweisende - Entscheidung durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zur Wehr zu setzen.

Das Bundesverwaltungsgericht merkt an, dass ihm die Formulierung in der Vorstellung, der Beschwerdeführer wünsche nicht, den Bukarest-Urlaub der ihn bei der Abschiebung begleitenden Polizeibeamten zu bezahlen, dem Verkehr zwischen Behörden und Parteien nicht angemessen erscheint.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Dolmetschgebühren, Fristablauf,
Kostentragung, Mandatsbescheid, ne bis in idem, Rechtskraft,
Rechtswidrigkeit, Unzuständigkeit, Verspätung, Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W199.2007351.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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